Die Märkte wie die reale Wirtschaft dürften in den kommenden Monaten vor eine harte Probe gestellt werden.
Und wie immer dürfte das Schicksal in den Händen pragmatischer Unternehmen und vor allem der Notenbanken liegen. „Deren herausragende Arbeit während der Pandemie und zu Beginn des Ukraine-Krieges machen Mut, dass wir Anleger eine professionelle Unterstützung trotz aller aktuell offenbarter interner Querelen von außen erfahren“, hofft Thomas Böckelmann, Leiter Portfoliomanagement bei Dolphinvest Capital, in seinem aktuellen Monatsbericht.
Trotz US-Präsidentschaftswahl scheinen die Aktienmärkte in ihrer Aufwärtsbewegung kaum beirrbar. Treibende unterstützende Kraft für den US-Aktienmarkt dürfte das Momentum sein, die vorhandene Liquidität und die Hoffnung auf mehr, Hoffnungen auf Stimuli nach der Wahl sowie die Angst, sonst etwas zu verpassen oder auch nur die Sorge, eine zu schwache Wertentwicklung auszuweisen. „Das lässt den einen oder anderen schon mal über die historisch hohen durchschnittlichen Marktbewertungen hinwegschauen“, so der Investmentexperte. Unterstützt werde das Ganze durch eine bislang sehr resilient scheinende US-Wirtschaft sowie eine als erfolgreich einzuordnende Quartalsberichtssaison der Unternehmen, die mehrheitlich die Erwartungen übererfüllt. Allerdings schränkt Böckelmann ein: „Ehrlicherweise muss man gestehen, dass im Vorfeld die Erwartungen dramatisch zurückgeschraubt wurden, die Messlatte entsprechend niedrig angesetzt war.“ Dennoch blieben Prognosen wie Erwartungen für das Kalenderjahr 2025 sehr hoch, welche mit dem vorherrschenden volkswirtschaftlichen Szenario nur unter der Annahme extremer Produktivitätsfortschritte bei den Unternehmen vereinbar seien.
Staatsverschuldung untragbar?
Eine jüngst durch die US-Notenbank FED veröffentlichte Studie, nach der 40 % des Gewinnwachstums US-amerikanischer Unternehmen seit der globalen Finanzkrise 2008 auf sinkende Zinsen und sinkende Steuerlasten zurückzuführen sind, sorgt für Aufregung. Laut Böckelmann erlaube die aktuell sehr stabile US-Wirtschaft sowie die hartnäckige Kerninflation – durch strukturelle Treiber untermauert – kein zu euphorisches Zinssenkungsszenario: „Angesichts der eingepreisten Zinssenkungshoffnungen haben nur wenige Marktteilnehmer auf dem Radar, welche Konsequenzen eine umgekehrte Entwicklung für die Unternehmensgewinne haben könnte.“ Auch bei den Steuern seien die Wunschszenarien alles andere als gesetzt. Mittlerweile habe das Ausmaß der US-Staatsverschuldung ein kaum mehr tragbares Niveau erreicht, sodass entweder drastische Einsparungen im Haushalt oder Anhebungen von Steuern die Optionen für den zukünftigen Vertreter im Oval Office sein dürften.
Der IWF (Internationaler Währungsfonds), die Weltbank und die OECD (Organisation für internationale Zusammenarbeit der Industrienationen) verweisen immer wieder auf das hohe Schuldenniveau im internationalen Finanzsystem. „Für das kommende Jahr werden unfassbar hohe 100.000 Milliarden US-Dollar an Staatsschulden prognostiziert, das entspricht 93 % der globalen Wirtschaftsleistung – die US-Staatsschulden allein betragen davon ein Drittel“, so der Experte.
Er konstatiert: „Es ist vorherrschende Meinung anmaßender Politik in den meisten Regionen der Welt, dass sich ohne Staatsverschuldung in der Wirtschaft nichts bewege. Lieber nimmt man immer mehr Schulden auf und reguliert immer mehr, als dass man vernünftige Rahmenbedingungen schafft und ansonsten auf die Marktkräfte und Vernunft der wirtschaftlichen Akteure bis hin zum Endkonsumenten vertraut.“ Die Kapitalmärkte hätten sich mit dieser Sicht angefreundet, bedeute dies doch meist frisches Geld, was zu einem gewissen Teil auch in die Märkte flöße und damit für steigende Kurse sorge. „Die Bedeutung staatlicher Stimuli für die Hoffnung an den Kapitalmärkten lässt sich aktuell wieder in China beobachten“, führt Böckelmann als Beispiel an. Aber Stimuli seien nicht gleich Stimuli. Wichtig sei vor allem die ideologiefreie intelligente Verwendung der Gelder. Und hier offenbarten sich seit jeher die Schwächen von Politik als Investor.
Böckelmann blickt gespannt auf die letzten beiden Monate des Jahres, könnte sich jedoch schon heute ein Leitmotiv für 2025 vorstellen: Muddling Through bzw. Durchwurschteln.
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