Brexit und italienisches Staatsdefizit verunsichern deutsche Sparer
Die Stimmung unter deutschen Anlegern hat sich in diesem Quartal deutlich verschlechtert. Sorgen bereiten ihnen unter anderem der geplante Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union sowie der hohe Schuldenberg der italienischen Regierung. Die Mehrheit der Befragten geht davon aus, dass sich der Brexit auf mittlere Sicht negativ auf die Wirtschaft in Großbritannien und in den anderen EU-Staaten auswirken wird. Mit Blick auf die konjunkturelle Situation in Deutschland rechnet bereits jeder Dritte (32 Prozent) mit einer Eintrübung im nächsten halben Jahr. Das sind sechs Prozentpunkte mehr als im letzten Quartal. Auch der Entwicklung am Aktienmarkt hierzulande stehen die Sparer eher skeptisch gegenüber, wie das aktuelle Anlegerbarometer von Union Investment zeigt, bei dem Finanzentscheider in deutschen Haushalten befragt wurden.
Hinsichtlich der allgemeinen wirtschaftlichen Lage blicken die meisten Deutschen verunsichert in die Zukunft. Die große Mehrheit (85 Prozent) geht davon aus, dass der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union der britischen Konjunktur mittelfristig schaden wird. Acht Prozent der Befragten erwarten hingegen keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung des Vereinigten Königreichs. Fünf Prozent rechnen mit positiven Impulsen. Auch die Wirtschaft der verbleibenden europäischen Staaten wird durch den EU-Austritt der Briten auf mittlere Sicht in Mitleidenschaft gezogen werden, glaubt mehr als jeder Zweite (55 Prozent). Gut ein Drittel (35 Prozent) erwartet dagegen keine Auswirkungen auf die konjunkturelle Situation der restlichen Mitgliedsländer. Sieben Prozent sind davon überzeugt, dass deren Wirtschaft durch den Brexit an Fahrt gewinnen wird. „Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass viele Menschen im britischen EU-Austritt mehrere Verlierer sehen. Dabei schätzen sie den wirtschaftlichen Schaden für Großbritannien im Vergleich zu den übrigen Ländern der Europäischen Union höher ein“, sagt Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment.
Neben den Brexit-Verhandlungen drückt auch der aktuelle Streit zwischen der EU-Kommission und der italienischen Regierung um deren Haushaltsdefizit auf die Stimmung der Befragten. Italien weist nach Griechenland die zweithöchste Verschuldung in der Eurozone auf und beabsichtigt, diese auszuweiten. 82 Prozent der Anleger zeigen sich deshalb besorgt. Nur 17 Prozent machen sich derzeit keine Sorgen um den hohen Schuldenberg Italiens. Zwei Drittel (67 Prozent) befürchten sogar ein Aufflammen der Euro-Krise wie im Jahr 2010, sollte Italien an der geplanten Neuverschuldung von 2,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für das kommende Jahr weiter festhalten.
Mehr Anleger erwarten schwächeres Wirtschaftswachstum in Deutschland
Da überrascht es nicht, dass die Deutschen auch beim Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung im eigenen Land in den kommenden sechs Monaten skeptisch sind. Jeder Dritte (32 Prozent) rechnet hierzulande mit einer Eintrübung der Konjunktur. Das sind sechs Prozentpunkte mehr als im Vorquartal und der höchste Wert seit dem ersten Quartal 2016. Die Zahl der Optimisten beträgt nahezu unverändert 13 Prozent. Zu Beginn des Jahres lag ihr Anteil mit 29 Prozent noch deutlich höher. Von einer konstanten wirtschaftlichen Situation in Deutschland im nächsten halben Jahr gehen 56 Prozent der Befragten aus (3. Quartal 2018: 61 Prozent). Auswirkungen auf ihre persönliche finanzielle Situation sehen die Sparer allerdings nicht. Zwei Drittel (67 Prozent) rechnen weiterhin damit, dass ihre eigene finanzielle Lage gleich bleibt (letztes Quartal: 68 Prozent). Rund ein Viertel (23 Prozent) erwartet immerhin eine Verbesserung (Vorquartal: 24 Prozent). Von einer Verschlechterung seiner finanziellen Situation in den nächsten sechs Monaten geht lediglich jeder zehnte Sparer aus. Im dritten Quartal 2018 waren es acht Prozent. „Viele Menschen stehen derzeit in Lohn und Brot, weshalb sie auf absehbare Zeit keine finanziellen Einschnitte für sich persönlich befürchten“, so Gay.
Aktienmarkt: Pessimisten gewinnen die Oberhand
Eher gedämpfte Erwartungen haben die Befragten wiederum für den deutschen Aktienmarkt. Knapp ein Drittel (31 Prozent) geht im kommenden halben Jahr von fallenden Aktienkursen aus. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als im vorigen Quartal und 16 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Gleichzeitig ist die Zahl der Optimisten von 24 Prozent auf 22 Prozent gesunken. Im vierten Quartal 2017 waren noch 36 Prozent der Sparer zuversichtlich gestimmt. Rückläufig ist mit 31 Prozent auch der Anteil der Befragten, die mit konstanten Aktienkursen in den nächsten sechs Monaten rechnen. Im letzten Quartal betrug dieser noch 37 Prozent. „Anleger sollten sich durch die politischen Streitigkeiten nicht verunsichern lassen, denn Aktien bieten auf lange Sicht die höchsten Renditechancen“, sagt Gay und rät im aktuellen Marktumfeld unter anderem zu defensiveren Mischfonds. Auch Fondssparpläne seien eine Option, mit denen Sparer in kleinen Schritten in den Aktienmarkt einsteigen können.
Seit Anfang 2001 ermittelt das Marktforschungsinstitut Forsa im Auftrag von Union Investment quartalsweise das Anlegerverhalten. Befragt werden 500 Finanzentscheider in privaten Haushalten im Alter von 20 bis 59 Jahren, die mindestens eine Geldanlage besitzen. Für das vierte Quartal erhob Forsa die Daten vom 1. bis 10. November 2018. Bei Umfragewerten, die sich nicht zu 100 Prozent addieren, gibt die Differenz den Anteil der unschlüssigen Befragten an.
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