Die Schwellenstaaten konnten in den vergangenen Jahren nicht die ursprünglich in sie gesteckten Hoffnungen erfüllen.
Auch an der Börse haben viele Emerging Markets keine gute Figur gemacht. Doch nun steigen die Chancen für Anleger wieder – nicht nur, aber vor allem aufgrund der US-Geldpolitik.
Aktuelle Markteinschätzung von Nermin Aliti, Leiter Fonds Advisory der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ
Der Pokal für den erfolgreichsten Börsenplatz der Welt im Jahr 2023 geht an: Buenos Aires! Der Index der argentinischen Leitbörse konnte seinen Wert im vergangenen Jahr verfünffachen, wie das Handelsblatt berichtete. Vor allem die Wahl des neuen Präsidenten Javier Milei hat der Börse einen kräftigen Schub verliehen. Rund 500 Prozent Plus in nur einem Jahr – so viel hat sonst keine Börse der Welt ihren Anlegern und Investoren beschert.
Große Chancen und große Risiken
Natürlich darf man im Jubel über solch eine Traumperformance die Kehrseite der Medaille nicht verschweigen: Die Inflationsrate pro Jahr lag in Argentinien im Dezember 2023 bei mehr als 200 Prozent. Das Land ist hochverschuldet und bekommt kaum noch Kredite aus dem Ausland. Also hat die argentinische Notenbank das fehlende Geld einfach gedruckt, was die Inflation nach oben schnellen ließ. Staatschef Milei will nun nach seinem Wahlsieg die Staatsverschuldung durch Einsparungen und Steuererhöhungen sowie Privatisierung von Staatsbetrieben senken. Die Börse honorierte diese Entwicklung mit einem Rekordanstieg. Das Gute für Investoren: Trotz der hohen Peso-Inflation bleibt auf Dollarbasis noch ein Jahresplus von 90 Prozent.
Argentinien ist ein besonders plakatives Beispiel dafür, dass die Börsenperformance von Schwellenländern deutlich erfreulicher ausfallen kann als die der großen Industriestaaten. Und da die Emerging Markets noch nicht so groß sind wie die führenden Volkswirtschaften der Industrieländer, können dort auch höhere Wachstumsraten erzielt werden. Doch Vorsicht: Schwellenländer-Investments bieten nicht nur größere Chancen, sie weisen in der Regel auch deutlich höhere Risiken auf als Investments in den westlichen Industrienationen. Deshalb sollten sie auch immer nur einen kleinen Teil in einem breit gestreuten Portfolio ausmachen.
Dennoch: Für all diejenigen, die wachsam sind und behutsam investieren, bieten Schwellenländer in diesem Jahr womöglich gute Chancen. Weil die Emerging Markets im vorigen Jahr enttäuscht haben und die Börsenbewertungen moderat bis niedrig sind, sind Schwellenländer-Investments derzeit vergleichsweise günstig.
China und vor allem die US-Notenbank könnten Schwellenländer beflügeln
Ein wesentlicher Faktor, warum auch Schwellenländer-Indizes wie der MSCI Emerging Markets im vergangenen Jahr hinter der Börsenentwicklung weltweit zurückblieben, war China. Das Reich der Mitte konnte nach den quälenden Corona-Jahren nicht wieder zu alter Wachstumsstärke zurückfinden und darüber hinaus machte China der kräftig unter Druck geratene Immobilienmarkt zu schaffen. Es gibt also gute Gründe, weshalb viele Investoren China den Rücken gekehrt haben. Die Folge: Der Hang Seng-Index verlor 2023 unter dem Strich mehr als 14 Prozent an Wert. Doch Chinas Regierung steuert bereits mit Konjunkturhilfen gegen die Krise. Die niedrigen Bewertungen bieten daher risikofreudigen Anlegern, die China den Turnaround zutrauen, die Chance zu gezielten Aktieninvestments.
Den zweiten und wahrscheinlich wichtigeren Grund liefert die US-Notenbank. Zuletzt litten die Schwellenländer vor allem unter den gestiegenen Zinsen der US-Notenbank und einem robusten Dollar, da sie für den Welthandel auf den Umtausch ihrer Landeswährung in US-Dollar angewiesen sind. Daneben verteuerten sich auch viele Importwaren in den Schwellenländern. Doch mögliche Besserung ist in Sicht: Weil die Inflation auch in den USA zurückgeht, hat die Notenbank Fed Zinssenkungen im Laufe des Jahres in Aussicht gestellt. Dass Zinssenkungen in 2024 erfolgen werden, erscheint recht sicher, nur hinsichtlich des Umfangs und Zeitpunkts herrscht noch Uneinigkeit. Und: Sobald die US-Notenbank ihre Geldpolitik lockert, könnte damit einhergehend der Dollar an Stärke verlieren – und davon könnte dann nicht nur die US-Wirtschaft profitieren, auch die prosperierenden Volkswirtschaften könnten im internationalen Handel und bei den Importkosten entlastet werden.
Aktives Management ist das Gebot der Stunde
Angesichts der günstigen Börsenbewertungen und der Aussicht auf einen schwächeren Dollar könnte sich für risikofreudige Anleger also womöglich ein Blick auf Schwellenländer-Investments lohnen. Aufgrund der globalen Risiken, die derzeit bestehen und die weltweite Wirtschaft bedrohen, kommt es aber mehr denn je auf eine gezielte Auswahl der Aktien oder Anleihen aus den jeweiligen Ländern an. An Börsenindizes geknüpfte Investments wie etwa Emerging-Markets-ETFs sind auch vor dem Hintergrund der Risiken durch die belasteten Beziehungen des Westens zu China und Russland sowie des Nahostkonflikts sicherlich nicht ratsam.
Unter Rendite- und Risikoaspekten lohnt es sich also, für das eigene Portfolio gewissenhaft einzelne aussichtsreiche Schwellenländer-Aktien und -Anleihen auszuwählen und diese Investments auch regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen. Wem allerdings die Zeit und das Wissen dafür fehlen, kann alternativ auf einen breit gestreuten und aktiv gemanagten Investmentfonds zurückgreifen.
Verantwortlich für den Inhalt:
Laureus AG Privat Finanz, Ludwig-Erhard-Allee 15, D-40227 Düsseldorf, Tel: 0211 / 160980, www.laureusag.de