Von Felipe Villarroel, Portfoliomanager, TwentyFour Asset Management
- US-Inflation geht zurück, Konjunkturdaten weiterhin robust
- „Sanfte Landung” ließe der Fed Spielraum für Zinssenkungen
- Unternehmensanleihen attraktiver als US-Treasuries
Die Diskussion darüber, wie die Weltwirtschaft aus dem Inflations-/ Rezessionsdilemma herauskommen wird, ist zuletzt wieder in den Mittelpunkt gerückt. Der Bericht zur Entwicklung des Verbraucherpreisindex (VPI) in den USA in der letzten Woche hat gezeigt, dass die Inflation anscheinend deutlicher nach unten tendiert. Gleichzeitig haben die robusten Konjunkturdaten überrascht.
Die Zahlen der begonnenen Bauvorhaben, der Baugenehmigungen und der Hausverkäufe scheinen einen Boden gefunden zu haben, während der Dienstleistungssektor weiterhin gut abschneidet. In Europa sank der Gesamt-VPI von 6,1 % auf 5,5 %, während der Kern-VPI im Juni unverändert bei 5,4 % lag. Im Vergleich zur Fed hat die EZB also noch etwas mehr zu tun, bis die Trends so überzeugend sind wie jenseits des großen Teichs. Allerdings sollte man dabei nicht vergessen, dass die VPI-Inflation noch vor etwa acht Monaten auf ihrem Höchststand war und fast doppelt so hoch lag, wie zuletzt.
Was das BIP betrifft, so geht der Bloomberg-Konsens für das Quartalswachstum in den USA von einem Nullwachstum im dritten Quartal und einem Wachstum knapp unter Null im vierten Quartal aus. In der Eurozone wird nach einer technischen Rezession, mit einem QoQ-Wachstum von -0,1 % sowohl im vierten Quartal 2022 als auch im ersten Quartal 2023, für den Rest des Jahres und das erste Quartal 2024 ein Wachstum von 0,2 % (im Quartalsvergleich) erwartet. Danach könnte es zu einer leichten Belebung kommen.
US-Verbraucherpreise wecken Hoffnung auf sanfte Landung
Der in der vergangenen Woche in den USA veröffentlichte Verbraucherpreisindex war ein Auslöser für die zunehmenden Erwartungen einer sanften Landung. In diesem Szenario sinkt die Inflation auf ein vernünftigeres Niveau, während das Wachstum zwar deutlich unter den Trend fällt, ohne dass es jedoch zu einer Rezession kommt. In diesem Fall dürfte die Fed in nicht allzu ferner Zukunft die Zinsen senken, da die Inflation sich in Richtung Zielgröße bewegt und der geldpolitische Zinssatz deutlich über dem neutralen Zinssatz liegt.
US-Treasuries dürften in diesem Szenario profitieren, allerdings ist die Kurve bereits stark invertiert, deshalb ist es schwer zu prognostizieren, um wie viel mehr sich die 10-jährigen US-Treasuries erholen können. Da es aber voraussichtlich nicht zu einer harten Landung kommt und die 10-jährige Rendite bereits etwa 175 Basispunkte unter dem geldpolitischen Satz liegt, könnte der Spielraum für eine weitere Erholung begrenzt sein. Mit anderen Worten: Treasuries könnten profitieren und würden angemessene Renditen abwerfen, ob sie jedoch andere Anlageklassen übertreffen, steht auf einem anderen Blatt.
Spread-Produkte besser als Treasuries
In diesem Szenario der „sanften Landung“ wären die Ausfallquoten definitionsgemäß nicht zu hoch. Eine sanfte Landung sollte daher die Renditenaufschläge in den Märkten begünstigen, in denen die sie im Vergleich zu ihren historischen Durchschnittswerten günstig sind. Profitieren könnten auch die Marktbereiche, in denen die Spreads nicht besonders niedrig sind, da die niedrigere Inflation den realen Renditen zugutekommt und die nominalen Renditen immer noch nahe dem höchsten Stand seit einem Jahrzehnt liegen.
Damit dürften, wenn sich die These von der sanften Landung weiter durchsetzt, Spread-Produkte besser abschneiden als US-Treasuries. Zusätzlich zum Anstieg der zugrunde liegenden Renditen würden die Gesamtrenditen von einer Spread-Kompression und einem höheren Carry als bei Treasuries profitieren.
Würde das Szenario einer „harten Landung“ der Weltwirtschaft eintreten, sollten US-Treasuries um einiges besser abschneiden als Unternehmensanleihen. Im sich abzeichnenden Szenario einer weichen Landung dürften Unternehmensanleihen aber im Vorteil sein. Zwar würden Treasuries ebenfalls eine angemessene Rendite bieten, aber Unternehmensanleihen wären attraktiver. Letztendlich würde beide Anlageklassen profitieren: das ist die beste Nachricht, auf die wir als festverzinsliche Anleger hoffen können.
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