Kommentar von Adam Hetts, Global Head of Multi-Asset, Janus Henderson Investors
Spätzyklisches Umfeld: Chancen für zusätzliche Risikobereitschaft
Selbst wenn Fed Zinsen weniger stark senkt als erwartet, dürfte die Weltwirtschaft dennoch von einer weniger restriktiven Geldpolitik und einer stärkeren Stimulierung durch China profitieren.
Das Risiko kann unseres Erachtens durch eine Ausweitung des Aktienexposures auf wirtschaftlich sensiblere und fremdfinanzierte Titel sowie durch die Auswahl von High-Yield-Anleihen mit attraktiven Einkommensströmen und geringerer Zinsvolatilität erhöht werden.
Das zurückliegende Jahr war geprägt von folgenreichen Wahlen in den großen Demokratien und der Anpassung der Weltwirtschaft an ein Zinsniveau, wie es in den letzten 15 Jahren kaum zu beobachten war. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen werden bis weit ins Jahr 2025 reichen.
Auch ein stabiler Konjunkturzyklus trägt seinen Teil dazu bei. Während die robuste US-Wirtschaft den Erwartungen im Kampf gegen die Inflation trotzte, muss das Wirtschaftswachstum nun den Optimismus über Zinssenkungen mit den Abwärtsrisiken in Einklang bringen, falls die erwarteten Senkungen nicht vollständig umgesetzt werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich ein Politikwechsel der neuen US-Regierung auf das nationale und globale Wachstum auswirken könnte. Ein weiterer potenzieller Rückenwind für die Weltwirtschaft sind aggressivere Konjunkturmaßnahmen in China.
Viele dieser Entwicklungen werden zwar begrüßt, aber die Weltwirtschaft befindet sich nach wie vor in einem späten Zyklus, und jede zusätzliche Risikobereitschaft sollte mit Vorsicht genossen werden. Die Fehlertoleranz wird durch gestiegene Bewertungen risikoreicherer Anlagen nach den US-Wahlen noch weiter eingeschränkt. Da die globale Geldpolitik divergiert und die konjunkturelle Expansion sich unterschiedlich stark auf die Sektoren auswirkt, sollten Anleger versuchen, die Eignung eines Wertpapiers, von der Verlängerung des Zyklus zu profitieren, mit seiner Bewertung in Einklang zu bringen.
Makroökonomie: Divergierende Zyklen
Nachdem die Fed mit der Senkung der Kapitalkosten begonnen hat, dürfte die US-Wirtschaft weiterhin besser abschneiden als andere Industrieländer. Allerdings ist dies nicht das uneingeschränkte „Risk-on“-Umfeld, das typischerweise mit einem neuen Konjunkturzyklus einhergeht. Der Arbeitsmarkt hat sich zwar als stabil erwiesen, aber der Trend ist – ungeachtet der vorübergehenden Auswirkungen der jüngsten Stürme – rückläufig. Steigende Zahlungsrückstände bei Verbrauchern sind ein weiterer Grund zur Sorge.
Gegenüber Europa bleiben wir trotz Anzeichen einer Stabilisierung des Konsums neutral. Die Zentralbanken in Europa haben die Zinssätze früher als die Fed gesenkt – aber das war nur aus der Not heraus. China hingegen könnte aus seiner langen Stagnation ausbrechen, nachdem die Zentralregierung nun mehr Maßnahmen zur Lösung der Strukturprobleme ergriffen hat. Außerdem spiegeln die Aktienbewertungen des Landes nicht das wider, was wir als Verbesserung des Gewinnumfelds erachten.
Veränderte Markterwartungen für Fed-Tagesgeldsatz
Die nach oben korrigierten Prognosen der Märkte für den Leitzins können zwar als Vertrauensbeweis für die Verlängerung des Konjunkturzyklus gewertet werden, doch bedeutet dies auch, dass die Kreditkosten wahrscheinlich nicht auf das zuvor erwartete Niveau sinken werden.
Jede Veränderung in der US-Wirtschaftspolitik wird sich zweifellos auch auf den Unternehmenssektor und die Finanzmärkte auswirken. Deregulierung, Unternehmenssteuern und andere wachstumsfördernde Aspekte der neuen Regierung würden sich günstig auf risikoreichere Anlagen auswirken. Zölle, andere politische Initiativen oder Personalentscheidungen können jedoch Wachstumsrisiken darstellen.
Finanz- und Energiewirtschaft gelten als zwei Sektoren, die von einer gelockerten Aufsicht profitieren könnten. Für den Technologiesektor sind die Aussichten differenzierter, da sich Fragen nach Größe und Umfang von Branchenriesen und dem Schutz von Social-Media-Plattformen abzeichnen. Mehrere Sektoren könnten von einem günstigeren Fusions- und Übernahmeklima profitieren.
Hindernisse für einen effizienten Waren- und Kapitalverkehr wirken sich meist inflationär aus. Eine Verschlechterung der US-Finanzlage könnte die Inflation anheizen und die längerfristigen Zinssätze in die Höhe treiben. Wachstumsfördernde Initiativen würden sich auszahlen, wenn die wirtschaftliche Expansionsrate die Kapitalkosten übersteigt. Allerdings dürfte diese Messlatte höher liegen, sollten die Handels- und Finanzpolitik die Zinssätze in die Höhe treiben.
Aktien: Gleichgewicht zwischen Rückenwind und Bewertung
Obwohl eine Zyklusverlängerung für risikoreichere Anlagen förderlich sein dürfte, gehen wir bei Aktien davon aus, dass eine leichte Rotation innerhalb der Anlageklasse einer Erhöhung des Aktienanteils auf Kosten von Kernanleihen vorzuziehen ist. Die Zinssenkungen dürften Small-Cap-Unternehmen zugutekommen, die tendenziell mehr Schulden haben. Da Mid Caps weniger von Kreditkosten abhängig sind, benötigen sie nicht unbedingt niedrigere Zinsen, um vom Rückenwind der wirtschaftlichen Expansion zu profitieren. Die Verlängerung der Steuerreform 2018 dürfte die Gewinne im gesamten Unternehmenssektor stützen.
Die Bewertungen sind hoch, wobei das Kurs-Gewinn-Verhältnis der meisten Aktiensegmente im oberen Quartil ihres langfristigen Durchschnitts liegt. Trotz eines möglichen Anstiegs des Wirtschaftswachstums sind Value-Aktien eine der wenigen Kategorien, bei denen die Gewinnschätzungen noch ein erhebliches Steigerungspotenzial für ihre Bewertungen aufweisen. Und obwohl eine breitere Beteiligung an der Aktienrallye eine willkommene Entwicklung ist, sollten die Anleger nicht aus den Augen verlieren, dass die „Magnificent 7“ weiterhin die Erwartungen übertreffen und ihre anhaltend hohen Bewertungen bestätigen können.
12-monatige Gewinnwachstumsprognosen weltweit
Obwohl die US-Gewinnschätzungen über den langfristigen Durchschnittswerten liegen – ebenso wie die Kurs-Gewinn- Multiples in den meisten Märkten – deuten die bescheideneren Erwartungen für Aktien außerhalb der USA darauf hin, dass die Gewinne das Potenzial haben, ihre Bewertungen zu steigern.
Die ohnehin schon schwierige Lage der europäischen Aktien könnte sich noch verschlechtern, sollte sich die Deglobalisierung beschleunigen. Gleichwohl deutet der Konsum in der Region auf einen Aufschwung hin, und die chinesischen Konjunkturprogramme könnten Europas Exporteuren von Investitionsgütern und Luxusgütern als Rettungsanker dienen. In Japan könnte jeder konsumbedingte Vorteil aus einer Yen-Aufwertung durch Gegenwind für den umfangreichen Exportsektor gemindert werden.
Fixed Income: Höhere und strengere Rahmenbedingungen bewältigen
Der Preis für die Inflationsbekämpfung war für Anleiheinvestoren hoch. Da dieser Kampf jedoch größtenteils hinter uns liegt, ist die weltweit neue – höhere – Spanne der Anleiherenditen für die Anlageklasse besser geeignet, um einen stetigen Ertrag, eine Diversifizierung gegenüber risikoreicheren Vermögenswerten und – in manchen Ländern – das Potenzial für Kapitalzuwachs zu bieten.
In den USA hat sich die Renditekurve der Treasuries nach den Wahlen im November wieder nach oben bewegt und ist steiler geworden. Sollte sich die Marktprognose von deutlich weniger Zinssenkungen bewahrheiten, haben die Anleihen mit kürzerer Laufzeit ihren vielversprechenden Rückenwind verloren. In nur wenigen Wochen hat sich der erwartete Endzins für diesen Zyklus auf eine wesentlich höhere Spanne von 3,5 % bis 4,0 % eingependelt. Sollte das Wirtschaftswachstum weiter positiv überraschen oder sich die Handelspolitik und die stabilen Löhne als inflationär erweisen, könnten die Renditen von Anleihen mit längeren Laufzeiten zusätzlich unter Druck geraten – trotz des bereits erfolgten Ausverkaufs.
Unternehmensanleihen sind hoch bewertet, wobei die Differenz zwischen ihren Renditen und denen ihrer risikofreien Benchmarks so gering ist wie seit 1997 nicht mehr. Für eine zusätzliche Allokation in diesem Bereich kämen wahrscheinlich High-Yield-Emittenten höherer Qualität in Frage, da diese Kategorie mehr Carry und ein größeres Renditepolster bietet und von niedrigeren Kreditkosten profitieren dürfte. Die sinkenden Ausfälle bei Unternehmen zeigen, dass die Emittenten die intensivste Phase der restriktiven Finanzbedingungen überstanden haben. Bei den derzeitigen Spreads lässt sich die Zinssensitivität von Investment-Grade-Credits in einem nach wie vor volatilen Markt für Staatsanleihen nicht ignorieren. Verbriefte Kredite scheinen dagegen fairer bewertet zu sein und dürften von steigenden Werten ihrer zugrunde liegenden Vermögenswerte profitieren.
Spreads der amerikanischen und europäischen Unternehmen
Die Zinssenkungen der US-Notenbank und der stabile Unternehmenssektor haben die Bewertungen von Anleihen in die Höhe getrieben. High-Yield-Emissionen haben jedoch das Potenzial, einen zusätzlichen Carry und eine geringere Anfälligkeit für Bewegungen auf dem immer noch volatilen Zinsmarkt zu bieten.
Abgesehen von den USA schaffen unterschiedliche wirtschaftliche und geldpolitische Entwicklungen Chancen. Europa beispielsweise hat wahrscheinlich kaum eine andere Wahl, als seinen akkommodierenden Kurs fortzusetzen. Höhere US-Zinsen und die damit einhergehende Dollar-Stärke würden jedoch eine Herausforderung für Emittenten aus Schwellenländern darstellen, die auf Finanzierungen in der US-Währung angewiesen sind.
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