Schon seit einigen Jahren wird das Thema Smart Home in der Versicherungswirtschaft diskutiert.

 

Einige Unternehmen haben erste Angebote am Markt und können über ihre Erfahrungen berichten. Am 13. und 14. November 2018 trafen sich daher über 60 Experten der Branche bei der Fachkonferenz „Smart Home“ der Versicherungsforen Leipzig und diskutierten die aktuellen Problemfelder und Chancen, die Smart Home der Assekuranz bietet.

Smart Home ist branchenübergreifend momentan eines der Trendthemen schlechthin. Viele Technologieanbieter sind mit ihren Lösungen präsent und bedienen die unterschiedlichen Felder im Bereich Hausautomatisierung. Für Versicherer bietet das Thema neue Wege, ihren Kunden Mehrwerte, wie gesteigerten Komfort und Sicherheit, anzubieten. Präventivmaßnahmen bringen Nutzen in der Hausrat- und Wohngebäudeversicherung, Kunden profitieren ebenso wie die Versicherer von den verringerten oder sogar verhüteten Schäden. Von einigen Versicherern wird das Thema Smart Home daher bereits medienwirksam als Aufmerksamkeitsmagnet genutzt. Trotzdem ist das Angebot an Smart-Home-Tarifen auf dem deutschen Versicherungsmarkt bislang eher übersichtlich.

Einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen und was diese für die Assekuranz bedeuten, gab zum Auftakt der zweitägigen Veranstaltung in Leipzig Günther Ohland, Vorsitzender des Vorstands der Smart Home Initiative Deutschland e. V. Er betonte, dass Smart Home ein Thema ist (und bleibt), bei dem eine Reihe von Akteuren zusammenspielen. Nicht nur Kunden und Versicherer, auch Handel, Handwerk und Gerätehersteller sind in dieser Runde zu nennen. Ohland gab zudem zu bedenken, dass andere Branchen, wie z. B. die Automobilwirtschaft, ihre Produkte heute über Emotionen verkaufen und nicht mehr über die technischen Merkmale. Dies sei auch Wunschgedanke für den Bereich Smart Home.

Während der zweitägigen Konferenz gab es zudem Erfahrungsberichte von Versicherern, die sich bereits in das Smart-Home-Feld gewagt haben. Anke Rübsamen-Schön (Alte Leipziger Versicherung), Jörg Malz (AXA Konzern) und Stefan Weber (Provinzial Rheinland) berichteten von ihren Versicherungsprodukten, die allesamt den Bereich Leckageschutz fokussieren. Alle Unternehmen haben Kooperationen mit Anbietern von Leckage-Detektion und bieten Kunden nun einen Versicherungstarif an, der an die Nutzung solcher Geräte gekoppelt ist, bzw. pilotieren die Projekte gerade. Da rund die Hälfte der Schadenkosten im Wohngebäudebereich auf Leitungswasserschäden zurückzuführen ist, erhoffen sich die Versicherer hier langfristig eine Kosteneinsparung. Doch der Vertrieb solcher Produkte birgt besondere Herausforderungen. So müssen Vertriebsmitarbeiter gesondert geschult werden, um den Kunden die Vorteile von Smart-Home-Systemen erklären zu können. Die Provinzial Rheinland setzt in diesem Bereich auf die Kooperation mit dem hauseigenen Handwerkernetz ALBAG. Der Vermittler verkauft dann zwar den Tarif gekoppelt mit dem Leckageschutzgerät, Einbau sowie Rückfragen und Probleme der Kunden werden jedoch über die ALBAG abgewickelt. So konnten der Vertriebsmannschaft auch die Vorbehalte gegen das neue Produkt genommen werden. Aufgrund seiner Komplexität wird Smart Home jedoch immer ein erklärungsbedürftiges Thema bleiben, welches sich nicht von allein verkaufen wird, gab Anke Rübsam-Schön zu bedenken. Vor allem das Thema Datenschutz treibt die Kunden um und muss daher auch vom Versicherer adressiert werden. Einhellige Meinung der Referenten war, dass im Bereich Smart Home vor allem die billigen Lösungen, die Kunden eigenständig im Internet kaufen und einbauen, ein Problem darstellen. Speziell bei Anbietern aus Asien weiß man nicht, ob und wie die gesammelten Daten der Kunden geschützt sind. Versicherer müssen daher unbedingt auf hochwertige Smart-Home-Geräte setzen, um ihren Vertrauensvorschuss nicht zu verlieren.

Einen anderen Einsatzbereich von Smart Home zeigten Christina Thamm und Thomas Rudolf (beide R+V Versicherung). Das Projekt „elderly care“ läuft derzeit als Pilot unter den R+V Mitarbeitern in Kooperation mit dem Malteser Hilfsdienst und IBM. Hierbei wurden 25 Pilotwohnungen von pflegebedürftigen Angehörigen von R+V Mitarbeitern mit Smart-Home-Geräten ausgestattet, um Auffälligkeiten und potenzielle Notfälle erkennen zu können. Die künstliche Intelligenz Watson von IBM hat dazu in jeder Wohnung einen Normalzustand erkannt (z. B. regelmäßige Öffnung von Fenstern sowie wiederkehrende Bewegungen innerhalb der Wohnung) und alarmiert per App definierte Angehörige, wenn das Verhalten des Bewohners von diesem Normalzustand abweicht. So kann im Notfall schnell Hilfe gerufen bzw. geschickt werden. Die R+V sammelt aktuell mit dem Pilotprojekt umfangreiche Erfahrungen, beispielsweise, wie Sensoren eingestellt werden müssen, damit sie zuverlässige Meldungen auslösen, oder welchen Erklärungs- und Schulungsbedarf die Bewohner und ihre Angehörigen haben. Insgesamt zeichnet sich aber schon jetzt in der Pilotphase ab, dass das Projekt „elderly care“ eine Möglichkeit sein kann, selbstbestimmtes Wohnen in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen.

Einen Blick über den Tellerrand bot der Vortrag von Sven Schmittbüttner (Unternehmensgruppe Krebs) über das Projekt „Future Living Berlin“. Gemeinsam mit verschiedenen Partnern entsteht in Berlin ein komplett „smartes“ Quartier, das innovative technische Lösungen im Smart-Home-Bereich kombiniert. Für die Bewohner entsteht so ein völlig neues Wohnerlebnis, bei dem Energieeffizienz, Sicherheit und Komfort kombiniert werden. Aktuell ist das Quartier noch im Bau, soll aber bereits im kommenden Jahr bezugsfertig sein. Das Projekt dient zudem auch dazu, verschiedene Ansätze und Lösungen im Themenfeld Smart Home zu validieren. Weitere Vorträge der Konferenz kamen unter anderem von der Technischen Hochschule Rosenheim, dem Hessischen Landeskriminalamt, tink GmbH sowie dem TÜV Rheinland i-sec.

 

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