Marktkommentar von David Wehner, Head of Liquid Assets bei Do Investment

Kapitalmärkte in Aufruhr – Japans Notenbank war nur der Auslöser

Nach den herben Kursverlusten in der vergangenen Woche und anschließender Kurserholung könnten die Zeichen an den Aktienmärkten weiter auf Sturm mit gelegentlichen Orkanböen stehen. Jetzt ist ein aktives Portfolio- und Assetmanagement gefragt, um mögliche Marktverwerfungen zu umgehen – oder Chancen zu nutzen.

Der 2. August 2024 wird als „Manic Monday“ wohl in die Geschichte der Börse eingehen. An diesem Tag erlitt der japanische Börsenindex Nikkei seinen höchsten Tagesverlust seit 1987. Der Yen wertete gegenüber dem US-Dollar um 15 Prozent auf. Auslöser war die Bank of Japan (BoJ), die – nach Jahren der Lethargie – ihren Leitzins auf 0,25 Prozent anhob. Ihre Nullzinspolitik hatte die BoJ nicht einmal während der globalen Finanz- und Coronakrise aufgegeben.

Zwar kam die Leitzinserhöhung mit Ankündigung, dennoch erwischte sie etliche institutionelle Investoren offenbar auf dem falschen Fuß. Ihre über viele Jahre erfolgreiche Anlagestrategie ging nicht mehr auf. Sie hatten sich im Nullzins-Japan günstig verschuldet und das geliehene Geld zu deutlich höheren Zinsen investiert, überwiegend in US-Papieren. Nach dem Zins- und Yen-Anstieg rechneten sich diese sogenannten Carry Trades nicht mehr und mussten in Windeseile aufgelöst werden. Und weil die Investoren dafür liquide Mittel benötigten, stießen sie Aktienpakete ab – und rissen die großen Börsen weltweit in die Tiefe.

Die Auflösung der Yen-Carry-Trades bescherte den Aktienmärkten stärkere Schwankungen als während der Japan- und Finanzkrise. Der Nikkei fiel in nur drei Tagen um fast 20 Prozent, die US-Technologiebörse Nasdaq um acht Prozent, der breite US-Aktienindex S&P 500 um mehr als sechs Prozent. Das Angstbarometer der US-Börse, der Volatilitätsindex VIX, erreichte seinen drittgrößten Ausschlag überhaupt.

Märkte bleiben alarmiert

Zwar erholten sich die Börsen in den Folgetagen wieder und laut JP Morgan waren in der vergangenen Woche bereits 75 Prozent der Carry Trades aufgelöst. Andere Marktbeobachter sind der Überzeugung, dass weitere Abverkaufswellen möglich sind. In jedem Fall sind die starken Kursschwankungen der vergangenen Woche ein Alarmsignal. Die Zinserhöhung der Bank of Japan war nur der Auslöser für eine breitere Korrektur, doch viele Faktoren schüren weiter die Unsicherheit: Die Angst vor einer Eskalation des Nahostkonflikts durch Vergeltungsschläge des Iran, vor steigenden Arbeitslosenzahlen in den USA sowie einer damit verbundenen Abschwächung der Konjunktur. Zudem sind Belastungsfaktoren wie eine zu hohe Inflation, hohe Zinsen, der Ukraine-Krieg oder der Ausfall Chinas als globaler Wachstumsmotor keineswegs aus der Welt.

Trotz der sich aufbauenden Risiken waren die Börsen im ersten Halbjahr in Jubelstimmung. Die Aktienmärkte erreichten Rekordstände, vor allem getragen von den großen Technologieaktien und KI-Hoffnungsträgern. Gold stieg sogar trotz der gestiegenen Renditen am Rentenmarkt und erreichte Mitte Juli noch ein neues Rekordhoch. Im jüngsten Kursrutsch erwies sich das Edelmetall einmal mehr als Fels in der Brandung. Zudem haben auch Premium-Staatsanleihen ihre Funktion als „sicherer Hafen“ bewiesen.

Es drohen weitere Börsenunwetter

Angesichts der weiter vorhandenen Risiken und der hohen Nervosität am Markt müssen Anleger davon ausgehen, dass ein erstes Börsengewitter bereits durchgezogen ist, aber weitere Unwetter drohen können. Macht sich Skepsis erst einmal unter den Investoren breit, werden alle Bewertungen in Frage gestellt und schon kleine Anlässe können eine erneute Schwäche auslösen. Auch Gewinnmitnahmen nach einem starken ersten Halbjahr erscheinen am Aktienmarkt opportun.

Ob der „Manic Monday“ nur eine Korrektur oder einen Crash am Aktienmarkt angekündigt hat, ist noch offen. Anleger müssen sich aber darauf einstellen, dass es weiter stärkere Bewegungen an der Börse geben kann. Insgesamt ist mit einem volatilen Hochsommer zu rechnen, auch Marktverwerfungen können nicht ausgeschlossen werden.

Für Investoren, die ohne große Beschränkungen zwischen Assetklassen umschichten können, ist das ein ideales Umfeld. Sie können je nach Börsenlage zwischen Aktien und Anleihen, Branchen und Ländern wechseln, auf diese Weise hohe Verluste vermeiden und Chancen durch die niedrige Bewertungen nutzen. Von all der Unsicherheit dürfte auch Gold weiter profitieren und womöglich sogar ein neues Allzeithoch ins Visier nehmen.

Wer große Depot-Umschichtungen meidet, kann auch auf einen aktiv gemanagten Mischfonds setzen. Möglichst einen, der sich in Krisenzeiten bereits bewährt hat.

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