Schwellenländer-Unternehmensanleihen erleben 2018 eine Talfahrt, die im August in einem historischen Ausverkauf ihren bisherigen Tiefpunkt fand.
Betrachtet man die Statistiken der vergangenen Jahrzehnte, erfahren die Anleihen aus den Emerging Markets nach ausgeprägten Verlusten aber stets eine rapide Erholung und machen innerhalb von drei Monaten die Hälfte der Verluste wieder wett. Trotzdem reagieren Asset-Allokation-Experten oft weniger schnell, wenn es um den Neuaufbau ihrer Emerging-Market-Quote vor einer möglichen Erholung geht.
Rob Drijkoningen, Global Co-Head of Emerging Markets Debt bei Neuberger Berman, gibt im nachfolgenden Marktkommentar einen Ausblick für Schwellenländeranleihen und erklärt im Detail, warum die Aussichten nicht so schlecht stehen, wie derzeit anzunehmen ist:
Bereit für die Erholung der Emerging Markets
- Schwellenländer-Unternehmensanleihen erleben in diesem Jahr historischen Ausverkauf
- Eine Erholung der Märkte in den kommenden Monaten ist sehr wahrscheinlich – ausgeschlossen von der Prognose sind die Türkei und Argentinien
- Bei einem Comeback reagieren Investoren meist trotzdem zu langsam und verpassen gute Chancen
Die Emerging Markets erleben 2018 ein turbulentes Jahr. Nach dem sogenannten „Taper Tantrum“, die panische Reaktion der Märkte auf die plötzliche Reduzierung von Anleihenkäufen der Fed im Jahr 2013, und dem anschließenden Ausverkauf, sorgten die guten Fundamentaldaten 2016/17 für eine nachhaltige Erholung. Im Laufe des Jahres 2018 hat sich dieser Optimismus jedoch gründlich verflüchtigt. Das Ausmaß der Korrekturen trotz der noch immer recht guten Fundamentaldaten spricht allerdings dafür, dass zögerliche Investoren eine mögliche Erholung leicht verpassen könnten – und zwar eine starke. In den nächsten Monaten könnten sich gute Nerven für sie auszahlen.
2018: Unruhiger Beginn, katastrophaler August
Das Jahr begann unruhig, da die US-Staatsanleiherenditen allmählich stiegen. Den Lokalwährungsanleihemärkten schadete dies nicht, ebenso wenig wie den Spreads von Fremdwährungsanleihen. Gelitten haben allerdings deren Gesamterträge. Im Mai und im Juni wertete dann der US-Dollar auf, und die Finanzbedingungen wurden straffer, wovon dann auch Lokalwährungsanleihen betroffen waren.
Der Juli brachte eine Atempause, die aber letztlich nur die Ruhe vor dem Sturm im August war. Fremdwährungsanleihen verloren im letzten Monat fast zwei Prozent und Lokalwährungsanleihen sogar sechs Prozent, was insgesamt 15 Prozent Minus gegenüber dem letzten Höchststand zur Folge hatte. Investmentgrade-Titel kamen weitgehend ungeschoren davon, aber die Probleme in Argentinien und der Türkei führten zu einem allgemeinen Ausverkauf höher verzinslicher Papiere aufgrund einer angespannteren Finanzlage.
Der große Einbruch
15 Prozent klingt nach viel, und tatsächlich sind die Verluste beachtlich. In diesem Jahr waren die Korrekturen von Währungen und Spreads ähnlich hoch wie während des Taper Tantrum 2013, wenn nicht sogar höher – und das trotz wesentlich besserer Fundamentaldaten und günstigerer Bewertungen.
So sind die Spreads von Fremdwährungsanleihen (gegenüber US-Staatsanleihen) mit 370 Basispunkten heute wieder so hoch wie bei ihrem Maximum im Juni 2013, auch wenn sie noch immer unter dem Maximum nach dem Ölpreiseinbruch 2016 liegen. Noch bemerkenswerter ist aber die Ausweitung der Fremdwährungsanleihe-Spreads gegenüber den amerikanischen High-Yield-Spreads. Erstmals seit 2005 sind die Fremdwährungsanleihen höher, obwohl über die Hälfte des Fremdwährungsanleihemarktes heute ein Investmentgrade-Rating hat.
Der 15-prozentige Rückgang an den lokalen Devisenmärkten (infolge steigender Zinsen und schwächerer Währungen) ist einer der größten Ausverkäufe seit Einführung der JPMorgan Government Bond Index-Emerging Markets Indices (GBI-EM) im Jahr 2003. Die Verluste sind heute ähnlich wie während des Taper Tantrum. Höher waren sie zuletzt während des Rohstoffpreiseinbruches in den Jahren 2014/15 und in der Finanzkrise.
Historisch betrachtet waren die Erträge nach ausgeprägteren Verlusten der Emerging Markets oft recht hoch, und in den folgenden ein bis drei Monaten kam es dann zu starken Erholungen. Nach den letzten acht Phasen mit mehr als zehn Prozent Verlust hat der Index in den folgenden drei Monaten im Schnitt knapp die Hälfte dieses Verlusts wieder wettgemacht.
Unserer Ansicht nach nähern sich Bewertungen und Fundamentaldaten – einmal abgesehen von finanziell schwächeren Ländern wie Argentinien und der Türkei – allmählich wieder an, was für eine Erholung sprechen könnte. Auch sorgt die Positionierung der Investoren allmählich für zusätzliche technische Unterstützung.
Natürlich gibt es manche Gründe für neuerliche Marktvolatilität. Einige russische Emittenten könnten von internationalen Sanktionen betroffen sein, und es ist noch immer fraglich, ob die Türkei ihre Geldpolitik wirklich weiter strafft. Die Rhetorik im Handelskonflikt bleibt aggressiv und könnte den europäischen Schwellenländern sowie China schaden, der US-Dollar könnte aufgrund einer strafferen Geldpolitik der Fed weiter aufwerten, und im Oktober stehen schwierige Wahlen in Brasilien an. Ohne diese Unsicherheitsfaktoren wäre der Ausverkauf ohnehin nicht so stark gewesen.
Dennoch sehen wir gute Gründe für eine Erholung von Schwellenländeranleihen in den nächsten Monaten. Außerdem haben wir schon oft festgestellt, dass Asset-Allokation-Experten drohendes Ungemach zwar oft rechtzeitig erkennen und ihre Emerging-Market-Quote vor einem Ausverkauf senken – jedoch oft weniger schnell reagieren, wenn es um den Neuaufbau vor einer möglichen Erholung geht.
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