Wenn jemand zur Finanzierung einer vermieteten Immobilie ein Fremdwährungsdarlehen aufnimmt, das er wegen der ungünstigen Kursentwicklung später in einen Euro-Kredit umschuldet, dann kann er nach Auskunft des Infodienstes Recht und Steuern der LBS die Wechselkursverluste nicht als Werbungskosten von den Mieteinnahmen abziehen.

 

(Bundesfinanzhof, Aktenzeichen IX R 36/17)

Der Fall: Grundsätzlich kann ein Umschuldungsdarlehen steuerlich berücksichtigt werden, da der Veranlassungszusammenhang zur Vermietung fortbesteht. Allerdings sollten die Valuta des neuen Darlehens nicht über den abzulösenden Darlehensrestbetrag hinausgehen und die Umschuldung sich im Rahmen einer marktüblichen Finanzierung bewegen.

Das Urteil: Sei schon der Fremdwährungskursverlust nicht durch die Vermietung und Verpachtung veranlasst, so gelte dies erst recht für die Schuldzinsen zur Finanzierung dieses Verlusts, entschieden die höchsten Finanzrichter. Mit der Umschuldung des Fremdwährungsdarlehens habe der Kläger den Kursverlust realisiert und bezahlt. Zur Finanzierung des erhöhten Rückzahlungsaufwands habe er Darlehensmittel in Anspruch genommen. Weder die erhöhten Rückzahlungsbeträge noch die auf deren Finanzierung entfallenden Schuldzinsen könnten jedoch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden.

 

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Europäische Kommission veröffentlicht Erklärung zur Verschiebung des Technischen Regulierungsstandards zu PRIIPs auf den 1. Januar 2023

 

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) weist darauf hin, dass die Europäische Kommission im EU-Amtsblatt 2022/975 die Anwendung der Technischen Regulierungsstandards für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIPs-RTS, Delegated Regulation (EU) 2021/ 2268) verschoben hat. Die PRIIPs-RTS sollen nicht – wie geplant – ab dem 1. Juli 2022 angewendet werden, sondern erst ab dem 1. Januar 2023. Die Kommission hat dazu am 24. Juni 2022 eine Erklärung veröffentlicht.

Der am 24. Juni publizierte Rechtsakt der Verschiebung tritt 20 Tage nach Veröffentlichung in Kraft – also erst am 14. Juli 2022. Hierdurch entsteht eine nicht intendierte zeitliche Lücke: Theoretisch müssten die neuen PRIIPs-RTS in der Zeit vom 1. bis zum 14 Juli 2022 angewendet werden, da die Verschiebung vom 1. Juli 2022 auf den 1. Januar 2023 erst zum 14. Juli 2022 greift.

Die BaFin wird die Anwendung der neuen PRIIPs-RTS erst ab dem 1. Januar 2023 in ihrer Aufsichtspraxis berücksichtigen.

In ihrer Erklärung bestätigt die Kommission, dass die in der Delegierten Verordnung 2021/2268 enthaltenen neuen PRIIPs-RTS ab dem 1. Januar 2023 gelten.

Die in der Delegierten Verordnung 2017/653 enthaltenen bisherigen Vorschriften für das PRIIPs-Basisinformationsblatt sollen bis zum 31. Dezember 2022 weiter gelten. Bis dahin kann auch das Dokument mit wesentlichen Informationen für den Anleger (wAI/KIID) verwendet werden, um spezifische Informationen über die als zugrundeliegenden Anlageoptionen angebotenen Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) bereitzustellen.

 

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Der Gesetzgeber hat das Nachweisgesetz (NachwG) verschärft. Laut Gesetz müssen Arbeitgeber ihre Vertragsbedingungen zukünftig umfangreicher als bisher schriftlich fassen.

 

Wer sich nicht daran hält, dem drohen Geldbußen bis zu 2.000 Euro. Gunnar Roloff, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis in Rostock, kennt die Details, die auf Unternehmen zukommen.

Bei den Arbeitgeberverbänden regt sich Unmut wegen des verschärften NachwG: Sie befürchten, dass auf Unternehmen viel Verwaltungsaufwand und hohe Kosten zukommen. Denn mit dem am 23.06.2022 beschlossenen NachwG müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihre Arbeitsverträge anpassen.

Warum hat der Gesetzgeber das Nachweisgesetz verschärft?

Die Neufassung des Nachweisgesetzes war notwendig, weil Deutschland die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie umsetzen musste. Der Gesetzgeber will mit dem Gesetz transparente, besser vorhersehbare Beschäftigung und damit bessere Arbeitsbedingungen schaffen.

Was genau ändert sich mit dem angepassten NachwG für Arbeitsverträge?

Im Raum stand, dass künftig alle Arbeitsverträge schriftlich zu fassen sind. „Streng genommen ist der Abschluss von Arbeitsverträgen nach wie vor formfrei möglich“, erläutert Roloff. „Ein Schriftformerfordernis existiert nach wie vor nicht. Allerdings sind nach dem Gesetz diverse Regelungen, die das Arbeitsverhältnis betreffen, niederzuschreiben und den Vertragspartnern auszuhändigen. Deshalb raten wir Arbeitgebern, dass sie die ohnehin niederzuschreibenden Bedingungen in einem Arbeitsvertrag festhalten.“

„Trotz heftiger Kritik schreibt das Gesetz die Schriftform vor. „Demnach sind Original-Unterschriften erforderlich“, sagt Roloff, „ein Austausch per E-Mail oder SMS genügt diesem Formerfordernis nicht.“

Was müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber jetzt tun? Was müssen sie künftig in Arbeitsverträgen beachten, was bislang nicht gefordert war?

Mit der Gesetzesänderung wird der Umfang der zu dokumentierenden Arbeitsbedingungen deutlich erhöht. So bedarf es künftig zwingend der Fixierung der

Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts,

vereinbarten Arbeitszeit,

Möglichkeit der Anordnung von Überstunden,

Dauer der Probezeit,

exakten Regelungen einer Teilzeitbeschäftigung,

Bedingungen einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses,

Vereinbarungen zu einem möglichen Anspruch auf Fortbildungen,

Vereinbarungen zu Entsendungen von Arbeitnehmern ins Ausland,

des Angebots einer betrieblichen Altersvorsorge

Hinweise auf anwendbare Tarifverträge oder Betriebs- und Dienstvereinbarungen.

Die Arbeitgeber sollten also prüfen, ob die bislang verwendeten Verträge die vom Gesetz geforderten Regelungen enthalten. Ab August 2022 sollten sie nur noch Verträge abschließen, die den neuen Anforderungen entsprechen.

Gibt es Übergangsfristen? Wann tritt das Gesetz in Kraft?

Übergangsfristen gibt es keine. Für Neuverträge gelten die neuen Vorgaben ab 01.08.2022.

Wie können Arbeitgeber mit Altverträgen umgehen?

Nach dem Gesetz müssen Arbeitgeber hinsichtlich der Verträge, die vor dem 01.08.2022 geschlossen wurden, zunächst nichts veranlassen. Allerdings haben Arbeitnehmer, die vor August 2022 eingestellt wurden, das Recht, vom Arbeitgeber eine Niederschrift der neuen Pflichtangaben zu verlangen. In diesem Fall muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer

innerhalb von sieben Tagen eine Niederschrift mit den wichtigsten Angaben und

innerhalb eines Monats eine Niederschrift mit den übrigen Angaben

aushändigen.

Was droht Chefinnen und Chefs, wenn sie die Verträge nicht anpassen?

Den Unternehmen drohen bis zu 2.000 Euro Bußgeld, wenn sie die gesetzlichen Vorgaben nicht beachten. Dass das NachwG nicht eingehalten ist, kann bei Sozialversicherungs- oder Rentenprüfungen ans Licht kommen, oder wenn der Zoll den Mindestlohn in Betrieben kontrolliert.

Tipp für Unternehmerinnen und Unternehmer

„Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollte nicht nur die künftig abzuschließenden Verträge gesetzeskonform gestalten. Wenn sie ohnehin die Vertragsvorlagen überarbeiten, sollten sie auch die bereits laufenden Verträge anpassen, weil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohnehin eine Fixierung der Regelungen entsprechend der neuen Vorgaben verlangen können.“

 

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Unabhängige Finanzanlagenvermittlerinnen und -vermittler mit Zulassung nach Paragraf 34 f Gewerbeordnung sind nicht dazu verpflichtet, ab dem 2. August 2022 die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden abzufragen und das Ergebnis dann in eine eventuelle Produktempfehlung einfließen zu lassen.

 

Das ergab eine gemeinsame Anfrage des Votum-Verbandes und des Bundesverband Finanzdienstleistung AfW beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Damit nimmt das Ministerium eine für viele Fachleute recht überraschende gesetzlichen Auslegung vor, bestätigt aber andererseits eine schon vor einigen Wochen von der BaFin diesbezüglich getätigte Äußerung gegenüber dem markt intern Verlag. Es wird im Ministerium davon ausgegangen, dass es sich bei dem Verweis in Paragraf 16 Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) auf Artikel 54 der Delegierten Verordnung der EU um einen starren Verweis handelt, der nicht auf die jeweils gültige Verordnung verweist, sondern auf die Verordnung zum Zeitpunkt der Verabschiedung der FinVermV.

„Finanzanlagenvermittler sind weder aufgrund von direkt geltendem EU-Recht noch durch die FinVermV rechtlich verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden zu ermitteln. Dennoch wäre es sinnvoll, wenn sie diese Anforderung freiwillig erfüllen würden.“ – so wörtlich aus dem Ministerium.

Das führt nun zu dem absurden Zustand, dass Finanzanlagenvermittlerinnen und -vermittler mit Zulassung nach Paragraf 34 f Gewerbeordnung wahrscheinlich für einen Übergangszeitraum andere regulatorische Pflichten haben werden, als Banken, Vermögensverwalter und andere Wertpapierdienstleister. Aber auch andere, als Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit.

„Wir gehen davon aus, dass der Gesetzgeber aktiv und die FinVermV kurzfristig angepasst wird und damit bald auch die entsprechende gesetzliche Pflicht für alle 34f-Zulassungsinhaber kommt. Zum 2.August dürfte das aber – insbesondere wegen der anstehenden parlamentarischen Sommerpause und der Notwendigkeit der Zustimmung auch des Bundesrates – schwer umsetzbar sein. Wir bleiben bei unserer Empfehlung, sich auch mit Zulassung nach § 34 f Gewerbeordnung intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit zu befassen, zu qualifizieren und das Thema beim Kunden entsprechend der gesetzlichen Vorgaben umsetzen. Soweit möglich, auch schon ab dem 2. August.“, so Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW.

Wichtiger Hinweis: Diese ganze Diskussion tangiert die 34d-Zulassungsinhaber (Versicherungsvermittler:innen) nicht. Für sie steht der 2. August als Startschuss für die neuen Pflichten nicht in Frage!

 

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Die BaFin hat am 1. Juni 2022 das Merkblatt „Hinweise zum Erlaubnisantrag für die Kryptowertpapierregisterführung“ veröffentlicht. https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/BA/mb_Hinweise_Erlaubnisverfahren_Kryptowertpapierregisterfuehrung.html?nn=9021442

 

Es enthält erste Hinweise für Unternehmen, welche Aspekte in den Erlaubnisverfahren aus Sicht der BaFin von besonderer Bedeutung sind. Zielgruppe sind Unternehmen, die einen Erlaubnisantrag für die Kryptowertpapierregisterführung im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 8 Kreditwesengesetz (KWG) stellen wollen.

Hintergrund: Durch das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (Bundesgesetzblatt Teil I, Nr. 29, S. 1423, „Einführungsgesetz“) http://www.gesetze-im-internet.de/ewpg/index.html  wurde die Kryptowertpapierregisterführung als neue Finanzdienstleistung in das KWG aufgenommen. Unternehmen, die diese Dienstleistung erbringen wollen, benötigen seit Inkrafttreten des Gesetzes am 10. Juni 2021 eine Erlaubnis der BaFin. Bei Inanspruchnahme der Übergangsbestimmung nach § 65 KWG gilt die Erlaubnis als vorläufig erteilt, wenn Unternehmen ihre Tätigkeit bis spätestens 10. Dezember 2021 aufgenommen und zwei Monate vor Aufnahme der Tätigkeit angezeigt hatten, dass sie dies beabsichtigen. Spätestens sechs Monate nach Aufnahme der Tätigkeit müssen die Unternehmen einen vollständigen Erlaubnisantrag einreichen.

 

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Versicherungsunternehmen verzichtet auf umstrittene Klauseln in der Hausrat- und Haftpflichtversicherung

 

Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) hatte das in den Niederlanden ansässige Insurtech Lemonade Insurance N. V. wegen unzureichender Klauseln abgemahnt. Lemonade bietet in Deutschland derzeit nur Hausrat- oder Privathaftpflichtversicherungen und eine Kombination aus beiden an. Der Onlineversicherer ist der Aufforderung des Verbraucherschutzvereins jetzt nachgekommen und hat zwei strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen abgegeben. BdV-Vorstand Stephen Rehmke: „Lemonade erzählt den Leuten: ‘Vergiss alles, was du über Versicherungen weißt‘. ‘Besser nicht‘, sagten wir uns und entdeckten ein paar ärgerliche Überraschungen im Kleingedruckten. Die hat Lemonade nun aus der Welt geschafft.“

So sollten die Versicherungsnehmer*innen nach einem Umzug ihre Police kündigen und einen neuen Vertrag für die neue Adresse abschließen müssen. Wer eine Kombipolice aus Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen hatte, bei dem endete einen Monat nach Umzug ansonsten auch der Privathaftpflichtschutz. Eine weitere Klausel sah vor: Gegenstände fremder Personen, die sich im Haushalt des Versicherungsnehmers befinden, sind nicht vom Schutz der Hausratversicherung umfasst. Der BdV bemängelte diese Klauseln als völlig unüblich und hielt dem Versicherer vor, damit seine Kund*innen unangemessen zu benachteiligen.

Nach anfänglicher Gegenwehr seitens des Versicherers herrscht nun Klarheit: Die Privathaftpflichtversicherung bleibt bei einem Wohnsitzwechsel unberührt und auch fremde Sachen sind in der Hausratversicherung mitversichert. Lemonade hat sich verpflichtet, sich nicht auf die alten Regeln zu berufen.

„Die Privathaftpflichtversicherung endet, weil man umzieht? Solche Klauseln sind nicht so spritzig! Wir freuen uns für die Kundinnen und Kunden, dass Lemonade das nun nachgebessert und die Bedingungen glatt gezogen hat“, resümiert Stephen Rehmke.

Offen bleibt, was passiert, wenn jemand versäumt hat, seinen Umzug anzuzeigen und dann ein Schaden eintritt. Läuft es wie beim traditionellen Versicherungsgeschäft: Lemonade wird für den Schaden nicht mehr leisten, aber die vereinnahmte Prämie behalten? Der BdV hat um Erläuterung gebeten, aber keine Antwort mehr bekommen.

 

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Bund der Versicherten e.V.,Gasstr. 18 – Haus 4, 22761 Hamburg, Tel: +49 40-357 37 30 98, Fax: +49 40-357 37 30 99, www.bundderversicherten.de

PKV Beitragserhöhung unwirksam

 

In einem von der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann erstrittenen Urteil hat das Landgericht Mosbach festgestellt, dass die Prämienerhöhung der UKV Union Krankenversicherung AG von 01.01.2021 bis 31.12.2021 unwirksam und der Versicherungsnehmer nicht zur Zahlung des Erhöhungsbeitrags verpflichtet war (Urteil vom 25.05.2022, Az. 7 O 51/21, noch nicht rechtskräftig). Der Versicherer muss dem Kläger die von ihm in diesem Zeitraum gezahlten Erhöhungsbeiträge nebst Zinsen zurückbezahlen. “Im Ergebnis bedeutet das Urteil nicht nur die Erstattung bezahlter Erhöhungen, sondern auch die Fortsetzung des Vertrages mit der alten Prämie, die vor der unrechtmäßigen Erhöhung gezahlt wurde.”, sagt Ioannis Gavanidis, Rechtsanwalt in der Kanzlei AKH-H, die unter anderem auf das Thema PKV-Beitragserhöhungen spezialisiert ist.

Der Sachverhalt zum Urteil

Der Kläger unterhält bei der UKV Union Krankenversicherung AG eine private Krankenversicherung, unter anderem im Tarif CompactPRIVAT – Start 900 B. Im Rahmen der Vertragslaufzeit erfolgten insbesondere in diesem Tarif Beitragserhöhungen, die er monatlich an die UKV Union Krankenversicherung AG bezahlte. Die Beitragserhöhungen kündigte die UKV jeweils durch Schreiben vom November vor dem Erhöhungszeitpunkt im folgenden Januar an. Der Versicherungsnehmer ließ die Schreiben durch die Kanzlei AKH-H zunächst überprüfen und wehrte sich dann gegen die unzulässigen Beitragserhöhungen der UKV Union Krankenversicherung AG.

PKV Urteil UKV Union Krankenversicherung AG: Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Mosbach hat festgestellt, dass das Mitteilungsschreiben zur Beitragsanpassung vom November 2020, in dem die Erhöhung für 2021 im Tarif CompactPRIVAT – Start 900 B angekündigt wurde, in formeller Hinsicht unwirksam ist. Nach Ansicht des Gerichts entspricht dieses Mitteilungsschreiben nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Grundsätzlich gilt, dass Versicherer Beitragserhöhungen plausibel und ausführlich begründen müssen. Im Fall vor dem LG Mosbach kann der Versicherungsnehmer der Mitteilung vom November 2020 nicht hinreichend klar entnehmen, ob eine Veränderung der Rechnungsgrundlage durch Versicherungsleistungen und / oder wegen der Sterbewahrscheinlichkeit die konkrete Beitragserhöhung für seinen Tarif ausgelöst hat. In ihrem Erhöhungsschreiben weist die Beklagte einerseits auf den Anstieg von Gesundheitsausgaben aufgrund von „Lebenserwartung und Fortschritt” und zusätzlich auf die Überprüfung der Entwicklung sowohl der Ausgaben für Versicherungsleistungen und der statistischen Lebenserwartung hin.

Die UKV Union Krankenversicherung AG versuchte im Verfahrensverlauf die Anforderungen an eine wirksame PKV-Beitragserhöhung nachzuholen, was ihr aber nicht gelang. In der sogenannten Klageerwiderung führt der Versicherer aus, die Anpassungen seien aufgrund geänderter Leistungsausgaben erforderlich gewesen, um die dauerhafte Erfüllbarkeit des Versicherungsvertrages sicherzustellen. Allerdings ergibt sich aus den zugleich vorgelegten Anlagen betreffend die Beitragsanpassung zum 01.01.2021 zugleich der Hinweis auf die Überprüfung der statistischen Lebenserwartung im Vorfeld der Anpassung des Versicherungsbeitrages. Dass eine Veränderung der Sterbewahrscheinlichkeit nicht der maßgebliche Grund für die Anpassung zum 01.01.2021 war, ergibt sich somit nicht mit der erforderlichen Klarheit.

Das Mitteilungsschreiben für die Beitragserhöhung ab 01.01.2021 ist nach Ansicht des LG Mosbach formell unwirksam, da durch die Nennung zwei verschiedener für die Beitragserhöhung möglicher Rechnungsgrundlagen für einen Versicherungsnehmer nicht klar wird, welche der beiden Rechnungsgrundlagen für die konkrete Erhöhung gemessen an den gesetzlichen Vorgaben ausschlaggebend ist. Informationen zum Datenschutz finden Sie unter https://akh-h.de/datenschutz/.

 

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Rechtsanwälte Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann Partnerschaftsgesellschaft mbB, Freihofstrasse 6, 73730 Esslingen, Tel: +49 711 9 30 81 10, www.akh-h.de

Abschreibungsdauer für Bestandsimmobilien nicht mehr pauschal 50 Jahre – Vermieter können im Schnitt ca. 2.500 bis 5.000 EUR pro Jahr einsparen

 

Die Immobilienpreise steigen seit Jahren rasant, während die Mieteinnahmen durch Mietpreisbremse oder Mietendeckel beschnitten werden sollen. In diesem Jahr tritt die neue Grundsteuer in Kraft und der bislang umlagefähige CO2-Preis soll zum Teil vom Vermieter gezahlt werden. Gerade private Vermieter stehen vor immer größeren finanziellen Hürden. „Es gibt jedoch durchaus Möglichkeiten für Vermieter Geld zu sparen. So müssen beispielsweise Bestandsimmobilien seit neustem nicht pauschal über die gesetzlich vorgeschlagenen 50 Jahre abgeschrieben werden, sondern können bei Vorlage eines entsprechenden Nutzungsdauer-Gutachtens auch schneller, also mit höheren Beträgen abgeschrieben werden“, erklärt David Glasenapp, Geschäftsführer der Gutachter-Plattform Nutzungsdauer.com.

Im Februar 2022 stellte das Finanzgericht Münster in einer Entscheidung (Aktenzeichen 1 K 1741/18 E) klar, dass die durch Privatgutachten ermittelte wirtschaftliche Restnutzungsdauer von gewerblich genutzten Immobilien als Grundlage des steuerlichen AfA-Satzes gelten kann. Damit bestätigte das Finanzgericht die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 28.07.2021 (Aktenzeichen IX R 25/19), welche letztinstanzlich feststellte, dass sich der Steuerpflichtige zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer eines zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EstG) jeder Darlegungsmethode bedienen kann, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint.

David Glasenapp sagt: „Die beiden Urteile des BFH und des FG Münster hieven das Thema Nutzungsdauer aus einem Schattendasein in den Bereich des Mainstreams. Wo früher teils aufwändige Bausubstanzgutachten gefordert wurden, reicht heute ein Online-Gutachten aus. Allerdings scheint diese Möglichkeit den meisten privaten Vermietern und auch deren Steuerberatern noch nicht bekannt zu sein. Dadurch verschenkt der durchschnittliche private Vermieter einer Bestandsimmobilie unseren Schätzungen zufolge zwischen 2.500 EUR und 5.000 EUR pro Jahr. Gerade Kapitalanleger, die eine Immobilie als Altersvorsorge kauften und diese nun vermieten, sollten diese Möglichkeit nicht ungenutzt lassen.“

Gemäß aktuellen Zahlen des Hamburger Welt-Wirtschafts-Instituts (HWWI) ist zumindest in der Hälfte der 401 deutschen Landkreise noch bis 2035 mit positiven Preisentwicklungen zu rechnen. Und auch wenn aktuell vieles darauf hindeutet, dass ein Ende der Niedrigzinsen bevorsteht, sind die Bauzinsen bisher noch gering.

„Altersvorsorge und Inflationsschutz sind Themen, die uns alle etwas angehen. Zu vermietende Immobilien als wertstabile Investments können durch Wertsteigerung und Mieteinnahmen gleich doppelt Schutz bieten“, sagt David Glasenapp. „Dass nun auch der Prozess der Gebäude-AfA erleichtert wurde, entlastet Vermieter und öffnet den Markt für weitere potenzielle Immobilienkäufer. Mit unseren Online-Gutachten geben wir Immobilieneigentümern ein Werkzeug an die Hand, um ihre Immobilieninvestition zu optimieren.“

Über Nutzungsdauer.com

Die Online-Plattform Nutzungsdauer.com wurde 2017 gegründet und ist der erste Online-Anbieter spezialisiert auf Gutachten über die wirtschaftliche Restnutzungsdauer von Immobilien. Nutzungsdauer.com vereint erfahrene, unabhängige Immobiliengutachter aus der freien Wirtschaft sowie dem akademischen Bereich und ermittelt in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen die Restnutzungsdauer von Immobilien. Seit Gründung wurden bereits über 1.000 Vermieter bei der Ermittlung begleitet und eine geschätzte Steuerersparnis von über 5 Mio. EUR erzielt.

 

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MARKTKOMMENTAR zur EU-Kleinanlegerstrategie Von Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA Marburg, 17. Mai 2022

 

Nach Auffassung der EU-Kommission fehlt den Bürgern Europas, den unbedarften „Kleinanlegern“, der freie Zugang zu Anlageprodukten mit mehr Rendite – sprich zu Aktien- bzw. Investmentprodukten. Doch ist ein EU-weiter Regulierungsansatz hier wirklich ein geeignetes Mittel, um mehr Investmentfreude zu erzeugen? Drei Thesen hinterfragen die Prämissen der „EU-Kleinanlegerstrategie“:

1.)      Die Annahme der Kommission, der Marktzugang von Kleinanlegern sei beschränkt, ist fragwürdig.

Zumindest in Deutschland, immerhin dem größten europäischen Teilmarkt, wuchs die Zahl der Fondssparpläne, der Wertpapierdepots und der Aktionäre in den vergangenen Jahren mit hoher Dynamik. Dem liegt ein sich stetig verbesserndes Verhältnis der Bürger zu aktienbasierten Geldanlagen zu Grunde, wie unter anderem die Entwicklung des vom DIVA halbjährlich erhobenen Deutsche Geldanlage-Index (DIVAX-GA) zeigt. Zugleich besteht auch das Neugeschäft der deutschen Lebensversicherer inzwischen zu mehr als 95 Prozent aus fondsgebundenen Produkten oder Hybridprodukten. Reine Garantieprodukte kommen fast gar nicht mehr vor. Wegen niedriger Zinsen und steigender Inflation ist das auch nicht überraschend. Die EU-Regulierungsinitiative scheint also auf andere Märkte als Deutschland zu zielen. Dann ist aber zu fordern, dass eine differenziertere Betrachtung der EU-Märkte und ihrer Marktbeschränkungen zugrunde gelegt wird. „Für alle gleich“ ist nämlich nicht „für alle besser“.

2.)      IBIP oder IBIP? Absicherung steht im Vordergrund!

Der Begriff IBIP „Insurance Based Investment Product“ ist eigentlich falsch – tatsächlich handelt es sich meist um Investment Based Insurance Products. Denn im Regelfall ist das primäre Motiv des Verbrauchers die Alters- bzw. Risikoabsicherung, die ihn das Versicherungsprodukt gegenüber einem reinen Anlageprodukt den Vorzug geben lässt. Im Übrigen sind Produkte im Versicherungsmantel deshalb auch im Regime der Insurance Distribution Directive (IDD) richtig verortet. Ein Übergang auf MFID II-Regeln würde einen Zugang zu solchen Produkten nur erschweren. Abgesehen davon tragen zum Verbraucherschutz in Deutschland noch viele weitere rechtliche Bestimmungen bei (zum Beispiel VVG, VAG, Vermittlerverordnung, VVG-Info V, AltvPIBV). Das bürokratische Ergebnis: Schon heute müssen für den Abschluss einer Riester-Rente (ein Versicherungsanlageprodukt) mehr als 50 Seiten Papier ausgedruckt und sechs Unterschriften eingeholt werden.

3.)      Um den Marktzugang zu verbessern, braucht es Beratung statt Regulierung.

Es gibt eine große Diskrepanz zwischen juristischen Anforderungen zum Verbraucherschutz auf der einen und der Verständlichkeit von Produkten und Bedingungen auf der anderen Seite. Wenn die EU-Kommission den Marktzugang zu Investmentprodukten bzw. zu investmentbasierten Versicherungsprodukten verbessern will und dabei den deutschen Markt im Blick hat, gibt es eine entscheidende Stellschraube: die Förderung kompetenter Beratung. Denn Aufgabe der Berater ist es, das regulierungsjuristische Fach-Kauderwelsch für den Verbraucher zu übersetzen und seine individuelle Situation zu bewerten. Eine Ausweitung der Regulierung, insbesondere eine Ausweitung der MIFID II-Anwendung, würde genau das Gegenteil dessen bewirken, was die Kleinanlegerstrategie eigentlich soll: Den Verbreitungsgrad höher rentierlicher Anlageprodukte fördern.

Bei aller Sympathie für gemeinsame Regeln in der EU sind die Voraussetzungen in den Mitgliedsländern schlicht unterschiedlich. In Deutschland liegt das gesetzliche Rentenniveau bei 48 Prozent, die betriebliche Altersversorgung ist bei weitem nicht flächendeckend vorhanden. Deshalb bleibt private Vorsorge unerlässlich. Ohne Bedarfsklärung, Beratung und Vermittlung wird auskömmliche Alterssicherung für alle nicht zu erreichen sein. Eine EU-Regulierung darf dieses Ziel nicht behindern.

DIVA – Deutsches Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung Das DIVA versteht sich als Meinungsforschungsinstitut für finanzielle Verbraucherfragen und ist ein An-Institut der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW). Geschäftsführender Direktor ist Dr. Helge Lach, zugleich Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater (BDV); die Wissenschaftliche Leitung liegt bei FHDW-Professor Dr. Michael Heuser. Veröffentlichungen des DIVA und weitere Informationen unter www.diva.de.

 

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Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 20. Januar 2022 gegenüber der Quirin Privatbank AG angeordnet, die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation nach § 25a Absatz 2 Satz 2 Kreditwesengesetz (KWG) sicherzustellen.

 

Am 1. März 2022 hat die BaFin zudem zusätzliche Eigenmittelanforderungen nach § 10 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 KWG angeordnet.

Grund für die Maßnahmen ist ein Verstoß gegen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation im Sinne des § 25a Abs. 1 KWG. Eine Sonderprüfung hatte ergeben, dass die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsorganisation im Sinne des § 25a Abs. 1 KWG nicht in allen geprüften Bereichen gegeben war.

Die Anordnungen ergehen auf Grundlage des § 25a Abs. 2 Satz 2 KWG sowie des § 10 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 KWG. Die Veröffentlichung erfolgt aufgrund des § 60b Abs. 1 KWG.

Die Bescheide sind seit dem 28. Februar 2022 bzw. dem 11. April 2022 bestandskräftig.

 

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BaFin warnt vor gefälschten E-Mails im Namen der BaFin: Beiratsmitglied fordert nicht zu Überweisungen auf

 

Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) liegen mehrere Fälle vor, in denen behauptet wird, dass „Dr. Christian Ossig” in seiner Eigenschaft als Mitglied des Fachbeirats der BaFin E-Mails verschicke. In diesen E-Mails werden Verbraucherinnen und Verbraucher aufgefordert, Überweisungen zu veranlassen, um verlorenes Geld von nicht lizenzierten Online-Handelsplattformen zurückzuerhalten.

In den vorliegenden Fällen nutzen die unbekannten Absender dieser E-Mails unter anderem E-Mail-Adressen der BaFin, nämlich poststelle@bafin.de und poststelle-ffm@bafin.de.

Die BaFin betont, dass sie diese E-Mails nicht verschickt. Somit sind diese E-Mails auch nicht von Dr. Christian Ossig verfasst.

In einigen Fällen wurde auch ein angeblicher Sicherheitsvertrag der BaFin übermittelt, der ebenfalls eine Fälschung ist.

Die BaFin rät allen Verbraucherinnen und Verbrauchern, die ein solches Angebot erhalten, sich auf keinen Fall darauf einzulassen und bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle oder Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten.

Wer Zweifel an Inhalt und Absender des E-Mai hat, kann sich auch direkt an die BaFin wenden. Die Verbraucher-Hotline ist unter der kostenlosen Rufnummer 0800 2 100 500 zu erreichen.

Generell beauftragt die BaFin keine Dritten und damit auch keine Mitglieder ihrer Beiräte im Zusammenhang mit betrügerischen Online-Plattformen. Sie nimmt auch nicht von sich aus Kontakt zu Einzelpersonen auf. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich daher besonders vorsichtig verhalten, wenn Dritte im Namen der BaFin auftreten.

 

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Restnutzungsdauer-Gutachten als Grundlage für AfA-Satz – Privaten und gewerblichen Immobilienbesitzern winken Steuerersparnisse –  Online-Gutachten als preiswerte und rechtssichere Alternative zu Bausubstanzgutachten

 

Das Finanzgericht Münster veröffentlicht sein Urteil vom 27.2.2022 (Aktenzeichen 1 K 1741/18 E) und stellt in der Entscheidung klar, dass die durch ein Privatgutachten ermittelte wirtschaftliche Restnutzungsdauer von gewerblich genutzten Immobilien als Grundlage des steuerlichen AfA-Satzes gelten kann. Die so ermittelte Nutzungsdauer ist damit von den Finanzämtern anzuerkennen. „Das Urteil des Finanzgerichts ist eine gute Nachricht für Vermieter, die bei einer verkürzten Nutzungsdauer ihrer Immobilien höhere steuerliche Abschreibungssätze geltend machen können. Im Kern ermöglicht die Entscheidung massive Steuererleichterungen für Vermieter von Bestandsimmobilien“, erklärt David Glasenapp, Geschäftsführer der Gutachter-Plattform Nutzungsdauer.com.

Die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt damit ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28.07.2021 (Aktenzeichen IX R 25/19), welches die Verkürzung der Nutzungsdauer erleichtert hatte. Grundsätzlich darf eine vermietete Immobilie laut Einkommenssteuergesetz (EstG) § 7 Abs. 4 über 50 Jahre zu zwei Prozent pro Jahr steuerlich abgeschrieben werden. Zur Verkürzung dieser Restnutzungsdauer forderten einzelne Finanzämter bis zum Urteil der Bundesfinanzrichter jedoch die Vorlage eines detaillierten Bausubstanzgutachtens. Der Bundesfinanzhof stellte in seiner Entscheidung vom Juli 2021 jedoch klar, dass sich für den Nachweis der tatsächlichen Nutzungsdauer jeder Darlegungsmethode bedient werden darf.

David Glasenapp weiter: „Das nun gefällte Urteil des Finanzgerichts Münster bestätigt die BFH-Entscheidung des letzten Jahres nicht nur, sondern erleichtert die Verkürzung noch einmal enorm. Laut aktuellem Urteil ist die durch Privatgutachten vorgelegte Nutzungsdauer nur dann zu verwerfen, wenn sie eindeutig außerhalb des angemessenen Schätzungsrahmens liegt. Mit anderen Worten: Selbst, wenn im Finanzgerichtsverfahren ein vom Gericht bestellter Gutachter zu einem anderen Ergebnis kommen würde, müssten die Ergebnisse schon erheblich divergieren, um verworfen werden zu können.“

Die bis dato geforderten Bausubstanzgutachten sind oftmals nicht nur mit immensen Kosten verbunden, sondern in der Praxis auch schwer zu bekommen. Die neue Rechtsprechung erlaubt es nun auch online erstellte Gutachten oder Gutachten, die sich einzig und allein auf die Nutzungsdauer einer Immobilie beschränken, bei den Finanzämtern vorzulegen. Das baut nicht nur behördliche Hürden ab, sondern schafft auch Rechtssicherheit bei Vermietern.

„Dass nun auch Online-Gutachten vorgelegt werden können, demokratisiert den gesamten Prozess der Gebäude-AfA. Wie in vielen steuerrechtlichen Aspekten haben es die hohen behördlichen Anforderungen kleinen Privatanlegern beinahe unmöglich gemacht, ihre Immobilien steuerlich zu optimieren. Online-Gutachten, wie wir sie anbieten, kosten für kleinere Eigentumswohnungen oft nicht mehr als 400 Euro, weshalb nun auch Privatanleger von der Rechtsprechung profitieren können,“ erklärt David Glasenapp.

Über Nutzungsdauer.com

Die Online-Plattform Nutzungsdauer.com wurde 2017 gegründet und ist der erste Online-Anbieter spezialisiert auf Gutachten über die wirtschaftliche Restnutzungsdauer von Immobilien. Nutzungsdauer.com vereint erfahrene, unabhängige Immobiliengutachter aus der freien Wirtschaft sowie dem akademischen Bereich und ermittelt in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen die Restnutzungsdauer von Immobilien. Seit Gründung wurden bereits über 1.000 Vermieter bei der Ermittlung begleitet und eine geschätzte Steuerersparnis von über 5 Mio. EUR erzielt.

 

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W Verwaltung GmbH, Warendorferstr. 177, 48145 Münster, www.nutzungsdauer.com

Die BaFin hat eine neue FAQ zu den MiFID II-Wohlverhaltensregeln nach §§ 63ff. Wertpapierhandelsgesetz veröffentlicht.

 

Darin stellt sie klar, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen ihre Kunden auch dann immer vor dem Geschäftsabschluss über Zuwendungen informieren müssen, wenn Fernkommunikationsmittel genutzt werden Eine nachträgliche Offenlegung – wie sie unter bestimmten Voraussetzungen für die mit dem Geschäftsabschluss verbundenen Kosten möglich ist – ist nicht zulässig.

https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsentscheidung/WA/ae_040518_faq_mifid2_wohlverhaltensregeln.html?nn=9021442

 

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Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Marie-Curie-Str. 24-28, 60439 Frankfurt, Telefon: 0228 / 4108-0, www.bafin.de

Das Bundesfinanzministerium hat steuerliche Erleichterungen veröffentlicht zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten.

 

Die Maßnahmen gelten vom 24. Februar 2022 bis 31. Dezember 2022. Ecovis-Steuerberater Michael Sabisch in Volkach und Gerolzhofen kennt die Details.

Spenden einfacher nachweisbar

Die Nachweispflicht für Spenden ist vereinfacht. Als Spendenquittung reicht ein Beleg. Wer bis 31. Dezember 2022 auf ein für die Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten eingerichtetes Sonderkonto Geld spendet, kann die Spende unabhängig von der Höhe mit dem Bareinzahlungsbeleg oder der Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts nachweisen. Eine echte Spendenquittung ist bei Spenden an öffentliche Stellen also nicht notwendig.

Auch gemeinnützigen Körperschaften können Spendenaktionen organisieren, die nach ihrer Satzung keine zum Beispiel mildtätigen Zwecke fördern oder die regional gebunden sind.

Außerdem sind Arbeitslohnspenden möglich. Hier verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen ihres Arbeitslohns. Der Arbeitgeber zahlt diesen Betrag auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung. Der gespendete Teil des Gehalts wird dann nicht als Lohn berücksichtigt. Lohnsteuer ist nicht zu zahlen. „Allerdings muss der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllen und dokumentieren. Wichtig: Der gespendete Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen“, sagt Ecovis-Steuerberater Sabisch.

Entsprechende Regelungen trifft das BMF-Schreiben für Beamte, Richter, Soldaten oder Tarifbeschäftigte. Vergleichbare Regelungen werden zudem für Aufsichtsratsvergütungen getroffen.

Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen oder als Sponsoring-Maßnahme

Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten sind gemäß dem BMF-Schreiben vom 18. Februar 1998 zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. Aufwendungen des sponsernden Steuerpflichtigen sind danach Betriebsausgaben, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen anstrebt.

Umsatzsteuerliche Entlastungen

In dem BMF-Schreiben werden auch zahlreiche Erleichterungen im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer erläutert: Steuerbegünstigte Körperschaften und die Zuordnung der Betätigung zum Zweckbetrieb, Umsatzsteuerbefreiungen für die Überlassung von Sachmitteln und Räumen sowie von Personal, unentgeltliche Bereitstellungen von Gegenständen oder Personal, Vorsteuerabzug bei Nutzungsänderungen und der unentgeltlichen Überlassung von Wohnraum.

Keine Schenkungsteuer

Handelt es sich bei Zuwendungen um Schenkungen, dann fällt keine Schenkungsteuer an – wenn alle notwendigen Voraussetzung vorliegen. Das ist der Fall, wenn die Zuwendungen an gemeinnützige Körperschaften oder an ausschließlich kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Zwecke gerichtet sind.

„Die Maßnahmen sind wirklich schnell umgesetzt und gut gemacht. Sicher, weil sie an die Flutkatastrophe 2021 angelehnt sind“, sagt Steuerberater Michael Sabisch. „Viele der Maßnahmen sorgen einfach dafür, dass Hilfe schnell ankommt.“ Wie wichtig das ist, weiß Sabisch. Denn er ist Stiftungsvorstand der Stiftung Ecovis & friends, die aktuell Kinder und Jugendliche unterstützt, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind.

 

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Ecovis, Agnes-Bernauer-Straße 90, 80687 München, Tel: +49 89 5898 -266, Fax: +49 89 5898 -280, www.ecovis.com

Anno August Jagdfeld hat seine Klagen gegen die SIGNAL IDUNA endgültig verloren

 

Herr Jagdfeld hatte vor dem Oberlandesgericht Hamm Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Dortmund eingelegt. Die Urteilsverkündung war eine schmetternde Niederlage für Herrn Jagdfeld. Der Senat hat sämtliche Anspruchsgrundlagen rundweg verneint. Obendrein hat das Oberlandesgericht eine Revision vor dem Bundesgerichtshof nicht zugelassen, was die Haltlosigkeit der Vorwürfe nochmals unterstreicht. Damit steht fest, dass die SIGNAL IDUNA keinerlei Schadenersatz an Herrn Jagdfeld zahlen wird.

Herr Jagdfeld hatte Klagen mit einem Volumen von einer Milliarde Euro erhoben. Zwei Instanzen – das Landgericht Dortmund und das Oberlandesgericht Hamm – haben die Vorwürfe intensiv geprüft und festgestellt, dass sie allesamt haltlos sind. Niemand aus der SIGNAL IDUNA hat sich jemals negativ über Herrn Jagdfeld geäußert – so dass es auch niemals einen Schaden für Herrn Jagdfeld und seine Firmen geben konnte.

 

Verantwortlich für den Inhalt:

Signal Iduna (Zentrale), Neue Rabenstraße 15-­19, D-20351 Hamburg, Tel: 040 4124 3834, Fax: 040/41242846, www.signal-iduna.de

BGH-Urteil vom 17. März 2022 – III ZR 79/21

 

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Frage entschieden, ob der Staat für Einnahmeausfälle haftet, die durch flächendeckende vorübergehende Betriebsschließungen oder Betriebsbeschränkungen auf Grund von staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 und der dadurch verursachten COVID-19-Krankheit entstanden sind.

Sachverhalt:

Der Kläger ist Inhaber eines Hotel- und Gastronomiebetriebs. Am 22. März 2020 erließ das beklagte Land Brandenburg eine Corona-Eindämmungsverordnung, wonach Gaststätten für den Publikumsverkehr zu schließen waren und den Betreibern von Beherbergungsstätten untersagt wurde, Personen zu touristischen Zwecken zu beherbergen.

Der Betrieb des Klägers war in dem Zeitraum vom 23. März bis zum 7. April 2020 für den Publikumsverkehr geschlossen, ohne dass die COVID-19-Krankheit zuvor dort aufgetreten war. Der Kläger erkrankte auch nicht. Während der Zeit der Schließung seiner Gaststätte bot er Speisen und Getränke im Außerhausverkauf an. Im Rahmen eines staatlichen Soforthilfeprogramms zahlte die Investitionsbank Brandenburg 60.000 € als Corona-Soforthilfe an ihn aus.

Der Kläger hat geltend gemacht, es sei verfassungsrechtlich geboten, ihn und andere Unternehmer für die durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlittenen Umsatz- und Gewinneinbußen zu entschädigen.

Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 27.017,28 € (Verdienstausfall, nicht gedeckte Betriebskosten, Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung) nebst Prozesszinsen sowie auf Feststellung der Ersatzplicht des Beklagten für alle weiteren entstandenen Schäden gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist vor dem Oberlandesgericht erfolglos geblieben.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der III. Zivilsenat hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Die Entschädigungsvorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gewähren Gewerbetreibenden, die im Rahmen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie als infektionsschutzrechtliche Nichtstörer durch eine auf § 28 Abs. 1 IfSG gestützte flächendeckende Schutzmaßnahme, insbesondere eine Betriebsschließung oder Betriebsbeschränkung, wirtschaftliche Einbußen erlitten haben, weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung einen Anspruch auf Entschädigung. § 56 Abs. 1 IfSG ist von vornherein nicht einschlägig, weil die hier im Verordnungswege nach § 32 IfSG angeordneten Verbote gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Personen ergangen sind und der Kläger nicht gezielt personenbezogen als infektionsschutzrechtlicher Störer in Anspruch genommen wurde. Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung ergibt sich auch nicht aus § 65 Abs. 1 IfSG. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut ist die Vorschrift nur bei Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten einschlägig. Im vorliegenden Fall dienten die Corona-Eindämmungsverordnung vom 22. März 2020 sowie die Folgeverordnungen vom 17. April 2020 und 24. April 2020 jedoch der Bekämpfung der COVID-19-Krankheit. Diese hatte sich bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung vom 22. März 2020 deutschlandweit ausgebreitet. § 65 Abs. 1 IfSG kann auch nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass der Anwendungsbereich der Norm auf Bekämpfungsmaßnahmen, die zugleich eine die Ausbreitung der Krankheit verhütende Wirkung haben, erstreckt wird.

Eine verfassungskonforme Auslegung der beiden Regeln dahingehend, dass auch in der vorliegenden Fallgestaltung eine Entschädigung zu gewähren ist, wie es in einem gestern veröffentlichten Beschluss einer Kammer des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 10. Februar 2022 – 1 BvR 1073/21) kursorisch in Erwägung gezogen wurde, scheidet aus. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm setzt voraus, dass mehrere Deutungen möglich sind. Sie findet ihre Grenze an dem klaren Wortlaut der Bestimmung und darf nicht im Widerspruch zu dem eindeutig erkennbaren Willen des Gesetzes stehen. Der Wortlaut von § 56 und § 65 IfSchG ist klar und lässt eine ausdehnende Auslegung nicht zu. Zudem würde der eindeutige Wille des Gesetzgebers konterkariert, nur ausnahmsweise aus Gründen der Billigkeit eine Entschädigung für Störer im infektionsschutzrechtlichen Sinn vorzusehen.

Der Kläger kann den geltend gemachten Entschädigungsanspruch auch nicht auf eine analoge Anwendung von § 56 Abs. 1 oder § 65 Abs. 1 IfSG stützen. Es fehlt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Den infektionsschutzrechtlichen Entschädigungstatbeständen liegt, was sich insbesondere aus ihrer Entstehungsgeschichte und der Gesetzgebungstätigkeit während der Corona-Pandemie ergibt, die abschließende gesetzgeberische Entscheidung zugrunde, Entschädigungen auf wenige Fälle punktuell zu begrenzen und Erweiterungen ausdrücklich ins Gesetz aufzunehmen (“Konzept einer punktuellen Entschädigungsgewährung”). Darüber hinaus fehlt es auch an der Vergleichbarkeit der Interessenlage zwischen den Entschädigungsregelungen nach §§ 56, 65 IfSG und flächendeckenden Betriebsschließungen, die auf gegenüber der Allgemeinheit getroffenen Schutzmaßnahmen beruhen.

Das Berufungsgericht hat einen Entschädigungsanspruch aus § 38 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. § 18 des Ordnungsbehördengesetzes für das Land Brandenburg zu Recht abgelehnt. Als spezialgesetzliche Vorschriften der Gefahrenabwehr haben die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes Anwendungsvorrang und entfalten eine Sperrwirkung gegenüber den Regelungen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts.

Ansprüche aus dem richterrechtlich entwickelten Haftungsinstitut des enteignenden Eingriffs scheitern daran, dass das den §§ 56, 65 IfSG zugrundeliegende und gesetzgeberisch als abschließend gedachte Konzept einer punktuellen Entschädigung im Bereich der Eigentumseingriffe nicht durch die Gewährung richterrechtlicher Ansprüche unterlaufen werden darf. Unabhängig davon ist der Anwendungsbereich des Rechtinstituts des enteignenden Eingriffs nicht eröffnet, wenn es darum geht, im Rahmen einer Pandemie durch flächendeckende infektionsschutzrechtliche Maßnahmen, die als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG anzusehen sind, verursachte Schäden auszugleichen. Es stünde – wie der Senat wertungsmäßig vergleichbar bereits in dem Waldschädenurteil vom 10. Dezember 1987 (III ZR 220/86, BGHZ 102, 350, 361 ff) ausgesprochen hat – in einem offenen Widerspruch zum Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Entschädigung, wenn die Gerichte – gestützt auf das richterrechtliche Institut des enteignenden Eingriffs – im Zusammenhang mit einer Pandemiebekämpfung im Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG massenhafte und großvolumige Entschädigungen zuerkennen würden.

Ebenso wenig kann dem Kläger unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der sogenannten ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung des Eigentums eine Entschädigung zuerkannt werden. Es erscheint dem Senat bereits sehr zweifelhaft, ob dieses Rechtsinstitut, das bislang vor allem auf Härtefälle bei unzumutbaren Belastungen einzelner Eigentümer angewandt worden ist, geeignet ist, auf Pandemielagen sachgerecht im Sinne einer gerechten Lastenverteilung zu reagieren. Jedenfalls wäre es im Hinblick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Entschädigung nicht zulässig, dem Kläger vorliegend einen Ausgleichsanspruch kraft Richterrechts unter dem Gesichtspunkt der ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung zu gewähren.

Hilfeleistungen für von einer Pandemie schwer getroffene Wirtschaftsbereiche sind keine Aufgabe der Staatshaftung. Vielmehr folgt aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), dass die staatliche Gemeinschaft Lasten mitträgt, die aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal entstanden sind und nur zufällig einen bestimmten Personenkreis treffen. Hieraus folgt zunächst nur die Pflicht zu einem innerstaatlichen Ausgleich, dessen nähere Gestaltung weitgehend dem Gesetzgeber überlassen ist. Erst eine solche gesetzliche Regelung kann konkrete Ausgleichsansprüche der einzelnen Geschädigten begründen. Dieser sozialstaatlichen Verpflichtung kann der Staat zum Beispiel dadurch nachkommen, dass er – wie im Fall der COVID-19-Pandemie geschehen – haushaltsrechtlich durch die Parlamente abgesicherte Ad-hoc-Hilfsprogramme auflegt (“Corona-Hilfen”), die die gebotene Beweglichkeit aufweisen und eine lageangemessene Reaktion zum Beispiel durch kurzfristige existenzsichernde Unterstützungszahlungen an betroffene Unternehmen erlauben.

Ansprüche aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) und enteignungsgleichem Eingriff sowie nach § 1 Abs. 1 des Staatshaftungsgesetzes des Landes Bandenburg hat das Berufungsgericht zu Recht abgelehnt. Die Corona-Eindämmungsverordnung vom 22. März 2020 und die Folgeverordnungen vom 17. und 24. April 2020 waren als solche rechtmäßig. Die getroffenen Schutzmaßnahmen, insbesondere die angeordneten Betriebsschließungen, waren erforderlich, um die weitere Ausbreitung der COVID-19-Krankheit zu verhindern. Dies wurde von der Revision auch nicht in Frage gestellt.

Vorinstanzen:

Landgericht Potsdam – Urteil vom 24. Februar 2021 – 4 O 146/20

Brandenburgisches Oberlandesgericht – Urteil vom 1. Juni 2021 – 2 U 13/21

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Art. 14 GG – Eigentum, Erbrecht und Enteignung

1Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. 2Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

  • 28 IfSG – Schutzmaßnahmen

(1) 1Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a und in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. 2Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen.

  • 32 IfSG – Erlass von Rechtsverordnungen

1Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28, 28a und 29 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen.

  • 56 IfSG – Entschädigung

(1) 1Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld.

  • 65 IfSG – Entschädigung bei behördlichen Maßnahmen

(1) 1Soweit auf Grund einer Maßnahme nach den §§ 16 und 17 Gegenstände vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden oder ein anderer nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird, ist eine Entschädigung in Geld zu leisten; eine Entschädigung erhält jedoch nicht derjenige, dessen Gegenstände mit Krankheitserregern oder mit Gesundheitsschädlingen als vermutlichen Überträgern solcher Krankheitserreger behaftet oder dessen verdächtig sind. 2§ 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist entsprechend anzuwenden.

  • 18 Ordnungsbehördengesetz des Landes Brandenburg – Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen

(1) Die Ordnungsbehörde kann Maßnahmen gegen andere Personen als die nach den §§ 16 oder 17 Verantwortlichen richten, wenn

  1. eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist,
  1. Maßnahmen gegen die nach den §§ 16 oder 17 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen,
  1. die Ordnungsbehörde die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und
  1. die Personen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können.
  • 38 Ordnungsbehördengesetz des Landes Brandenburg – Zur Entschädigung verpflichtende Maßnahmen

(1) Ein Schaden, den jemand durch Maßnahmen der Ordnungsbehörden erleidet, ist zu ersetzen, wenn er

  1. a) infolge einer Inanspruchnahme nach § 18 oder
  1. b) durch rechtswidrige Maßnahmen, gleichgültig, ob die Ordnungsbehörden ein Verschulden trifft oder nicht, entstanden ist.

 

Verantwortlich für den Inhalt:

Bundesgerichtshof BGH, Herrenstraße 45a, ­76133 Karlsruhe, Tel: 0721/159­0, Fax: 0721/159­830,  www.bundesgerichtshof.de

Privatkunden in Deutschland sollen auch beim Handel mit Futures davor geschützt werden, in hoch-volatilen Marktsituationen ihr gesamtes Vermögen zu verlieren.

 

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) plant daher, die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Futures mit Nachschusspflichten zu beschränken. Privatkunden dürften mit diesen Produkten dann nicht mehr handeln. Nachschusspflichten bei finanziellen Differenzkontrakten (Contracts for Difference, CFD) hatte die deutsche Finanzaufsicht bereits 2017 verboten.

Für Privatkundinnen und -kunden ist der Handel mit Finanzprodukten, die mit einer Nachschusspflicht verbunden sind, aus Sicht der BaFin mit erheblichen Risiken verbunden. In hoch-volatilen Marktsituationen können diese Produkte unbegrenzte Verluste nach sich ziehen. Reicht das eingesetzte Kapital eines Anlegers nicht aus, um Verluste auszugleichen, muss dieser mit seinem sonstigen Vermögen dafür ein-treten. Kleinanleger können weitaus mehr verlieren als ihr eingesetztes Kapital und mussten in der Vergangenheit teilweise sechsstellige Euro-Beträge als Nachschuss leisten.

Nach ihrem Retail-Verbot für CFD mit Nachschusspflichten beobachtet die BaFin aktuell, dass Anbieter verstärkt Futures mit Nachschusspflichten an Privatkunden vermarkten. Derzeit kommen zudem vermehrt Mini- und Micro-Future-Produkte mit Nachschusspflichten auf den Markt. Diese richten sich aufgrund ihrer geringeren Kontraktgröße und damit niedrigeren Eintrittsschwelle speziell an Kleinanleger. Die BaFin will mit ihrer Produktinterventionsmaßnahme sicherstellen, dass sich der Verlust von Privatkunden wie bei CFD auch bei Futures künftig auf den Betrag beschränkt, den diese investiert haben.

Die Aufsicht kann die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Finanzinstrumenten beschränken oder verbieten, um Kleinanleger zu schützen (Art. 42 Markets in Financial Instruments Regulation, MiFIR). Den Entwurf ihrer Produktinterventionsmaßnahme hat die BaFin heute veröffentlicht. Bis zum 17. März 2022 besteht Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen.

Futures

Futures sind unbedingte Terminkontrakte, die an Terminbörsen gehandelt werden. Sie verpflichten beide Vertragspartner, eine bestimmte Menge eines Basiswertes (Kontraktgegenstand) zu einem bei Vertragsabschluss festgelegten Preis und Zeitpunkt zu liefern (Short-Position) oder abzunehmen (Long-Position). Sowohl Käufer als auch Verkäufer müssen ihrer Liefer- bzw. Abnahme- und Zahlungsverpflichtung nachkommen. Das Verlustpotenzial ist bei Long-Futures auf die Höhe des Futures (Kontraktwert) begrenzt, bei Short-Positionen jedoch in der Höhe unbegrenzt. Kleinanleger können Futures nicht unmittelbar an einer Terminbörse handeln, sondern lediglich über Wertpapierdienstleistungsunternehmen.

 

Verantwortlich für den Inhalt:

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Marie-Curie-Str. 24-28, 60439 Frankfurt, Telefon: 0228 / 4108-0, www.bafin.de

Wenn eine Wohngebäudeversicherung sich mit der Regulierung eines Leitungswasserschadens zu viel Zeit lässt, dann stehen nach Information des Infodienstes Recht und Steuern der LBS dem Versicherungsnehmer Schadenersatzansprüche zu.

 

(Oberlandesgericht Nürnberg, Aktenzeichen 8 U 3174/20)

Der Fall: In einer vermieteten Wohnung war es zu einem größeren Leitungswasserschaden gekommen. Doch anstatt den Schaden vertragsgemäß zu regulieren, verzögerte die Versicherung dies pflichtwidrig. Der Eigentümer konnte deswegen das Objekt nicht sanieren, es blieb unbewohnbar und erbrachte keine Einnahmen. Er prozessierte gegen die Assekuranz.

Das Urteil: Ein Zivilsenat gab der Klage teilweise statt. Die Versicherung musste etwa 13.000 Euro Schadenersatz leisten. Allerdings treffe den Wohnungseigentümer eine Mitschuld. Nach Abschluss der gerichtlichen Beweissicherung hätte er das Objekt in diesem Fall zunächst auf eigene Kosten sanieren müssen, um den Mietausfallschaden zu begrenzen. Das sei ihm zuzumuten gewesen.

 

Verantwortlich für den Inhalt:

Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen im Deutschen Sparkassen- und Giroverband e.V., Friedrichstraße 83, 10117 Berlin, Tel: 030 20225-5381, Fax: 030 20225-5385, www.lbs.de

Urteil vom 15. Februar 2022 – VI ZR 937/20

 

Sachverhalt

Der Kläger wurde bei einem Verkehrsunfall erheblich verletzt. Über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren verbrachte er im Rahmen von 13 stationären Aufenthalten insgesamt 500 Tage im Krankenhaus, u.a. musste der rechte Unterschenkel amputiert werden. Der Kläger ist seither zu mindestens 60 % in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert. Die Einstandspflicht der Beklagten (Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Pkw) steht dem Grunde nach außer Streit.

Bisheriger Prozessverlauf

Das Landgericht hat dem Kläger, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ein Schmerzensgeld von 100.000 € zugesprochen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von insgesamt 200.000 € verurteilt.

Nach der vom Berufungsgericht hierbei angewendeten Methode der sog. “taggenauen Berechnung” des Schmerzensgeldes ergibt sich dessen Höhe in einem ersten Rechenschritt (Stufe I) unabhängig von der konkreten Verletzung und den damit individuell einhergehenden Schmerzen aus der bloßen Addition von Tagessätzen, die nach der Behandlungsphase (Intensivstation, Normalstation, stationäre Reha-Maßnahme, ambulante Behandlung zuhause, Dauerschaden) und der damit regelmäßig einhergehenden Lebensbeeinträchtigung gestaffelt sind. Das Berufungsgericht hat diese Tagessätze – ausgehend von bestimmten Prozentsätzen eines durchschnittlichen Einkommens – für die verschiedenen Behandlungsstufen auf 150 € (Intensivstation), 100 € (Normalstation), 60 € (stationäre Reha) und 40 € bei 100 % Grad der Schädigungsfolgen angesetzt. In einem zweiten Rechenschritt (Stufe II) können von der zuvor “taggenau” errechneten Summe je nach Gestaltung und Schwere des Falles individuelle Zu- und Abschläge vorgenommen werden. Das Berufungsgericht hat auf dieser Stufe wegen der erheblichen Vorerkrankungen des Klägers einen Abschlag vorgenommen. Von der nach der oben aufgeführten Methode grundsätzlich vorgesehenen abschließenden Erhöhung des Schmerzensgeldes bei Dauerschäden und besonders schwerwiegenden Verfehlungen des Schädigers (Stufe III) hat das Berufungsgericht im Streitfall keinen Gebrauch gemacht.

Mit der vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der u.a. für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus Kfz-Unfällen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Dabei geht es nicht um eine isolierte Schau auf einzelne Umstände des Falles, sondern um eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei ist in erster Linie die Höhe und das Maß der entstandenen Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Auf der Grundlage dieser Gesamtbetrachtung ist eine einheitliche Entschädigung für das sich insgesamt darbietende Schadensbild festzusetzen, die sich jedoch nicht streng rechnerisch ermitteln lässt.

Diesen Grundsätzen wird die vom Berufungsgericht vorgenommene “taggenaue Berechnung” des Schmerzensgeldes nicht gerecht. Die schematische Konzentration auf die Anzahl der Tage, die der Kläger auf der Normalstation eines Krankenhauses verbracht hat und die er nach seiner Lebenserwartung mit der dauerhaften Einschränkung voraussichtlich noch wird leben müssen, lässt wesentliche Umstände des konkreten Falles außer Acht. So bleibt unbeachtet, welche Verletzungen der Kläger erlitten hat, wie die Verletzungen behandelt wurden und welches individuelle Leid bei ihm ausgelöst wurde. Gleiches gilt für die Einschränkungen in seiner zukünftigen individuellen Lebensführung. Auch die Anknüpfung an die statistische Größe des durchschnittlichen Einkommens trägt der notwendigen Orientierung an der gerade individuell zu ermittelnden Lebensbeeinträchtigung des Geschädigten nicht hinreichend Rechnung. Das Berufungsgericht wird daher erneut über die Höhe des Schmerzensgeldes zu befinden haben.

Vorinstanzen:

Landgericht Darmstadt – Urteil vom 17. September 2019 – 2 O 227/14

Oberlandesgericht Frankfurt a.M. – Urteil vom 4. Juni 2020 – 22 U 244/19

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

  • 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

  • 287 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO)

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. (…)

 

Verantwortlich für den Inhalt:

Bundesgerichtshof BGH, Herrenstraße 45a, ­76133 Karlsruhe, Tel: 0721/159­0, Fax: 0721/159­830,  www.bundesgerichtshof.de

Ab 1. April 2022 gibt es ein neues Statusfeststellungsverfahren.

 

Was Unternehmen beachten sollten und wie sie es nutzen können, das fasst Andreas Islinger, Steuerberater und Leiter der Rentenberatung bei Ecovis zusammen. Und er weiß auch, wie Unternehmen damit bares Geld sparen.

Angestellt oder selbstständig?

Viele Unternehmen nutzen freie Mitarbeiter oder Subunternehmer, deren Sozialversicherungs-Status sich nicht immer sicher feststellen lässt. Das gilt auch für Geschäftsführer, mitarbeitende Gesellschafter, Kommanditisten oder mitarbeitende Familienangehörige. Auch deren Sozialversicherungs-Status ist oft unklar. In der Praxis ist schon bei Aufnahme der Tätigkeit ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung empfehlenswert. „Das Statusfeststellungsverfahren ändert sich zum 1. April 2022 erheblich“, sagt Sozialversicherungsexperte Andreas Islinger, „für Unternehmen bietet es Vorteile und Nachteile.“

Welche Neuerung gelten ab April 2022?

Das Verfahren ist schneller

Bisher stellt die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung im Statusfeststellungsverfahren fest, ob jemand eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausübt. Gleichzeitig bestimmt die Deutsche Rentenversicherung, ob und in welchen Zweigen der Sozialversicherung Versicherungspflicht oder -freiheit besteht. Ab dem 1. April 2022 stellt sie aber nur noch den „Erwerbsstatus“ fest: abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit. Das soll die Verfahren beschleunigen, die aktuell oft mehrere Monate dauern.

Der große Nachteil: Die Unternehmen erfahren nicht, ob eine Versicherungspflicht vorliegt oder nicht. „Dafür müssen sich Unternehmen zukünftig an die zuständige Krankenkasse des Mitarbeitenden wenden und in einem weiteren Verfahren die Versicherungspflicht oder -freiheit feststellen lassen“, kritisiert Islinger, „für die Unternehmen bedeutet das doppelten Aufwand.“

Schon vor der Tätigkeit lässt sich eine Prognoseentscheidung einholen

Auf Antrag lässt sich ab April bereits vor Aufnahme einer Tätigkeit über den Erwerbsstatus entscheiden. Das hat den Vorteil, dass Unternehmen bei einer negativen Entscheidung von der Clearingstelle vor Aufnahme der Tätigkeit noch Änderungen vornehmen können. Verträge und Durchführung der Tätigkeit lassen sich dann noch an die Vorgaben der Rentenversicherung anpassen.

„Die Unternehmen müssen dann alles so umsetzen, wie sie es bei der Deutschen Rentenversicherung angegeben haben“, gibt der Rentenexperte zu bedenken, „ansonsten kommt es zu einer Korrektur oder es besteht kein Vertrauensschutz in der nächsten Betriebsprüfung.“

In Dreiecksverhältnissen den echten Arbeitgeber klären lassen

Kommt mehr als ein Unternehmen als Arbeitgeber in Betracht, handelt es sich um ein Dreiecksverhältnis. Wer der tatsächliche Arbeitgeber ist, lässt sich künftig in einem einheitlichen Verfahren klären. Dies betrifft vor allem Personalvermittlung und Arbeitnehmerüberlassung.

Gruppenfeststellungen

Ab April lassen sich mehrere gleiche Auftragsverhältnisse zu verschiedenen Erwerbstätigen begutachten. Gleiche Auftragsverhältnisse liegen dann vor, wenn ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zugrunde liegen. Voraussetzung ist, dass zumindest für eines dieser gleichartigen Auftragsverhältnisse ein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt wird. „Eine gutachterliche Stellungnahme hört sich zwar gut an, bedeutet aber, dass weder die Rentenversicherung noch andere Versicherungsträger an diese Stellungnahme gebunden sind“, gibt Andreas Islinger zu bedenken.

Die Prognoseentscheidung, Gruppenfeststellung und Entscheidung über Dreieckskonstellationen gelten zunächst nur befristet bis zum 30. Juni 2027 und sollen dann noch einmal geprüft werden.

Warum sollten Unternehmen bereits im ersten Monat nach Aufnahme der Tätigkeit das Verfahren starten?

Leiten Unternehmen innerhalb des ersten Monats nach Aufnahme der Tätigkeit das Statusverfahren ein, müssen sie keine Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen, wenn die Deutsche Rentenversicherung eine Beschäftigung feststellt. Beiträge sind erst ab dem Bescheiddatum fällig. Dazu müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

Der Beschäftigte stimmt dem späteren Eintritt der Versicherungspflicht zu und

Der Betroffene ist gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge analog der gesetzlichen Leistungen abgesichert.

„Wer sich frühzeitig um eine Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status kümmert, kann das finanzielle Risiko erheblich reduzieren und echtes Geld sparen“, fasst der Rentenexperte Islinger zusammen.

 

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