Am 22. Juli, also vor wenigen Tagen, jährte sich zum 10. Mal einer der wichtigsten Stichtage für Sachwertanlagen.

Der 22.07.2013 stellte für unsere Branche eine grundlegende Zäsur dar: An diesem Tag traten wesentliche Teile der AIFM-Richtlinie durch das deutsche AIFM-Umsetzungsgesetz in Kraft. Das Kapitalanlagegesetzbuch/KAGB trat an die Stelle des Investmentgesetzes von 2003. Grund und Anlass genug, einen kurzen Blick zurück zu werfen – für eine Bestandsaufnahme und natürlich für einen Ausblick in die Zukunft. Seit dem Stichtag 22.07.2013 wurden weit über 200 geschlossene Publikums-AIF in Deutschland aufgelegt. Diese entwickeln sich – trotz gehäufter Krisen in den vergangenen Jahren – weit überwiegend positiv. Auf wenige negative Ausreißer gehen wir auch noch ein bzw. ordnen die Gründe hierfür ein. Vorwegnehmen kann man die Feststellung, dass diese das positive Gesamtbild aber in keiner Weise trüben.

Die zentrale Arena für das Ringen um die Details der Umsetzung waren – mit reger Beteiligung von ‘k-mi’ – die Beratungen in und im Umfeld des Bundestags-Finanzausschusses zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG, BT-Drucksache 17/12294). Zum Show-down kam es u. a. am 13.03.2013 in der ausführlichen öffentlichen Anhörung im Sitzungsaal des Bundestag in Berlin im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Zum Hintergrund muss man wissen, dass viele der heutigen Eckdaten des KAGB u. a. für Publikums-AIF damals noch auf der Kippe standen: Zum Beispiel die Frage, wie viel Fremdkapital ein geschlossener Publikums-AIF aufnehmen darf. Hier waren u. a. maximal 30 % in der Diskussion, wie es bspw. vom vzbv gefordert wurde. Analog dazu vertrat in der Anhörung der seinerzeit als Sachverständiger geladene Prof. Steffen Sebastian (Universität Regensburg), der unlängst durch eine Studie zu den angeblichen Segnungen eines Provisionsverbots Aufsehen erregte und die Kritik hervorrief (vgl. ‘k-mi’ 16/23), die Auffassung, dass 30 % FK ausreichten: “Ich habe das auch schon in einem Gutachten für den Zentraler Immobilien Ausschuss, den Verband Geschlossene Fonds, den Bundesverband der Immobilien-Investment-Sachverständigen und den Bundesverband Investment und Asset Management ausgeführt. Grundsätzlich sind geschlossene Fonds, wie auch offene Fonds, Eigenkapitalsammelstellen und keine Fremdkapitalsammelstellen (…) Die gerade hier besprochene Eigenkapitalgrenze von 60 % halte ich aus Anlegersicht für sehr, sehr gefährlich, weil bereits nach wenigen Jahren mit einer Verlustsumme das Eigenkapital ausgezehrt wäre und der Fonds dann abgewickelt wäre oder zumindest die Grenze überschritten hätte. Insofern finde ich eine Leverage-Grenze von 30 % deutlich sinnvoller als von 60 %.“

Dies verkomplizierte die Lage natürlich etwas, da hier ein Sachverständiger, der u. a. vom ZIA und VGF als Gutachter beauftragt wurde, dafür plädierte die FK-Quote für geschlossene Publikums-AIF pauschal auf maximal 30 % zu deckeln. Doch ‘k-mi’ konnte dazu beitragen, die Diskussion zu versachlichen. Sowohl Uwe Kremer als auch Christian Prüßing waren von uns bzw. ‘k-mi’ bei der entscheidenden Anhörung vertreten – für die sog. AIFM-Initiative, aus der kurze Zeit später die aktuelle Bundesarbeitsgemeinschaft mittelständischer Investmentpartner/BMI hervorging, die seitdem von ‘k-mi’ koordiniert wird. In der Anhörung am 13.03.2013 richtete der Unionsberichterstatter Klaus-Peter Flosbach die Frage zur zulässigen FK-Quote dann auch an Uwe Kremer: “Vielen Dank, Frau Vorsitzende. Meine erste Frage richtet sich an kapital-markt intern. Wir hörten gerade von Herrn Prof. Dr. Sebastian, dass der Fremdkapitaleinsatz eigentlich auf 30 % begrenzt sein müsste.” Für und im Sinne der Branche führte der ‘k-mi’-Chefredakteur dort aus: “Wenn man die normale private Immobilieninvestition vergleicht und sagt, ‘Wir wollen diese private Immobilieninvestition gerne auch auf einer anderen Ebene für den Privatanleger haben!’, dann sollten wir auch vergleichbare Quoten zulassen. Es macht an der Stelle mehr als Sinn, hinzugehen und vergleichbare Quoten zu schaffen, gerade weil man in dem Bereich relativ sichere Produkte hat. Im Bereich der erneuerbaren Energien haben wir deutlich höhere Fremdkapitalquoten (…) Wir verstehen aber, dass der Gesetzgeber – insbesondere natürlich auch die BaFin – eine handhabbare, klare Grenze in irgendeiner Form braucht, damit man nicht jedes Mal mit fünf Wertgutachten anfangen muss. Deshalb haben wir uns von dieser klaren Beleihungsgrenze von 60 % – die eine Mindestbilanzgrenze sein sollte; sonst können wir in vielen Bereichen keine Investitionen wie erneuerbare Energien oder ähnliche Dinge mehr tätigen – überzeugen lassen.“

Wie wir heute wissen, sind die Horrorszenarien, die seinerzeit u. a. Prof. Sebastian und der vzbv an die Wand gemalt hatten, nicht eingetreten: Die Erfahrungen mit 60-%-FK-Quote sind weitgehend unproblematisch. Im Gegenteil: In der zurückliegenden längeren ‘Null-Zins-Phase’, war es sogar sehr vorteilhaft für Anleger, die niedrigen Zinsen entsprechend nutzen zu können. Mit dem derzeitigen Zinsanstieg muss dies jedoch nicht so bleiben. Eine gesetzliche Deckelung auf 30 % oder weniger rechtfertigte dies allerdings auch rückblickend nicht, sondern es kommt auf die Sorgfalt der Anbieter und der Konzeption sowie der Analysten an. Beim Patrizia-Publikums-AIF PATRIZIA Grund­Invest Heidelberg Bahnstadt, hatten wir unlängst auf die möglichen Zinsänderungsrisiken für Investoren hingewiesen, die das nach unserer Auffassung unzureichende Tilgungskonzept auslösen könnten (vgl. ‘k-mi’ 02/23).

Ebenfalls auf der Kippe stand beim Gesetzgebungsverfahren zum KAGB seinerzeit die sog. ‘de minimis’-Regel, also die Möglichkeit als registrierte KVG bis zu einem Asset-Schwellenwert von 100 Mio. € mit verringerten Eigenkapital-Anforderungen zu agieren: Auf die Frage von Unions-Berichterstatter Ralph Brinkhaus argumentierte ‘k-mi’-Vertreter Christian Prüßing in der Bundestags-Anhörung am 13.03.2023 für die ‘de minimis’-Regel und damit im Sinne der mittelständischen und konzernunabhängigen Emissionshäuser: “Wenn dieser 100 Mio. De-minimis-Schwellenwert nicht umgesetzt werden würde, hätten sie im Markt eine irreversible Markteintrittsbarriere für konzernunabhängige Emissionshäuser (…) Aus unserer Sicht sind auch mit der De-minimis-Regel die Anlegerschutzgesichtspunkte gewahrt, weil hier zusätzliche Anforderungen ins Gesetz geschrieben wurden: Unter anderem zum Beispiel die Pflicht, dass eine unabhängige Verwahrstelle auch die Fonds solcher Häuser kontrolliert. Damit ist eine wesentliche Sollbruchstelle der Vergangenheit aus Anlegerschutzgesichtspunkten beseitigt.” Auch diese Positionierung und Weichenstellung hat sich aus unserer Sicht bewährt: Aktuell sind bei der BaFin 681 KVGen gelistet. Die Mehrheit davon sind registrierte AIF-KVGen. Nur ca. 20 % sind AIF- oder OGAW-Voll-KVGen. Erst durch das sog. ‘Anlegerschutzstärkungsgesetz’ wurde vor kurzem die bloße Registrierungsmöglichkeit für Verwalter von geschlossenen Publikums-AIF in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abgeschafft. Hier stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber damit über das Ziel hinausgeschossen ist. Probleme könnte u. E. eher bei dem zur Registrierung möglichen Alternativ-Modell der Service-KVG auftreten, wenn diese mit einem zusammengewürfelten Bauchladen von AIF und womöglich Dumping-Konditionen agiert, so wie im Fall der Adrealis (vgl. ‘k-mi’ 24/23).

Der erste (neu emittierte) geschlossene Publikums-AIF nach KAGB war allerdings eine herbe Enttäuschung: Der publity Performance Fonds Nr. 7 (Emissionsjahr 2014) wird aktuell nach Verkauf der letzten Immobilie mit einem Gesamtrückfluss von 98 % (ohne Frühzeichnerbonus) beendet (vgl. ‘k-mi’ 18/23). Allerdings gilt es auch hier, dies richtig einzuordnen: Auch wenn Investoren und Vermittler von publity zu Recht frustriert sind, konnte das Kapital erhalten werden. Ob dies auch bei der publity-Anleihe oder den diversen Aktien-Emissionen im Umkreis der publity-Gruppe gilt, bleibt abzuwarten. Es ist ein schwacher Trost, aber zur Analyse wichtig: Bei den publity-Wertpapier-Beteiligungen könnten – anders als bei den AIF – hohe Verluste ins Haus stehen: Die PREOS Global Office Real Estate & Technology AG hat am 24.07.2023 angekündigt, dass für den HGB-Abschluss 2022 ein Jahresfehlbetrag von rd. 214 Mio. € anfallen wird. publity geht von einem negativen Jahresergebnis 2022 von voraussichtlich rd. -195 Mio. € aus, da der Wertansatz der PREOS um rd. 167 Mio. € reduziert wird.

‘k-mi’-Fazit: Das KAGB ist im Bereich der geschlossenen Publikums-AIF ein Erfolgsmodell. Dies wird durch die erfolgreiche positive Performance der meisten Publikums-AIF in den letzten zehn Jahren eindrucksvoll belegt. Angesichts dieser Solidität gibt es in der Branche Bestrebungen von der Risikoklasse 6 in die Klasse 3 zu ‘wechseln’. Dazu in Kürze mehr. Trotzdem ist nicht alles eitel Sonnenschein: Neben dem überschaubaren Produkt-Angebot, teilweise langen BaFin-Genehmigungszeiten herrscht aktuell noch Ungewissheit über das Schicksal der Adrealis-Service-KVG und der von ihr verwalteten Fonds. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

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