Shamik Dhar, Chef-Ökonom von BNY Mellon Investment Management, gibt seinen Marktausblick für 2019:

 

„Wir gehen davon aus, dass die weltwirtschaftliche Lage 2019 relativ freundlich bleibt, auch wenn möglicherweise ein Gegenwind durch Inflation, Handelskonflikte und die Verschuldung der Euroländer aufkommen wird. Die Fragen, die sich Anleger für 2019 stellen müssen, ist die folgende: Sind die weltweiten Fundamentaldaten stark genug, um die Finanzmärkte weltweit zu stabilisieren? Und: Ist dies bereits eingepreist oder nicht?

Wir schätzen, dass das Investitionsumfeld 2019 gut bleiben wird. Die entwickelten Volkswirtschaften werden sich weiter positiv entwickeln, auch wenn diese im Vergleich zu 2017 oder 2018 langsamer wachsen werden. Während sich das Tempo in China und Europa weiter reduzieren wird, werden die Verbraucher in den USA letztendlich die globale Wirtschaft vorantreiben.

Inflation derzeit unter Kontrolle!

Die Inflation in den entwickelten Volkswirtschaften scheint unter Kontrolle zu sein, was hohe Ausschläge unwahrscheinlicher macht. Die US-amerikanische Zentralbank wird die Leitzinsen 2019 voraussichtlich zweimal anheben. Wir gehen – genauso wie der Markt – nicht von einer dritten Zinsanhebung im nächsten Jahr aus. Auch sollte das im Schnitt niedrigere Beschäftigungsniveau in den G7-Staaten nicht zu entsprechenden Gehaltserhöhungen und steigender Inflation führen. Daher erwarten wir keinen Anstieg der Zinsen am langen Ende. Auch glauben wir, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren ersten Zinsschritt seit der Finanzkrise bis Ende 2019 oder sogar Anfang 2020 hinausschieben wird. Der US-Dollar könnte 2019 höher steigen – nur ein Aussetzen des erwarteten Zinsanstiegs oder Klarheit über den Brexit könnte diese Entwicklung stoppen.

Aus unserer Sicht bietet der weltweite Aktien-Abverkauf 2018 eine gute Gelegenheit für Anleger, ihre Risikopositionen 2019 zu erhöhen. In einem solchen Szenario werden Anleihen weiterhin negativ mit Aktien korrelieren, so dass sich Standard-Multi-Asset-Portfolios positiv entwickeln können.

Höhere Volatilität durch Risiken weltweit

Dennoch erwarten wir für 2019 eine höhere Volatilität der Finanzmärkte. Denn es bestehen weiterhin Risiken, die ein positives Szenario beeinträchtigen können:

Der US-Handelskonflikt mit China verschärft sich. Während die Trump-Administration ihren Fokus ursprünglich auf das Handelsdefizit gegenüber China legte, verlagert er sich inzwischen auf den von China forcierten Technologietransfer, die Überwachung ausländischer Unternehmen und die Pläne von Präsident Xi für China bis 2025, die die technologische Vorherrschaft der USA direkt bedrohen. Diese Probleme dürften nicht schnell gelöst werden, und wir erwarten, dass die USA Anfang nächsten Jahres auf alle chinesischen Einfuhren in die USA Zölle von 25 Prozent erheben werden. Die Folge: Die USA können diesem Druck als relativ geschlossenen Volkswirtschaft standhalten, zumal die Wirtschaft weiterhin stark ist. Chinas Wirtschaft allerdings wird die Auswirkungen zu spüren bekommen. Auch werden Europa und die Schwellenländer davon betroffen sein, weil deren Wachstum stärker von der globalen Nachfrage abhängt.

Druck auf Schwellenländer wächst

2019 wird den Beginn einer strafferen Geldpolitik der Zentralbanken in den entwickelten Märkten markieren. Die USA haben bereits bis Ende November 2018 rund 400 Mrd. US-Dollar an Treasuries und Mortgage-Backed-Securities verkauft und liegen derzeit bei 50 Mrd. US-Dollar pro Monat. Japan führt seine unkonventionelle Geldpolitik fort, während die Europäische Zentralbank voraussichtlich Ende 2018 ihr Wertpapierkaufprogramm beenden wird. Vor diesem Hintergrund ist die Fed entschlossen, die Zinsen vor der nächsten Rezession anzuheben. Die Folge: Der Druck auf die Schwellenländer, die einen hohen Fremdfinanzierungsbedarf und eine hohe Verschuldungsquote haben, wird durch die Verknappung der weltweiten Liquidität erhöht.

Systemrisiko Banken

Die Wirtschaft der Eurozone ist weiterhin anfällig für Risiken im Finanzsektor. Europäische Banken halten nach wie vor die Staatsschulden ihrer Heimatländer. Davon sind die italienischen Banken am stärksten betroffen, aber auch für spanische und portugiesische Banken ist das Risiko hoch. Dazu kommt, dass europäische Banken auch die Schulden anderer Staaten tragen, was die flächendeckende Ansteckungsgefahr im Finanzsektor zusätzlich erhöht.

Inflation bald außer Kontrolle?

Die größte Gefahr liegt allerdings in der Inflation. Solange die Inflation in den entwickelten Volkswirtschaften nur leicht ansteigt, ist dies für die Zentralbanken gut zu steuern und für die Weltwirtschaft eher unbedeutend. Sollte sich das Tempo jedoch beschleunigen, dann würde das positiv gezeichnete Szenario für 2019 schnell zusammenbrechen. Die Fed könnte dann die Zinsen schneller erhöhen als derzeit eingepreist, was zu einem Ausverkauf risikoreiche Wertpapiere führen könnte. Der US-Dollar hingegen würde stärker, was die weltweite Wirtschaft stützen würde. Damit verbunden wäre ein Anstieg der langfristigen Realzinsen, die im Moment beispiellos niedrig und in Europa und Japan sogar negativ sind. Ein solches Szenario hätte große Auswirkungen auf die Anlagestrategien vieler Investoren, da die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen positiv werden würde. Investoren wären dann mit ganz anderen Herausforderungen als während der Finanzkrise konfrontiert.“

 

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