Kommentar von Markus Gotzi, Chefredakteur Der FONDSBrief
Strafzinsen für Erspartes und keine Aussicht auf eine Änderung der Situation. Vieles spricht für Sachwerte, und so langsam kommt die Branche in Schwung. Der Abwärts-Trend ist gestoppt.
Über die Ergebnisse seiner Marktstudie zu den Eigenkapital-Umsätzen im Jahr 2019 informierte Stefan Loipfinger die rund 80 Teilnehmer des diesjährigen Sachwerte-Kolloquiums – bereits die vierte Veranstaltung in Folge, die von Loipfinger, Friedrich Andreas Wanschka und mir organisiert wird. (www.Sachwerte-Kolloquium.de)
Die Zahl der Gäste war niedriger als in den Vorjahren, und da stellt sich schon die Frage nach dem Warum, denn das Fazit der Referenten, Journalisten und Marktteilnehmer war gewohnt positiv: Informativ, unterhaltsam, interessant – vervollständigen Sie die Reihe mit weiteren positiv besetzten Adjektiven. Doch darüber zu klagen erinnert an den Pastor, der sich bei den wenigen treuen Gottesdienstbesuchern darüber beschwert, dass kaum noch jemand in die Kirche geht. Immerhin ist das Sachwerte-Kolloquium ein gesetzter Termin bei den Machern und Entscheidern der Branche. Die Gästeliste zählt in der Regel Geschäftsführer und Vorstände auf.
Mit rund 1,5 Milliarden Euro setzten die Anbieter von geschlossenen Publikums- AIF im vergangenen Jahr rund 50 Prozent mehr um als im Jahr zuvor.
Und trotzdem sucht eine Reihe von ihnen nach Alternativen und ist dabei auf den offenen Immobilienfonds gekommen. Dieses Vehikel bieten erstmals zum Beispiel Real I.S., Habona und die Doric-Tochter Quadoro ihren privaten Kapitalanlegern an.
Wobei die Einschätzung der Unternehmen in Sachen geschlossene Publikums-AIF differenziert. So kündigte Real I.S.-Vorstand Jochen Schenk etwa an, geschlossene Strukturen nur noch ausnahmsweise zum Beispiel bei Australien-Fonds anzubieten. Eine Entscheidung der Landesbank-Tochter, die sich seit geraumer Zeit abzeichnete. Nicht ohne Grund engagiert sich Schenk in seiner Rolle als ZIA-Vizepräsident für die Einführung neuer Investment- Vehikel wie dem geschlossenen Sondervermögen.
Mit seiner Meinung zum geschlossenen Publikums-AIF steht der Real I.S.-Vorstand nicht alleine. Michael Denk von Quadoro schloss das geschlossene Modell für private Kapitalanleger kategorisch aus. Alleine die hohe Risiko-Kategorisierung von fünf oder höher würde den Vertrieb über Banken belasten.
Offene Immobilienfons dagegen werden in die Risikoklasse zwei eingeordnet. Offenbar hat es sich noch nicht überall herumgesprochen, dass der AIF ebenfalls ein reguliertes Produkt ist. Habona- Geschäftsführer Guido Küther dagegen will die Kunden künftig parallel erreichen, sowohl mit den bislang bei Habona üblichen geschlossenen Publikumsfonds als auch mit dem neuen offenen Modell.
Als Vorteil der offenen Struktur nennt er den Zugang in die Banken. Nach schlechten Erfahrungen mit geschlossenen Fonds haben die meisten Banken und Sparkassen den AIF trotz Regulierung und BaFin-Überwachung aus ihren Häusern verbannt. Bei den offenen Fonds dagegen gibt es offenbar keine Berührungsängste.
Wobei alle Beteiligten offenbar gut verdrängen können, dass die offenen Fonds im Zuge der Krise und der damit verbundenen Zwangs- Liquidierung Milliarden Euro verbrannt haben. Das scheint ihr Image nicht zu beschädigen. Der BVI meldet für das vergangene Jahr Mittelzuflüsse in Höhe von elf Milliarden Euro – wobei es deutlich mehr sein könnte, hätten manche offenen Fonds keinen Platzierungsstopp eingelegt, weil sie von den Kundengeldern nahezu überschwemmt wurden und nun erst einmal auf der Suche nach geeigneten Immobilien sind.
Ein Luxus-Problem, wovon die Anbieter geschlossener AIF – mit Ausnahme von Jamestown – nur träumen können. Sie sind quer durch die Bank auf der Suche nach neuen Vertriebswegen. Der digitale Direktvertrieb wird das noch nicht sein. In dieser Einschätzung waren sich alle Teilnehmer einig. Zu kompliziert, zu aufwendig. Wer sich bis zum Abschluss online durch 20 Seiten klicken muss, ist am Ende verwirrter als zu Beginn. Außerdem wird kaum jemand 10.000 Euro oder mehr ohne Beratung investieren.
Das gelingt beim Crowdfunding mit Tickets ab 100 Euro schon eher. Viel versprechend erscheint der Vorstoß der Fondsbörse Deutschland in Kooperation mit Jung DMS & Cie. Über die digitale Handelsplattform Capital Pioneers können Versicherungsmakler ohne Lizenz nach 34f ihre Kunden über die Möglichkeiten eines Sachwerte-Investments informieren. Die Beratung und den Abschluss übernehmen nach der Anbahnung die Profis von Capital Pioneers. Die Versicherungsmakler treten hierbei lediglich als Tippgeber auf. Offenbar kommt das Modell gut an. Helmut Schulz-Jodexnis von Jung DMS & Cie. Berichtete auf dem Sachwerte-Kolloquium, dass rund 40 Makler bereits einen Vertrag abgeschlossen haben. Bin gespannt, wie sich das weiter entwickelt.
Mit differenzierten Meinungen diskutierten Asuco- Chef Dietmar Schloz und Stefan Klaile, Gründer der Service-KVG Xolaris und Adrealis über die Notwendigkeiten der Regulierung. Asuco bietet ein Zweitmarkt-Modell an, das erfolgreich in gebrauchte Fondsanteile investiert. Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung will Vermögensanlagen mit Blind-Pool- Konzept verbieten. Schloz glaubt nicht, dass das auf sein Produkt zutrifft, denkt aber dennoch über geeignete Maßnahmen nach.
Ein AIF gehört jedoch nicht dazu. Logisch, dass Stefan Klaile eine andere Meinung dazu hat. Seine Service-KVG wird zunehmend von Sachwerte-Anbietern als Verwaltungsgesellschaft ausgewählt. Er räumt allerdings ein, dass die BaFin als regulierende Behörde nicht immer einen guten Job macht. Stichwort Über-Regulierung ohne Nutzen für die Anleger. Auf der anderen Seite greife die Behörde nicht dort ein, wo sie sollte, was dazu führe, dass die Anbieter letztlich doch weitgehend ohne Kontrolle mit dem Geld ihrer Kunden umgehen könnten.
Auszug aus Der FONDSBrief NR. 355 vom 28.02.2020
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