Zu den für die Bürger maßgeblichen Themen der Zukunft der Altersversorgung, Stabilisierung der Rente und der Finanzmarktregulierung muss es zwischen Politik und Finanzdienstleistern einen stetigen Dialog geben
Die am 25. und 26. September in Berlin stattgefundene Mitgliederversammlung des VOTUM-Verbandes in Berlin, gemeinsam organisiert mit dem VOTUM Mitgliedsunternehmen Smart InsurTec AG, zeigte sich erneut als notwendige Dialogplattform für den fachlichen Austausch zwischen Politik und Mitgliedsunternehmen. „Nicht nur über Politik, sondern mit der Politik reden!“ – Unter diesem Motto diskutierten Fachpolitiker der Regierungsparteien sowie der Oppositionsparteien FDP und Bündnis90/Die Grünen mit den Vertretern der Mitgliedunternehmen im Drachenhaus des Westin Grand Hotels intensiv über aktuelle finanz- und rentenpolitische Themen.
An der von Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des VOTUM-Verbandes, moderierten Diskussionsrunde nahmen teil:
Lothar Binding, Finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
Dr. Carsten Brodesser, Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für betriebliche und private Altersvorsorge
Lisa Paus, Finanzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen
Dr. Florian Toncar, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion und Finanzpolitischer Sprecher
Die Diskussion zeigte deutlich, dass der Austausch zwischen Wirtschaft und den Parlamentsvertretern bei den anstehenden Weichenstellungen von höchster Wichtigkeit ist. Unter lebhafter Teilnahme des Publikums tauschten sich die Diskutanten über den von der SPD geforderten Provisionsdeckel und das von den Grünen befürwortete Provisionsverbot aus. Lothar Binding vertrat hier erneut die Position, dass ein Deckel notwendig sei, um den schwarzen Schafen in der Branche das Handwerk zu legen. Die Vertreter von FDP und CDU zeigten sich hier klar ablehnend und wiesen darauf hin, dass eine verfehlte Eingriffspolitik des Staates in die marktwirtschaftliche Preisbildung auch für den Verbraucher eine qualitative Abwertungsspirale des Beratungsangebots auslösen kann. Diese Bedenken hatte auch Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski in seinem, der Diskussion vorausgehenden, Vortrag zur Verfassungswidrigkeit des Provisionsdeckels zum Ausdruck gebracht.
Lisa Paus setzte sich, auch mit Verweis auf eigene negative Erfahrungen, erneut für die Forderung der Grünen ein, Provisionen grundsätzlich abzuschaffen. Sie nutzte die Veranstaltung, um nach der Podiumsdiskussion Gespräche mit Vertretern der Mitgliedsunternehmen zu führen. „Ein solcher unmittelbarer Dialog kann Vorbehalte und Vorurteile bei Fachpolitikern gegenüber der Branche abbauen“, zeigt sich Martin Klein überzeugt. „Wir laden alle Politiker ein, auch mal bei einem Blick hinter die Kulissen, mehr über die Beratungsarbeit der Mitgliedsunternehmen zu erfahren“, fügte er hinzu.
Von diesem Angebot hatte Florian Toncar bereits im letzten Jahr Gebrauch gemacht. Er zeigte sich in der Diskussion überzeugt davon, dass die private kapitalgedeckte Altersvorsorge zu stärken ist und es hierfür ein Marktumfeld bedarf, welches es den beratenden Unternehmen ermöglicht, ihre volkswirtschaftlich wichtige Aufgabe zu erfüllen. Einem Staatsfonds-Model nach schwedischem Vorbild erklärte er als Einziger in der Runde eine klare Absage. Carsten Brodesser bestätigte, dass – obwohl ein Provisionsverbot nicht zur Diskussion steht – auch in seiner Fraktion „nach Schweden geschaut werde“. VOTUM Vorstand Klein brachte hier die Bedenken der Branche zum Ausdruck. Er hinterfragte, ob der Staat in der Niedrigzinsphase tatsächlich der bessere Vermögensverwalter sei und wies auch auf die kritische Marktstellung eines Staatsfonds hin, der nicht wie in Schweden lediglich 10 Millionen Einwohner, sondern den achtfachen Umfang einnimmt. Lisa Paus überraschte mit dem Gedanken, dass ein solcher Staatsfonds ja auch in Start-Ups und Innovationsförderung investieren könne. Die Verbindung von abgesicherter Altersversorgung und Risikokapital sah man hier im Publikum kritisch.
Neben der Diskussion über aktuelle geplante Regierungsvorhaben, wie die Übertragung der BaFin-Aufsicht auf gewerbliche Vermittler oder der Versicherungspflicht für Selbstständige, debattierten die Parlamentsvertreter auch über ein notwendig zu veränderndes Sparverhalten der Bürger, finanzielle Bildung und die zu erwartenden Ergebnisse der Rentenkommission.
„Es ist selbstverständlich, dass es bei den Parteien unterschiedliche Auffassungen gibt, wie wichtige Weichenstellungen vorzunehmen sind. Die Sicherung der Alters- und Daseinsvorsorge als zentrales Zukunftsthema sollte jedoch in einem möglichst breiten gesellschaftlichen Konsens gelöst werden“, resümiert Martin Klein den Diskussionsverlauf. „Dieses Thema, welches eine langfristig ausgelegte Strategie erfordert, kann nicht erfolgreich gelöst werden, wenn alle vier Jahre Richtungswechsel erfolgen.“ Eine eindringliche Botschaft, die auch die Branchenvertreter der Politik auf den Weg gaben.
Die VOTUM Mitgliederversammlung, die auf Einladung des Gastgebers Smart InsurTech erneut in Berlin durchgeführt wurde, wies neben dem Dialog mit der Politik weitere hochkarätige Fachvorträge auf. Beleuchtet wurden hierbei die Bedeutung der sich ausweitenden Plattformökonomie auf die Branche. Prof. Florian Elert von der HSBA zeigte beeindruckende Entwicklungen und Strukturen dieses wirtschaftlichen Umbruchs auf. Markus Rex, Vorstand des Gastgebers Smart InsurTech zeigte, wie konkret das Unternehmen die Vision der Plattformökonomie umsetzt. Auch die Themen der konkreten Abbildung von Nachhaltigkeitskriterien in der Kapitalanlage und Forschungen zur Optimierung der Finanzberatung dargelegt von dem Professor für Finanzdienstleistung der Universität Gießen, Dr. Andreas Walter, verschafften den Teilnehmern wertvolle neue Erkenntnisse.
Martin Klein ist sich sicher: „Wer in der heutigen Zeit einen solchen hochwertigen Informations- und Meinungsaustausch nicht nutzt, um über den Tellerrand seines eigenen Unternehmens zu schauen, wird es schwer haben, den Erfolg in der Zukunft sicherzustellen. Wir müssen den Dialog mit der Politik intensivieren und unmittelbar durch die betroffenen Unternehmen begleiten, um uns als Partner bei der Lösung maßgeblicher gesellschaftlicher Herausforderungen zu positionieren.“
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