Die Deutschen erben und vererben immer mehr
Fast jeder 3. Deutsche hat schon eine Erbschaft über 100.000 Euro erhalten
Gleichzeitig geben 45 % an, noch nie etwas geerbt zu haben
Am häufigsten werden Geld und Immobilien vererbt
Drei von vier Deutschen haben kein Testament
Eine aktuelle Studie der Quirin Privatbank zeigt, dass die Deutschen immer mehr erben, aber auch immer mehr vererben. Im August befragte die von der Bank beauftragte puls Marktforschung GmbH bundesweit insgesamt 3.532 Menschen, repräsentativ nach Alter, Geschlecht und Bundesland. Die Studie ist die zweite dieser Art, die Quirin Privatbank hatte 2017 eine erste repräsentative Erhebung zum Thema Erben und Vererben durchgeführt.
Fast jeder Dritte hat schon mal 100.000 Euro oder mehr geerbt
Ein zentrales Ergebnis der aktuellen Studie ist, dass die Deutschen immer mehr erben und vererben. So ist die Zahl der Befragten, die schon einmal mehr als 100.000 Euro geerbt haben, in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Waren es in der ersten Befragung 2017 noch 16 %, sind es in der aktuellen Untersuchung 29 %, also fast jeder dritte Deutsche.
Dabei erben die Befragten mit einem hohen Haushaltsnettoeinkommen (> 4.000 Euro) mehr als Befragte mit einem niedrigeren Einkommen. „Wer schon viel hat, bekommt noch mehr – und andersherum“, erklärt Ralf Wunderlich, Niederlassungsleiter und Erbschaftsexperte der Quirin Privatbank.
Dabei lässt sich ein klares Gefälle zwischen Ost- und Westdeutschland erkennen. Spitzenreiter bei den Erbschaften über 50.000 Euro sind Baden-Württemberg, Hessen und das Saarland, Schlusslichter mit überproportional vielen Erbschaften unter 50.000 Euro sind Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen.
Jeder Dritte plant, mehr als eine viertel Million Euro zu vererben
Auf die Frage „Wie viel wollen Sie selbst einmal vererben?“ geben 49 % der Befragten an, mehr als 100.000 Euro vererben zu wollen, 2017 waren es noch 40 %. Eine viertel Million oder mehr wollen aktuell 34 % der Deutschen vererben, also jeder Dritte. 2017 waren es 20 %. „Es werden also beachtliche Vermögenswerte weitergegeben, die in den kommenden Jahren vermutlich noch weiter steigen werden“, kommentiert Wunderlich die Zahlen.
Gleichzeitig stimmen heute deutlich weniger Menschen der Aussage zu: „Ich habe vor, später eine Erbschaft zu vergeben.“ – 2017 sagte das noch knapp jeder Zweite (49 %), heute nur noch jeder Dritte (35 %). „Eine mögliche Erklärung könnte hier sein, dass die Menschen stärker dazu neigen, ihr Geld für sich selbst ausgeben zu wollen – oder zu müssen. Damit bleibt zwangsläufig weniger für Erbschaften übrig“, so Wunderlich weiter.
Das unterstreichen auch die folgenden Zahlen: So geben 28 % der Befragten an, dass sie ihr Leben genießen wollen, auch wenn dann weniger oder nichts zum Vererben übrigbliebe. Immerhin mehr als jeder Vierte denkt also zuerst an sich und dann an seine Nächsten. „Möglicherweise ist aber einfach auch nicht genug Geld vorhanden, um neben den Lebenshaltungskosten noch große Vermögen anzuhäufen“, interpretiert Wunderlich die Ergebnisse. 62 % sagen, sie leben ganz normal, und was übrigbleibt, vererben sie.
28 % haben heute nichts mehr von der Erbschaft, die sie schon mal erhalten haben, 70 % geben an, das bereits erhaltene Erbe noch teilweise (38 %) oder sogar komplett (32 %) zu besitzen. Gleichzeitig gibt es viele Menschen, die noch nie geerbt haben – eine entsprechende Antwort gaben 45 % der Befragten, also fast jeder zweite Deutsche.
Erarbeitet statt geerbt
Doch auch wenn viele Menschen heute immer mehr erben und zum Teil große Erbschaften erhalten, stammt der Großteil des heutigen Vermögens der Befragten nicht aus Erbschaften (8 %), sondern ist bei 65 % erarbeitet.
Häufigstes Erbe: Geld, Immobilien und Schmuck
Am häufigsten haben die Befragten Geld (75 %), Immobilien (48 %) und Schmuck (28 %) geerbt. In allen drei Kategorien sind die Anteile im Vergleich zur ersten Untersuchung 2017 gestiegen, am kräftigsten bei Immobilien von damals 34 % auf jetzt 48 %.
Bei den geplanten Erbschaften sieht die Rangliste ähnlich aus. Auch hier landen Bargeld (75 %) und Immobilien (65 %) auf den ersten beiden Plätzen, Platz 3 haben in diesem Jahr allerdings die Wertpapiere eingenommen – sie sollen zukünftig fast doppelt so oft (37 %) vererbt werden wie bisher (19 %).
Am häufigsten waren Kinder die Begünstigten von Erbschaften, in 62 % der Fälle gingen Erbschaften an sie. Ähnlich das Bild bei den geplanten Erbschaften, auch hier sind zum Großteil (51 %) Kinder die geplanten Begünstigten der noch zu vergebenden Erbschaften.
Zwei von drei Deutschen finden Erbschaftssteuer ungerecht
18 % derjenigen, die bereits geerbt haben, mussten laut aktueller Befragung Erbschaftssteuer zahlen, 2017 waren es 14 %. Ein Drittel aller Befragten (29 %) findet Erbschaftssteuern gerecht, unabhängig davon, ob sie diese selbst schon einmal zahlen mussten, zwei Drittel (63 %) finden sie ungerecht. Fast jeder Dritte (30 %) sagt zudem, dass es ihm wichtig sei, bei Erbschaften Steuern zu vermeiden. 52 % der Befragten wissen, dass es unterschiedliche Freibeträge bei Erbschaften gibt. Der Freibetrag in Höhe von 20.000 Euro (für unverheiratete Lebenspartner bzw. Geschwister, Neffen, Stiefeltern) wird von 57 % bzw. 49 % der Befragten als zu niedrig empfunden.
Drei von vier Deutschen haben kein Testament
43 % derjenigen, die bereits geerbt haben, haben sich nicht dazu beraten lassen. Die, die sich beraten lassen, tun das am häufigsten beim Notar (20 %), im Internet oder bei einem Rechtsanwalt. Dabei sagen 55 %, dass sie sich nicht gut auskennen beim Thema Erben und Vererben. „Erschreckend ist, wie viele Menschen kein Testament haben – immerhin 71 % der Befragten gaben das an“, führt Wunderlich aus.2 Die drei häufigsten Gründe dafür sind: „Ich habe nichts zu vererben“ (28 %), „Ich bin noch zu jung“ (27 %) und „Ich habe noch nicht darüber nachgedacht“ (24 %). Das ist vor allem auch vor dem Hintergrund interessant, dass jeder Zweite (51 %) einen Fall kennt, bei dem es wegen eines Erbes zu Zerwürfnissen zwischen den Erben kam.
Häufigster Auslöser, sich mit dem Thema Erben auseinanderzusetzen, ist das Erreichen eines bestimmten Alters, eine eigene schwere Krankheit oder schwere Erkrankungen im engsten Umfeld. Im Schnitt beginnen die Befragten mit 56 Jahren, sich mit dem Thema Erben auseinanderzusetzen. Jeder 6. hat schon mal ein Erbe ausgeschlagen.
Große regionale Unterschiede
Zwischen den 16 Bundesländern gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede. Generell zeigt sich, dass im Osten weniger ver- und geerbt wird. Noch nie geerbt haben am häufigsten Menschen in Thüringen (55 %), Sachsen (52 %), Mecklenburg-Vorpommern (49 %), aber auch in Nordrhein-Westfalen (49 %) und Baden-Württemberg (47 %). In Sachsen-Anhalt wird zudem am häufigsten ein Erbe ausgeschlagen (27 %). In Baden-Württemberg werden am häufigsten Wertpapiere vererbt. (22 %) Die Bremer und die Thüringer haben am seltensten ein Testament. (15 % und 21 %) Die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern finden Erbschaftssteuern am ungerechtesten (81%), die in Berlin und Rheinland-Pfalz finden sie am gerechtesten (33 %). Die Bremer (39 %) und die Sachsen (35 %) wollen am ehesten das Leben genießen, auch wenn dann weniger zum Vererben bleibt.
Bei der Betrachtung der fünf größten Städte bundesweit (Berlin, München, Köln, Hamburg und Frankfurt) zeigen sich ebenfalls einige Unterschiede. So hat knapp jeder 2. Münchner vor, später eine Erbschaft zu vergeben (46 %), in Berlin ist es nur jeder Dritte (33 %). 69 % der Frankfurter geben an, mehr als 100.000 Euro selbst vererben zu wollen, in Hamburg sind es 42 %. 44 % der Frankfurter haben ein Testament, aber nur 25 % der Münchner. In Frankfurt stammt das eigene Vermögen bei 84 % der Befragten aus eigener Arbeit, in Hamburg nur bei 58 % und am häufigsten aus Erbschaften (13 %). Die Münchner und Frankfurter kennen sich in Sachen Erben und Vererben am besten aus (57 %), die Berliner am wenigsten (41 %). Die Frankfurter finden die Erbschaftssteuer am gerechtesten (40 %), die Münchner am ungerechtesten (65 %). Zudem gaben die Kölner am häufigsten an, noch nie gerbt zu haben. (44 %)
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