Innovative Fintechs und Neobanken erhöhen seit Jahren den Druck auf traditionelle Bankhäuser – der Wettkampf um die Verbraucher ist eröffnet.

Doch könnten beide Seiten nicht auch voneinander profitieren? Davon ist Toby Dixon, Managing Director DACH bei Endava, überzeugt. Eine entscheidende Rolle spielt dabei Banking-as-a-Service. Doch wie kann dieses Konzept dazu beitragen, dass aus Konkurrenten Mitstreiter werden?

Der Aufbau eines digitalen Ökosystems, das eigene Services und Angebote nahtlos mit denen von Partnern verbindet, hat derzeit für viele Unternehmen Priorität. So sagen laut dem aktuellen Emerging Technologies Report von Endava mehr als drei Viertel der befragten Unternehmensentscheider, dass digitale Ökosysteme für ihre Organisation relevant sind (79 Prozent) und sie entweder bereits implementiert wurden oder dieser Prozess gerade im Gange ist (76 Prozent).

Banken stehen unter immer größerem Wettbewerbsdruck – in erster Linie durch Neobanken und Fintechs, die ihnen das Geschäft streitig machen. Deshalb können sie auch enorm davon profitieren, wenn sie ihr traditionelles Geschäftsmodell, das beispielsweise Girokonten, Ratenkredite, Brokerage und Sparprodukte umfasst, ausbauen und ihr Angebot um passende Produkte und Dienstleistungen erweitern. Zu letzteren könnten beispielsweise Open-Banking-Analytics, Peer-to-Peer-Zahlungen oder Trading-Tools gehören. Die neue Konkurrenz ist hier – von Natur aus – oft einen Schritt voraus. Sie überzeugen ihre Kundschaft als „Digital-first“-Unternehmen mit einer aus anderen digitalen Angeboten bekannten und oft intuitiveren Nutzererfahrung sowie niedrigen Gebühren aufgrund geringerer Betriebskosten. Durch weniger „Altlasten“ (sprich Legacy-Systemen) sind sie zudem auch oft noch agiler.

Doch auch traditionelle Banken haben starke Vorteile auf ihrer Seite: Neben ihrem Filialnetz und dem in der Regel bereits umfangreichen Produktportfolio gehören dazu auch ihre Expertise und Erfahrung im Hinblick auf die Regularien im Finanzsektor. Aber auch Reputation spielt aktuell eine wichtige Rolle:  In den USA hat das beispielsweise dazu geführt, dass der Trend, zu kleineren Banken zu wechseln, jetzt zurückgeht. Grund dafür sind Bedenken hinsichtlich ihrer Stabilität. Bislang sehen sich traditionelle Banken in einem Wettbewerb mit den neuen Herausforderern – doch es stellt sich die Frage, ob nicht beide Seiten von einer Zusammenarbeit und der jeweiligen Expertise und den Angeboten des anderen profitieren könnten.

Banking-as-a-Service – was hat es damit auf sich?

Der Schlüssel dafür ist Banking-as-a-Service (BaaS). Bei diesem Geschäftsmodell bieten Finanzdienstleister – vor allem Banken, aber etwa auch der Wirtschaftsprüfer PwC – Bankdienstleistungen an, die über standardisierte Schnittstellen (APIs) in das eigene Angebot integriert werden können. Der springende Punkt: Auch Unternehmen außerhalb der Finanzbranche und ihrer Regularien – und ohne Banklizenz –  können ihren Kunden so Bankdienstleistungen anbieten. Alternativ können sich Unternehmen natürlich auch zusammenschließen und ihre Produkte unter einer gemeinsamen Marke anbieten.

Was sind die Vorteile für Traditionsbanken?

Diese liegen auf der Hand: Ihre IT-Architekturen bestehen oft schon seit Jahrzehnten und sind daher in der Regel monolithisch und unflexibel aufgebaut. Dadurch ist es eine große Herausforderung, die nötigen Veränderungen vorzunehmen, um Produkte von Grund auf neu und agil zu realisieren und sie für die Kunden nahtlos zu integrieren. Denn ein solcher Monolith besteht aus einer einzigen großen Code-Basis, die alle Anwendungskomponenten wie Frontend-Code, Backend-Code und Konfigurationsdateien enthält. Sollen neue Komponenten ergänzt werden, hat das oft Auswirkungen auf das gesamte System zur Folge. Dabei besteht die Gefahr, dass es zu temporären Störungen oder gravierenden Fehlern kommt, was nicht nur zu – womöglich dauerhaft – verärgerten Kunden, sondern auch teuren und langwierigen Fehlerbehebungen führen kann.

Bei BaaS kann die Belastung für die eigenen Systeme – je nach Implementierung – dagegen minimal gestaltet werden, wenn die Services vom Anbieter bereitgestellt werden. So können Banken ihr Geschäftsmodell schneller an die stetig steigenden Erwartungen ihrer Kunden anpassen und neue Geschäftsfelder erschließen.

Wie profitieren Fintechs von einer solchen Partnerschaft?

Zum einen profitieren Fintechs natürlich finanziell davon, wenn sie anderen Banken ihre Dienste – seien es automatisierte Buchhaltungsservices für Freelancer und kleine und mittlere Unternehmen (KMUs), schnellere Überweisungen oder digitale Wallets – zur Verfügung stellen.

Gleichzeitig weiten sie ihren Kundenstamm beträchtlich aus und können Neukunden über die BaaS-Produkte hinaus auf ihrer eigenen Plattform zusätzlich Dienstleistungen anbieten, die von der Bank nicht offeriert werden. Die Partnerschaft lässt sich aber auch auf eine höhere Ebene heben, in der ein Wissensaustausch stattfindet, der auch den Fintechs oder Neobanken zugutekommt. Gerade mit Blick auf die hohen regulatorischen Anforderungen, die im Finanzwesen zum Tragen kommen, kann sich ein solcher Austausch lohnen.

Fazit

Digitale Ökosysteme gewinnen für Unternehmen immer mehr an Bedeutung, das gilt auch für Banken. Gerade die Traditionshäuser haben durch ihre jahrzehntelang gewachsene IT-Infrastruktur aber erhebliche Probleme damit, solche Ökosysteme aufzubauen und in ihr bestehendes Set-up zu integrieren. Die Partnerschaft mit FinTechs oder Neobanken über BaaS-Dienstleistungen bietet ihnen deshalb die Chance, neue Produkte schnell anzubieten und damit auf die Bedürfnisse ihrer Kunden einzugehen, bevor sich diese an andere Anbieter wenden. Und auch die jungen Herausforderer können aus der Zusammenarbeit einiges mitnehmen, um ihr Geschäftsmodell auszubauen und neue Kundschaft zu gewinnen. Am Ende profitieren beide Seiten, wenn sie sich als Mitstreiter und nicht als Konkurrenten sehen.

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