WTW-Modellberechnung „German Pension Finance Watch Q2/2024“
Ausfinanzierungsgrad der DAX- und MDAX-Pensionswerke erreicht neuen Höchststand. Volatile ökonomische Rahmenbedingungen erfordern weiterhin achtsames Management der Pensionssysteme.
Der internationale Rechnungszins konnte in der ersten Jahreshälfte einen Anstieg von fast 50 BP auf 3,74 Prozent verzeichnen. Die Folge: Die Pensionsverpflichtungen der DAX- bzw. MDAX-Unternehmen fielen seit Jahresbeginn um ca. 5 Prozent auf 309,4 Mrd. Euro bzw. 37,0 Mrd. Euro. Der Rückgang der Pensionsverpflichtungen und die positive Entwicklung des Kapitalmarkts führten zu einem neuen Höchststand des Ausfinanzierungsgrads zur Jahresmitte von 84,0 Prozent für die DAX-Unternehmen (79,1 Prozent Ende 2023) und 84,8 Prozent für die MDAX-Unternehmen (77,7 Prozent Ende 2023). Zu diesen Ergebnissen kommt die Modellberechnung „German Pension Finance Watch“ der Unternehmensberatung WTW.
„Der internationale Rechnungszins konnte im ersten Halbjahr 2024 um fast 50 BP zulegen. Grund sind enttäuschte Erwartungen der Finanzmärkte über ausbleibende schnelle Leitzinssenkungen der großen Notenbanken“, so Hanne Borst, Head of Retirement bei WTW. Nach der ersten Leitzinssenkung der EZB im Juni, aufgrund der spürbar gesunkenen Inflation in der Eurozone in der ersten Jahreshälfte, gab der internationale Rechnungszins jedoch leicht nach. „Die Inflation in den USA ist immer noch höher als erwartet. Zudem zeigt sich die US-Wirtschaft nach wie vor sehr robust. Aus diesem Grund hat die US-Notenbank FED im ersten Halbjahr noch keine Leitzinssenkung vorgenommen. Im Juli wird daher nur noch mit einer Zinssenkung der FED im laufenden Jahr gerechnet, nachdem die Finanzmärkte im März noch von drei Leitzinssenkungen für 2024 ausgegangen waren“, erläutert Hanne Borst die Entwicklungen.
Die globalen Aktienmärkte verzeichneten in der ersten Jahreshälfte einen deutlichen Rückgang der Volatilität und setzten ihre Aufwärtsbewegung fort. An den Anleihemärkten stiegen die Renditeniveaus nach einem Tief im Dezember 2023 in der ersten Jahreshälfte wieder an. Gleichzeitig setzte sich die Korrektur an den Immobilienmärkten fort. Die insgesamt positive Entwicklung am Kapitalmarkt führte im ersten Halbjahr 2024 zu einem Zuwachs bei den Planvermögen von 0,9 Prozent auf rund 260 Mrd. Euro im DAX und von 4 Prozent auf 31,4 Mrd. Euro im MDAX.
Prognose: Rechnungszins sinkt langsam, Volatilität an Kapitalmärkten nimmt zu
Für die Jahre 2025 und 2026 werden jeweils vier Leitzinssenkungen prognostiziert. Dies hat Auswirkungen auf die Renditen von AA-Unternehmensanleihen und damit auf die Entwicklung des internationalen Rechnungszinses für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen gemäß IAS 19 und US-GAAP. „Wir gehen davon aus, dass der internationale Rechnungszins sinkt, allerdings langsamer als noch vor einigen Monaten angenommen“, so Hanne Borst.
Während sich die amerikanische Wirtschaft weiterhin positiv entwickelt, bleibt die konjunkturelle Lage in Deutschland und der Eurozone angespannt. Die Wachstumsprognose der Europäischen Zentralbank für die Eurozone im Jahr 2024 wurde zwar im Juni angehoben, jedoch fällt diese mit 0,9 Prozent weiterhin gering aus.
Der anhaltende Ukraine-Krieg sowie die in diesem Jahr anstehenden Wahlen in vielen Ländern sorgen weiterhin für eine gesamtwirtschaftliche und politische Unsicherheit. Eine Zunahme der Volatilität an den Kapitalmärkten ist deshalb zu erwarten.
„Angesichts der unverändert herausfordernden ökonomischen Rahmenbedingungen und der daraus zu erwartenden Zunahme der Volatilität an den Kapitalmärkten sind die Unternehmen insgesamt weiterhin gut beraten ihre Pensionssysteme im Spannungsfeld zwischen Marktentwicklung und Rezessionsängsten im Blick zu behalten“, so Dr. Johannes Heiniz, Senior Director Retirement bei WTW.
Neubewertung von bAV-Programm: Benefit-Auswahl wichtiger denn je
Neben den ökonomischen Herausforderungen, stehen Unternehmen auch wegen des Fachkräftemangels weiter unter Druck. Hier spielt die betriebliche Altersvorsorge (bAV) weiterhin eine tragende Rolle und das über alle Generationen hinweg. Das untermauert die „Global Benefits Attitudes Survey 2024“ (GBAS), in der rund 2000 Arbeitnehmende in Deutschland befragt wurden. So sagt die Hälfte der Befragten (51 Prozent), dass ihnen die bAV wichtiger ist als je zuvor. 60 Prozent ist es zudem wichtig, dass ihr Arbeitgeber eine aktive Rolle beim bAV-Angebot einnimmt.
„Die bAV ist und wird auch künftig für die Mitarbeitergewinnung und -bindung höchste Bedeutung haben. Unternehmen aller Größenordnung sind daher gut beraten, ihre Pensionspläne und Benefits auf den Prüfstand stellen und neu zu bewerten“, so Johannes Heiniz und ergänzt: „Nicht zuletzt die Entgelttransparenzrichtlinie der EU führt dazu, dass die bAV und Benefits auch verstärkt unter dem Blickwinkel der Fairness geprüft werden“.
Über die Modellberechnung
Wie beeinflussen aktuelle Entwicklungen in den Kapitalmärkten die Pensionspläne in Deutschland? Dieser Frage geht die vorliegende Modellberechnung anhand von drei Benchmark-Pensionsplänen nach: jeweils einem für den DAX und MDAX typischen Pensionsplan sowie einem Pensionsplan, der zum Stichtag 31.12.2003 vollständig ausfinanziert war und laufend in Höhe der neu verdienten Ansprüche dotiert wird (100%-Plan). Die Analyse ergänzt die Studien von WTW zu den Auswirkungen der Kapitalmarktentwicklungen auf US-amerikanische Benchmark-Pensionspläne (WTW US Pension Finance Watch) und weltweite Benchmark-Pensionspläne (WTW Global Pension Finance Watch).
Über die Global Benefits Attitudes Survey 2024
Die Studie „Global Benefits Attitudes“ von Willis Towers Watson skizziert die Einstellung der Arbeitnehmenden in Bezug auf die Themen Benefits, Wellbeing sowie auf die Altersvorsorge. Die Studie wurde in 29 Ländern durchgeführt – mit 45.000 Befragten. In Deutschland haben 2.000 Arbeitnehmende im Zeitraum Januar bis Februar 2024 an der Studie teilgenommen. Die Befragten repräsentieren hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen und Branchenzugehörigkeit ein breites Spektrum der deutschen Arbeitnehmerschaft. Um die Repräsentativität der Ergebnisse zu erhöhen, wurden diese durch Gewichtung der tatsächlichen statistischen Verteilung in Deutschland angeglichen.
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