Gesamtnettovermögen summiert sich auf 459 Billionen US-Dollar (plus 0,3 Prozent) – Weniger “Superreiche” als im Vorjahr
Weltweites Finanzvermögen sinkt um 3,5 Prozent, Sachwertvermögen hingegen legen um 5,5 Prozent zu, Verbindlichkeiten steigen um 6 Prozent
Privatvermögen in Deutschland beträgt mehr als 19 Billionen US-Dollar – knapp 500.000 Millionäre (Finanzvermögen)
Prognose: Weltweites Vermögen steigt bis 2027 auf fast 600 Billionen US-Dollar an – 4,4 Prozent jährliches Wachstum für Deutschland erwartet
Das weltweite Finanzvermögen ist erstmals seit fast 15 Jahren wieder gesunken – um 3,5 Prozent von 264 auf 255 Billionen US-Dollar. Besonders stark betroffen waren dabei Anleger aus Europa und Nordamerika. Zuletzt gab es einen solchen Einbruch während der globalen Finanzkrise 2008. Trotz sinkender Finanzvermögen (Bargeld, Kontoguthaben, Schuldverschreibungen, Aktien und Investmentfonds sowie Pensionen) ist das Gesamtnettovermögen leicht angestiegen (plus 0,3 Prozent), auf 459 Billionen US-Dollar. Grund dafür sind höhere Sachwertvermögen (Immobilien, Edelmetalle und andere physische Anlagen), die 2022 zulegten – um über 5 Prozent auf 261 Billionen US-Dollar. Das sind Ergebnisse des Global Wealth Report 2023: Resetting the Course der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG), der dieses Jahr zum 23. Mal erscheint.
“Grund für die sinkenden Finanzvermögen waren vor allem gestiegene Zinsen und ein volatiles makroökonomisches Umfeld, bedingt durch die Nachwirkungen der Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine”, sagt Michael Kahlich, Partner bei BCG in Zürich und Co-Autor der Studie. Diese Entwicklungen hätten insbesondere die Kapitalmärkte negativ beeinflusst. “Vor allem die westliche Welt hat 2022 einen starken Einbruch bei den Finanzvermögen erlebt.” In Nordamerika sank das Finanzvermögen um mehr als 10 Billionen US-Dollar, in Westeuropa um 1,4 Billionen. Auch in Australien ging das angelegte Vermögen leicht zurück. In Asien hingegen legten die Finanzvermögen leicht zu, ebenso im Nahen Osten.
Reichtum in Deutschland leicht gesunken
Das Nettovermögen der Deutschen sank 2022 leicht auf 19,2 Billionen US-Dollar (-1.1 Prozent). Dazu zählen Finanzvermögen (8,8 Billionen USD) und Sachwerte (12,7 Billionen US-Dollar), dem standen Verbindlichkeiten von knapp 2,3 Billionen entgegen. Die Deutschen bleiben indes bargeld- und sachwertverliebt. Über 40 Prozent des Finanzvermögens im Land liegt auf Sparkonten oder ist als Bargeld verwahrt – Tendenz steigend. Das sind knapp zehn Prozentpunkte mehr als der globale Schnitt. Danach folgen Versicherungen und Pensionsansprüche (35 Prozent) sowie Aktien und Fonds (22 Prozent). Deutschland liegt in der Liste der Nettovermögen damit unverändert auf Platz vier weltweit, hinter Japan (24 Billionen USD), China (76 Billionen USD) und den USA (144 Billionen USD). Auf Platz fünf und sechs folgen Frankreich und Großbritannien (16,3 bzw. 16,2 Billionen USD).
Superreiche besitzen 13 Prozent des Finanzvermögens – Drittmeiste in Deutschland
Das Gesamtnettovermögen ist zwar leicht gestiegen, doch die Zahl der “Ultra High Net Worth Individuals”, ist 2022 gesunken. Wohlhabende waren besonders von sinkenden Kursen an den Kapitalmärkten betroffen. Knapp 62.000 Superreiche besitzen jeweils ein Finanzvermögen von mehr als 100 Millionen US-Dollar, das sind etwa 4000 weniger als noch im Vorjahr. Sie halten knapp 13 Prozent des weltweiten Finanzvermögens (Sachwerte nicht einberechnet). In den USA leben mehr als 22.000 UHNWIs, in China knapp 7600. Deutschland steht an Stelle drei; hierzulande gibt es 2900 Superreiche, das sind mehr als 100 weniger als 2021. Sie besitzen 21 Prozent des gesamten Finanzvermögens im Land. Auf den weiteren Plätzen folgen Frankreich, Kanada und Großbritannien. In Deutschland gibt es insgesamt mehr als 500.000 Menschen, die über eine Million Dollar Finanzvermögen besitzen. Über 66 Millionen Menschen besitzen hingegen weniger als 250.000 US-Dollar Finanzvermögen. “Eine Verschiebung der Vermögensverteilung erwarten wir für Deutschland in den kommenden fünf Jahren nicht”, sagt Co-Autor Akin Soysal, ebenfalls Partner bei BCG in Zürich.
Die Vergangenheit hat gezeigt: Sobald die makroökonomische Unsicherheit ansteigt, nehmen auch die Vermögensströme über Ländergrenzen hin weg zu. So sind die sogenannten Cross Boarder Assets im Jahr 2022 um 4,8 Prozent auf 12 Billionen Dollar weltweit angewachsen. BCG-Partner Michael Kahlich: “Geopolitische Spannungen und andere makroökonomische Kräfte haben viele Investoren dazu bewogen, Vermögen zu verschieben.” Die wichtigsten Finanzzentren für Geld aus dem Ausland sind die Schweiz (2,4 Billionen USD), Hong Kong (2,2 Billionen USD) und Singapur (1,5 Billionen USD). Letzteres verzeichnete unter den Top-Ländern zudem die stärkste Wachstumsrate mit einem Plus von 7,6 Prozent. Auch in die Arabischen Emirate fließt immer mehr Geld (Plus 10,5 Prozent, 0,5 Billionen, Platz 7).
Weltweites Privatvermögen wächst bis 2027 um über 100 Billionen US-Dollar
Das weltweite Vermögen hat sich in den vergangenen Jahren als sehr widerstandsfähig gegenüber globalen Krisen gezeigt – weiteres Wachstum erwartet Kahlich schon für 2023: “Trotz der Widrigkeiten des vergangenen Jahres rechnen wir damit, dass das Finanzvermögen im Jahr 2023 um etwa 5 Prozent auf 267 Billionen Dollar ansteigen wird.” Auch mittelfristig werden die weltweiten Vermögen weiter anwachsen, bis 2027 um 5 Prozent jährlich auf dann fast 600 Billionen US-Dollar. Das stärkste Wachstum beim Finanzvermögen erwarten die Autoren mit jährlich 9 Prozent in China und Indien (8 Prozent). In Deutschland soll das Vermögen pro Jahr um 4,4 Prozent wachsen.
Vermögensverwalter unter Druck
Obwohl die Gewinnmargen seit Jahren zurückgingen, konnten die Vermögensverwalter auf scheinbar immer wachsende Finanzmärkte zählen – das hat sich nun geändert. Die seltene Kombination aus rückläufigen Anleihemärkten und fallenden Aktienkurse im Jahr 2022 hatte beträchtliche Auswirkungen auf die die Performance der Asset Manager, die weltweit einen Einbruch von 11,7 Prozent beim Kundengeschäftsvolumen (verwaltetes Vermögen sowie Kredite) zu verzeichnen hatten. “Um auch in Zukunft gerüstet zu sein, sollten Vermögensverwalter einerseits die Umsätze steigern und andererseits mutig sein und die Kosten reduzieren – zum Beispiel indem sie ihre Effizienz in der Anlageberatung durch Nutzung digitaler Lösungen deutlich verbessern”, sagt Studienautor Soysal.
Über die Studie
Mit dem Global Wealth Report untersucht die Boston Consulting Group jährlich die weltweite Entwicklung privater Finanzvermögen, Sachwerte sowie Verbindlichkeiten. Die Analyse umfasst aktuell 97 Märkte, auf die zusammen 98 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts entfallen, und berücksichtigt Daten von mehr als 150 Vermögensverwaltern. Die diesjährige Studie ist die 23. Ausgabe.
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