Kommentar von Andy Acker and Dan Lyons, Portfolio Manager, Janus Henderson Investors
- Eine Rotation in Nicht-Tech-Bereiche hat Healthcare-Aktien in der zweiten Jahreshälfte 2024 beflügelt.
- Innovationen, Zinssenkungen und eine für den Sektor ungewöhnlich „freundlichen“ Präsidentschaftswahl dürften die Entwicklung nachhaltig unterstützen.
Mit zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheit hat der Gesundheitssektor in den letzten Monaten von einer Rotation in defensivere Werte profitiert. Wir halten die Rahmenbedingungen für den Sektor weiterhin für attraktiv. Angemessene Bewertungen, sinkende Zinssätze, ein ruhiger US-Wahlzyklus (zumindest für Healthcare) und schnelle Innovationen sprechen für eine Fortsetzung der Dynamik in diesem Sektor.
Eine gute Ausgangsbasis
Während einige Marktbereiche in der ersten Jahreshälfte 2024 eine rasante Zunahme verzeichneten, wurde der Gesundheitssektor häufig mit einem Abschlag gegenüber dem S&P 500® Index gehandelt. Die Underperformance zeigte, dass die Anleger aussichtsreiche Bereiche wie künstliche Intelligenz bevorzugten, und fiel in eine Zeit, in der sich die Angebots-/Nachfragedynamik im Gesundheitswesen nach der Pandemie neu formierte. Anhaltend hohe Zinssätze belasteten auch Aktien mit langer Laufzeit, wie z. B. Biotechnologie.
Seitdem haben sich die Bewertungen im Gesundheitswesen normalisiert, aber einige Bereiche des Sektors – einschließlich derjenigen, die sich in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit normalerweise gut behaupten – haben sich nicht so stark erholt. Dazu zählt der Bereich Managed Care. Die Branche wurde 2024 durch steigende Kosten belastet, da der Nachholbedarf nach der Pandemie zu einem Wiederanstieg der medizinischen Leistungen führte. Eine Kürzung der Erstattungssätze für Medicare Advantage, eine private Option für das staatliche Versicherungsprogramm in den USA für ältere Menschen, war ein weiterer Gegenwind.
Wir glauben jedoch, dass die langfristigen Fundamentaldaten der Branche diese kurzfristigen Herausforderungen mehr als ausgleichen. Zum einen dürfte die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen in den nächsten zwölf Monaten zurückgehen, da sich die Behandlungsrückstände reduzieren. Gleichzeitig steigen die Mitgliederzahlen: Es wird erwartet, dass die alternde Bevölkerung in den nächsten zehn Jahren zu einem stetigen Wachstum von Medicare Advantage führen wird, während die erhöhten Subventionen, die durch den Inflation Reduction Act gewährt wurden, dazu beigetragen haben, dass sich die Zahl der auf dem gesetzlichen Versicherungsmarkt versicherten Personen seit 2020 fast verdoppelt hat.
Zudem können Versicherer ihre Leistungen jährlich anpassen, um höhere Kosten auszugleichen. Dies wird durch die Konsolidierung der Branche unterstützt, die irrationale Underwriting-Zyklen reduziert hat. Das Nettoergebnis dürfte langfristig zu einer geringeren Gewinnvolatilität und einer Erholung der derzeit niedrigen Betriebs- und Gewinnmargen führen. Dies spricht unserer Meinung nach für die Aktien.
Sinkende Zinsen, künftige Gewinne
Ein anderer hinterherhinkender Bereich des Sektors – die Biotechnologie – könnte ebenfalls auf eine bessere Performance hoffen. Die Small- und Mid-Cap-Titel der Branche erlebten infolge von Corona und steigenden Zinssätzen eine etwa dreijährige Baisse. Da die Federal Reserve (Fed) nun aber einen Zinssenkungszyklus eingeleitet hat, könnten sich die Aussichten der Branche verbessern.
In der Tat haben Biotech-Unternehmen in Zeiten sinkender Zinssätze meist besser abgeschnitten, da niedrige Zinssätze den Kapitalwert künftiger Gewinne erhöhen, die in der Biotech-Branche erst nach Jahren realisiert werden können. In den sechs Monaten nach der ersten Fed-Zinssenkung hat die Branche in sieben von acht Fällen Gewinne erzielt und den S&P 500 in den folgenden zwölf Monaten um durchschnittlich 16 % übertroffen.
Dieses Muster könnte sich fortsetzen. Derzeit werden viele Small- und Mid-Cap-Biotech-Unternehmen immer noch zu niedrigen Bewertungen gehandelt. Gleichzeitig verzeichnete die Branche 2023 eine Rekordzahl von Arzneimittelzulassungen durch die Food and Drug Administration (FDA), die das Umsatzwachstum der jeweiligen Unternehmen für ein Jahrzehnt oder länger vorantreiben könnte. Und das Innovationstempo hält an: Die Unternehmen melden klinische Erfolge für die nächste Welle medizinischer Fortschritte bei Krebs, neuromuskulären Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen. Dieses Wachstumspotenzial dürfte für Anleger angesichts sinkender Zinssätze und einer sich möglicherweise abschwächenden Konjunktur noch stärker in den Fokus rücken.
Eine ruhige Wahl
Parallel zu den Zinssenkungen der Fed nähern sich die Präsidentschaftswahlen in den USA. In der Vergangenheit war das Gesundheitswesen ein beliebtes Wahlkampfthema, und die Kandidaten schlugen oft Reformen vor, die den Sektor belasteten. Doch die jüngsten Fortschritte in der Gesetzgebung haben dieses Jahr dazu beigetragen, das Gesundheitswesen aus dem politischen Rampenlicht zu halten.
Der Affordable Care Act (ACA) zum Beispiel hat den Krankenversicherungsschutz erheblich ausgeweitet und hat seit seiner Verabschiedung 2010 wiederholten Forderungen nach seiner Aufhebung standgehalten. Da der ACA nun fest im Gesundheitssystem verankert ist, ist seine Auflösung unwahrscheinlicher geworden. In der Zwischenzeit wurden Vorschläge für eine Universal-Krankenversicherung aufgegeben, nachdem sie bei den Wählern keinen Anklang fanden.
Und seit diesem Jahr ist die Regierung durch den Inflation Reduction Act (IRA) befugt, die Arzneimittelpreise im Rahmen von Medicare auszuhandeln – ein großer politischer Erfolg. Weniger bekannt ist jedoch der Vorteil der Deckelung der Selbstbeteiligung an den Arzneimittelkosten in Medicare – für die es zuvor keine Obergrenze gab – auf jährlich 3.500 US-Dollar im Jahr 2024 und 2.000 US-Dollar im Jahr 2025. Die Obergrenze hat den Zugang zu Arzneimitteln verbessert und sie für Senioren erschwinglicher gemacht. Damit wurde endlich ein langjähriges politisches Problem angegangen. Zwar könnte die Wahl insgesamt für Volatilität an den Aktienmärkten sorgen, doch glauben wir nicht, dass das Gesundheitswesen besonders belastet werden wird.
Langfristige Wachstumsfaktoren
Ohne den politischen Einfluss könnten die Innovationen des Sektors unserer Meinung nach zum Tragen kommen. Hier hat sich die Dynamik beschleunigt. Im September dieses Jahres war es beispielsweise zehn Jahre her, dass die FDA den ersten PD-1-Inhibitor, Keytruda, zugelassen hat. Seitdem haben sich Keytruda und andere Checkpoint-Inhibitoren – Immuntherapien, die das Immunsystem bei der Abtötung von Krebszellen ausbremsen – zu den erfolgreichsten Medikamenten auf dem Markt entwickelt. Der Umsatz wird 2023 ein Volumen von 52 Milliarden US-Dollar erreichen und jährlich zweistellig wachsen.(Im Juni wurde Keytruda von der FDA für die vierzigste Krebsindikation zugelassen).
Doch Checkpoint-Inhibitoren sind nur ein Instrument in einem wachsenden Arsenal neuartiger Krebsbehandlungen. Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs) sind zielgerichtete Therapien, die die Chemotherapie direkt an die Krebszellen abgeben und dabei gesunde Zellen verschonen. Diese Medikamente haben das Potenzial, die giftigere Chemotherapie, die wir seit Jahrzehnten anwenden, zu ersetzen und die Behandlungserfolge zu verbessern. Mehr als ein Dutzend ADCs sind inzwischen auf dem Markt – viele davon wurden erst in den letzten Jahren zugelassen. Ihr Wachstumspotenzial hat zu zahlreichen Fusionen und Übernahmen geführt, darunter die Übernahme des ADC-Herstellers ImmunoGen durch AbbVie für 10 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023.
Im Bereich Diabetes und Fettleibigkeit erzielen GLP-1-Agonisten eine beispiellose Gewichtsabnahme. Sie haben das Potenzial, die globale Fettleibigkeitsepidemie umzukehren und gleichzeitig das Risiko von Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. Im zweiten Quartal dieses Jahres erzielten GLP-1-Medikamente einen Jahresumsatz von über 50 Milliarden US-Dollar und ein jährliches Wachstum von mehr als 50 %.
In der Medizintechnik entwickelt sich die Pulsfeldablation zu einem neuen Verfahren zur Behandlung von Vorhofflimmern (einer Art von unregelmäßigem Herzschlag), das sicherer und schneller ist als frühere Methoden. Die Einführung der robotergestützten Chirurgie ermöglicht Eingriffe mit größerer Genauigkeit, weniger Schmerzen, kürzeren Erholungszeiten und besseren Resultaten. Und die neuesten robotergestützten Chirurgie-Systeme haben eine 10.000-fach höhere Verarbeitungsgeschwindigkeit als frühere Generationen.
Es gibt noch viele weitere Beispiele in diesem Sektor. In den kommenden Monaten werden wichtige klinische Studien und Produktaktualisierungen für Krebs, Fettleibigkeit, Lupus und Schizophrenie erwartet. Unserer Ansicht nach ist das eine spannende Ausgangslage für das Gesundheitswesen, unabhängig davon, wie sich die Weltwirtschaft entwickeln wird.
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