87 Prozent der Bundesbürger fordern ein staatliches Gütesiegel für nachhaltige Geldanlagen.
Sie wollen erkennen, welche Wertpapiere den Kriterien einer ökologischen, sozialen und ethischen Unternehmensführung genügen. Denn inzwischen legt rund jeder zweite Deutsche Wert auf Nachhaltigkeit in der Geldanlage und wäre dafür sogar bereit, auf Rendite zu verzichten. Dies zeigt eine bevölkerungsrepräsentative Studie, für die die Unternehmensberatung Cofinpro mehr als 1.000 Bundesbürger ab 18 Jahren befragt hat.
Sicherheit oder Rendite alleine als Kriterien bei der Auswahl von Vermögensanlagen sind den Befragten nicht mehr genug. Sie wollen ihr Geld auch mit gutem Gewissen anlegen. Doch dazu sehen sich neun von zehn Befragten nicht ausreichend in der Lage. “Unsere Studie belegt den ganz klaren Wunsch der Bundesbürger nach mehr Orientierung in dieser zunehmend beliebten Anlageform”, sagt Melanie Konrad, Wertpapierexpertin bei der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Cofinpro. “Ein großes Problem sind vor allem fehlende einheitliche Standards für nachhaltige Anlagen.”
Hier will die Europäische Kommission schnell Abhilfe schaffen. Geplant ist ein ganzes Paket an Maßnahmen, die in Ergänzung zur EU-Anlegerschutzrichtlinie MiFID II und den bereits bestehenden Leitlinien zur Geeignetheit von Vermögensanlagen verabschiedet werden sollen. Sie reichen von einem Klassifikationssystem für nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten über Informationspflichten in der Beratung bis hin zur Etablierung von Benchmarks. Konkrete Entwürfe werden in den nächsten Monaten erwartet, die Umsetzung soll ab Mitte 2020 erfolgen.
Nachhaltige Anlagen sind in der Beratung kaum ein Thema
Die Anleger indes wissen zumindest, wo sie keinesfalls investieren möchten. Laut Studie schließen 59 Prozent aus, ihr Kapital in korrupten Ländern und Unternehmen anzulegen. Auch mit Tierversuchen (57 Prozent), Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen (57 Prozent) oder Pornographie (52 Prozent) wollen die Bundesbürger nichts zu tun haben. Damit räumen sie sozialen Aspekten und einer guten Unternehmensführung sogar Vorrang gegenüber Umwelt- und Klimathemen ein. Lediglich 15 Prozent der Befragten würden beispielsweise von einem Investment in Erdöl, Kohle oder Erdgas absehen.
In Gesprächen mit den Banken spielen all diese Aspekte jedoch bislang kaum eine Rolle. 85 Prozent der Befragten können sich nicht daran erinnern, schon mal mit ihrem Berater über eine nachhaltige Geldanlage gesprochen zu haben. “Dabei birgt das Thema ein enormes Potenzial für die Banken. Die Institute sollten proaktiv handeln und nicht warten, bis der Regulierer sie mit neuen Auflagen dazu zwingt”, so Cofinpro-Expertin Melanie Konrad. “Je eher sich die Branche auf einheitliche Kriterien verständigt, wie es beispielsweise bei der Erarbeitung der Zielmarktkriterien im Rahmen der MiFID II-Umsetzung der Fall war, umso schneller profitieren Anleger von der besseren Erkennbarkeit und einer breiteren Auswahl an nachhaltigen Anlagemöglichkeiten.”
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