Kommentare von Franck Dixmier, Global CIO Fixed Income, im Vorfeld der Fed-Sitzung am 25. und 26. Juli und der EZB-Sitzung am 27. Juli 2023
Fed: zurückhaltende Zinserhöhung
Die jüngsten US-Wirtschaftsdaten sind sicherlich beruhigend für die Fed. So sind die jüngsten Rückgänge bei der Gesamtinflation und der Kernrate gute Nachrichten. Im Juni lag der Verbraucherpreisindex bei 3 Prozent gegenüber Vorjahr – eine beachtliche Verlangsamung im Vergleich zur Rate von 4 Prozent im Mai. Gleichzeitig ging die Kernrate von 5,3 auf 4,8 Prozent zurück. Eine Verlangsamung bei den Einzelhandelsumsätzen – Zuwachs von nur 0,2 Prozent im Juni, erwartet worden war ein Anstieg um 0,5 Prozent – und ein weniger angespannter Arbeitsmarkt dürften nach vorne schauend dazu beitragen, den Abwärtstrend bei der Inflation zu konsolidieren.
Trotz dieses Hintergrunds glauben wir, dass die Fed ihren Leitzins noch einmal um 25 Basispunkte anheben wird. Tatsächlich ist es für die Zentralbank noch zu früh, um den Sieg über die Inflation zu erklären. Die Ein-Jahres-Inflationserwartungen der privaten Haushalte stiegen im Juli leicht von 3,3 auf 3,4 Prozent, die Drei-Jahres-Erwartungen von 3,0 auf 3,1 Prozent. Für die Fed ist dies eine Warnung, wachsam zu bleiben. Die Notenbank kann nicht das Risiko eingehen, von einem erneuten Anstieg der Kerninflation überrascht zu werden, der die bisher gut verankerten Inflationserwartungen gefährden würde. Daher können wir auch eine weitere Zinserhöhung im Herbst nicht ausschließen.
Gleichwohl sind wir der Ansicht, dass die Fed ihr Ziel fast erreicht hat und kommunizieren sollte, dass die Zinssätze einem Niveau sehr nahe sind, das mit dem Preisstabilitätsziel vereinbar ist. Ein längeres Halten der Zinssätze auf hohen Niveau sollte dazu beitragen, die monetären Bedingungen weiter zu straffen, was wiederum die Notwendigkeit weiterer Zinsmaßnahmen verringern würde. Denn stabil hohe Zinsen hätte bei weiter sinkenden Teuerungsraten einen Anstieg der Realzinsen zur Folge.
Eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte im Juli ist an den Märkten mittlerweile weitgehend eingepreist. Nachdem zunächst für 2023 keine weiteren Straffungsschritte mehr erwartet wurden, hat sich im Juni das Thema „höher für länger“ in Form einer drastischen Marktkorrektur durchgesetzt. Die damit nun gesünderen Marktbedingungen dürften Durationskäufe auf der US-Renditekurve begünstigen.
EZB: Märkte mit Blick auf weitere Zinserhöhungen zu optimistisch
In der Eurozone ist die Lage weniger eindeutig als in den USA. Während sich die Gesamtinflation in der Eurozone weiter verlangsamt (im Juni von zuvor 6,1 Prozent auf nunmehr 5,5 Prozent), verharrt die Kerninflation auf hohem Niveau (Anstieg von 5,3 auf 5,5 Prozent). In einem Umfeld, in dem Unternehmen nach wie vor ihre Preissetzungsmacht nutzen und eine niedrige Arbeitslosigkeit nicht nur die robuste Nachfrage stützt, sondern auch Lohnforderungen ankurbelt, birgt die anhaltend hohe Kerninflation Risiken. Hinzu kommt, dass der Mix aus Finanz- und Geldpolitik nicht hinreichend restriktiv ist. Staatliche Anreize und die während der Covid-Periode angehäuften Ersparnisüberschüsse stützen weiter die Nachfrage.
Vor diesem Hintergrund darf die EZB keine Kompromisse eingehen und muss die finanziellen Bedingungen weiter straffen. Ihre Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel, wenngleich die Inflationserwartungen weiter gut verankert sind. Ohnehin verfügt die Zentralbank insofern über einen gewissen Handlungsspielraum, als dass die Anhebung der Leitzinsen um insgesamt 400 Basispunkte seit Juli 2022 bisher weder die Finanzstabilität noch die Refinanzierungsfähigkeit der Staaten gefährdet hätte.
Wir erwarten daher, dass die EZB auf ihrer Juli-Sitzung die Zinsen um weitere 25 Basispunkte anheben wird, gefolgt von einem gleich großen Schritt im September. Nachfolgende Zinsschritte dürften dann von der Entwicklung der Kerninflationsrate abhängen, von der es derzeit keine beruhigenden Nachrichten gibt. EZB-Präsidentin Christine Lagarde dürfte somit in der Pressekonferenz am Donnerstag erneut bekräftigen, dass künftige Maßnahmen der EZB mehr denn je von den Wirtschaftsdaten abhängig sind.
Die Märkte erwarten ebenfalls eine Zinsanhebung im Juli, gefolgt von einer weiteren Anhebung bis Ende 2023, auf ein Hoch beim Einlagensatz von 4 Prozent. Unserer Ansicht wird das Risiko einer monetären Straffung über 4 Prozent hinaus nicht hinreichend gewürdigt. Diese fehlende „Sicherheits-marge“ hat zur Folge, dass wir derzeit am Euro-Rentenmarkt vorsichtig sind.
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