Das geförderte Altersvorsorgedepot birgt ein enormes Potenzial für Banken, Broker und Neobroker.

Ein einfaches, digitales Angebot und eine durchdachte Preis- und Monetarisierungsstrategie sind entscheidende Voraussetzungen, um daraus Kapital zu schlagen. Gleichzeitig stellt das Altersvorsorgedepot für Banken und Asset Manager auch ein Kannibalisierungsrisiko dar, insbesondere im Hinblick auf das bestehende Riester-Geschäft, wie Max Biesenbach und Ann-Christine Brunen von der globalen Strategie- und Wachstumsberatung Simon-Kucher erklären:

Nach monatelangen Vorbereitungen wurde Ende September der Gesetzesentwurf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (pAV-Reformgesetz) veröffentlicht. Ziel des Entwurfs ist es, die private Altersvorsorge durch verbesserte Transparenz und Vergleichbarkeit, höhere Renditechancen sowie niedrigere Kosten der Vorsorgeprodukte attraktiver zu gestalten.

Der Entwurf sieht die Einführung eines geförderten Altersvorsorgedepots vor, das im Januar 2026 an den Start gehen soll. Über dieses Depot können Vorsorgende in Fonds und andere geeignete, realwertorientierte Anlageklassen wie Aktien oder ETFs investieren. Bis zu einem Höchstveranlagungsbetrag von 3.000 Euro jährlich (ab 2030 bis zu 3.500 Euro) erhalten Vorsorgende eine beitragsproportionale Grundzulage von 20 Cent pro Euro Eigensparleistung, was bis zu 600 Euro pro Jahr betragen kann. Zudem sind weitere Zulagen für Eltern, Geringverdiener und Berufseinsteiger vorgesehen.

Neukundenpotenzial für digitale Challenger und etablierte Anbieter

Über digitale Angebote können mit dem Altersvorsorgedepot Kunden gewonnen werden, die bisher nicht durch die Riestervorsorge erreicht wurden. Gleichzeitig birgt es jedoch ein Kannibalisierungsrisiko für das bestehende Riester-Geschäft von Banken und Asset Managern, da digitale Challenger kosteneffiziente Alternativen anbieten können. Ende des Jahres 2022 gab es rund 15,9 Millionen steuerlich geförderte private Altersvorsorgeverträge, die potenziell in das attraktive Altersvorsorgedepot umgeschichtet werden könnten. Um das Potenzial voll hebeln zu können, das das Altersvorsorgedepot bietet, müssen Depotanbieter ein einfaches, digitales Angebot schaffen und eine passende Preis- und Monetarisierungsstrategie entwickeln.

Adäquates Pricing für anfänglich geringe Veranlagungsbeträge

Die Einführung eines neuen, separaten Depots und die Fördergrenze von 3.000 Euro pro Jahr führen zu anfangs kleinen Depots. Daher muss das Pricing so gestaltet sein, dass das veranlagte Kapital nicht durch hohe Gebühren aufgezehrt wird. Insbesondere etablierte Anbieter haben hier Optimierungsbedarf: Ihre Gebührenstrukturen weisen oft hohe und fixe Bestandteile auf. Eine prozentuale, wiederkehrende Gebührenkomponente stellt sicher, dass die Erträge der Depotanbieter mit den stetig wachsenden Assets ihrer Kunden steigen und gleichzeitig die zu Beginn geringen Veranlagungsbeträge des Kunden nicht aufgezehrt werden.

Zusätzlich dürfte das Altersvorsorgedepot den Trend zu ETF-Sparplänen weiter beschleunigen. ETFs werden im Gegensatz zu Fonds nicht über Bestandsprovisionen vom Produktemittenten monetarisiert. Anbieter sollten die Chance wahrnehmen, sich mit einer adäquaten Monetarisierungsstrategie zukunftssicher aufzustellen.

Einfache, digitale Angebote als Schlüssel zur Selbst-Servicierung

Insbesondere etablierte Anbieter haben oft noch erheblichen Nachholbedarf bei der digitalen Benutzererfahrung (UX) – vor allem bei der Möglichkeit, Produkte vollständig online abzuschließen. Um das Neukundenpotenzial voll ausschöpfen zu können, muss der Produktabschluss so einfach wie möglich sein. Neobroker machen es mit kurzen Klickstrecken und digitalen Guidance-Elementen bereits vor.

Trotz des wachsenden Marktanteils von Self-Servicing-Anlegern wird es weiterhin eine relevante Zielgruppe geben, die Beratung benötigt- besonders bei langfristigen Themen wie der Rentenvorsorge. Um Beratung skalierbar zu gestalten, müssen Beratungselemente digitalisiert werden. Dies hilft Banken zudem, dem demografischen Trend sinkender Beraterressourcen zu begegnen.

Das Altersvorsorgedepot stellt zwar ein Kannibalisierungsrisiko für das bestehende Riester-Geschäft dar, bietet Banken, Brokern und Neobrokern aber vorrangig die Möglichkeit, Potenziale zu heben, ihre Geschäftsmodelle zukunftsfähig zu gestalten und den Markt nachhaltig zu prägen.

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