Aktuelle Markteinschätzung von Nermin Aliti, Leiter Fonds Advisory der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ
Von 0 auf über 1.000. Seitdem der erste ETF im Jahr 1993 das Börsenlicht erblickt hat, ist die Anzahl der passiv gemanagten Fonds sukzessive angestiegen – mittlerweile haben Anleger die Möglichkeit, aus mehr als 1.000 ETFs zu wählen. Die rasche Entwicklung dieses noch recht jungen Finanzprodukts kommt nicht von ungefähr, punkten passiv gemanagte Fonds doch mit einer Reihe von Vorteilen: Sie sind vergleichsweise günstig, in der Regel gut handelbar und überzeugen durch eine hohe Transparenz. Grund: ETFs sind Anlagevehikel, die auf unterschiedliche Art und Weise den Vergleichsindex nahezu eins zu eins abbilden – und demzufolge auch eine fast identische Performance aufweisen wie die Benchmark. Lediglich die jeweiligen Kosten des ETFs sorgen dafür, dass der ETF seinem Vergleichsindex nahezu immer einen Tick hinterherhinken wird.
ETF-Investment: Nicht schlechter, aber auch nicht besser als der Vergleichsindex
Legt also beispielsweise der DAX um fünf Prozent an Wert zu, kommt ein passiv gemanagter Fonds auf den deutschen Leitindex in etwa auf die gleiche Performance. Rutscht der DAX hingegen fünf Prozent ins Minus, geht es auch mit dem entsprechenden ETF um rund 5 Prozent bergab. Mit einem ETF schneiden Sparer also nicht viel schlechter ab als der Index, aber auch nicht besser. Und genau hier liegt die Gefahr für Anleger – vor allem in so unsicheren Zeiten wie derzeit.
Mit einem ETF sind Sparer auf Gedeih und Verderb vom Kursverlauf des Vergleichsindex abhängig. In Phasen, in denen die Wirtschaft brummt und es an der Börse recht ruhig und stetig bergauf geht, mag das unproblematisch sein. In Zeiten, in denen die Konjunktur an Schwung verliert, die Börse eine erhöhte Volatilität aufweist und die künftigen Aussichten nur schwer abzuschätzen sind, ist ein passiv gemanagter Fonds nicht unbedingt die beste Wahl.
In turbulenten Perioden kommt es vor allem darauf an, die Entwicklungen in Wirtschaft und Politik genauesten zu analysieren, die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Börse richtig einzuschätzen und entsprechende Umschichtungen im Depot vorzunehmen. Mit einem ETF ist das aber nicht möglich, mit einem aktiv gemanagten Investmentfonds hingegen schon. So kann das Fondsmanagement in Zeiten, in denen der Wirtschaftsmotor seine Drehzahl reduziert und die Börse zur Schwäche neigt, beispielsweise zyklische Werte abstoßen und stattdessen in Anlagen aus defensiven Branchen investieren, die in turbulenten Phasen naturgemäß besser abschneiden. Zudem ist in solchen Phasen das Anlegerverhalten von hoher Bedeutung, denn auch institutionelle Investoren haben ihre Engagements in ETFs immer mehr ausgeweitet. Ziehen diese im großen Stil ihre Gelder ab, dann belastet das massiv die Indexwerte. Wir halten es nicht für ausgeschlossen, dass ETF-Anbieter die Rücknahme von einzelnen ETFs in engeren Märkten auch mal aussetzen oder Wertpapiere verkaufen müssen, die weit unter dem aktuellen Kurs liegen. Dieses Risiko, insbesondere in engeren Märkten, besteht grundsätzlich auch bei Fonds. Je individueller die Struktur, desto geringer ist jedoch die Abhängigkeit vom Index und vom Herdenverhalten.
Kontrahentenrisiko bei ETFs beachten
Bei ETFs sollte darüber hinaus beachtet werden, ob sie den Vergleichsindex physisch oder synthetisch nachbilden. Eine physische Nachbildung bedeutet, dass alle Aktien oder Anleihen mit der gleichen Gewichtung wie im Index tatsächlich gekauft werden. Bei einem synthetischen ETF hingegen wird der Index nur über ein Tauschgeschäft nachgebildet. Für ein solches Derivat benötigt der ETF nicht viel Liquidität, das Volumen aus dem ETF muss allerdings trotzdem verwaltet werden. Je nach Gesellschaft und Anlagerichtlinien kann es durchaus vorkommen, dass in einem ETF mit dem Fokus auf europäische Aktien unter Umständen ganz andere Wertpapiere gekauft und dann an ein weiteres Institut verliehen werden. Die Leihgebühr, die der ETF im Gegenzug erhält, soll die Kosten senken. Allerdings entsteht in einem solchen Konstrukt ein Kontrahentenrisiko, das man als Anleger ursprünglich nicht haben wollte.
Mehr Flexibilität mit aktiv gemanagten Fonds
Kurzum: In wirtschaftlich unsicheren Zeiten, wie wir sie derzeit unter anderem aufgrund des Brexits und der Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China erleben, spricht vieles dafür, dass Anleger besser einem professionellen und erfahrenen Fondsmanagement vertrauen sollten. Dies verfolgt die wirtschaftlichen Entwicklungen, kann die damit einhergehenden Chancen und Risiken für Unternehmen einschätzen und jederzeit aktiv auf sich ändernde Marktbedingungen reagieren. Anleger mit einem ETF müssen es hingegen nehmen wie es kommt – darin unterscheidet sich keiner der über 1.000 passiv gemanagten ETFs.
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