Von Michaela von Fragstein, Beraterin bei der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ

Erbstreitigkeiten kommen häufiger vor als den Erblassern lieb sein dürfte, oft landen sie sogar vor Gericht. Wer jedoch schon zu Lebzeiten die Vermögensübertragung und das Erbe richtig plant, kann solche Familienstreitigkeiten umgehen. Welche Möglichkeiten es für eine gelungene Nachlassplanung gibt und wie diese helfen, Steuern zu sparen, erfahren Sie im Leitfaden der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ.

Um das Erbe des 2003 verstorbenen Fiat-Managers Gianni Agnelli wird auch nach mehr als 20 Jahren noch immer gestritten. 2024 erst hat die Staatsanwaltschaft 75 Millionen Euro von den Agnelli-Enkeln beschlagnahmt, Agnellis Tochter hatte ihre eigenen Kinder verklagt.

Um wenig wird in Familien so heftig und so häufig zu Lebzeiten gestritten, wie um das Erbe von Verstorbenen – und das nicht nur bei Prominenten. Nahezu jede fünfte Erbschaft führt Schätzungen zufolge zum Rechtstreit. Und je größer der Nachlass, umso wahrscheinlicher ist der Streit ums Erbe.

Frühzeitig das Erbe regeln

Keiner der Verstorbenen hätte sich diesen Zwist um den Nachlass wohl gewünscht. „Daher weisen wir gegenüber unseren Kunden immer wieder darauf hin, dass sie gar nicht früh genug ihre Vermögensnachfolge regeln können – auch wenn wir die Erfahrung gemacht haben, dass es vielen Menschen schwerfällt, sich mit ihrer eigenen Vergänglichkeit zu beschäftigen“, erklärt Michaela von Fragstein, Beraterin bei der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ.

Wer hingegen auf eine Nachlassregelung verzichtet, entscheidet sich gleichbedeutend für die gesetzliche Erbfolge mit ihren begrenzten Freibeträgen und hohen Steuerlasten. Dabei ginge es besser und steuerschonender. Es geht um viel Geld: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt, dass jährlich 200 bis 300 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt werden, in den vergangenen zehn Jahren insgesamt rund 3,2 Billionen Euro.

Ohne Nachlassregelung gilt die gesetzliche Erbfolge

Fakt ist: Die gesetzliche Erbfolge berücksichtigt verschiedene Verwandtschaftsgrade. Dabei schließen nähere Verwandte ein Erbe von entfernteren Verwandten aus. Konkret bedeutet dies: Stirbt der Erblasser, erbt bei Verheirateten zunächst der hinterbliebene Ehepartner, allerdings abhängig vom Güterstand (Zugewinngemeinschaft / Gütertrennung) und davon, welche Verwandten noch erben. Als Erben erster Ordnung gelten Kinder und Enkel. Erben zweiter Ordnung sind Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten, Erben dritter Ordnung dann Großeltern und ihre Abkömmlinge.

Ärgernis Erbschaftssteuer

„Wer erbt, ist erbschaftssteuerpflichtig, wenngleich – abhängig vom Verwandtschaftsgrad – den späteren Erben Steuerfreibeträge zustehen“, so Expertin von Fragstein. Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner erben bis zu einem Vermögenswert von 500.000 Euro steuerfrei, die eigenen Kinder sowie Stiefkinder haben einen Steuerfreibetrag von jeweils 400.000 Euro. Sofern die eigenen Kinder bereits verstorben sind, dürfen auch die Enkel einen Freibetrag von 400.000 Euro für sich beanspruchen, sonst sind es 200.000 Euro pro Enkel. Großeltern, Urenkel und die eigenen Eltern haben noch einen Freibetrag von 100.000 Euro. Alle übrigen Erben sind nur noch bis zu einer Erbschaft von 20.000 Euro von der Erbschaftssteuer befreit. Die Erbschaftssteuer fällt für das Vermögen an, das über den Freibetrag hinausgeht.

Alternative I zur gesetzlichen Erbfolge: Testament

Wem die gesetzliche Erbfolge nicht zusagt, kann mit einem Testament die eigenen Wünsche und Vorstellungen umsetzen. Beispielsweise kann der Erblasser in seinem Testament bestimmen, dass auch unverwandte Freunde oder Bekannte bedacht werden, oder der hinterbliebene Ehepartner zunächst Alleinerbe sein soll. „Bei einem Testament hat der Erblasser weitreichenden Gestaltungsspielraum, um seine Vorstellungen zur Erbschaft und zum Kreis der Begünstigten umzusetzen“, erklärt Michaela von Fragstein.

Doch Vorsicht: Bei einem Testament drohen eine Reihe von bürokratischen und rechtlichen Fallstricken, die dafür sorgen können, dass ein Testament nichtig oder anfechtbar ist. Ein selbstverfasstes, handschriftliches Testament ist zwar rechtens, doch nicht immer die beste Wahl. Im Idealfall lassen sich die Vererbenden von einem Notar beraten und das Testament beurkunden. Nachteil: Spätere Änderungen erfordern erneut die Einschaltung eines Notars oder Rechtsanwalts.

Wer ein Testament aufsetzt, sollte außerdem die Pflichtteilsregelungen kennen. Pflichtteilsberechtigt sind nur Ehepartner, die eigenen Kinder oder die Enkel, sofern die Kinder schon verstorben sind, sowie die Eltern, wenn der Erblasser kinderlos war. „Sie alle haben einen gesetzlichen Anspruch auf einen bestimmten Anteil des Erbes, auch wenn ein Testament etwas anderes vorsieht. Bleibt jemand aus diesem Personenkreis unberücksichtigt oder wird darin explizit enterbt, kann diese Person einen Pflichtteil fordern und rechtlich durchsetzen“, weiß Michaela von Fragstein. Der Pflichtteil beträgt dabei 50 Prozent des Anspruchs aus der gesetzlichen Erbfolge. Nur in wenigen Ausnahmefällen kann der Pflichtteil per Verfügung des Erblassers entzogen werden, etwa bei Mordabsichten gegen den Erblasser. Wer den Pflichtanteil umgehen will, muss das vor dem Erbfall vertraglich mit dem Erbberechtigen regeln und in der Regel eine Abfindung für den Pflichtteilsverzicht zahlen.

Alternative II: Schenkungen

Wer hohe Steuerzahlungen für seine Erben vermeiden möchte, sollte möglichst früh über Schenkungen nachdenken. Generell werden Schenkungen genauso besteuert wie Erbschaften – Steuersätze und Freibeträge sind identisch. Ein wichtiger Unterschied: die Freibeträge der Schenkungssteuer erneuern sich alle zehn Jahre. So können beispielsweise Eltern zu Lebzeiten alle zehn Jahre Vermögen in Höhe von 400.000 Euro steuerfrei an die Kinder übertragen. Zum Erbe werden die Schenkungen nur gerechnet, wenn sie weniger als zehn Jahre her sind.

„Bei Schenkungen, etwa einer Immobilie, ist auch der sogenannte Nießbrauch als Gestaltungselement beliebt. Übertragen Eltern beispielsweise das selbstgenutzte Eigenheim auf ihre Kinder, können sie vertraglich vereinbaren, dass sie die Immobilie noch bis zu ihrem Tod weiter bewohnen dürfen“, weiß Beraterin von Fragstein. Der Nießbrauch kann auch das Recht zur Vermietung einschließen, obwohl das Eigentum an der Immobilie bereits auf die Kinder übergeht. Ähnlich lässt sich auch der Nießbrauch an einem Wertpapierdepot regeln: Dem Begünstigten wird das Depot übertragen, die Erträge erhält weiter der Schenkende.

Alternative III: Erbvertrag

Ein Erbvertrag gilt als Alternative zum Testament und wird meist zur Vermeidung hoher Erbschaftssteuern zwischen Erblasser und Erben im Beisein eines Notars geschlossen. Der Clou: Erblasser können Teile ihres Vermögens beziehungsweise die Nutzung von Vermögenswerten den Erben überlassen und dennoch Eigentümer bleiben. Verstirbt beispielsweise der vermögende Vater und setzt seine Frau als Alleinerbin ein, kann diese noch zu Lebzeiten ihren Kindern per Erbvertrag ein Vermächtnis machen, für das sie eine Gegenleistung von den Kindern zurückbekommt.

Beispielsweise bekommen die Kinder das Vermögen übertragen, müssen aber vertraglich zusagen, die Mutter im Alter zu pflegen und die Kosten dafür zu tragen. Der Vorteil liegt darin, dass der Erblasser die Kontrolle über das zu vererbende Vermögen behält und die Erbschaft an Bedingungen knüpfen kann. Ein Vertragsbruch führt daher zur Enterbung. Erbverträge bieten sich etwa für unverheiratete Paare, Patchwork-Familien oder die Regelung einer Unternehmensnachfolge an.

„Da beide Vertragspartner an das Vereinbarte gebunden sind, ist das Vermächtnis aus einem Erbvertrag noch kein Erbe, dass unter die Erbschaftssteuer fällt. Die rechtlichen Anforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten sind allerdings komplex; die Beratung durch einen spezialisierten Anwalt beim Aufsetzen des Erbvertrags ist daher dringend zu empfehlen“ empfiehlt Michaela von Fragstein.

Alternative IV: Versicherungen für die Vermögensübertragung

Eine weitere, steuerschonende Möglichkeit, sein Erbe schon zu Lebzeiten zu regeln, ist die Vermögensübertragung im Versicherungsmantel. Dabei wird verfügbares Vermögen in eine Versicherung übertragen, die nach dem Tod des Versicherungsnehmers einkommensteuerfrei an die Begünstigten ausgezahlt wird. Erbschaftssteuer wird hier nur bei Überschreiten der weiterhin verfügbaren Freibeträge fällig.

Die Gestaltungsmöglichkeiten sind auch bei einem Versicherungsmantel vielfältig und komplex. So können etwa der Erblasser allein oder zusammen mit dem designierten Erben Versicherungsnehmer sein, auch unterschiedliche hohe Anteile an der Police sind möglich, was die Steuerbelastung verringern kann. In der Wahl des Begünstigten im Todesfall ist der Versicherungsnehmer frei und nicht an die gesetzliche Erbfolge oder Pflichtanteile gebunden.

Frühzeitig das Erbe regeln

Die Möglichkeiten, den eigenen Nachlass zu regeln sind vielfältig und erfordern mitunter die Beteiligung von Fachanwälten, Notaren, Steuerberatern und Versicherungsvermittlern. Um einen kontrollierten Übergang des eigenen Vermögens sicherzustellen, ist eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema sehr ratsam. „Empfehlenswert ist zudem ein Generationengespräch, in dessen Rahmen sich der Erblasser und seine potenziellen Erben zunächst über ihre Vorstellungen, Sorgen und Fragen austauschen können“, so Michaela von Fragstein. Im Austausch mit den Experten können dann die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten ausgelotet werden.

Mit klaren Absichten, etwas Vorbereitung und fachkundiger Unterstützung ist es somit möglich, spätere Erbstreitigkeiten zu vermeiden und die steuerliche Belastung zu minimieren.

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