Marktkommentar von Christoph Loy, Leiter Solutions Deutschland, Vontobel

  • Inflationsrückgang und ‘weiche Landung’ schaffen Anlagemöglichkeiten in Risikoanlagen
  • Europäische IG-Anleihen attraktiv
  • Geopolitische Faktoren könnten Umfeld schnell ändern

Das Leitmotiv seit vergangenem Jahr war die Frage, ob die Weltwirtschaft in eine Rezession eintritt oder ob eine ‘weiche Landung’ realisiert werden kann. Zwar deuten auch weiterhin eine Reihe von Indikatoren darauf hin, dass eine Rezession in der zweiten Hälfte dieses Jahres möglich ist, aber schon 2023 war zu beobachten, dass dieser Konjunkturzyklus die Anleger überrascht: Das Wachstum fiel stärker aus als es eine derart restriktive Geldpolitik erwarten ließ.

In Q4/2023 zeigte sich die US-Wirtschaft mit einer annualisierten Wachstumsrate von 3,3% weiterhin deutlich expansiv und daher verstärkt sich aktuell die Einschätzung am Markt, dass eine weiche Landung tatsächlich möglich ist. Zudem haben die wichtigsten Zentralbanken angekündigt, dass der Höhepunkt ihrer Geldpolitik erreicht sei und im Laufe des Jahres Zinssenkungen in den Fokus rücken könnten.

Da es sich jedoch um einen anormalen Konjunkturzyklus handelt, der auch weiterhin durch die Auswirkungen einer außergewöhnlichen Geld- und Fiskalpolitik während der Pandemie beeinflusst ist, müssen Anleger auf etwaige Abweichungen vom Basisszenario achten.

Auf welche Trends sollten Investoren setzen?

In diesem makroökonomischen Kontext, der einerseits durch einen anhaltenden, wenn auch langsameren Rückgang der Inflation gekennzeichnet ist (wie die US-Inflationszahlen vom Januar zeigen), und andererseits durch die wachsende Wahrscheinlichkeit einer sanften Landung, bieten sich Anlegern einige interessante Möglichkeiten in Risikoanlagen.

Auf der Anleiheseite weisen vor allem europäische Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Bereich mit ihren weiterhin attraktiven Risikoaufschlägen (Spreads) interessante Investitionsmöglichkeiten auf. Das Segment der Staatsanleihen hingegen sollte eine taktischere Rolle spielen. Da die Zinskurven weiterhin invers sind, sollte dabei der kürzere Teil der Kurve mit einer Laufzeit von höchstens drei Jahren bevorzugt werden.

Aktien erscheinen weiterhin attraktiv, angetrieben von den Erwartungen an die Künstliche Intelligenz, einem strukturellen Trend, der noch lange anhalten und sich auf weitere Technologieunternehmen ausweiten könnte. Welches Wachstumspotenzial der Bereich bietet, zeigen die aktuellen Quartalszahlen von Nvidia, welche die Prognosen abermals deutlich übertrafen. Es ist dabei jedoch unerlässlich, dass die Anleger eine sorgfältige Bewertung der einzelnen Unternehmen vornehmen.

Ein weiteres Thema ist die Nachhaltigkeit. Nach Schätzungen von Bloomberg würde es bis zum Jahr 2050 nachhaltige Investitionen von etwa 200 Billionen USD benötigen, um globale Treibhausneutralität zu erreichen. Welche Summen am Ende tatsächlich investiert werden ist selbstverständlich unsicher, aber allein die Investitionen in den kommenden Jahren bieten Anlegern enorme Chancen, auch in Anbetracht der in den letzten zwei Jahren gesunkenen Bewertungen der in diesem Sektor tätigen Unternehmen.

Das dritte und letzte Thema, ist der Qualitäts-Faktor. Gerade in einer Zeit von höherer Inflation und Unsicherheit, könnten Anleger von Investitionen in Qualitätsunternehmen profitieren, die über solide Bilanzen, eine gute Marktpositionierung und gesunde Margen verfügen.

Volatilität immer um die Ecke

Die aktuellen geopolitischen Spannungen, die zahlreichen Wahlen in diesem Jahr und der anhaltende einzigartige Konjunkturzyklus verlangen von den Anlegern die Bereitschaft und die Flexibilität, ihre Portfolios anzupassen. Obwohl als Hauptszenario aktuell eine sanfte Landung erscheint, könnten diese Faktoren das Umfeld schnell verändern. Erst kürzlich wurde bekannt, dass das Vereinigte Königreich in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres in eine technische Rezession eingetreten ist. Dies zeigt, dass Flexibilität und Handlungsbereitschaft im Jahr 2024 entscheidend sein werden.

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