Erneut nur ein kleiner Schritt, aber immerhin die zehnte Zinserhöhung in Folge: Mit der Anhebung des Einlagensatzes auf 4,0 Prozent und des Hauptrefinanzierungssatzes auf 4,5 Prozent setzt die EZB ihren Erhöhungszyklus weiter fort.

Die Entscheidung der Ratsmitglieder hatte eine solide Mehrheit, doch war es keine einheitliche Entscheidung. Ähnlich uneinheitlich ist die Lage an den Märkten: „Der Markt preist derzeit eine bevorstehende Zinswende ein. Entsprechend positiv reagiert der Aktienmarkt. Aus meiner Sicht fällt die Reaktion jedoch übertrieben positiv aus und birgt Enttäuschungspotenzial. Das Thema Rezession wird zu einem entscheidenden Faktor werden“, sagt Mathias Beil, Leiter Private Banking der Hamburger Sutor Bank. „Während der Aktienmarkt unbeeindruckt bleibt, hält der Rentenmarkt eine Rezession noch immer für wahrscheinlich, wie man an der inversen Zinsstrukturkurve sieht“, erklärt Beil.

Christine Lagarde glaubt noch nicht an Zins-Peak

EZB-Chefin Christina Lagarde betonte explizit, dass der Gipfel der Zinserhöhungen noch nicht erreicht sein könnte. An eine Zinssenkung sei auf absehbare Zeit nicht zu denken. Ursache ist insbesondere, dass die Inflation nicht weiter gefallen ist, sondern im August mit 5,3 Prozent unverändert gegenüber Juli geblieben ist. Die Kerninflationsrate ging nur leicht zurück auf ebenfalls 5,3 Prozent. Die weitere Zinspolitik wolle man vor allem von der aktuellen Datenlage abhängig machen, die Zielinflationsrate von zwei Prozent solle möglichst bald erreicht werden, wie Christine Lagarde anlässlich der Zinserhöhung ausführte. „Aus meiner Sicht werden wir vor dem zweiten Quartal 2024 keine Zinssenkung sehen“, ist Mathias Beil überzeugt.

Lage der Märkte – eine Frage der Rezession?

Zum entscheidenden Faktor, wie es an den Kapitalmärkten weiter geht, wird nach Ansicht von Mathias Beil, ob eine Rezession kommt oder nicht. „Auf die Frage, ob Frau Lagarde eine Rezession im vierten Quartal erwartet, hat sie ausweichend geantwortet und das Wort Rezession vermieden“, stellt Mathias Beil fest. „Das Konjunkturrisiko wird mit der zehnten Zinserhöhung in Folge größer. Die Zinspolitik bleibt ein Drahtseilakt“, führt Beil aus.

Anleger sollten nach Ansicht von Kapitalmarktexperte Beil Vorsicht walten lassen. „An den Aktienmärkten könnte es zu Rückschlägen kommen, weil einerseits die erhoffte Zinswende ausbleiben dürfte und andererseits die Rezessionsgefahr steigt“, sagt Beil. Die Anleihenmärkte hält Beil hingegen für einen guten Stabilitätsanker. „Die Renditen sind nahezu über das gesamte Anleihenspektrum hinweg gut. Das kann auftretende Turbulenzen am Aktienmarkt abfedern und für positive Erträge im Portfolio sorgen“, erklärt Mathias Beil.

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