Bei der EU-Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy) geht es um das nächste Mammut-Projekt der EU-Kommission, das Ihre Tätigkeit als Finanzdienstleister in den nächsten Jahren wohl oder übel bestimmen wird.

Wie ist dort also der Stand? Am 24.05.2023 hatte die Kommission ihren Entwurf präsentiert (vgl. ‘k-mi’ 21/23). Bis Ende August konnten Marktteilnehmer nun ihre Stellungnahmen bei der Kommission zum Entwurf der Kleinanlegerstrategie vom 24.05.2023 einreichen. Eingegangen sind 115 Stellungnahmen aus ganz Europa. ‘k-mi’ hat eine erste Sichtung des Feedbacks unternommen und insbesondere ein Augenmerk auf den gesamteuropäischen Input gelegt, z. B. auch aus Großbritannien und Holland, wo es schon Erfahrungen mit Provisionsverboten gibt. Um es vorwegzunehmen: Die Maßnahmen der Kommission werden durchaus sehr kritisch gesehen.

In dieser Woche beginnen wir, Ihnen in der ‘special’-Beilage die relevantesten Stellungnahmen u. a. aus Frankreich und den Niederlanden vorzustellen. Ausführlich gehen wir in einer der Folgewochen auch noch auf die Stellungnahme des bedeutenden britischen Fondsverbands The Investment Association/TIA ein. Hier nur schon mal ein kleiner Vorab-Auszug daraus, in der dieser große Player der EU-Kommission und notorischen Provisionsverbots-Befürwortern einiges in Stammbuch geschrieben hat: Die TIA rät der EU-Kommission zur “Vorsicht bei der Extrapolation” der britischen Erfahrungen auf andere Länder und Regionen: “Das britische Vertriebsmodell unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von denen auf dem Kontinent.”Auch die Triebkräfte der sog. Retail Distribution Review (RDR) in Großbritannien seien recht spezifisch und unterschieden sich von den Zielen der EU-Kleinanlegerstrategie: “Die Komplexität der Marktstrukturen und -dynamik in den verschiedenen Ländern sollte bei der Umsetzung der vorgeschlagenen Änderungen berücksichtigt werden”, warnt die TIA. Die RDR habe zwar einige Ziele erreicht, “allerdings auf Kosten der Verfügbarkeit von Beratung und damit der Gesamtbeteiligung am Privatkundenmarkt, insbesondere bei denjenigen, die weniger Geld anlegen wollen”, so der Verband weiter. Annahmen über einen Rückgang der Gesamtkosten (d. h. der Vertriebs- und Fondskosten) aufgrund politischer Maßnahmen zur Senkung von Fondskosten wären ebenfalls falsch.

‘k-mi’-Fazit: Auch der britische Fondsverband bestätigt, dass das Provisionsverbot zu Nachteilen bzw. weniger Beratungsangeboten für Kleinanleger führte. Nun soll aber ausgerechnet dieses Modell der Topf sein, mit dem jedes EU-Land seinen Haarschnitt bekommt, ohne Rücksicht auf die jeweiligen nationalen Gegebenheiten. Auch wenn die EU-Kommission zunächst auf ein generelles Provisionsverbot verzichtet hat, liegt dies aber immer noch als mittelfristige Option auf dem Tisch. Lesen Sie in der heutigen Beilage, warum die Pläne der EU aber schon jetzt hochproblematisch sind und bei der aktuellen, EU-weiten Konsultation viel Kritik hervorgerufen haben.

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