Die Aktienmärkte befinden sich seit der Korrektur im Oktober 2022 in einem äußerst dynamischen Bullenmarkt.

Das spiegelt sich in zweistelligen Zugewinnen vieler Aktienindizes im letzten Jahr wider. Aus Sicht eines Euro-Anlegers liegt der MSCI AC World Index über die letzten zwei Jahre – inklusive Dividenden – kumuliert 49 Prozent  im Plus, der S&P 500 Index sogar 63 Prozent. Auch der DAX konnte in dieser Phase trotz Konjunkturflaute um 43 Prozent zulegen. Diese Renditen liegen deutlich oberhalb von dem, was man als Aktieninvestor langfristig erwarten würde. Es stellt sich daher die berechtigte Frage, ob nach einer solchen Phase der rasant steigenden Aktienkurse nicht möglicherweise eine größere Korrektur bevorsteht, meint Ivan Domjanic, Kapitalmarktstratege für die DACH-Region bei M&G.

Was spricht derzeit für eine Korrektur?

Tatsächlich sind mit den steigenden Kursen auch die Bewertungen deutlich angestiegen. Die Kurssteigerungen sind demnach nicht ausschließlich durch höhere Unternehmensgewinne verursacht worden. Ein signifikanter Teil ist auf einen Anstieg der KGVs zurückzuführen. So lag das KGV des S&P 500 im Oktober 2022 noch bei 18, ist mittlerweile jedoch auf 29 geklettert (Stand 31.12.2024) – ein Anstieg um 50 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich auch am deutschen Aktienmarkt, wenn auch auf einem niedrigeren Niveau.

Eine hohe Bewertung allein muss noch lange kein Grund für eine Korrektur oder gar einen Bärenmarkt sein, sie kann jedoch zumindest die Fallhöhe beeinflussen. Zur Veranschaulichung ein einfaches Rechenbeispiel: Das durchschnittliche KGV des S&P 500 lag über die letzten zehn Jahre im Median bei 23. Das bedeutet, dass der S&P 500 unter der Annahme konstant bleibender Gewinne bis zu seinem Zehnjahresdurchschnitt theoretisch um 21 Prozent korrigieren könnte. Unter Berücksichtigung eines erwarteten Gewinnwachstums von sieben Prozent, welches in etwa dem langfristigen Durchschnitt entspricht, läge das theoretische Korrekturpotential bis zum Ende des Jahres somit immer noch bei rund 15 Prozent. Historisch betrachtet wäre der Index dann wohlgemerkt weder besonders teuer noch besonders günstig. Selbst ohne böse Überraschungen – wie zum Beispiel eine Rezession in den USA – wäre eine Korrektur von 15 Prozent daher nicht wirklich abwegig.

Größere Korrekturen werden jedoch in der Regel durch marktpsychologische Faktoren ausgelöst. In diesem Zusammenhang spielen die durchschnittlichen Erwartungen der Marktteilnehmer und das Marktsentiment eine entscheidende Rolle. Negative Nachrichten müssen nicht zwangsweise zu fallenden Aktienkursen führen, wenn das Marktsentiment und die Erwartungen der Marktteilnehmer pessimistisch sind. Ein Anstieg des Aktienmarktes trotz eines pessimistischen Sentiments kann sogar auf weiteres Kurspotential hindeuten. In diesem Zusammenhang wird im angelsächsischen Raum häufig der Ausdruck “der Markt erklimmt eine Wand der Sorgen” verwendet. Sind die Markterwartungen jedoch zu optimistisch und das Marktsentiment zu sorglos, so können bereits leicht negative Überraschungen ausreichen, um eine Korrektur auszulösen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Korrektur aus dem Jahr 2022, als in erster Linie der Technologiesektor und die Wachstumstitel – und hier v.a. die unprofitablen Unternehmen – unter die Räder kamen und damit der spekulative Exzess aus den Monaten zuvor beendet wurde.

Wie ist das heutige Marktumfeld zu beurteilen?

Da sich viele wichtige Aktienmärkten nahe ihrer Allzeithochs befinden, kann man derzeit wohl kaum von einem ausgeprägten Pessimismus sprechen. Bezogen auf den US-Aktienmarkt scheint der fast schon überschwängliche Optimismus nach der Wahl von Donald Trump als neuen US-Präsidenten jedoch erste Risse bekommen zu haben. Und das trotz – oder gerade wegen – der zuletzt gemeldeten starken US-Wirtschaftsdaten. Denn aufgrund der robusten Datenlage haben die Marktteilnehmer ihre Erwartungen für weitere Zinssenkungen der US-Fed deutlich zurückgeschraubt. Das Ergebnis waren rasant steigende Renditeniveaus bei den langlaufenden US-Staatsanleihen, die nun wiederum die sportlichen Bewertungen vieler US-Aktien in Frage stellen – so die weitläufige Interpretation der Marktteilnehmer. Wenn die Aktienkurse in einer Phase mit optimistischem Sentiment bei positiven Nachrichten plötzlich entgegen der Intuition beginnen zu fallen, dann könnte das ein Indiz für zu optimistische Erwartungen sein. In diesem Fall sollte man sich möglicherweise besser anschnallen.

Aus technischer Sicht befindet sich der US-Aktienmarkt seit Dezember in einer Konsolidierungsphase aus der durchaus eine Korrektur entstehen könnte. Für einen Bärenmarkt müssten jedoch neben einer Kehrtwende beim Sentiment weitere Faktoren hinzukommen, wie z.B. eine unerwartete scharfe Rezession (in den USA gibt es hierfür kaum Anzeichen) oder eine drastische Eskalation in den globalen Handelsbeziehungen , was nicht ausgeschlossen, aber in der Schärfe eher unwahrscheinlich ist.

Steigende Renditeniveaus als möglicher Auslöser einer Korrektur?

Ein Risiko, das man insbesondere in Bezug auf den US-Aktienmarkt im Auge behalten sollte, ist der rasante Anstieg der langlaufenden Staatsanleiherenditen in den USA. Sollte die US-Inflation im Laufe des Jahres plötzlich wieder aufflammen, was nicht unser Basisszenario aber auch nicht ausgeschlossen ist, könnte dies mit weiter steigenden Renditeniveaus entlang der Zinsstrukturkurve einhergehen und die Bewertungen der Aktienmärkte und somit deren Kurse stärker unter Druck bringen. Die steigenden Renditeniveaus könnten sich daher als wahrscheinlichster Auslöser einer längst überfälligen Korrektur am US-Aktienmarkt herausstellen.

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