von Oliver Timmermann , RA, Kanzlei Michaelis

Zugleich Anmerkung zu LSG Baden-Württemberg, 17.11.2023 – L 8 R 1779/22

Die Bestimmung des Personenkreises, der aus der Vertriebsbranche als typisierend schutzbedürftig i. S. des § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI angesehen werden muss, birgt für das Sozialrecht nach wie vor Unsicherheiten. Mit Urt. v. 17.11.2023 stellte nun das LSG Baden-Württemberg fest (vgl. LSG Baden-Württemberg, 17.11.2023 – L 8 R 1779/22, BeckRS 2023, 41290; anders die Vorinstanz SG Mannheim, 24.5.2022 – S 13 R 759/20), dass ein Versicherungsvermittler, der für eine Servicegesellschaft (die E1 AG) als Handelsvertreter tätig ist, wegen seines gleichzeitigen Status als “selbständiger Makler” für diese nicht als seine alleinige Auftraggeberin tätig sei. Auftraggeber seien vielmehr die Vielzahl der von ihm beratenen Kunden. Die Servicegesellschaft träte lediglich als Abrechnungsstelle in Erscheinung. Das Urteil muss streng verwundern. Es setzt sich in direkten Widerspruch zu Vorentscheidungen, ohne dass Abweichungen überhaupt thematisiert werden. Als Problem ist die typologische Betrachtung der Merkmale “selbständig” und “einen Auftraggeber” auszumachen, verbunden mit der Frage, ob bzw. inwieweit zivilrechtliche Abgrenzungen übertragen werden können (vgl. unter I.). Eine Bemerkung zur richterrechtlichen Fallgruppenentscheidung steht am Schluss des Artikels (vgl. unter III.).

  1. Sozialversicherungsrechtliche Typologie
  1. Grundlagen

Die Beurteilung sozialversicherungsrechtlicher Sachverhalte erfolgt einerseits aufgrund einer sog. typisierenden Betrachtung.1 Die nähere Prüfung, ob der konkrete Kläger “schutzbedürftig” ist, bedarf es gerade nicht. Wenn der Selbständige sich keinen eigenen Angestellten leisten kann und nur von einem Auftraggeber abhängig ist, sind dies Anhaltspunkte genug, von einem Regelsachverhalt auszugehen, der eine Schutzbedürftigkeit indiziert. Diese am Sachverhalt ansetzende Betrachtung ist jedoch wiederum von der normativen Typologie zu unterscheiden, die anstelle des klassifikatorischen Begriffs eine wertende Zuordnung im Obersatz der Rechtsprüfung erlauben soll.2 Die unbestimmten Rechtsbegriffe “selbständig” und “Auftraggeber” bedürfen, um als Sachverhaltsmerkmale fungieren zu können, zuvor einer Bestimmung. Für das Merkmal “selbständig” führte das LSG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung aus 2011 noch aus:

“Wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat, darf im Sozialversicherungsrecht an den Begriff der Selbstständigkeit im HGB jedenfalls dann angeknüpft werden, wenn er wie beim Handelsvertreter den gleichen Inhalt hat.”3

Der Handelsvertreter nach § 84 Abs. 1 HGB ist selbständig. Ein Befund, der aber nichts daran ändert, dass dieser zugleich in schutzbedürftiger Weise auch in das Unternehmen des Prinzipalen integriert sein kann.4 Das Merkmal “Auftraggeber” dagegen konnte, nach einer Entscheidung des LSG Baden-Württemberg aus dem Jahre 2011, weder beim Versicherungsvertreter noch beim Versicherungsmakler der Kunde oder der Versicherer erfüllen. Da der Vermittler selbst nicht Partei des zustande kommenden Versicherungsvertrages wird, besteht zu diesen Dritten insoweit kein vertragliches Band.5 Nach der jetzt vorliegenden Entscheidung soll jedoch allein die gewerbeordnungs- bzw. versicherungsvertragsrechtliche6 Wertung des Klägers als selbständiger Makler maßgeblich sein. Die handelsrechtliche Beziehung zum Prinzipalen wird dagegen ausgeblendet. Es besteht mithin Konfusion. Die Schutzbedürftigkeit des Handelsvertreters ist nicht nur vorrangiges Ziel der Handelsvertreter-Richtlinie7, dieser ist als “selbstständige Hilfsperson des Kaufmanns” kaum mehr als dessen qualifizierte Zweigniederlassung.8 Sozialversicherungsrechtliche Normen sind autonom auszulegen, folgen also nicht zwingend dem Zivilrecht. Ob der Handelsvertreter von einem Auftraggeber abhängig ist, kann mithin nicht allein von einer zivilrechtlichen Rekonstruktion abhängen. Doch woran wollen sich die sozialversicherungsrechtlichen Kriterien sonst orientieren, wenn die zentrale Wertung des handelsrechtlichen Status unerwogen bleibt? Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung, ob eine Auftraggeberstellung vorliegt, bilden die handelsrechtlichen Grundsätze einen schwerwiegenden Anhaltspunkt.

  1. “Typologische Betrachtung” muss Vertragsverhältnis beachten

An dieser Stelle kommt man zur typologischen Betrachtung. Nach der Entscheidung des BSG vom 4.11.2009 (Backshop-Urteil)9 ist Auftraggeber i. S. des § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI, wer “im Wege eines Auftrags oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut, sie dieser vermittelt oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept überlässt und dadurch eine wirtschaftliche Abhängigkeit des selbständig Tätigen ihr gegenüber begründet”.

Eine solche Einbindung erfordert nach Auffassung des BSG zunächst eine vertragliche Bindung,10 die es dem Selbständigen nicht nur ermöglicht, sich des Organisations- und Marketingkonzepts zu bedienen, sondern die ihm zugleich “nicht nur unwesentliche Verpflichtungen” auferlegt, für einen anderen, den Auftraggeber, auch tätig zu werden. Diese “Wesentlichkeit” ist dann Gegenstand empirischer Zuordnung auf wertender Grundlage. Tatsächlich geschieht es im Versicherungsvertrieb nicht selten, dass ein Vermittler, der gewerbeordnungsrechtlich den Status eines “Versicherungsmaklers” nach § 34d Abs. 1 Nr. 2 GewO inne hat, handelsrechtlich zugleich auch als Handelsvertreter für einen Unternehmer tätig ist. Hingegen hilft der Hinweis im LSG-Urteil von 2011, wonach ein Versicherungsvermittler, der als Handelsvertreter eines Versicherungsmaklers tätig wird, nach § 59 Abs. 3 VVG auch “selbst als Versicherungsmakler i. S. des § 59 Abs. 3 VVG” angesehen werden kann, so nicht weiter.

Der dortige Verweis auf BT-Drs. 16/1935 11 führt lediglich den bekannten Grundsatz aus, dass sich der Status des Versicherungsmaklers nach § 59 Abs. 3 VVG anhand der objektiven Kundenwahrnehmung beurteilt, wie dies nun auch in § 34d Abs. 1 S. 2 GewO festgeschrieben ist und für diesen Pseudomakler eine Haftung als Makler zur Folge hat.12 Auswirkung auf die interne Beziehung des Handelsvertreters zum Prinzipalen hat diese gesetzliche Fiktion aber gerade nicht.13 Viel bedeutsamer, aber bereits damals ausgeblendet, ist der Umstand, dass der Handelsvertreter im Staus des Versicherungsvertreters nach § 92 HGB den Antrag für seinen Unternehmer “vermittelt”, d. h. er schließt keinen Vertrag im fremden Namen, sondern bringt den Kunden unternehmensbezogen mit dem Prinzipalen zusammen. 14 Die LSG-Entscheidung aus 2011 stellte aber richtigerweise den Handelsvertretervertrag in den Fokus ihrer weiteren Überlegungen. Auch der Kläger im Sachverhalt des LSG-Urteils aus dem Jahre 2023 war lediglich “Vermittler” i. S. des § 84 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. HGB und kein Abschlussvertreter.

  1. Die Entscheidung des LSG

Das LSG Baden-Württemberg folgt in seiner jetzigen Entscheidung dagegen vollkommen den Angaben des Klägers, wonach dieser angeblich keinen Weisungen unterstünde, keine Quoten zu erfüllen noch sonst Leistungsvorgaben zu beachten hätte und keiner “Gebietsbeschränkung” unterläge; er sei vorgeblich auch nicht in irgendeine “Arbeitsorganisation eingegliedert” und die Provision würde von den Kunden gezahlt, die Servicegesellschaft übernähme lediglich Abrechnungsdienste. Das Gericht hat jedoch im Tatbestand Auszüge des “Handelsvertretervertrages” zwischen dem Kläger und der E1 AG wiedergegeben. Danach (vgl. Ziff. 2.1 HV-Vertrag) war dieser verpflichtet, “neue Kunden zu werben, bestandsfähige Verträge für die E1 AG zu vermitteln”15 und in Ziff. 2.3 HV-Vertrag wird festgestellt, dass der Kläger “nur zur Vermittlung, nicht zum Abschluss von Geschäften berechtigt” sei; in Ziff. 4.1. HV-Vertrag wird des Weiteren bestimmt, dass dieser “für seine Vermittlungstätigkeiten eine Provision (erhält), die durch das jeweils gültige E1 Vergütungssystem bestimmt und festgelegt wird” und schließlich hält Ziff. 6.1 HV-Vertrag fest, dass der Kläger für die E1 AG “ausschließlich tätig” wird.

Warum die baren Behauptungen des Klägers16, dessen Dafürhaltungen aus einer jur. Laiensphäre, die eindeutigen vertraglichen Regelungen aushebeln konnten, letztere sogar gänzlich unberücksichtigt blieben, ist unverständlich. Eine methodische Auseinandersetzung findet nicht statt. Das LSG Baden-Württemberg selbst hatte noch in seiner Entscheidung (hier war es allerdings der 7. Senat) aus dem Jahr 2020 entschieden, dass jedenfalls bei einem Ausschließlichkeitsvertreter regelmäßig Grund zu der Annahme eines “Auftraggebers” besteht.17 Auch die Ausführung des Ausgangsgerichts zu der fünf-sechstel-Regel ließ der Senat aktuell unbeachtet.18

Wenn der 8. Senat dagegen darauf abstellen möchte, dass eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Maklers nicht dadurch entstünde, dass die Servicegesellschaft für ihn die Abrechnung bzw. Abwicklung der Verträge übernimmt, er von dieser “nur” eine entsprechende Provision erhält und dabei auf das Urteil des SG Lüneburg vom 2.11.2022 rekurriert, ist dies kein solides Argument.19 In der zitierten Entscheidung ging es um die Frage, ob ein Makler-Pool einem assoziierten Handelsmakler “Auftraggeber” i. S. des § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI sein könne. Dabei handelt es sich um eine vollkommen andere Kooperationsform unter Handelsmaklern.20 Hier lag jedoch ein Handelsvertretervertrag vor. Doch selbst bei einem Pool-Makler kann aber – werden die dort anzutreffenden faktischen Abhängigkeiten innerhalb dieser ambidextren Hybridorganisationen berücksichtigt – sozialversicherungsrechtlich durchaus eine Abhängigkeit vorliegen; die Äußerungen des SG Lüneburg sind denn auch nicht unwidersprochen geblieben.21

III. Methodische Vorgaben

Will das Sozialversicherungsrecht seine Normen autonom bestimmen, ohne bloß auf das Zivilrecht zu verweisen, sind auch dabei gewisse methodische Vorgaben unerlässlich. Selbst wenn der “Auftraggebers” i. S. des § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI als unbestimmten Begriff für flexible typologische Zuordnungen geöffnet wird22, muss in der Obersatzbildung eine argumentative Auseinandersetzung mit Vorgänger-Entscheidungen stattfinden, die einen vergleichbaren Fall komplett anders entschieden haben.23 Mag das Richterrecht unser Schicksal bleiben,24 so darf die Rechtsgemeinde immerhin doch nach wie vor eine gewisse Erwartungssicherheit verlangen. Das setzt voraus, dass bei der Entscheidung über eine Fallgruppenzugehörigkeit ein Minimum an Nachvollziehbarkeit erkennbar wird. Soll mithin von einer zuvor festgelegten Ähnlichkeits-Regel abgewichen werden, verlangt dies zumindest nach einer Begründung.

Eine Methodologie des Richterrechts ist bislang nicht gefunden. Sind die Thesen seiner Bändigung vielfältig bis ungeordnet, so ist der faktische Einfluss jedoch immer stärker geworden. Das dahinterstehende methodische Problem ist die fehlende Formalisierbarkeit von Ähnlichkeitsurteilen. Man bleibt angewiesen auf eine umsichtige Auswertung der zuvor gewonnenen empirischen Ergebnisse, d. h. kann der Merkmalsbestimmung (eigener) Vorgängerergebnisse nicht ausweichen.25

Zum Autor:

Oliver Timmermann ist seit 1999 Rechtsanwalt, zunächst in München für die Kanzlei Prof. Nauschütt im Bereich Versicherungsrecht und Franchiserecht, ab 2018 in der Kanzlei Michaelis in Hamburg, dort für das Dezernat Versicherungs-Vertriebsrecht.

Fußnoten

1) Vgl. BSG, 24.11.2005 – B 12 RA 1/04 R, BSGE 95, 275, unter II. 1.) lit. e).

2) Vgl. Roloff, in: Brose u. a. (Hrsg.), FS Preis, 2021, S. 1087, 1091 f.; Krause, Mitarbeit im Unternehmen, 2002, S. 141 ff. m. w. N.

3) Mit Hinweis auf BSG, 10.5.2006 – B 12 RA 2/05 R, NZS 2007, 97 f.

4) Vgl. i. E. Busche, in: Omlor (Hrsg.), FS Martinek, 2020, S. 107 ff.

5) Vgl. LSG Baden-Württemberg, 1.2.2011 – L 11 R 2461/10, NZS 2011, 946 f.; hier nahm das LSG seinerzeit Bezug auf BSG, 4.11.2009 – B 12 R 7/08 R. Vgl. unter BeckRS 2010, 66916.

6) Das LSG Baden-Württemberg verwies 2011 für den Makler, der für einen anderen Makler zugleich auch als Handelsvertreter tätig wird, auf BT-Drs. 16/1935, 22, wonach auch dieser als

Makler anzusehen sei und umging das Problem; so auch Dörner, in: Prölss/Martin, VVG, 32. Aufl. 2024, § 59, Rn. 65.

7) Vgl. Emde/Valdini, ZVertriebsR 2016, 353, 355.

8) Vgl. Schmidt, JuS 2008, 665, 669.

9) Vgl. BSG, 4.11.2009 – B 12 R 3/08 R, NZS 2010, 145 ff.; auch BSG, 23.4.2015 – B 5 RE 21/14 R, BSGE 118, 286.

10) Ist dem Betreffenden die Tätigkeit für andere Auftraggeber erlaubt, ist er jedoch faktisch an den Auftraggeber gebunden, so reicht diese faktische Bindung aus, vgl. BT-Drs. 14/1855, 7.

11) Vgl. BT-Drs. 16/1935, 23 und Dörner, in: Prölss/Martin, VVG, 32. Aufl. 2024, § 59, Rn. 65.

12) Vgl. Schulze-Werner, GewArch 2017, 418 ff.; OLG Dresden, 16.5.2019 – 4 U 441/19, VersR 2020, 98 f.

13) Vgl. Romahn, Vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung und effektiver Schutz des VN, 2020, S. 295 ff.

14) Vgl. Bergmann, in: Oetker, HGB, 8. Aufl. 2024, § 383, Rn. 15 m. w. N.

15) Hervorhebung durch den Verfasser.

16) Dessen Behauptung, dass im Finanzdienstleistungsvertrieb “Gebietsvorgaben” angeblich häufig anzutreffen wären, wird bereits durch § 92 Abs. 3 S. 2 HGB widerlegt.

17) Vgl. LSG Baden-Württemberg, 30.7.2020 – L 7 R 2030/19, BeckRS 2020, 21873, Rn. 26 ff.

18) Vgl. dagegen LSG Baden-Württemberg, 11.10.2021 – L 11 R 3681/20, NWB 2022, 80.

19) Vgl. SG Lüneburg, 1.11.2022 – S 4 BA 32/19, ZVertriebsR 2023, 236 ff. m. Anm. Timmermann.

20) Vgl. OLG Nürnberg, 10.8.2022 – 8 U 840/22, r+s 2023, 431 ff. und mit Anmerk. Grams unter: FD-VersR 2022, 451635, verweist darauf, dass ein solcher Pool nicht “vermittelt”, dennoch verfügen diese zum einen i. d. R. selbst über eine Maklererlaubnis nach dem Gewerbeordnungsrecht und sind diese zum anderen aber als Treuhänder des Vermittlungsmaklers auch selbst Handelsmakler.

21) Vgl. LSG Bayern, 3.6.2016 – L 1 R 679/14, ZVertriebsR 2016, 369 ff. m. Anm. Flohr.

22) Im Gegensatz zur strengeren begrifflichen Subsumtion, vgl. Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 22, 143 ff., wonach das flexiblere typologische Denken von den Unzulänglichkeiten starrer Begriffszuordnungen befreien sollte.

23) Vgl. zur Nähe der Typusbildung zur Analogie Wernsmann, DStR-Beih. zu Heft 31/2011, 72 ff.

24) Vgl. Gamillscheg, AcP 164 (1964), 385, 445.

25) Vgl. dazu auch Röhl, Analogie, Logik und Argumentationstheorie, unter www.rsozblog.de/analogie-logik-und-argumentationstheorie/ (Abruf: 11.10.2024).

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Am 25. September 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Verfahren IV ZR 350/22 entschieden,

dass eine Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung, die dem Versicherungsnehmer die „Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen und vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften“ vorschreibt, nicht gegen das Transparenzgebot verstößt (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und wirksam ist. Damit hob der BGH ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle auf, dass ähnlich wie das OLG Schleswig (Urt. v. 18.05.2017 – 16 U 14/17) diese Klausel für unwirksam hielt.

Der BGH stellte nun klar, dass diese Klauseln den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteilige und wirksam sei.

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger Versicherungsleistungen nach einem Brandschaden an einem Wohngebäude geltend gemacht. Der Brand war durch einen Pizzaofen verursacht worden, der ohne behördliche Abnahme in Betrieb genommen worden war. Der Versicherer verweigerte daraufhin die Zahlung und warf dem Kläger eine vorsätzliche Verletzung der oben genannten Sicherheitsvorschriften vor. In den Vorinstanzen hatte der Kläger teilweise Recht bekommen, doch der BGH hob das Urteil des OLG Celle auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück. Der BGH stellte fest, dass die fragliche Klausel nicht zu unbestimmt und somit transparent sei. Sie sei für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich und zwinge ihn, nur solche Sicherheitsvorschriften zu beachten, die das versicherte Risiko betreffen. Die Verpflichtung, gesetzliche und behördliche Sicherheitsvorschriften einzuhalten, sei eine logische und notwendige Bedingung, um den Versicherungsschutz zu erhalten.

Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für die Versicherungsnehmer, da es eine bisher umstrittene Rechtsfrage abschließend klärt und die Gültigkeit von Sicherheitsklauseln in Versicherungsverträgen bestätigt. Versicherungsschutz kann danach auch dann gekürzt oder verweigert werden, wenn Versicherungsnehmer solche Sicherheitsvorschriften missachten, die nicht im Versicherungsvertrag, sondern in Gesetzen oder Verordnungen, wie bspw. Landesbauordnungen enthalten sind.

„Es ist gut, dass der BGH zu dieser Klausel nun Rechtssicherheit geschaffen hat,“ so Rechtsanwalt Strübing der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte „obwohl wir dessen Rechtsauffassung nicht teilen. Immerhin waren Versicherungen auch ohne diese Klausel unter anderem mit § 81 VVG ausreichend geschützt und, ob Versicherungsnehmer tatsächlich das vom BGH postulierte Verständnis haben, darf bezweifelt werden.“

Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing tobias.struebing@wirth-rae.de

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UniImmo: Wohnen ZBI-Fonds ist im Juni um fast 17 Prozent abgestürzt

Anlegerkanzlei Goldenstein Rechtsanwälte reicht erste Klage wegen Falschberatung ein

Rechtsanwalt Claus Goldenstein erwartet Einbrüche bei weiteren Immobilienfonds und rechnet mit einer Klagewelle

Die Abwertung des offenen Immobilienfonds UniImmo: Wohnen ZBI von Union Investment hat erste juristische Konsequenzen: Die Anleger- und Verbraucherkanzlei Goldenstein Rechtsanwälte hat in dieser Woche eine Klage wegen Falschberatung gegen die Volksbank Böblingen eingereicht. “Obwohl der Immobilienmarkt durchaus volatil sein kann, wurde der UniImmo Wohnen-Fonds selbst nach der Zinswende und dem Beginn des Ukraine-Krieges an risikoaverse Anleger vertrieben. Allein bei unserer Kanzlei haben sich deshalb bereits mehr als 400 betroffene Anleger gemeldet, die durchschnittlich rund 25.000 Euro in den Fonds investiert haben und sich betrogen fühlen. Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Monaten tausende Anleger Schadensersatzansprüche geltend machen werden. Auf Union Investment und dessen Vertriebspartner, die Volks- und Raiffeisenbanken, rollt nun eine Klagewelle zu”, prognostiziert Rechtsanwalt Claus Goldenstein, Gründer und Geschäftsführer von Goldenstein Rechtsanwälte. Seine Kanzlei hat sich auf Massenverfahren spezialisiert und unter anderem im Dieselskandal mehr als 65.000 Mandanten vertreten sowie das erste Grundsatzurteil am Bundesgerichtshof (BGH) erwirkt.

Das sind die Hintergründe des Verfahrens

In dem Verfahren geht es um die Klage einer Frau aus Baden-Württemberg, die im Februar 2023 5000 Euro über die Volksbank Böblingen in den UniImmo: Wohnen ZBI-Fonds investiert hat. Während des Beratungsgesprächs hat die Anlegerin klar kommuniziert, dass sie mit ihrem Investment kein Risiko eingehen möchte, woraufhin ihr der offene Immobilienfonds von Union Investment empfohlen wurde. Ein Beratungsprotokoll wurde ihr nicht ausgehändigt.

Mit ihrer Klage, die am Landgericht Tübingen eingereicht wurde, zielt die Frau nun auf eine Rückabwicklung ihres Vertrages ab. “Unsere Mandantin hätte niemals in den Fonds investiert, wenn sie zum Investitionszeitpunkt über das tatsächliche Risiko informiert worden wäre. Daher möchte sie ihr Investment rückgängig machen und verlangt auch die Rückzahlung von bereits bezahlten Verwaltungsgebühren sowie die Auszahlung einer Entschädigung in Höhe der Zinsen, die sie mit einem tatsächlich für sie geeigneten Finanzprodukt verdient hätte”, erläutert Rechtsanwalt Claus Goldenstein das Klageziel.

Anlegeranwalt erwartet weitere Einbrüche von Immobilienfonds

“Es ist unvorstellbar, dass ein offener Immobilienfonds überhaupt mit einem ähnlichen Risikoprofil wie eine deutsche Staatsanleihe vermarktet wird. Schließlich kennt der Immobilienmarkt sowohl Höhen als auch Tiefen. Dies hat sich ab dem Jahresende 2021 gezeigt, als die Transaktionen für Immobilien in Deutschland weitgehend zum Stillstand kamen und die Kaufpreise einbrachen”, ergänzt Goldenstein und führt fort:

“Trotz dieser Marktentwicklung wurde der Wert der im UniImmo: Wohnen-Fonds gehaltenen Immobilien noch über Monate sogar aufgewertet. Dies geschah zwar durch unabhängige Gutachter. Doch diese Gutachter wurden von Union Investment bestellt und bezahlt. Wie realitätsfremd deren Einschätzungen waren, zeigt die extreme Abwertung nach der Sonderbewertung im Juni dieses Jahres. Diese musste vorgenommen werden, weil Union Investment aufgrund zahlreicher Kündigungen von betroffenen Anlegern Liquidität schaffen musste, die eigenen Immobilien aber nur maximal 5 Prozent unterhalb der letzten Bewertung verkaufen darf. Der Verkauf zu einem solchen Preis wäre jedoch vollkommen unrealistisch gewesen. So kam es dazu, dass der Fonds einbrach und Anleger über Nacht fast eine Milliarde Euro verloren.

Sicherheitsorientierten Anlegern hätte der Fonds unserer Meinung nach nie verkauft werden dürfen. Deshalb werden wir von Goldenstein Rechtsanwälte uns dafür einsetzen, dass betroffene Investoren ihr Geld zurückbekommen. Insbesondere für Anleger, die ab 2022 investiert haben, sehen wir gute Erfolgsaussichten. Aber auch frühere Investoren hätten wahrheitsgetreu über das tatsächliche Risikoprofil des Fonds aufgeklärt werden müssen und können deshalb klagen. Zudem erwarten wir, dass in den kommenden Wochen weitere Immobilienfonds Liquiditätsprobleme aufgrund von Kündigungen erleiden und ihre Immobilien verkaufen müssen. Dann wird sich bei weiteren Fonds eine Kluft zwischen der offiziellen Bewertung ihrer Immobilien und dem tatsächlichen Wert auftun. Die Leidtragenden werden die Anleger sein, die bestehende Schadensersatzansprüche unbedingt prüfen sollten.”

Weitere Informationen zum Thema stehen unter dem nachfolgenden Link zur Verfügung: https://www.ra-goldenstein.de/neuigkeiten/uniimmo-wohnen-zbi-klagen/

Über Goldenstein Rechtsanwälte

Goldenstein Rechtsanwälte unterstützt Verbraucher bei der Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen. Diesbezüglich nimmt die Kanzlei unter anderem eine deutschlandweit führende Rolle im Zusammenhang mit dem Abgasskandal ein. Die Anwälte der Kanzlei vertreten aktuell über 65.000 Mandanten in der Sache und sind zudem für das erste verbraucherfreundliche Dieselskandal-Urteil am Bundesgerichtshof (BGH) verantwortlich. Auf www.ra-goldenstein.de können sich Verbraucher über zivilrechtliche Themen informieren und bestehende Rechtsansprüche prüfen. Die Kanzlei Goldenstein hat ihren Hauptsitz in Berlin-Schönefeld und beschäftigt derzeit über 100 Mitarbeiter an mehreren Standorten in Europa. Die Kanzlei wird von dem Rechtsanwalt Claus Goldenstein geleitet.

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Urteil vom 18. September 2024 – IV ZR 436/22

Der unter anderem für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die von einem Versicherer in dem von ihm angebotenen Tarif einer Rentenversicherung praktizierte Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Überschüssen zulässig ist und vom Versicherer in seinen Versicherungsbedingungen verwendete Klauseln zur Verrechnung von Abschluss- und Vertriebskosten (sog. Zillmerung) sowie zum Stornoabzug wirksam sind.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger, ein in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG eingetragener Verein, und der beklagte Versicherer streiten über die Ausgestaltung und Abwicklung von Rentenversicherungsverträgen in einem von der Beklagten angebotenen Tarif. Der Kläger wendet sich insbesondere gegen die von der Beklagten in diesem Tarif praktizierte Überschussbeteiligung. In dieser sieht er einen Verstoß gegen die Vorgaben von § 6 Abs. 1 Satz 1 Mindestzuführungsverordnung (MindZV) sowie eine Verletzung des aufsichtsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 138 Abs. 2 VAG) und der in § 153 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG vorgesehenen Beteiligung der Versicherten am Überschuss nach einem verursachungsorientierten Verfahren. Hintergrund ist die Praxis der Beklagten, bei der jährlichen Zuweisung der Überschüsse auf die überschussberechtigten Verträge den Versicherungsverträgen mit einem höheren Rechnungszins eine in Prozent ihres Deckungskapitals geringere Überschussbeteiligung zuzuteilen als den Verträgen mit einem niedrigeren Rechnungszins.

Die Parteien streiten daneben über die Wirksamkeit diverser Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, Produktinformationsblättern und Versicherungsinformationen, unter anderem über eine Regelung, nach der die Abschluss- und Verwaltungskosten über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren, jedoch nicht länger als bis zum Ende der vereinbarten Beitragszahlungsdauer verteilt werden, sowie über die Bestimmungen zum sog. Stornoabzug bei Beitragsfreistellung und Kündigung.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte unter anderem zur Unterlassung der Verwendung von Teilen der Klauseln in den Versicherungsbedingungen zum Stornoabzug verurteilt. Die von der Beklagten praktizierte Beteiligung der Versicherungsverträge unterschiedlicher Tarifgenerationen an den Überschüssen hat es hingegen als wirksam angesehen und die Klage insoweit abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil zum Teil geändert und die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung weiterer Teilklauseln in den von ihr verwendeten Versicherungsbedingungen, Produktinformationsblättern und Versicherungsinformationen verurteilt; die weitergehenden Rechtsmittel der Parteien sind erfolglos geblieben. Dagegen wenden sich beide Parteien mit ihren Rechtsmitteln, mit denen sie – soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist – ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Klägers im Wesentlichen zurückgewiesen, derjenigen der Beklagten dagegen teilweise stattgegeben.

Der Senat hat entschieden, dass die vom Kläger angegriffene Praxis der Überschussverteilung nicht gegen die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 MindZV verstößt. Dieser ist nicht die Vorgabe zu entnehmen, bei der Verteilung der Überschüsse die für die Bedienung der einzelnen Versicherungsverträge mit den jeweils vereinbarten rechnungsmäßigen Zinsen benötigten Kapitalerträge vorab von den insgesamt erzielten Kapitalerträgen abzuziehen und nur den verbleibenden Teil als Überschuss zu verwenden. Die von der Beklagten geübte Praxis, Tarifgenerationen mit unterschiedlichem Garantiezins eine einheitliche Gesamtverzinsung zuzuteilen, soweit diese nicht hinter dem Garantiezins zurückbleibt, ist dabei sowohl mit § 138 Abs. 2 VAG als auch mit § 153 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG vereinbar. Weder der aufsichtsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz noch die Beteiligung der Versicherten am Überschuss nach einem verursachungsorientierten Verfahren verbieten zudem im Grundsatz eine sog. “risikoadjustierte Gesamtverzinsung”, bei der den Verträgen mit einer höheren Garantieverzinsung eine in Prozent ihres Deckungskapitals geringere Überschussbeteiligung zugeteilt wird als den Verträgen mit einem niedrigeren Rechnungszins.

Der Senat hat zudem entschieden, dass die von der Beklagten in ihren Versicherungsbedingungen verwendete Klausel, nach der die Abschluss- und Vertriebskosten in gleichmäßigen Jahresbeträgen über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren, jedoch nicht länger als bis zum Ende der vereinbarten Beitragszahlungsdauer verteilt werden, der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält und insbesondere nicht im Sinne von § 171 Satz 1 VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 169 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 VVG abweicht. Die letztgenannte Bestimmung enthält, wie ihre Auslegung ergibt, keine Regelung für Verträge, bei denen die Prämie in einem Einmalbeitrag entrichtet wird oder bei denen die vereinbarte Prämienzahlungsdauer weniger als fünf Jahre beträgt.

Auch die von der Beklagten in ihren Versicherungsbedingungen verwendeten Klauseln zum Stornoabzug für erhöhte Verwaltungsaufwendungen bei Beitragsfreistellung und Kündigung sind wirksam und halten einer Inhaltskontrolle – auch am Maßstab des Transparenzgebots gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB – stand. Transparenzbedenken ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die Klauseln mit ihrer jeweiligen Regelung zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Angemessenheit der Höhe des Stornoabzugs die Folgen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht hinreichend verständlich machten.

Vorinstanzen:

Landgericht Stuttgart – Urteil vom 26. März 2020 – 11 O 214/18

Oberlandesgericht Stuttgart – Urteil vom 3. Februar 2022 – 2 U 117/20

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

  • 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

(1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. 2Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

  • 153 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

(1) Dem Versicherungsnehmer steht eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) zu, es sei denn, die Überschussbeteiligung ist durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen; …

(2) 1Der Versicherer hat die Beteiligung an dem Überschuss nach einem verursachungsorientierten Verfahren durchzuführen; andere vergleichbare angemessene Verteilungsgrundsätze können vereinbart werden. …

  • 169 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

(3) 1Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt; die aufsichtsrechtlichen Regelugen über Höchstzillmersätze bleiben unberührt. …

(5) 1Der Versicherer ist zu einem Abzug von dem nach Absatz 3 oder 4 berechneten Betrag nur berechtigt, wenn er vereinbart, beziffert und angemessen ist. 2Die Vereinbarung eines Abzugs für noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten ist unwirksam.

  • 138 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)

(2) Bei gleichen Voraussetzungen dürfen Prämien und Leistungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden.

  • 6 Mindestzuführungsverordnung (MindZV) in der ab dem 1. August 2017 geltenden Fassung

(1) 1Die Mindestzuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung in Abhängigkeit von den Kapitalerträgen für die überschussberechtigten Versicherungsverträge beträgt 90 Prozent der nach § 3 Absatz 1 anzurechnenden Kapitalerträge abzüglich der rechnungsmäßigen Zinsen ohne die anteilig auf die überschussberechtigten Versicherungsverträge entfallenden Zinsen auf die Pensionsrückstellungen …

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Zum Abschluss einer Risikolebensversicherung muss laut dem OLG Dresden nur bei besonderen Umständen geraten werden.

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat in einem Urteil vom 26. April 2024 (Az. 3 U 79/23) die Rechte von Versicherungsmakler(innen) gestärkt und entschieden, dass diese ohne besondere Umstände nicht verpflichtet sind, ihren Kunden zum Abschluss einer Risikolebensversicherung zu raten. Der Fall betraf eine Klägerin, die ihren Versicherungsmakler verklagt hatte, weil ihr verstorbener Ehemann keine ausreichende Absicherung im Todesfall hatte. Sie forderte von diesem nun Schadensersatz in Höhe von 500.000 Euro.

Ausgangspunkt des Rechtsstreites war ein gemeinsames Beratungsgespräch zwischen dem Beklagten, der Klägerin und deren verstorbenen Ehemann. Gegenstand dieses Beratungsgespräches waren neben einer Unfall- und Rentenabsicherung auch eine Risikolebensversicherung für den verstorbenen Ehemann. Was zu der Risikolebensversicherung besprochen wurde, blieben zwischen den Streitenden streitig. Während der Beklagte meinte, diese empfohlen zu haben, was aber sofort „abgeblockt“ worden sein soll, meinte die Klägerin, dass es ein hohes Interesse an dem Abschluss einer solchen Versicherung gegeben habe. In jedem Fall wurde das Beratungsgespräch durch den verklagten Versicherungsmakler nicht dokumentiert.

Während das Landgericht der Klage noch überwiegend stattgab, stellte das OLG Dresden klar, dass die Absicherung von Todesfallrisiken im Privatkundengeschäft in erster Linie auf subjektiven Vorstellungen des Versicherungsnehmers beruht und keine Pflicht des Maklers besteht, standardmäßig auf eine Risikolebensversicherung hinzuweisen. Eine Pflicht zum Anraten einer solchen Versicherung kann nur in Ausnahmefällen bestehen, etwa wenn eine besondere Gefährdung vorliegt, was im vorliegenden Fall nicht gegeben war. Zwar war der verstorbene Ehemann der Hauptverdiener, allerdings bestand kein mit einem Darlehen belastetes Eigenheim, er war auch nicht besonders gefährdet und die Klägerin war selbst Akademikerin. Sie hätte im ohnehin auch unwahrscheinlichen Todesfall ihres Mannes zumindest mittelfristig wieder arbeiten und für den Lebensunterhalt sorgen können. Das darüber hinaus der verstorbene Ehemann oder die Klägerin einen klaren Absicherungswunsch geäußert hätten, konnte das OLG Dresden auch nicht feststellen. Da es nach der Auffassung des OLG Dresden bei einer Risikolebensversicherung um keine besonders schwierige Versicherung handelt, wäre dann auch ein Abschluss zu erwarten gewesen.

Weiterhin betonte das Gericht, dass das Fehlen einer Beratungsdokumentation zwar Beweiserleichterungen für den Versicherungsnehmer nach sich ziehen kann, dies jedoch nicht automatisch zu einer Beweislastumkehr führt. Laut dem OLG Dresden kann sich die Beweislastumkehr nur auf solche Umstände beziehen, die streitig sind und die hätten dokumentiert werden müssen. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Das OLG Dresden äußerte ebenfalls Bedenken, dass eine „generelle“ Beweislastumkehr zu einer „uferlosen“ Haftung des Versicherungsmaklers führen würde, der dann praktisch schutzlos dastünde.

Damit musste die Klägerin nachweisen, dass der Makler eine falsche oder unzureichende Beratung durchgeführt hatte, was ihr jedoch nicht gelang. Aus diesem Grund hat das OLG Dresden sodann die Klage abgewiesen.

„Mit diesem Urteil stellt das OLG Dresden zwar Grenzen der Beratungspflicht von Versicherungsmaklern klar und betont die Verantwortung der Kunden, auch selbst über ihre Absicherungsbedürfnisse zu entscheiden. Es zeigt aber auch, wie schnell Haftung entstehen kann und, welche Bedeutung die gesetzlich verpflichtende Beratungsdokumentation hat. Versicherungsmaklern und Versicherungsmaklerinnen können wir trotz des positiven Urteils weiterhin nur raten, auch die Motive zu dokumentieren, weswegen ein bestimmter vom Vermittler empfohlener Versicherungsschutz abgelehnt wurde.“ so Rechtsanwalt Tobias Strübing der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte

Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing tobias.struebing@wirth-rae.de

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Mit Urteil vom 13.10.2023 zum Aktenzeichen 26 0 247/23 entschied das Landgericht Hannover, dass

  1. Anrufe und Mails an ehemalige Kunden, mit dem Ziel, diese zurückzugewinnen, wettbewerbswidrig sind, wenn keine ausdrückliche Einwilligung vorliegt.
  2. Wettbewerbswidriges Verhalten des den Kunden neu betreuenden Maklers hieran nichts ändert.

Ein Versicherungsmakler, stellte einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen einen Strukturvertrieb, für den er zuvor selbst als Handelsvertreter tätig war, die Deutsche ProVentus AG (Antragsgegnerin). Diese hatte trotz ausdrücklichen Widerrufs der Kontakterlaubnis durch einen Kunden weiterhin unerlaubt Kontakt aufgenommen. Der Kunde wurde früher von dem Makler im Rahmen seiner Tätigkeit als Handelsvertreter für die Antragsgegnerin betreut. Nachdem sich der Antragssteller entschlossen hatte, selbständiger Versicherungsmakler zu werden und die Zusammenarbeit mit der Antragsstellerin zu beenden, wollte der Kunde weiterhin von ihm betreut werden und übertrug ihm ein Maklermandat. Gleichzeitig entzog er der Antragsgegnerin die bis dato bestehende Kontakterlaubnis.

Der Widerruf war wie folgt schriftlich formuliert:

“Hiermit kündige ich meinen Vertrag zu Ihnen und entziehe Ihnen gleichzeitig die Kontakterlaubnis [. .. ]. ”

Einige Woche darauf erfolgte ein versuchter Anruf und eine nachfolgende E-Mail durch eine Mitarbeiterin der Beklagten, die den Kunden wiederholt kontaktieren wollte.

Darin hieß es:

Betreff: telefonische Kontaktaufnahme

Sehr geehrter Herr (Name),

wie Ihnen in der letzten Mail von ProVentus mitgeteilt wurde, hat sich Ihr zuständiger Betreuer geändert. Ich habe Sie versucht telefonisch zu erreichen, leider hat dies nicht geklappt.

Ich würde mich gerne einmal bei Ihnen persönlich vorstellen, denn ich bin Ihre neue Ansprechpartnerin. Über eine Rückmeldung Ihrerseits würde ich mich freuen, anbei meine Kontaktdaten.

Herzliche Grüße,

Gefordert wurde von dem durch Wirth-Rechtsanwälte vertretenen Makler hiergegen eine einstweilige Verfügung zur Unterlassung dieser wettbewerbswidrigen Handlungen sowie die Androhung von Ordnungsgeld oder -haft bei Zuwiderhandlung.

Der Vertrieb argumentierte, dass der Makler selbst auch gegen Wettbewerbsregeln verstoßen habe, so durch Hinweise bzw. Aufforderungen an Vertriebspartner der Antragsgegnerin per WhatsApp und YouTube, deren Kunden umzudecken. Insoweit sei das Verhalten der Antragsgegnerin eine berechtigte Verteidigung gegen die Verstöße des Antragstellers gewesen und zudem sei die Kontaktaufnahmen gerechtfertigt gewesen, um den Kunden über die Folgen seiner Kündigungen zu informieren.

Das Gericht entschied zugunsten unseres Mandanten und untersagte der Antragsgegnerin die unerlaubten Kontaktaufnahmen. Das Urteil stellte klar, dass Verstöße unabhängig von etwaigem Fehlverhalten unseres Mandanten zu bewerten seien und der Schutz der Verbraucher Vorrang habe. Das Gericht betonte, dass selbst eventuelle unlautere Methoden unseres Mandanten die wettbewerbswidrigen Handlungen der Beklagten nicht rechtfertigen. Derartiges lasse die Schutzbedürftigkeit der Kunden gegenüber unzumutbarer Belästigung nicht entfallen und macht ihren Kontaktverbotswunsch nicht unwirksam.  Die Interessen seien getrennt zu beurteilen.  Der Schutz der Kunden vor unzumutbaren Belästigungen stehe im Vordergrund.

Das Gericht stellte klar, dass die Beklagte keine Berechtigung hatte, den Kunden erneut zu kontaktieren, nachdem dieser die Kontakterlaubnis widerrufen hatte. Der Versuch, durch unaufgeforderte E-Mails und Anrufe Kunden zurückzugewinnen, wurde als unzumutbare Belästigung und als wettbewerbswidrig eingestuft.

Ein Verstoß gegen diese einstweilige Verfügung führt zu Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am Vorstand der Antragsgegnerin.

Der prozessführende Anwalt des Maklers, Rechtsanwalt Daniel Berger, Partner bei Wirth Rechtsanwälte, wertet die Entscheidung wie folgt: „Leider sind solche Verfahren immer wieder erforderlich, obwohl die Spielregeln eigentlich allen klar sein müssten. Bemerkenswert hier ist besonders, dass das Gericht sich auch mit der angebliche Wettbewerbsverstößen des Antragsstellers, des Maklers, beschäftigen musste. Aber die Ansage des Gerichts ist klar: Hier gibt es keine Aufrechnung der – angeblichen – jeweiligen Verstöße. Das Kundeninteresse und der Kundenwille sind entscheidend.“

Ansprechpartner zu dieser Meldung: Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz sowie für Bank- und Kapitalmarktrecht Daniel Berger   info@wirth-rae.de

Über Wirth-Rechtsanwälte:

Seit 1998 vertrauen anspruchsvolle Mandanten in Rechtsfragen auf die Kompetenz der bundesweit tätigen Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte. Die in der Kanzlei tätigen Anwälte haben sich insbesondere auf das Versicherungs-, Vertriebs- und Bank- und Kapitalmarktrecht sowie gewerblichen Rechtschutz und Datenschutz spezialisiert.

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Amnestie nach Führerschein-Entzug möglich

Autofahrer, die Cannabis konsumiert haben, müssen ab dem 22. August einen strikten THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blut einhalten. Wird dieser Wert überschritten, drohen in der Regel eine Geldstrafe von 500 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot. Bei einer gleichzeitigen Alkoholisierung erhöht sich die Strafe auf 1.000 Euro. Der Bundestag hatte im Juni 2024 neue Regelungen beschlossen, die insbesondere die Einführung eines Grenzwerts für den Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) beinhalten. Die treten nun in Kraft. Seit dem 1. April 2024 gilt in Deutschland eine Teillegalisierung von Cannabis. Das hat auch Folgen für Autofahrer, die aufgrund von THC-Konsum ihren Führerschein verloren haben. Mit dem neuen § 13a der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) gibt es eine Chance auf Amnestie. Die Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer mit ihren Fachanwälten für Verkehrsrecht steht betroffenen Verbrauchern mit weitreichendem Know-how bereits in der Erstberatung im Online-Check zur Verfügung. Die Kanzlei gehört zu den führenden Sozietäten im Verbraucherschutz.

Strenge Regelung für Fahranfänger bei Cannabis-Konsum

Seit April 2024 gilt in Deutschland eine Teillegalisierung von Cannabis. Für den Straßenverkehr mussten daher neue Regelungen auf den Weg gebracht werden. Am 22. August 2024 sind die nun in Kraft getreten. Die Verkehrsrechtskanzlei Dr. Stoll & Sauer fasst die wichtigsten Eckpunkte zum Cannabis-Konsum und Verkehrsrecht zusammen:

  • Künftig gilt für Autofahrer ein strikter THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blut. Bei Überschreitung drohen in der Regel eine Geldstrafe von 500 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot.
  • Wird zusätzlich Alkohol konsumiert, erhöht sich das Bußgeld auf 1.000 Euro.
  • Bisher galt die Regelung, dass bereits der Nachweis von Tetrahydrocannabinol (THC) am Steuer zu Konsequenzen führte. Der neue Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blut entspricht nach Expertenmeinung etwa einem Alkoholwert von 0,2 Promille und liegt deutlich unter der Schwelle von 7 Nanogramm, ab der das Unfallrisiko steigt. Dabei wurde ein Sicherheitszuschlag für mögliche Messfehler berücksichtigt. Ziel des neuen Grenzwerts ist es, nur diejenigen zu sanktionieren, deren Cannabis-Konsum in zeitlicher Nähe zum Führen eines Fahrzeugs stattfand.
  • Für Fahranfänger in der zweijährigen Probezeit sowie für junge Fahrer unter 21 Jahren gilt weiterhin ein vollständiges Cannabisverbot am Steuer. Verstöße werden hier in der Regel mit 250 Euro geahndet. Die Regelung verhält sich analog zum Alkoholkonsum am Steuer.
  • Diese neuen Regelungen betreffen den Konsum von Cannabis in jeglicher Form, sei es durch Rauchen, den Verzehr THC-haltiger Lebensmittel, oder die Verwendung von Ölen und Extrakten. Bislang drohten rechtliche Konsequenzen bereits bei einem THC-Nachweis von 1 Nanogramm pro Milliliter Blut.

Cannabis-Gesetz ermöglicht Amnestie nach Führerscheinentzug

Die kürzlich verabschiedeten Änderungen im Zuge der Legalisierung von Cannabis in Deutschland haben auch Folgen für viele Autofahrer, die aufgrund von THC-Konsum ihren Führerschein verloren haben. Mit dem neuen § 13a der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) gibt es eine Chance auf Amnestie für jene, die durch THC-Konsum beim Führen eines Fahrzeugs mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Die Änderungen erlauben vielen Betroffenen, die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) oder eines ärztlichen Gutachtens zu annullieren. Für diejenigen, deren Fahrerlaubnis bereits entzogen wurde, schafft die neue Regelung oft die Möglichkeit, den Führerschein ohne weitere Gutachten zurückzuerhalten. Die Fachanwälte für Verkehrsrecht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema Amnestie beim Führerschein-Entzug nach Cannabis-Konsum:

  1. Cannabis: Welche Voraussetzungen gelten für Führerschein-Amnestie

Mit dem neuen § 13a der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) haben Cannabis-Konsumenten die Möglichkeit, wieder ihren Führerschein zurückzuerhalten oder der MPU zu entgehen. Um von dieser neuen Regelung profitieren zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Betroffene wurde nur einmalig beim Führen eines Fahrzeugs unter dem Einfluss von Cannabis erwischt.
  • Der THC-COOH-Wert lag unter 150 ng/ml.
  • Es gibt keine Hinweise auf Missbrauch oder Abhängigkeit von Cannabis.
  1. Welche Szenarien und welche Lösungen sind bei der Führerschein-Amnestie möglich?
  • Laufendes Eignungsverfahren: Wenn eine MPU oder ein ärztliches Gutachten angeordnet wurde, der Führerschein jedoch noch vorhanden ist, kann die Anordnung häufig aufgehoben werden. Das Eignungsverfahren wird eingestellt und der Führerschein bleibt erhalten.
  • Entzogene Fahrerlaubnis, laufender Widerspruch: Bei bereits entzogener Fahrerlaubnis und laufendem Widerspruch muss die Behörde die neue Rechtslage berücksichtigen und die Entziehung im Widerspruchsverfahren rückgängig machen. Der Führerschein wird zurückgegeben, ohne dass eine neue Erteilung beantragt werden muss.
  • Entzogene Fahrerlaubnis, keine laufenden Verfahren: Bei bereits entzogenem Führerschein und abgeschlossenen Verfahren kann die Fahrerlaubnisbehörde im Neuerteilungsverfahren keine neue Begutachtung anordnen. Die Führerschein-Rückgabe erfolgt ohne erneute MPU.

Fazit der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer zur Führerschein-Amnestie nach Cannabis-Konsum

Viele Menschen sind durch die neue Rechtslage verunsichert, wie betroffene Verbraucher ihren Fall am besten angehen sollen. Es ist wichtig zu betonen, dass die neue Amnestie-Regelung nur für einmalige Verstöße mit niedrigen THC-Werten gilt. Betroffene, die unter diese Regelung fallen, haben eine realistische Chance, ihren Führerschein zurückzuerlangen, ohne sich einer MPU, Abstinenznachweisen oder Therapien unterziehen zu müssen. Die Chance, mit einem blauen Auge davonzukommen, sollten sich Verbraucher nicht entgehen lassen. Unsere Fachanwälte für Verkehrsrecht prüfen die Fälle im kostenlosen Online-Check.

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Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Einsteinallee 1/1, 77933 Lahr,Tel: 07821 / 92 37 68 – 0, www.dr-stoll-kollegen.de

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 17.04.2024 zum Geschäftszeichen IV ZR 91/23 die Rechte der Versicherungsnehmer bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Hausratversicherung aufgrund von Einbruchdiebstählen gestärkt.

Im vorliegenden Fall forderte der Kläger als Erbe seines verstorbenen Vaters Deckung aus einer Hausratversicherung wegen eines behaupteten Einbruchdiebstahls. Der Kläger machte geltend, dass unbekannte Täter in der Nacht vom 17. auf den 18. Dezember 2016 in das versicherte Wohngebäude eingebrochen seien. Die Versicherung hatte die Deckung verweigert, da das äußere Bild des Einbruchdiebstahls nach ihrer Auffassung nicht hinreichend nachgewiesen worden sei. Streitig war insbesondere, wie sich die potenziellen Täter Zugang zu dem Gebäude verschafft haben, da die Spurenlage nicht ganz stimmig war. Zwar haben sich an einem Fenster Hebelspuren befunden, allerdings befand sich das Fenster bei Eintreffen der Polizei in einer Kippstellung und hätte daher nicht aufgehebelt werden müssen. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht hatten der Versicherung Recht gegeben und die Klage abgewiesen.

Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts München hingegen auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück. Er stellte nochmal klar, dass für den Nachweis eines Einbruchdiebstahls nicht alle Spuren widerspruchsfrei und zweifelsfrei auf einen Einbruch hinweisen müssen. Es reicht aus, wenn das äußere Bild des Einbruchdiebstahls durch ein Mindestmaß an Tatsachen belegt wird, die nach der Lebenserfahrung einen Diebstahl wahrscheinlich machen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn typische Einbruchspuren vorhanden sind, auch wenn nicht alle Spuren stimmig sind.

Der BGH betonte, dass die Anforderungen an den Nachweis eines solchen Einbruchdiebstahls nicht überspannt werden dürfen. Versicherungsnehmern müssen Beweiserleichterungen zugutekommen, da es oft nicht möglich ist, den genauen Tatverlauf im Nachhinein zu rekonstruieren. Die dem Versicherungsnehmer zustehenden Beweiserleichterungen sind darauf ausgelegt, ihm die Versicherungsleistung auch dann zuzuerkennen, wenn sich nach den festgestellten Umständen nur das äußere Geschehen eines Diebstahls darstellt, selbst wenn von einem typischen Geschehensablauf nicht gesprochen werden kann. Das Einbruchspuren ggf. nicht stimmig sind und bspw. auf einen vorgetäuschten Einbruch hinweisen, muss die Versicherung beweisen. Die Versicherung und gerade nicht der Versicherungsnehmer trägt dann aber auch das Risiko, diesen Beweis nicht zur Überzeugung eines Gerichtes führen zu können.

„Dieses Urteil ist ein bedeutender Schritt zur Stärkung der Rechte von Versicherungsnehmern.“ so Rechtsanwalt Tobias Strübing der berliner Kanzlei Wirth Rechtsanwälte PartGmbB „Es stellt nochmal klar, dass sie in Fällen von Einbruchdiebstählen nicht durch überhöhte Beweisanforderungen benachteiligt werden dürfen.“

Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing tobias.struebing@wirth-rae.de

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Handeln Sie jetzt: Überprüfen Sie die Ansprüche Ihrer Kunden bei der FWU AG / Atlantic Lux Insolvenz und schützen Sie deren Investitionen!

Sehr geehrte Versicherungs- und Finanzmakler,

die Insolvenz der FWU AG hat erhebliche Unsicherheiten für viele Versicherungsnehmer geschaffen. Als Vermittler, die diese Produkte vermittelt haben, tragen Sie eine besondere Verantwortung. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Ansprüche Ihrer Kunden sorgfältig zu überprüfen und ihre Interessen zu schützen.

Hintergrund zur Insolvenz der FWU AG

Am 19. Juli 2024 hat die FWU AG aufgrund von Überschuldung Insolvenz angemeldet. Ein Auszahlungsverbot wurde verhängt, wodurch Versicherungsnehmer aktuell keinen Zugriff auf ihre Gelder haben. Betroffen sind ebenfalls die luxemburgische Tochtergesellschaft FWU Life Lux und die österreichische FWU Life Austria, die ihr Neugeschäft eingestellt haben.

Warum die Prüfung der Kundenansprüche wichtig ist

Als Vermittler haben Sie eine Verantwortung gegenüber Ihren Kunden. Die aktuelle Situation birgt das Risiko, dass Ihre Kunden finanzielle Verluste erleiden könnten. Eine umfassende Überprüfung der Verträge ist daher unerlässlich. Außerdem könnten Sie sich als Vermittler unter Umständen haftbar gemacht haben, wenn Anzeichen einer bevorstehenden Insolvenz vorhersehbar waren und keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen wurden.

Unsere Unterstützung für Vermittler

Die Lawtechgroup GmbH bietet Ihnen und Ihren Kunden eine kostenlose und unverbindliche Prüfung der Ansprüche an. Unser erfahrenes Team aus Rechtsanwälten und Finanzexperten analysiert die individuellen Situationen und erarbeitet maßgeschneiderte Strategien, um die Rechte der Versicherungsnehmer zu wahren und finanzielle Verluste zu minimieren.

Vorteile der Zusammenarbeit mit der Lawtechgroup GmbH

  • Kostenlose Prüfung der Ansprüche: Unser Service ist für Sie und Ihre Kunden kostenlos und unverbindlich.
  • Erfahrenes Team: Wir verfügen über umfangreiche Erfahrung und tiefgehendes Fachwissen in der Geltendmachung von Ansprüchen gegen Lebensversicherungen.
  • Minimierung von Haftungsrisiken: Durch die professionelle Überprüfung der Verträge können potenzielle Haftungsrisiken für Sie als Vermittler reduziert werden.
  • Transparente Kommunikation: Wir halten Sie und Ihre Kunden regelmäßig über den Fortschritt der Prüfung und eventuelle Maßnahmen informiert.

So gehen Sie vor

  1. Informieren Sie Ihre Kunden: Teilen Sie Ihren Kunden die aktuellen Entwicklungen mit und erklären Sie die Notwendigkeit der Überprüfung ihrer Verträge.
  2. Kontaktieren Sie uns: Nutzen Sie unser Kontaktformular oder rufen Sie uns an, um die Prüfung der Ansprüche zu veranlassen.
  3. Übermittlung der Unterlagen: Lassen Sie uns die relevanten Versicherungsunterlagen zukommen, damit wir eine detaillierte Analyse durchführen können.
  4. Ergebnisbesprechung: Nach der Prüfung besprechen wir gemeinsam die Ergebnisse und die nächsten Schritte.

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Die Lawtechgroup hat ein innovatives, kalkulierbares und automatisiertes Investment-System in Prozesskosten auf wissenschaftlicher Basis entwickelt, das jedem Kunden – und dessen Vermittler – den Zugang zu seinem Recht kostengünstig, effizient und transparent ermöglicht. Mit mehr als 2000 gewonnenen oder durch Vergleich abgeschlossenen Verfahren zeigt Lawtechgroup, dass es möglich ist, Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.

Unternehmenspräsentation

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Lawtechgroup GmbH, Maximilianstrasse 45, 80333 München, Tel: +49(089) -215 429 72, Fax: +49(089) – 215 429 73 , www.lawtechgroup.de

Die FWU AG hat am 19. Juli 2024 einen Insolvenzantrag gestellt.

Das Amtsgericht München ordnete noch am gleichen Tag die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Gesellschaft an und bestellte Rechtsanwalt Ivo-Meinert Willrodt von der PLUTA Rechtsanwalts GmbH zum vorläufigen Insolvenzverwalter.

Bei der FWU AG und ihren wesentlichen Tochtergesellschaften handelt es sich um regulierte Gesellschaften aus den Bereichen Lebensversicherung, Vermögensverwaltung, Factoring und Zahlungsdienstabwicklung. Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der internationalen Unternehmensgruppe liegt auf fondsgebundenen Lebensversicherungen. Die FWU AG selbst wurde im November 2023 von der luxemburgischen Versicherungsaufsichtsbehörde CAA als Versicherungsholding eingestuft.

Überschuldung der Gesellschaft

Grund für die Antragstellung ist die Überschuldung der FWU AG. Die FWU Life Lux (FLL) hatte zum 3. Juli 2024 das Neugeschäft eingestellt. Gemeinsam mit Rechts- und Beratungsunternehmen, u.a. Deloitte, arbeitete die FWU AG an einem umfassenden Sanierungskonzept, welches insbesondere liquiditätswirksame Maßnahmen zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit der FWU AG und die Fortführung des Unternehmens beinhaltete. Allerdings ließen sich nicht alle erforderlichen Sanierungsmaßnahmen rechtzeitig und im erforderlichen Umfang umsetzen, sodass der Insolvenzantrag geboten war.

Darüber hinaus hat die FWU Life Austria (FLA) entschieden, das Neugeschäft vorerst bis September auszusetzen. Beide Unternehmen (FLL und FLA) der FWU Gruppe führen das operative Geschäft für ihre Kunden fort.

CEO Dr. Manfred Dirrheimer sagt: „Die aktuelle Situation ist eine große Herausforderung. Angesichts der geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unserer wesentlichen Beteiligungen und den daraus entstandenen Folgen für die FWU AG, war ein Insolvenzantrag nicht abzuwenden. Es geht jetzt darum, das vorläufige Insolvenzverfahren zu nutzen, um im Interesse der Kunden und Mitarbeiter der FWU AG, FWU Life Lux, FWU Invest und FWU Life Austria den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren und alle Optionen zu prüfen.“

Kunden der FWU Gruppe

Die Kunden (Versicherungsnehmer) sind von der Insolvenz der FWU AG nicht unmittelbar betroffen, da sie Verträge mit den Tochtergesellschaften abgeschlossen haben.

„FWU – Forward You“ ist eine internationale Unternehmensgruppe, die 1983 von Dr. Manfred Dirrheimer gegründet wurde. Die Gruppe mit Hauptsitz in Grünwald bietet eine breite Auswahl von Services: Anlageberatung, Fonds, fondsgebundene Lebensversicherungen sowie Front- und Backoffice-Programme für Banken und Versicherungsmakler.

FWU bietet seine Investmentprodukte in Italien, Spanien, Frankreich, Belgien, Luxemburg und Österreich an. Außerhalb der EU ist die FWU auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien, Kuwait, Pakistan, Malaysia und Indonesien vertreten.

Die FWU beschäftigt rund 420 Mitarbeiter und unterhält weltweit 10 Standorte. In Europa bedient die Gruppe rund 285.000 Kunden mit insgesamt 1,9 Milliarden Euro AUM (Assets under Management) und einer Beitragssumme in Höhe von insgesamt 9 Milliarden Euro.

PLUTA-Rechtsanwalt Ivo-Meinert Willrodt sagt: „Der Geschäftsbetrieb der FWU AG läuft weiter. Wir werden sämtliche Sanierungsoptionen prüfen. Das Verfahren ist komplex, aber wir sind bestrebt, eine langfristige Lösung für das Unternehmen zu finden.“

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PLUTA Rechtsanwalts GmbH, Karlstraße 33, 89073 Ulm, Tel: +49 731 96880-0, www.pluta.net

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 9. Juli 2024 eine bahnbrechende Entscheidung in Bezug auf die Anpassung von Zinsen in Prämiensparverträgen verkündet.

Die Entscheidung macht auf seit Jahren schwelende Rechtsfragen endlich einen Deckel drauf. Klar war bisher, dass Banken aufgrund mangelhafter Klauseln Zinsen an ihre Kunden nachzahlen mussten. Der BGH hat jetzt einen Referenzzinssatz festgelegt. Die Rechte der Verbraucher werden aus Sicht der Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer durch die BGH-Entscheidung zu Prämiensparverträgen erheblich gestärkt. Betroffene Verbraucher sollten jetzt die Möglichkeit nutzen, Zinsnachzahlungen bei ihren Banken und Sparkassen einzufordern. Dr. Stoll & Sauer empfiehlt die kostenlose Erstberatung durch Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht im Online-Check.

Kreditinstitute rechnen für Prämiensparer zu niedrige Zinsen ab

Prämiensparverträge waren in den 1990er- und 2000er-Jahren eine beliebte Möglichkeit, Vermögen anzusparen. In der Vergangenheit hatten Banken jedoch die Zinssätze für die Prämienzahlungen oft einseitig zu ihren Gunsten angepasst. Bereits 2004 stufte der BGH diese Praxis als rechtswidrig ein, ließ jedoch die genaue Methode zur Zinsberechnung offen. Verbraucherschützer waren deshalb mit Musterklagen gegen zwei Sparkassen vorgegangen, die Prämiensparverträge mit Kunden abgeschlossen hatten. Jetzt können nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zahlreiche Kunden von Sparkassen und Volksbanken auf erhebliche Nachzahlungen hoffen. Der Streitpunkt im aktuellen Verfahren war die Berechnung der Zinsen dieser Verträge. Der BGH entschied, dass die Zinsen anhand der Durchschnittsrenditen börsennotierter Bundeswertpapiere berechnet werden dürfen. Die auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer fasst die wichtigsten Streitpunkte des Verfahrens kurz zusammen:

Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Frage der korrekten Zinsanpassungsklauseln in langfristigen Prämiensparverträgen, die von vielen Kreditinstituten in der Vergangenheit zu niedrig angesetzt wurden. Der XI. Zivilsenat des BGH entschied, dass die Zinsanpassungen auf Basis der Umlaufrenditen börsennotierter Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von über 8 bis 15 Jahren erfolgen müssen (Az.: XI ZR 44/23 und XI ZR 40/23).

Das Problem war, dass in vielen Prämiensparverträgen unklare Klauseln enthalten waren, die den Banken zu viel Spielraum ließen, die Zinssätze einseitig und zu ihrem Vorteil anzupassen. Der BGH betonte, dass solche Klauseln unzulässig sind und die Zinsanpassungen nachvollziehbar und fair gestaltet sein müssen.

Verbraucherschutzorganisationen argumentierten, dass die Zinsen in vielen Fällen zu niedrig angepasst wurden, was zu erheblichen Verlusten für die Sparer führte. Das Urteil des BGH unterstützt diese Ansicht und fordert Nachzahlungen für die zu niedrig berechneten Zinsen.

Ein zentraler Streitpunkt war, welcher Referenzzinssatz für die Anpassung der variablen Zinssätze verwendet werden sollte. Der BGH entschied, dass die Umlaufrenditen börsennotierter Bundesanleihen mit langer Fristigkeit als Basis für die Zinsanpassungen dienen müssen, um eine faire und stabile Verzinsung zu gewährleisten.

Die Frage der Verjährung war ebenfalls umstritten. Viele Sparer haben erst spät erkannt, dass sie möglicherweise zu wenig Zinsen erhalten haben. Der BGH stellte klar, dass die dreijährige Verjährungsfrist erst ab dem Zeitpunkt beginnt, an dem der Sparer von der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel Kenntnis erlangt.

Fazit der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer: Das Urteil ist ein großer Erfolg für die Verbraucher und wird voraussichtlich weitreichende Auswirkungen auf zukünftige Prämiensparverträge haben. Betroffene Sparer sollten nun ihre bestehenden Verträge überprüfen lassen und gegebenenfalls Nachzahlungen einfordern. Die auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer empfiehlt eine kostenlose Erstberatung im Online-Check.

Fragen und Antworten zum Prämiensparen und BGH-Verfahren

Was ist ein Prämiensparvertrag? Ein Prämiensparvertrag ist ein langfristiger Sparvertrag, den viele Sparkassen und Volksbanken ihren Kunden angeboten haben. Neben einer Basisverzinsung bietet dieser Vertrag Prämien, die mit der Laufzeit des Sparvertrags ansteigen. Diese Prämien können nach mehreren Jahren bis zu 50 Prozent der jährlichen Spareinlage erreichen. Im Jahr 2021 gab es etwa 1,1 Millionen Prämiensparverträge in Deutschland, aktuellere Zahlen liegen der Finanzaufsicht Bafin nicht vor. Seither dürfte die Zahl deutlich gesunken sein, weil Institute – soweit rechtlich möglich – teilweise ganze Vertragsjahrgänge kündigten.

Worum ging es im BGH-Urteil vom 9. Juli 2024? Im BGH-Urteil vom 9. Juli 2024 ging es um die korrekte Anpassung der Zinsen in Prämiensparverträgen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Zinsen sich an den Durchschnittsrenditen börsennotierter Bundeswertpapiere orientieren sollen, um eine faire und transparente Berechnungsgrundlage zu schaffen.

Warum mussten Sparkassen und Volksbanken die Zinsen anpassen? Die Sparkassen und Volksbanken hatten die Zinssätze in Prämiensparverträgen häufig einseitig und zu ihren Gunsten angepasst. Diese Praxis wurde bereits vor 20 Jahren als rechtswidrig eingestuft. Das aktuelle Urteil des BGH klärt nun, dass die Zinsen nach den Durchschnittsrenditen börsennotierter Bundeswertpapiere berechnet werden müssen, um die Zinsanpassungen gerecht und nachvollziehbar zu gestalten.

Welche Auswirkungen hat das BGH-Urteil für die Sparer? Durch das BGH-Urteil können viele Sparer nun auf erhebliche Nachzahlungen hoffen, da die Zinsen in der Vergangenheit oft zu niedrig angesetzt wurden. Die betroffenen Kunden sollten ihre Prämiensparverträge überprüfen lassen und gegebenenfalls Nachzahlungen einfordern. Verbraucherschutzorganisationen bieten hierfür spezielle Rechenservices an.

Wie können betroffene Sparer ihre Ansprüche geltend machen? Betroffene Sparer sollten ihre Verträge von einem spezialisierten Anwalt prüfen lassen. Sie können ihre Bank oder Sparkasse schriftlich auffordern, die Zinsen seit Vertragsbeginn gemäß den BGH-Vorgaben nachzuberechnen. Sollte die Bank dies ablehnen, können die Sparer rechtliche Schritte einleiten, um ihre Ansprüche durchzusetzen.

Was müssen Sparer im Hinblick auf Verjährungsfristen beachten? Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem der Sparer von der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel Kenntnis erlangt. Betroffene sollten schnell handeln, um ihre Ansprüche nicht zu verlieren. Es kann sinnvoll sein, mit der Bank einen Verjährungsverzicht zu vereinbaren, bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Die auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer empfiehlt eine kostenlose Erstberatung im Online-Check.

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Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Einsteinallee 1/1, 77933 Lahr,Tel: 07821 / 92 37 68 – 0, www.dr-stoll-kollegen.de

Spektakuläre erste Urteile in Musterverfahren in Baden-Württemberg

Gute Nachrichten für Unternehmen und Selbstständige in Baden-Württemberg, die Corona-Soforthilfen bezogen haben und diese jetzt wieder zurückzahlen sollten: Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Rückforderungsbescheide der Landeskreditbank Baden-Württemberg mit Urteilen in sechs ähnlich gelagerten Musterverfahren am 11. Juli 2024 aufgehoben. Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer, die eines der Corona-Soforthilfe-Verfahren führt, wertet die Urteile als großartigen Erfolg für die durch die Coronazeit angeschlagenen Unternehmen und Selbstständigen. Das Gericht hat die Rückforderung der L-Bank als rechtswidrig eingestuft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, könnte jedoch bereits ein Fingerzeig für eine mögliche zweite Instanz sein (Az.: 14 K 1308/24). Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer empfiehlt von Rückzahlungsbescheiden bedrohte Unternehmen, sich juristisch im Online-Check beraten zu lassen. Weitere Informationen zum Thema Corona-Soforthilfen gibt es auf einer Spezialwebsite der Kanzlei.

2023 kam es plötzlich zu Rückforderungen der Corona-Hilfen

Die Corona-Hilfen in der Pandemiezeit wurden als unbürokratische Unterstützung für Unternehmen, Soloselbstständige und Freiberufler angekündigt. Der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz versprach, dass keine Rückzahlung erforderlich sei. In Baden-Württemberg nutzten daraufhin vor allem kleine und mittlere Unternehmen in über 250.000 Fällen diese Hilfen. Doch jetzt ist es zu einem bösen Erwachen gekommen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer fasst die Entwicklungen kurz zusammen:

Manche Unternehmen müssen mittlerweile wieder um ihre Existenz fürchten. Einige Corona-Hilfen sollen plötzlich zurückgezahlt werden.

Im vergangenen Jahr hatte das Land mehr als 60.000 Selbstständige und Kleinunternehmen angeschrieben, sich wegen einer möglichen Rückzahlung der Soforthilfen zu melden, berichtete der SWR. Sie sollten nachweisen, ob die Einnahmeausfälle auch wirklich so hoch waren, wie damals während der Lockdowns geschätzt.

Gegen diese Bescheide ging eine dreistellige Zahl von Klagen bei den Verwaltungsgerichten in Baden-Württemberg ein – Tendenz steigend.

In Baden-Württemberg gab es bisher noch keine Rechtsprechung zur Rückzahlung von Corona-Soforthilfen.

Das Verwaltungsgericht Freiburg zog sich nun aus der Vielzahl von Verfahren sechs Musterverfahren heraus und sprach Urteile. Der Tenor ist klar: Die Rückzahlungsbescheide werden aufgehoben. Mit der Urteilsbegründung wird in einigen Wochen gerechnet. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Es ist davon auszugehen, dass die L-Bank die Einlegung einer Berufung gegen die Urteile prüfen und diese womöglich einlegen wird.

Die 14. Kammer des VG Freiburg hatte sich in der mündlichen Verhandlung am 10. Juli 2024 vor allem sehr genau mit der Bestimmung des Zwecks der Soforthilfe befasst, wie er aus den Förderrichtlinien, Verwaltungsvorschriften und FAQ hervorgeht. Die Terminologie, wofür die Soforthilfe eigentlich bezahlt wird, variiert sehr stark. Es war zum einen von Liquiditätsengpässen, Umsatzeinbrüchen und von Überbrückung einer existenzbedrohlichen Wirtschaftslage die Rede. Das sind unterschiedliche Begrifflichkeiten, die für das Gericht womöglich nur unzureichend definiert wurden.

Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer, die eines der sechs Freiburger Verfahren betreute, stellt fest: Die Bewilligungsbescheide durften nur wegen einer Zweckverfehlung widerrufen werden. Wenn aber dieser Zweck nicht genau bestimmt ist, dann geht der Widerruf ins Leere und es verbleibt bei dem Bewilligungsbescheid. Offensichtlich hat das Gericht die Sachlage ähnlich beurteilt und daher die Bescheide aufgehoben.

Dr. Stoll & Sauer geht davon aus, dass die Urteile aus Freiburg Vorbildcharakter für andere Verfahren im Land haben werden.

Fazit der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer: Für viele Unternehmen, Selbstständige, Soloselbständige und Freiberufler war die Corona-Pandemie eine nervenaufreibende und existenzbedrohende Zeit. Die Corona-Soforthilfe kam daher zur richtigen Zeit und war ein Segen. Die jetzt erhobenen Rückforderungen stellen eine kaum zu bewältigende finanzielle Belastung dar. Die Betroffenen sind erneut in ihrer Existenz bedroht. Die Rückforderungen bedeuten einen eklatanten Widerspruch zu der versprochenen unbürokratischen Unterstützung. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer empfiehlt von Rückzahlungsbescheiden bedrohten Unternehmen, sich juristisch im Online-Check beraten zu lassen. Weitere Informationen zum Thema Corona-Soforthilfen gibt es auf einer Spezialwebsite der Kanzlei. Sich zu wehren, lohnt sich, wie die Urteile des Verwaltungsgerichts Freiburg zeigen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat eines davon erstritten.

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Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Einsteinallee 1/1, 77933 Lahr,Tel: 07821 / 92 37 68 – 0, www.dr-stoll-kollegen.de

Die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte hat für einen Versicherungsmakler in einem wegweisenden Fall gegen einen Strukturvertrieb einen bedeutenden Erfolg erzielt.

Der Fall betraf unerlaubte Werbeanrufe der T-AG bei einer ehemaligen Kundin, die ihre Werbeeinwilligung bereits widerrufen hatte und nun von dem Versicherungsmakler betreut wurde. Eine Mitarbeiterin der T-AG setzte sich trotzdem mit der Kundin in Verbindung, um einen Termin zu vereinbaren, was zu einer Abmahnung und schließlich zu weiteren rechtlichen Schritten führte.

Ursprünglich hatte der Makler vor dem Landgericht Regensburg bereits eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung solcher Anrufe durchgesetzt, welche aber nach Klage des Vertriebes in erster Instanz wieder aufgehoben wurde. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat dann mit Urteil vom 24.10.2023 (Az. 3 U 965/23) die Berufung des Maklers bestätigt und die zuvor vom Landgericht Regensburg erlassene einstweilige Verfügung wieder in Kraft gesetzt. Diese Entscheidung ist ein deutlicher Sieg im Kampf gegen wettbewerbswidrige Telefonwerbung nach dem Wechsel eines Kunden in die Betreuung durch Versicherungsmakler.

Mit diesem Urteil wird klargestellt, dass solche Werbeanrufe, sogenannte Cold-Calls, ohne vorherige Einwilligung des Kunden nicht zulässig sind und als wettbewerbswidrig eingestuft werden. Derartige Anrufe verstoßen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – UWG. Ein Werbeanruf liegt unter anderem vor, wenn ein Verbraucher angerufen wird, um ein Vertragsverhältnis fortzusetzen oder angestrebt wird, einen abgesprungenen Kunden zur Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehung zu bewegen oder Kunden von der Ausübung eines Vertragsauflösungsrechts, wie Widerruf, Rücktritt, Kündigung, abgehalten oder abgebracht werden sollen. Unzulässig ist ein solcher Anruf dann, wenn dazu keine nachweisbare, ausdrückliche Einwilligung des Kunden vorliegt. Das war hier der Fall.

Rechtsanwalt Daniel Berger, prozessführender Anwalt für den Versicherungsmakler wertet: „Dieses Urteil ist ein starkes Signal gegen die Praxis unzulässiger Werbeanrufe und stärkt den fairen Wettbewerb und den Verbraucherschutz erheblich. Wir werden weiterhin entschlossen gegen derartige Verstöße vorgehen und haben nun eine starke Grundlage, um Ordnungsgelder gegen die T-AG zu beantragen, sollte es zu weiteren Verstößen kommen.“

Über Wirth-Rechtsanwälte:

Seit 1998 vertrauen anspruchsvolle Mandanten in Rechtsfragen auf die Kompetenz der bundesweit tätigen Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte. Die in der Kanzlei tätigen Anwälte haben sich insbesondere auf das Versicherungs-, Vertriebs- und Bank- und Kapitalmarktrecht sowie gewerblichen Rechtschutz und Datenschutz spezialisiert.

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Der lange erwartete Referentenentwurf des BMAS und BMF zur Änderung des BetrAVG und anderer Gesetze ist in der Anhörung angekommen.

Viele der enthaltenen Vorschläge waren schon länger diskutiert worden. Kurz zusammengefasst: wenige Änderungen zugunsten der klassischen bAV, einige deutliche Anpassungen für das Sozialpartnermodell, verbesserte Geringverdienerförderung, Zulassung eines betrieblichen Opting-Out bei mind. 20 % Arbeitgeberzuschuss sowie eine Reihe von Änderungen für EbAV‘s, v. a. für Pensionskassen, aber auch für Pensionsfonds.

Die Anhörung der Verbände läuft und die Änderungen des BetrAVG und anderer Gesetze gehen in die nächste Phase einer möglichen Umsetzung. Inhaltlich werden damit vom Gesetzgeber folgende Themen aufgegriffen. Die Maßnahmen zielen auf verschiedene mögliche Effekte:

Stärkung des Sozialpartnermodells:

Das tarifvertragliche „Einschlägigkeitserfordernis“ wurde zwar nicht komplett gestrichen, jedoch stark modifiziert. So sollen Tarifverträge möglich werden, die es (branchen-)fremden Unternehmen erlauben, per Tarifvertrag bei einem bestehenden Sozialpartnermodell mitzumachen, wenn die dort zuständigen Tarifvertragsparteien dem zustimmen. Dies soll es vor allem ermöglichen, ein Sozialpartnermodell jeweils im Rahmen der gesamten Zuständigkeit des Organisationsbereichs einer Gewerkschaft nutzen zu können, die oft mehrere Branchen umfassen, wenn es bislang nur in einer Branche ein Sozialpartnermodell gibt. Besonders bemerkenswert ist dabei das „Angebot“ an die Branchenfremden, dass unter bestimmten Voraussetzungen nicht einmal eine Beteiligung der Tarifvertragsparteien an der Durchführung und Steuerung erfolgen muss.

Tariföffnung der Abfindungsregelung für das Sozialpartnermodell, die sinnvolle Kapitalisierungsregelungen für kleinere Anwartschaften ermöglicht.

Die Haftung der Tarifvertragsparteien für eine mangelhafte Durchführung und Steuerung soll durch gesetzliche Regelung ausgeschlossen werden.

Zulassung des Opting-out (= automatische Teilnahme an einer Entgeltumwandlung mit Widerspruchsmöglichkeit) auf Betriebspartnerebene (und nicht mehr nur durch die Tarifvertragsparteien) in allen Durchführungswegen, wenn der Arbeitgeber einen Zuschuss von mindestens 20 % auf die Entgeltumwandlungsbeträge beisteuert.

Verbesserung bei der Geringverdienerförderung nach § 100 EStG durch Erhöhung des Förderbetrages und des korrespondierenden Lohnsteuerfreibetrags sowie Dynamisierung der Gehaltsgrenzen, bis zu denen diese geförderte bAV durchgeführt werden kann. Damit wird ein wichtiger Impuls für die weitere Verbreitung der bAV gerade in diesem Bereich, in dem die Verbreitung der bAV tendenziell am geringsten ist, gesetzt.

Fachkräftemangel und Anreize für längeres Arbeiten

Bezug vorzeitiger betrieblicher Altersrenten bei Bezug einer gesetzlichen Teilrente soll möglich sein, es soll jedoch keine gesetzliche Verpflichtung zu Teilbetriebsrenten geben.

Dementsprechend bleiben Ausscheideklauseln für den Bezug vorzeitiger betrieblicher Altersrenten arbeitsrechtlich möglich.

Zulassung von Pensionskassenleistungen auch bei nur teilweisem Wegfall von Erwerbseinkommen.

Klarstellung für Wertguthaben bei Zeitwertkonten, dass auch bei vorzeitigem Bezug einer gesetzlichen Altersrente eine Entsparung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze ermöglicht wird.

Änderungen bei der Insolvenzsicherung

Es werden Regelungen zur Digitalisierung des PSVaG eingeführt.

Bei der Finanzierung einer bAV über einen Pensionsfonds mit nicht-versicherungsförmigem Pensionsplan erfolgt Im Kern eine Rückkehr zur ursprünglichen Rechtslage, nämlich dass bei Insolvenz des Arbeitgebers eine Übertragung von Versorgung und Sicherungsvermögen auf den PSV erfolgt. Die frühere Möglichkeit, dass der Pensionsfonds die Durchführung mit Genehmigung der BaFin anstelle des PSV vornehmen darf, findet sich im aktuellen Entwurf nicht, wäre jedoch noch wünschenswert, um alle praktisch relevanten Fragestellungen abzudecken.

Praktische Erleichterungen für die Beendigung von bAV-Systemen

Erleichterungen für die Abfindung von bAV-Anwartschaften sind vorgesehen durch Erhöhung der Abfindungsgrenze von 1% auf 2% der BBG, falls der Arbeitnehmer zustimmt und diese Abfindung dann in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird.

Ein erheblicher Beitrag zur rechtssicheren Liquidation von Pensionskassen ist die arbeitsrechtliche Fiktion der Abfindung der bAV für die Trägerunternehmen, wenn die Liquidation einer Pensionskasse erfolgt ist.

Verbesserungen bei der Finanzierung der bAV über EbAV‘s

Bei Pensionskassen soll es Änderungen im Rahmen der Anlagevorschriften und – für regulierte Einrichtungen – auch der Kapitaldeckungsvorschriften inkl. der temporären Zulässigkeit von Unterdeckungen geben.

Sozialversicherungsrechtliche Flankierung von Sonderzahlungen an kapitalgedeckte Pensionskassen, wie es sie in der SvEV bereits für umlagefinanzierte Pensionskassen gibt.

Für Pensionsfonds wird generell die Möglichkeit von Ratenzahlungen ins Gesetz aufgenommen – vor allem auch im Bereich der bisherigen fondsförmigen Verrentung nach § 236 Abs. 3 VAG ist dies neu und geht über eine gesetzliche Klarstellung hinaus.

Nicht aufgegriffene Änderungswünsche

Bedauerlich ist, dass es nicht der große Wurf zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung in ihrer vollen Breite durch Umsetzung der immer wieder adressierten Änderungswünsche geworden und damit auch keine wirkliche Förderung der klassischen bAV erfolgt ist. Die Themen, die nicht aufgegriffen werden, sind bedauerlicherweise vielfältig und praktisch enorm wichtig:

Man hätte sich gewünscht, dass nach der Entscheidung des BVerfG die Politik das Thema Rechnungszins in § 6a EStG angeht.

Themen wie die Grenzbeträge des § 3 Nr. 63 EStG oder auch die sozialversicherungsrechtliche Doppelverbeitragungsthematik finden sich im Referentenentwurf ebenfalls nicht.

Die gesamte Diskussion rund um Garantien, insbesondere bei der Beitragszusage mit Mindestleistung, wurde nicht aufgegriffen.

Auch eine Regelung zu arbeitsrechtlichen Grundsätzen bei der Neuordnung von Versorgungszusagen fand keinen Eingang in den Referentenentwurf, sondern bleibt weiterhin der Rechtsprechung überlassen.

Auch bei diesem Punkten werden künftige gesetzgeberische Verbesserungen notwendig sein, um die Rahmenbedingungen der bAV in ihrer vollen Breite zu verbessern und damit auch die Vorteile der klassischen bAV bei der weiteren Verbreitung der bAV für die Praxis noch besser nutzbar zu machen.

Erste Bewertung der Änderungen

Es ist wie erwartet eine Änderungsgesetzgebung, die nur an einigen wichtigen Stellen ansetzt.

Positiv sind die Verbesserungen beim Sozialpartnermodell zu bewerten, die die breitere Nutzung dieses Instruments in der Praxis erleichtern.

Auch die Verbesserungen bei der Geringverdienerförderung sind ein wichtiger Verbesserungsschritt und verdienen Anerkennung angesichts der aktuell schwierigen Haushaltslage. Bereits heute (Stand: 2022) nehmen über 94.000 Arbeitgeber mit Jahresbeiträgen von in Summe ca. 700 Mio EUR diese Möglichkeit einer geförderten arbeitgeberfinanzierten bAV für ihre Mitarbeitenden in Anspruch. Die Änderungen in diesem Bereich haben das Potential, nochmals deutlich einen Push auf dieses durch das BRSG erstmals eingeführte Element einer Förderung genau der Mitarbeitenden zu bringen, für die Entgeltumwandlung häufig finanziell nicht möglich ist.

Bemerkenswert ist zudem, dass die bAV in diesen gesetzgeberisch jetzt nochmals stark geförderten Elementen das Prinzip lebenslanger Leistungen als Voraussetzung für staatliche Förderungen weiterverfolgt. Zugleich werden sinnvolle Kapitalisierungserleichterungen beim Sozialpartnermodell, bei der Liquidation von Pensionskassen und bei Pensionsfonds zugelassen, dies stärkt die bAV in diesen Bereichen.

Ein gewisser Systembruch ist zu konstatieren bezüglich des Elements, dass höhere Abfindungen zwar möglich gemacht werden, jedoch nur, wenn die Abfindungsbeträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt werden – diese Durchmischung von Elementen der 2. Säule mit der 1. Säule der Alterssicherung sollte jedenfalls auf solche vergleichsweise geringfügigen Sachverhalten beschränkt bleiben.

Abschließend ist noch eine zentrale Grundentscheidung hervorzuheben: es wird für die bAV vom Gesetzgeber weiterhin das Prinzip der Freiwilligkeit verfolgt und kein Obligatorium – in Anbetracht der Diskussion rund um das BRSG in 2017 und trotz seitdem lediglich stagnierender bAV-Verbreitung ein bemerkenswertes Angebot an die Unternehmen, auf der jetzt neu geschaffenen Basis doch noch einmal die Verbreitung der bAV selbst in die Hand zu nehmen.

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Ziel ist die gemeinsame Entwicklung von innovativen KI-Lösungen mit Fokus auf den Rechtsberatungs- und Compliance-Markt

Die Kombination aus Innovation und multifunktionaler, globaler Marktexpertise soll die Verbreitung und Nutzung von KI-Lösungen vorantreiben

Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland und Aleph Alpha, eines der führenden Unternehmen im Bereich generativer KI in Europa, haben die Gründung eines Joint Venture bekannt gegeben. Ziel ist es, gemeinsam innovative Lösungen durch den Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Rechtsberatungs- und Compliance-Markt zu entwickeln. Das Joint Venture firmiert unter dem Namen creance.ai und soll mit seinen Produkten Unternehmen im Umgang mit komplexen rechtlichen Vorgaben unterstützen.

Die langjährige Beratungserfahrung im Bereich Compliance & Legal Services sowie das Verständnis um den Transformationsdruck gepaart mit den innovativen generativen KI-Technologien von Aleph Alpha sollen dazu führen, zunehmende gesetzliche Anforderungen nachhaltig und effizient umzusetzen. Die erste KI-Lösung von creance.ai ist auf die EU-Verordnung Digital Operational Resilience Act (DORA) ausgerichtet und wird Kunden dabei unterstützen, das Third-Party Risk Management als Teil der DORA-Anforderungen umzusetzen. Die Lösung hilft bei der Komplexitätsreduktion und effizienten Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben.

„Das Joint Venture ist wegweisend für die durchgreifende Transformation des Legal- und Compliance-Marktes: Durch die Verbindung von erstklassiger KI-Technologie und fundierter, globaler Beratungsexpertise können wir unsere Beratungskunden künftig noch besser dabei unterstützen, komplexe Herausforderungen in disruptiven Zeiten zu meistern. Ziel ist es, sukzessive weitere Anwendungsbereiche zu erschließen und die KI-Lösungen von creance.ai als Standardtools im Bereich Recht und Compliance zu etablieren”, so Björn Viebrock,Mitglied der Geschäftsführung von PwC Deutschland und Leiter des Bereichs Tax & Legal Solutions.

„Das Wissen und die Umsetzung von rechtlichen, ethischen und organisatorischen Anforderungen und Rahmenbedingungen gehört zu den Kernaufgaben einer jeden Führungskraft. Die Flut neuer Normen, die Komplexität der Organisationen und die scheinbar unendlichen Datenmengen in Verbindung mit einem gravierenden Mangel an verfügbaren Experten machen dies zu einer fast unmöglichen Herausforderung. Hier führt unsere Technologie zu einer Umgestaltung der Compliance-Wertschöpfungskette und verändert das Zusammenspiel, indem sie nicht nur Ressourcen bündelt, sondern auch für mehr Transparenz bei einigen der komplexesten Probleme sorgt und gleichzeitig die Menschen stärkt“, so Jonas Andrulis,Gründer und CEO von Aleph Alpha.

Mithilfe von individuell konzipierten Lösungen soll creance.ai künftig die Möglichkeit geben, Effizienzen zu steigern, Kosten zu senken und Chancen der Digitalisierung besser zu nutzen. Das Joint Venture möchte maximale Flexibilität in einer sich fortlaufend verändernden regulatorischen Landschaft ermöglichen.

Über Aleph Alpha

Aleph Alpha ist ein deutsches KI-Unternehmen und wurde 2019 mit der Mission gegründet, KI-Basistechnologie für eine neue Ära der starken KI zu erforschen und zu entwickeln. Das Team aus internationalen Wissenschaftlern, Ingenieuren und Innovatoren erforscht, entwickelt und implementiert transformative KI wie große KI-Sprach- und multimodale Modelle und betreibt das schnellste europäische kommerzielle KI-Rechenzentrum. Aleph Alphas generative KI-Lösungen können Unternehmen und öffentliche Institutionen dabei unterstützen, technologische Unabhängigkeit zu wahren, Daten zu sichern und vertrauenswürdige Lösungen aufzubauen.

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BGH -Urteil vom 5. Juni 2024 – IV ZR 140/23

Der unter anderem für Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussicht des Deckungsschutzanspruchs eines Versicherungsnehmers in der Rechtsschutzversicherung der Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht maßgeblich ist, wenn im Deckungsschutzverfahren nach dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife eine Klärung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung (hier durch den Gerichtshof der Europäischen Union in den sog. Dieselverfahren) zu seinen Gunsten erfolgt.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Deckungsschutz für die außergerichtliche und erstinstanzliche Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen gegen eine Herstellerin wegen behaupteter Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung bei einem von ihm erworbenen Fahrzeug in Anspruch. Er unterhält bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung, die Schadensersatzansprüche umfasst. Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Rechtsschutz-Versicherungsbedingungen (ARB 2016) lauten auszugsweise:

“§ 3a Ablehnung des Rechtsschutzes wegen mangelnder Erfolgsaussichten oder wegen Mutwilligkeit – Stichentscheid

Die A. kann den Rechtsschutz ablehnen, wenn ihrer Auffassung nach

a)in einem der Fälle des § 2 a) bis g), n), q) aa) und cc) sowie r) aa) die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder

In diesen Fällen ist dem Versicherungsnehmer, nachdem dieser die Pflichten gemäß § 17 Abs. 1 b) erfüllt hat, die Ablehnung unverzüglich unter Angabe der Gründe schriftlich mitzuteilen.

…”.

Der Kläger erwarb im August 2020 ein gebrauchtes Wohnmobil zu einem Kaufpreis von 39.790 €. Er beabsichtigt mit einer Klage gegen die Herstellerin, Schadensersatzansprüche (§§ 823 Abs. 2, 826 BGB) gerichtet auf Rückabwicklung des Kaufvertrages geltend zu machen. Er wirft ihr vor, die Verantwortlichen hätten das von ihm erworbene Fahrzeug mit unzulässigen Abschalteinrichtungen im Sinne des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007, insbesondere einem Thermofenster, ausgestattet und ihn dadurch vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt. Die Beklagte hat die erbetene Kostenzusage mit Schreiben vom 16. Februar 2021 abgelehnt, weil weder ein Rechtsverstoß vorliege noch Erfolgsaussichten in der Sache bestünden.

Das Landgericht hat die Deckungsschutzklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht – im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 15. Mai 2023 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das erstinstanzliche Urteil abgeändert und unter anderem festgestellt, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet ist, die Kosten der erstinstanzlichen Geltendmachung von deliktischen Schadensersatzansprüchen des Klägers gegen die Herstellerin aufgrund des Kaufs des Fahrzeugs und der von dem Kläger behaupteten Manipulation der Abgassteuerung dieses Fahrzeugs aus einem Streitwert von bis zu 38.848,89 € zu tragen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr Begehren auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt.

Entscheidung des Senats:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Versicherers zurückgewiesen. Erfolgt nach dem Zeitpunkt der sogenannten Bewilligungsreife eine Klärung der Rechtslage durch die höchstrichterliche Rechtsprechung (hier durch den Gerichtshof der Europäischen Union) zugunsten des Versicherungsnehmers, sind für die Beurteilung des Deckungsschutzanspruchs die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage im Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht maßgeblich.

Für die Frage, ob die beabsichtigte Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, ist zwar grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Deckungsgesuchs, d.h. auf den Zeitpunkt, in dem der Rechtsschutzversicherer seine Entscheidung trifft (hier Dezember 2021), abzustellen. Treten aber – wie hier – zwischen der ablehnenden Entscheidung des Deckungsschutzantrags und der gerichtlichen Entscheidung über eine Deckungsklage Änderungen in der Beurteilung der Erfolgsaussichten ein, die sich zugunsten des Rechtsschutzsuchenden auswirken und die nach dem einschlägigen Fachrecht zu berücksichtigen sind, sind diese bei der Prüfung der Erfolgsaussichten zu beachten. Das Berufungsgericht hat im Streitfall daher zu Recht bei der Prüfung der Erfolgsaussichten die nach dem Zeitpunkt der Deckungsablehnung ergangene, dem klagenden Versicherungsnehmer günstige Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 21. März 2023, Mercedes-Benz Group, C- 00/21, EU:C:2023:229, NJW 2023, 1111 ff.) berücksichtigt, wonach Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG (Rahmenrichtlinie) i.V.m. Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs schützen können.

Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei entschieden, dass die vom Kläger beabsichtigte gerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen Aussicht auf Erfolg hat. Zum Zeitpunkt des Ablaufs der im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO bis zum 15. Mai 2023 festgesetzten Schriftsatzfrist, die dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, ist das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der genannten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. März 2023 sowie der Anforderungen an die hinreichenden Erfolgsaussichten der beabsichtigen Klage nach der Behauptung des Klägers zum Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aufgrund des behaupteten Thermofensters ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Annahme eines fälligen Schadensersatzanspruchs aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG (Rahmenrichtlinie) jedenfalls nicht unvertretbar erschien. Zu diesem Zeitpunkt bedurften die Einzelheiten der Voraussetzungen und der Modalitäten eines solchen Schadensersatzanspruchs noch einer weiteren Klärung, die erst durch die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 2023 erfolgte. Soweit sich aus den neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergeben könnte, dass dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht oder nur im geringeren Umfang zusteht, führt dies hier zu keinem anderen Ergebnis, weil das Berufungsgericht zum Zeitpunkt des Erlasses seines Urteils die weitere Entwicklung der Rechtsprechung nicht absehen konnte.

Vorinstanzen:

Landgericht Dortmund – Urteil vom 4. Januar 2023 – 7 O 20/22

Oberlandesgericht Hamm – Urteil vom 12. Juni 2023 – 6 U 22/23

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Einbruchspuren müssen nicht stimmig sein

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 17.04.2024 zum Geschäftszeichen IV ZR 91/23 die Rechte der Versicherungsnehmer bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Hausratversicherung aufgrund von Einbruchdiebstählen gestärkt.

Im vorliegenden Fall forderte der Kläger als Erbe seines verstorbenen Vaters Deckung aus einer Hausratversicherung wegen eines behaupteten Einbruchdiebstahls. Der Kläger machte geltend, dass unbekannte Täter in der Nacht vom 17. auf den 18. Dezember 2016 in das versicherte Wohngebäude eingebrochen seien. Die Hausratversicherung hatte eine Zahlung verweigert, da das äußere Bild des Einbruchdiebstahls nach ihrer Auffassung nicht hinreichend nachgewiesen worden sei. Streitig war insbesondere, wie sich die potenziellen Täter Zugang zu dem Gebäude verschafft haben, da die Spurenlage nicht stimmig war. Zwar haben sich an einem Fenster Hebelspuren befunden, allerdings befand sich das Fenster bei Eintreffen der Polizei in einer Kippstellung und hätte daher nicht aufgehebelt werden müssen. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht (OLG) hatten der Versicherung Recht gegeben und die Klage abgewiesen.

Der BGH hob das Urteil des OLG München hingegen auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück. Er stellte nochmal klar, dass für den Nachweis eines Einbruchdiebstahls nicht alle Spuren widerspruchsfrei und zweifelsfrei auf einen Einbruch hinweisen müssen. Es reicht aus, wenn das äußere Bild des Einbruchdiebstahls durch ein Mindestmaß an Tatsachen belegt wird, die nach der Lebenserfahrung einen Diebstahl wahrscheinlich machen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn typische Einbruchspuren vorhanden sind, auch wenn nicht alle Spuren stimmig sind.

Der BGH betonte, dass die Anforderungen an den Nachweis eines solchen Einbruchdiebstahls nicht überspannt werden dürfen. Versicherungsnehmern müssen Beweiserleichterungen zugutekommen, da es oft nicht möglich ist, den genauen Tatverlauf im Nachhinein zu rekonstruieren. Die dem Versicherungsnehmer zustehenden Beweiserleichterungen sind darauf ausgelegt, ihm die Versicherungsleistung auch dann zuzuerkennen, wenn sich nach den festgestellten Umständen nur das äußere Geschehen eines Diebstahls darstellt, selbst wenn von einem typischen Geschehensablauf nicht gesprochen werden kann. Das Einbruchspuren ggf. nicht stimmig sind und bspw. auf einen vorgetäuschten Einbruch hinweisen, muss die Versicherung beweisen. Die Versicherung und gerade nicht der Versicherungsnehmer trägt dann aber auch das Risiko, diesen Beweis nicht zur Überzeugung eines Gerichtes führen zu können.

„Dieses Urteil ist ein bedeutender Schritt zur Stärkung der Rechte von Versicherungsnehmern.“ so Rechtsanwalt Tobias Strübing der berliner Kanzlei Wirth Rechtsanwälte PartGmbB „Es stellt nochmal klar, dass sie in Fällen von Einbruchdiebstählen nicht durch überhöhte Beweisanforderungen benachteiligt werden dürfen.“

Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing tobias.struebing@wirth-rae.de

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Sehr geehrte Mandantinnen und Mandanten, sehr geehrte Versicherungsmaklerinnen und Makler,

dieser Newsletter von unserem Kollegen Rechtsanwalt Fabian Kosch beschäftigt sich dieses Mal weniger mit außergewöhnlichen Sachverhalten und schwierigen juristischen Themen. Dennoch ist das Thema äußerst praxisrelevant und sollte Ihnen, die hoffentlich nur beruflich mit Autounfällen zu tun haben, einen kurzen Überblick geben, was unter dem Begriff „Werkstattrisiko“ zu verstehen ist. Außerdem muss das Thema wichtig sein, wenn der BGH sich diesem Themenkomplex an einem Tag mit fünf Entscheidungen widmet. Diese höchstrichterlichen Entscheidungen sollen nach der Einführung zum Werkstattrisiko im Folgenden für Sie kurz skizziert werden.

  1. Werkstattrisiko – was ist das eigentlich?

Wer in einen Verkehrsunfall verwickelt wird, welchen er selbst nicht zu verschulden hat, hat Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Reparatur seines Kfz. Dies gilt auch dann, wenn die Werkstatt Positionen viel zu hoch abrechnet oder berechnet hat, die in Wirklichkeit gar nicht angefallen sind. Die Idee dahinter lautet, dass die Schadenbeseitigung in einem Umfeld passiert, in den sich der Geschädigte weder auskennt noch Einfluss auf diese Sphäre hat. Solange der Geschädigte also gutgläubig ist, soll dieses „Werkstattrisiko“ also den Schädiger – bzw. die Kfz- Haftpflicht treffen. Die überhöhten oder fehlerhaften Rechnungen sind also nicht das Risiko des Geschädigten.

Auch wenn Sie, als Versicherungsmakler, natürlich bei der Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen Ihrer Kunden nicht unmittelbar tätig werden dürfen, sollte dieses Grundwissen nützlich werden können, wenn dieser Fall, welcher offenbar gar nicht so selten zu sein scheint, doch eintritt.

  1. Die Entscheidungen des BGH
  1. Geschädigter darf auf Seriosität der Werkstatt vertrauen (BGH, Urteil v. 16.1.2024, VI ZR 51/23)

Der Geschädigte darf bei Reparatur in einer Fachwerkstatt grundsätzlich darauf vertrauen, dass diese keinen unwirtschaftlichen Weg für die Schadensbeseitigung wählt. Er muss daher nicht zwangsläufig vor Reparaturauftrag ein Gutachten eines Kfz-Sachverständigen einholen, um die Schadenbeseitigung auf Grundlage des Gutachtens durchzuführen. Es ist demnach aber auch nicht pflichtwidrig, wenn der Geschädigte tatsächlich ein Sachverständigengutachten einholt und den Sachverständigen durch die Fachwerkstatt aussuchen lasse.

  1. Auch nicht durchgeführte Reparaturen sind ersatzpflichtig (BGH, Urteil v. 16.1.2024, VI ZR 253/22)

Der BGH billigt dem Geschädigten auch Ersatz von Reparaturkosten, die der Geschädigte bezahlt hat, obwohl die Fachwerkstatt diese Reparaturen entgegen dem Auftrag gar nicht durchgeführt hat. Denn auch dann finde die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre statt. Voraussetzung ist allerdings, dass die unterbliebene Reparatur für den Geschädigten nicht erkennbar war, da er andernfalls nicht schutzwürdig ist.

  1. Ersatzanspruch schon vor Rechnungszahlung (BGH, Urteil v. 16.1.2024, VI ZR 266/22)

Hat der Geschädigte die überhöhte Werkstattrechnung nicht oder nicht vollständig beglichen, so muss berücksichtigt werden, dass ein Vorteilsausgleich durch Abtretung etwaiger Schadenersatzansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt an den Schädiger aus Rechtsgründen nicht gelingen kann, wenn der Geschädigte auch nach Erhalt der Schadensersatzleistung vom Schädiger von der (Rest-)Zahlung an die Werkstatt absieht. Es wäre schlichtweg kein Anspruch vorhanden, welcher auf den Schädiger übergehen könnte. Der Geschädigte stünde demnach besser, da er sowohl den vollen Schadenersatz vom Schädiger erhalten habe als auch die überhöhte Rechnung nicht vollständig beglichen habe. Dies ist dem deutschen Schadenersatzrecht jedoch fremd. Der Geschädigte soll durch den Unfall nicht besser stehen als vorher. Der Schädiger stünde demnach sogar ausdrücklich schlechter, da er zum einen die überhöhte Rechnung durch den Schadenersatz an den Geschädigten vollständig ausgeglichen habe, er sich den zu viel gezahlten Anteil mangels übergegangenen Anspruchs jedoch nicht von der Werkstatt zurückholen kann.

Deshalb kann der Geschädigte auch nur die Zahlung des überschüssigen Honorars an die Werkstatt verlangen und eben gerade nicht an sich selbst. Der Geschädigte hat dann Zug-um-Zug die Schadenersatzansprüche gegen die Werkstatt abzutreten.

  1. Rechte aus Werkstattrisiko nicht an Dritte abtretbar (BGH, Urteile v. 16.1.2024, VI ZR, 38/22 und 239/22)

Das Recht des Geschädigten, sich vor Begleichung der Rechnung auf das Werkstattrisiko zu berufen, ist nach der Entscheidung des BGH nicht auf Dritte abtretbar. Dies würde den schützenswerten Interessen des Schädigers entgegenstehen, dass der Geschädigte selbst Gläubiger des Schädigers sei. Allein im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigten sei für den Schädiger die Durchführung des Vorteilsausgleichs gesichert, da hierfür der Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und die abzutretenden Ansprüche gegen die Fachwerkstatt in einer Hand, entsprechend beim Geschädigten liegen müssten.

III. Zusammenfassung

Die Rechte aus dem sog. Werkstattrisiko gehen weit, aber nur soweit der Geschädigte tatsächlich auch gutgläubig ist. Ein Verkehrsunfall führt für den Geschädigten häufig zu Stress und nicht unerheblichen Kosten. Gerade die Ungewissheit, ob die Kosten denn nun tatsächlich erstattet werden, ist für viele Betroffene belastend. Der BGH stärkt hier den Unfallopfern zumindest etwas den Rücken, in dem das finanzielle Risiko der falschen, zu teuren oder gar nicht durchgeführten Reparatur dem Schädiger (und der Kfz-Haftpflichtversicherung) aufgebürdet wird. Dies ist auch Interessengerecht, da gerade die Kfz- Haftpflichtversicherungen Experten auf diesem Gebiet sind (oder zumindest sollten sie es sein).

Für Rückfragen steht Herr Rechtsanwalt Kosch gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr, Stephan Michaelis LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Auch bei einer Parkinsonerkrankung besteht keine spontane Anzeigepflicht.

Wird im Antragsformular für eine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht nach neurologischen Erkrankungen gefragt, ist der Versicherungsnehmer auch nicht verpflichtet, eine ihm bekannte Erkrankung an M. Parkinson “spontan” anzugeben. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in einem Beschluss vom 21. März 2024 zum Geschäftszeichen: 4 U 1975/23 entschieden und damit nochmal klargestellt, dass Versicherungsnehmer grundsätzlich nur verpflichtet sind, die im Versicherungsantrag enthaltenen Fragen zu beantworten.

Im entschiedenen Fall beantragte der Kläger 2022 Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung. Dabei kam heraus, dass er bereits 2015 an Parkinson erkrankt war und diese Krankheit nicht im Versicherungsantrag angegeben hatte. Die Versicherung nahm das zum Anlass, die Anfechtung der Versicherung zu erklären und die Versicherungsleistung zu verweigern.

Im Versicherungsantrag hatte sie aber lediglich folgende abgekürzte Gesundheitsfragen gestellt:

„(…) Hiermit erkläre ich,

– dass ich zur Zeit voll arbeitsfähig bin und dass ich in den letzten 2 Jahren nicht länger als 2 Wochen ununterbrochen arbeitsunfähig war und

– dass in diesem Zeitraum auch keine der folgenden Erkrankungen bei mir festgestellt oder behandelt wurde: Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, Schlaganfall, Nierenversagen, Zucker und Lebererkrankungen, psychische Erkrankungen, HIV-Infektion/Aids, Erkrankungen oder Beschwerden des Bewegungsapparates (z.B. Rücken, Knie, Hüfte). (…)“

Aus diesem Grund führte das OLG aus, dass ein Versicherungsnehmer die in einem Versicherungsformular gestellten Gesundheitsfragen zwar grundsätzlich erschöpfend beantworten müsse. Er darf seine Antworten weder auf bestimmte Krankheiten oder Schäden beschränken noch sonst eine wertende Aussage treffen. Allerdings betrifft das nur solche Gesundheitsfragen, nach denen die Berufsunfähigkeitsversicherung in Textform gefragt hat. Ist, wie im vorliegenden Fall, nicht nach neurologischen Krankheiten gefragt, dann kann sich der Versicherungsnehmer darauf verlassen, dass er auch nach Treu und Glauben nicht ungefragt (spontan) auf solche Krankheiten hinweisen muss. Eine solche spontane Anzeigepflicht bestehen nur bei ungewöhnlichen Krankheiten, wozu aber eine Parkinsonerkrankung nicht gehöre.

Damit konnte die Berufsunfähigkeitsversicherung jedenfalls wegen der verschwiegenen Parkinsonerkrankung nicht den Vertrag anfechten.

„Die richtige Beantwortung von Gesundheitsfragen ist immer wieder Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzung. Daher ist es gut, dass das OLG Dresden einerseits zwar die Bedeutung einer richtigen Beantwortung betont, andererseits aber auch klare Grenzen aufzeigt.“ so Rechtsanwalt Tobias Strübing von Wirth Rechtsanwälte aus Berlin.

Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing tobias.struebing@wirth-rae.de

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Seit 1998 vertrauen anspruchsvolle Mandanten in Rechtsfragen auf die Kompetenz der bundesweit tätigen Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte. Die in der Kanzlei tätigen Anwälte haben sich insbesondere auf das Versicherungs-, Vertriebs- und Bank- und Kapitalmarktrecht sowie gewerblichen Rechtschutz und Datenschutz spezialisiert.

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Haben Sie einen Anspruch, wenn von Ihrer E-Mailadresse eine gefälschte Rechnung verschickt wird?

Sehr geehrte Mandantinnen und Mandanten, sehr geehrte Versicherungsmaklerinnen und Makler,

seit geraumer Zeit stellen sich Unternehmer zur Vermeidung von Haftungsansprüchen die Frage „Welchen ausreichenden Sicherheitsstandard hat mein Unternehmen beim Austausch von Datensätzen, z.B. E-Mails, im Geschäftsverkehr einzuhalten?“

Auch die Gerichte haben sich vermehrt mit den Sicherheitsanforderungen beim Versand von geschäftlichen E-Mails und sich daraus ergebenden Schadensersatzansprüchen bei (vermeintlichen) Verstößen gegen Sicherheitsanforderungen zu befassen. Exemplarisch möchten wir Ihnen daher ein sehr lesenswertes aktuelles Urteil des OLG Karlsruhe vom 27.07.2023 Az.: 19 U 83/22 vorstellen, in dem sich das Gericht mit den Anforderungen an die Sicherheitsanforderungen beim Versand von geschäftlichen E-Mails ausführlich zu befassen hatte. Dies ist auch nicht nur für Inkassomakler interessant.

Der dem Urteil des OLG Karlsruhe vom 27.07.2023 Az.: 19 U 83/22 zugrunde liegende Sachverhalt:

Die Parteien schlossen am 8. Oktober 2021 – die Klägerin als Verkäuferin, die Beklagte als Käuferin – einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Pkw Daimler Typ E200T zum Preis von 13.500 EUR. Am selben Tag um 11:44 Uhr schickte der Geschäftsführer der Klägerin die Rechnung auf Wunsch der Beklagten als Anhang zu einer E-Mail an deren Geschäftsführer. Im Kopfbereich der Rechnung sowie in der Fußzeile war ein Konto bei der Sparkasse T. als Empfängerkonto angegeben. Um 11:46 Uhr erhielt der Geschäftsführer der Beklagten eine weitere E-Mail von der E-Mail-Adresse der Klägerin mit einer neuen Rechnung im Anhang. Hierin war – nur in der Fußzeile, der Kopfbereich wies unverändert das vorgenannte Konto der Klägerin bei der Sparkasse T. aus – ein anderes Empfängerkonto – nunmehr bei der S-Bank in Berlin – eines Kontoinhabers P. D. angegeben.

Die Beklagte überwies 13.500 EUR auf das letztgenannte (falsche) Konto. Später forderte die Klägerin die Beklagte dann zur Zahlung auf. Dabei stellte sich heraus, dass die zweite E-Mail aufgrund eines „Hackerangriffs“ von einer unbefugten dritten Person versandt worden war; das in der Fußzeile der dieser E-Mail angehängten Rechnung angegebene Konto war keines der Klägerin. Deshalb wollte die Klägerin weiterhin die Zahlung, während die Beklagte meinte, sie habe doch schon die Zahlung für den PKW geleistet.

Die Klägerin hat ihr E-Mail-Konto beim kommerziellen Anbieter W. Es ist mit einem Passwort geschützt, das zwei Personen im gesamten Betrieb der Klägerin bekannt war und alle zwei bis vier Wochen durch eine der beiden Personen geändert und der anderen mündlich mitgeteilt wurde. Computer und Software der Klägerin sind über die Windows Firewall geschützt, die regelmäßig aktualisiert wird. Darüber hinaus sind Computer und Software über die Vollversion von „X.-Internet-Security“ geschützt.

  1. Urteil des OLG Karlsruhe

Das Urteil des OLG Karlsruhe sprach der Klägerin, also der Verkäuferin, die volle Kaufpreisforderung zu, wobei der Beklagten im direkten Gegenzug kein Schadensersatzanspruch zugestanden wurde, den sie (die Beklagte) der Kaufpreisforderung der Klägerin in Höhe dieser Forderung entgegenhalten könnte, obwohl sie (die Beklagte) bereits die Kaufpreiszahlung geleistet hatte.

Die unstreitig bestehende Kaufpreisforderung sei nach Ansicht des OLG Karlsruhe nicht durch Erfüllung, also Zahlung, gemäß § 362 BGB erloschen. Durch die Überweisung auf das Konto eines Dritten sei nicht der geschuldete Leistungserfolg eingetreten. Diese Ansicht überzeugt, wenn nicht ein Verschulden der Verkäuferin zu berücksichtigen ist.

Das Gericht hatte sich daher mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Klägerin beim Versand der 2. Mail mit der ge- bzw. verfälschten Rechnung eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, die dem Anspruch der Verkäuferin auf Zahlung des Kaufpreises als Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht der Klägerin gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB entgegengehalten werden kann. Denn die E-Mail wurde mit der gefälschten Rechnung vom Account der Klägerin versandt. Hatte diese alles Erforderliche getan, um einen Schaden beim Empfänger zu vermeiden?

  1. Konkret einzuhaltende Sicherheitsanforderungen?

Das Hauptaugenmerk der folgenden Ausführungen soll daher daraufgelegt werden, welche konkreten Sicherheitsvorkehrungen beim Versand von E-Mails zwischen Parteien im Geschäftsbereich eingehalten werden müssen, um eine schuldhafte Pflichtverletzung des Versenders zu vermeiden.

Aufgrund der Tatsache, dass zwischen den Parteien keine konkreten Absprachen bezüglich der Sicherheitsvorkehrungen beim Versand der E-Mails mit dem Anhang der Rechnungen getroffen wurden und gesetzliche Vorgaben für den Versand von geschäftlichen E-Mails nicht existieren, ist bezüglich der Sicherheitsvorkehrung laut juristischer Literatur und Rechtsprechung auf die berechtigten Sicherheitserwartungen des Verkehrs unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit abzustellen (vgl. Riem/Meier, MMR 2020, 571, 573). Hierbei muss bei den nachfolgend dargestellten Sicherheitsmechanismen zudem beachtet werden, ob der Absender bzw. der Empfänger der E-Mail einen eigenen Server betreibt oder sich eines kommerziellen Anbieters bei dem Versand der E-Mails bedient, also überhaupt Einfluss auf die von einem kommerziellen Anbieter eines E-Mail-Postfachs genutzten Sicherheitsmechanismen nehmen konnte bzw. der E-Mail-Postfach einer Person die selbigen Voraussetzungen eines der folgenden Sicherheitsmechanismen aufweist, wie die Person mit der auf elektronischem Wege kommuniziert wird. Wichtige Hinweise für die Einhalten der allgemein im Rechtsverkehr zu erwartenden Sicherheitserwartungen bietet dabei auch das Bundesamt für Sicherheit- und Informationstechnik (https://www.bsi.bund.de/dok/11486416).

Klarstellend wies das OLG Karlsruhe zutreffend darauf hin, dass die Datenschutz-Grundverordnung vorliegend nicht zur Anwendung kommen kann, da diese nur für die Verarbeitung von Informationen gilt, die sich auf eine natürliche Person beziehen (Art. 1 DSGVO).

  1. Sender Policy Framework (SPF)

Die Beklagte hielt die Klägerin für verpflichtet, das Verfahren Sender Policy Framework (SPF) anzuwenden.

Laut öffentlich zugänglichen Quellen – die Informationen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (im Folgenden: BSI), abrufbar unter

https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Internetsicherheit/isi_mail_server_studie_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=1 – handelt es sich beim Verfahren Sender Policy Framework um ein Verfahren, mit dem geprüft werden kann, ob der sendende E-Mail-Server berechtigt ist, für die Domäne E-Mails zu verschicken. Endnutzer wie die Klägerin, die selbst keinen E-Mail-Server betreiben, haben mithin auf die Verwendung des Verfahrens überhaupt keinen Einfluss. Eine berechtigte Sicherheitserwartung des Verkehrs an ein Unternehmen wie die Klägerin, das seinen E-Mail-Verkehr über einen Diensteanbieter abwickelt, auf Anwendung des SPF-Verfahrens kann daher nicht bestehen.

  1. Verschlüsselung der pdf-Datei

Dass eine Verschlüsselung von pdf-Dateien im geschäftlichen Verkehr außerhalb des Austauschs besonders sensibler Dateien, die beispielsweise Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten, üblich wäre, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden. Eine berechtigte Sicherheitserwartung des Verkehrs bestehe daher ohne Weiteres laut Auffassung des OLG Karlsruhe nicht. Hinzu kam, dass im Fall der Verschlüsselung der Datei die Klägerin und die Beklagte ein Passwort hierzu hätten austauschen müssen, was vorliegend nicht geschehen war. Die Beklagte hatte also bei Erhalt der ge- oder verfälschten Rechnung Kenntnis davon, dass die Datei nicht durch Verschlüsselung gesichert war. Bereits dieser Umstand, dass erkennbar eine derartige Sicherheitsmaßnahme nicht getroffen war, stand der Annahme einer insoweit vorliegenden Pflichtverletzung der Klägerin entgegen.

III. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

Auch zu diesem Verfahren konnte laut Vortrag der Beklagten erwartet werden, dass es in der konkreten Geschäftsbeziehung der Parteien bzw. im maßgeblichen Verkehr zu den berechtigten Sicherheitserwartungen zu zählen sein soll. Das BSI empfiehlt zwar für E-Mails die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, äußert aber gleichzeitig die Einschätzung, dass diese bisher nur sehr selten eingesetzt werde.

Dies steht einer entsprechenden allgemeinen Sicherheitserwartung des Verkehrs entgegen und bei den vorliegend versendeten Daten handelt es sich auch nicht um solche, bei deren Versand – wie etwa im Fall von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen – ohne gesonderte Absprache erhöhte Anforderungen zu stellen wären. Hinzu kommt, dass die Verwendung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht vom Versender einer E-Mail allein durchgeführt werden kann. Die Beklagte hat schon nicht vorgetragen, dass ihr eigenes System die Voraussetzungen für den Empfang von Ende-zu-Ende-verschlüsselten Nachrichten erfüllt hätte.

  1. Transportverschlüsselung

Die Beklagte hielt die Klägerin schließlich für verpflichtet, das Verfahren der Transportverschlüsselung anzuwenden. Angaben dazu, weshalb dieses Verfahren in der konkreten Geschäftsbeziehung der Parteien bzw. im maßgeblichen Verkehr zu den berechtigten Sicherheitserwartungen zu zählen sein sollte, wurden jedoch im Verfahren nicht gemacht.

Ausweislich der öffentlich zugänglichen Informationen des BSI handelt es sich bei der Transportverschlüsselung um einen Prozess, bei dem der Inhalt der Übermittlung zwischen Absender und E-Mail-Anbieter, zwischen zwei E-Mail-Anbietern und zwischen E-Mail-Anbieter und Empfänger verschlüsselt wird, wobei dieser automatisiert abläuft und in der Regel keine Aktion des Absenders oder Empfängers erfordert.

Bei der Übertragung der E-Mails kam vorliegend das sogenannte SSL/TLS-Protokoll zum Einsatz. Dabei handele es sich um einen Verschlüsselungsstandard, der die E-Mails auf dem Transportweg sichere. Eine Transportverschlüsselungen der vorstehend beschriebenen Art liegt daher laut Auffassung des OLG Karlsruhe vor. Den Angaben des E-Mail-Betreibers, von dem aus die ge- bzw. verfälschte Rechnung versendet wurde, war weiter zu entnehmen, dass die Transportverschlüsselung nur im Verbund der dort genannten Anbieter zur Anwendung kommt, also bei E-Mails, die zwischen E-Mail-Konten dieser Anbieter versendet werden. Der eigene Server der Beklagten erfüllte diese Voraussetzungen nicht. Es war auch sonst nicht ersichtlich, dass eine Transportverschlüsselung an Umständen gescheitert wäre, die in der Sphäre der Klägerin liegen.

  1. Interner Schutz der E-Mail-Konten, des Computers und der genutzten Software

Auch weitere, von der Beklagten nicht ausdrücklich geltend gemachte Pflichtverletzungen der Klägerin, waren nicht ersichtlich. Das OLG Karlsruhe sah in der Art des von der Klägerin verwendeten Passwortes fürs E-Mail-Konto, dem Personenkreis, der davon Kenntnis hatte und deren regelmäßiger Änderung sowie der Nutzung einer aktuellen Virensoftware und Firewall getroffen, keine Pflichtverletzung im Bereich des Passwortschutzes sowie des allgemeinen Schutzes der von der Klägerin verwendeten Computer.

  1. Ergebnis

I.

Festzuhalten bleibt zunächst, dass das OLG Karlsruhe einer in der Rechtsprechung anzutreffenden Auffassung (LG Lüneburg, Urteil vom 16. Februar 2017 – 7 O 71/16; Urteil wurde nicht veröffentlicht) dahingehend entgegengetreten ist, dass der Verwender einer E-Mail-Adresse jeden Missbrauch durch Dritte vollständig ausschließen müsse. Dies sei nach der Auffassung des OLG Karlsruhe schon wegen der zahlreichen und sich ständig weiter entwickelnden Angriffsmöglichkeiten zu weitgehend. Diese Ansicht ist sachgerecht, da die Haftung des Verwenders einer E-Mail-Adresse für Pflichtverletzungen nur so weit gehen kann, wenn der zugrunde liegende Hacket-Angriff aus der von dem Verwender beherrschbaren Sphäre stammt. Die Gründe für die einschränkende Haftung hat das OLG Karlsruhe vorstehend prägnant und präzise herausgearbeitet und verdient insgesamt Zustimmung. Es wird abzuwarten sein, wie die obergerichtliche Rechtsprechung solche und ähnliche Fälle in Zukunft lösen wird. Erste Urteile des BGH werden jedenfalls nicht mehr lange auf sich warten lassen. Wie auch in diesem Fall setze sich das Gericht mit der Frage auseinander, ob dem Geschädigten – unterstellt, es ließe sich theoretisch ein Schadenersatzanspruch bejahen – ein Mitverschulden bei der Schadensentstehung nach § 254 BGB anzulasten sei. Die Beantwortung dieser Frage hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und dürfte immer dann zu diskutieren sein, wenn die ge- bzw. verfälschte Rechnung auffallende Unregelmäßigkeiten (z.B. Rechtschreibfehler, unbekanntes/-er Konto-(inhaber)) enthält.

II.

Ein weiteres Beweisproblem wird sicherlich auf die Geschädigten und Anspruchsstellenden von Schadensersatzansprüchen zukommen. Die Darlegungs- und ggf. Beweislast für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne des §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB sowie für die Kausalität dieser Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden liegt bei dem Geschädigten als demjenigen, der den Anspruch geltend macht. Den Ausführungen des OLG Karlsruhe kann zudem entnommen werden, dass es am Nachweis der Kausalität dieser Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden fehlte. Es konnte nicht geklärt werden, wie es tatsächlich dazu kam, dass die zweite E-Mail mit der ge- oder verfälschten Rechnung die Beklagte erreichte. Ein erfolgreicher Angriff auf die Sphäre der Klägerin könne zwar angenommen werden, wodurch dieser Angriff hervorgerufen worden sein könnte – und dies dürfte, wenn eine Pflichtverletzung seitens des Verwenders des betroffenen E-Mail-Postfachs anders als in dem vorliegenden Fall anzunehmen ist, oftmals der streitentscheidende Punkt in einem Verfahren sein. Vorliegend bleib dieser Umstand im Hinblick auf die unbekannte Vorgehensweise des oder der unbekannten Dritten gänzlich unklar. Es zeichnet sich nach unserem Dafürhalten bereits jetzt ab, dass den Geschädigten die Beweisführung bzgl. der genauen Hintergründe eines Hackerangriffs und des Beruhens des Schadens auf diese Pflichtverletzung – auch unter Berücksichtigung der oft undurchsichtigen und im Verborgen ablaufenden Prozesse – oftmals nicht gelingen wird.

III.

Ein weiteres Problem dürfte die Frage nach einer ausreichenden Cyberversicherung für betroffenen Unternehmen sein. Leider lässt sich in der Versicherungswirtschaft die Tendenz feststellen, dass viele Versicherer diese Art von Cyberangriffen aus dem Versicherungsschutz ausschließen bzw. nur gegen Entrichtung einer hohen Sonderprämie mitversichern. Dies sollten Versicherungsmakler genau prüfen und klären, da diese Schadenfälle durch Hackerangriffe keine Seltenheit sind.

IV.

Im Ergebnis können wir daher nur empfehlen, dass firmeninterne IT-System auf ausreichenden Virensoftware- und Firewallschutz von einer Fachperson überprüfen zu lassen und die in Ihrem Unternehmen zum Einsatz kommenden E-Mail-Postfächer im Hinblick auf die vorstehend beschriebenen und vom BSI empfohlenen Sicherheitsmechanismen eindringlich überprüfen zu lassen. Dies gilt sowohl bei der Verwendung von eigenen, als auch für die Verwendung von kommerziellen Anbietern eines E-Mail-Servers. Nur wenn Sie auf dem „Stand der Technik“ sind, kann Ihnen nicht der Vorwurf gemacht werden, dass Ihnen eine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei und Ihre berechtigte Forderung deshalb nicht (erneut) vom Schuldner zu erfüllen ist.

V.

Natürlich ist der Vorgang auch für den hiesigen Käufer sehr ärgerlich. Er muss den Rechnungsbetrag folglich zweimal bezahlen, obwohl er die Rechnung per E-Mail vom Verkäufer erhielt. Wenn Sie Rechnungen anweisen, seien Sie also in solchen Fällen stets sehr umsichtig. Nie an fremde Kontoinhaber oder ausländische Konten Zahlungen leisten, ohne dass der Zahlungsempfänger dies ausdrücklich vorher bestätigt. Sonst kann es schnell dazu kommen, dass Sie den Rechnungsbetrag zweimal zahlen müssen!

Mit frühlingshaften Grüßen

Ihr,

Stephan Michaelis LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht

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