BNP Paribas Real Estate veröffentlicht Zahlen zum Wohn-Investmentmarkt für Q1 2023
Die stark gestiegenen Finanzierungskonditionen, eine Inflation auf historisch hohem Niveau, makroökonomische Unsicherheiten und neue Risiken im Bankensektor sorgten für einen sehr verhaltenen Jahresstart auf den Wohn-Investmentmärkten. Bundesweit wurden in den abgelaufenen drei Monaten 1,15 Mrd. EUR in größere Wohnungsbestände (ab 30 Wohneinheiten) investiert. Damit wurde das Ergebnis des ersten Quartals des Vorjahres mit 71 % deutlich verfehlt. Auch der langjährige Durchschnitt wurde um 79 % unterschritten. Mehr Klarheit über den weiteren Verlauf im Zinszyklus dürfte für eine spürbar höhere Marktdynamik im Jahresverlauf sorgen. Dies ergibt eine Analyse von BNP Paribas Real Estate.
“In den ersten drei Monaten im Jahr 2023 belief sich das Investitionsvolumen auf nur rund 1,15 Mrd. EUR, womit das schwächste erste Quartal seit 2011 verzeichnet wurde. Die Wohn-Investmentmärkte haben die Antriebsschwäche aus 2022 ins neue Jahr mitgenommen. Die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Zinswende mit dem daraus resultierenden starken Anstieg der Finanzierungskosten und die sprunghaft gestiegene Inflation haben ihre Spuren auf den Finanzmärkten hinterlassen und auch den sonst so resilienten deutschen Wohn-Investmentmarkt in eine neue Preisfindungsphase versetzt. Weiterhin bestehen zwischen Kauf- und Verkaufsgesuchen häufig deutliche Preisdifferenzen. Großvolumige Transaktionen konnten daher kaum realisiert werden. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen jedoch, dass solche Marktphasen typischerweise nicht von Dauer sind und von neuen Akteuren, die in den Markt eintreten, aufgelöst werden, um in der Gunst der Stunde Opportunitäten zu realisieren. Perspektivisch wird so wieder ein konstruktiverer Austausch zwischen Käufer und Verkäufer mit einem für alle Seiten tragbaren Preisniveau stattfinden können”, erläutert Christoph Meszelinsky, Geschäftsführer und Head of Residential Investment der BNP Paribas Real Estate GmbH.
Wenige Großdeals, Markt weiter kleinteilig
Das niedrige Gesamtvolumen geht zu einem großen Teil auf sehr geringe Investitionsaktivitäten im großvolumigen Segment zurück. So wurden im Segment über 100 Mio. EUR nur zwei Transaktionen, die einen Anteil von 35 % am Gesamtvolumen (Ø 10 Jahre: 58 %) ausmachen, registriert. Immerhin liegen die mittelgroßen Deals (50-100 Mio. EUR) mit einem Anteil von 28 % deutlich über dem langjährigen Durchschnitt (16 %). Insgesamt ist der Markt aber nach wie vor wesentlich kleinteiliger als in den vergangenen Jahren. So wurden durchschnittlich nur rund 37 Mio. EUR je Deal investiert. Ein Grund dafür dürfte sein, dass institutionelle Investoren, die üblicherweise einen großen Teil über Fremdkapital finanzieren und besonders stark in dem Segment großer Transaktionen sind, aktuell wenig aktiv sind.
Ältere Bestandsobjekte und Projekte stark
Die Kleinteiligkeit des Markts hat auch Auswirkungen auf die Verteilung des Investitionsvolumens auf die einzelnen Assetklassen. Die gewöhnlich das Investmentvolumen dominierenden großvolumigen Bestandsportfolios kamen im ersten Quartal nur auf einen Anteil von knapp 10 %. Hingegen machen knapp zwei Drittel (65 %) des Investmentvolumens ältere Bestandsobjekte aus, was deutlich über dem 10-Jahresdurchschnitt (15 %) liegt. Immerhin 746 Mio. EUR (Ø 10 Jahre: 521 Mio. EUR) wurden in diese Assetklasse investiert. Eine Erklärung hierfür ist die tendenziell höhere Zinssensitivität von älteren Bestandsobjekten. Investoren versuchen zuerst ihre noch älteren Bestandsobjekte zu veräußern, um neue, sicherere Opportunitäten realisieren zu können. Auf einen verhältnismäßig hohen Anteil von fast 26 % kommen hingegen die Projekte bzw. Forward Deals (Ø 10 Jahre: 21 %).
Family Offices größte Käufergruppe, US-amerikanisches Kapital bleibt dem Markt fern
Zwei Käufergruppen, die normalerweise nur auf Anteile im einstelligen Prozentbereich kommen, dominierten in den ersten drei Monaten klar den Markt: Immobilienunternehmen steuerten mit rund 18 % und Family Offices mit 40 % weit überdurchschnittliche Anteile zum Investmentvolumen bei. Ein wesentlicher Grund für die starke Marktpräsenz der Family Offices dürfte die gute Eigenkapitalausstattung sein. In den letzten Jahren prägten für gewöhnlich Immobilien AGs/REITs (Ø 10 Jahre: 36 %) stark den Markt. Im ersten Quartal sind diese jedoch nicht als Käufer aufgetreten. Die Gründe hierfür dürften mehrheitlich die schwierigere Fremdkapitalbeschaffung und die Bewertungskorrekturen in den Bestandsportfolios der Gesellschaften sein. Stärker als sonst wurde der Markt von deutschem und europäischem Kapital geprägt (Umsatzanteil kumuliert: 94 %). Hingegen blieben US-amerikanische Investoren dem Markt weitestgehend fern. Sie kamen auf einen unterdurchschnittlichen Anteil von 2 %.
Investments vorwiegend in A-Städten, Berlin und Leipzig stark
Investoren suchten insbesondere das sichere Fahrwasser in den A-Städten auf. So entfiel auf die sieben größten Städte ein Anteil von fast 68 %. Im langjährigen Durchschnitt kommen die A-Städte auf einen Umsatzanteil von rund 42 %. Ein möglicher Grund hierfür dürfte das stabilere Investmentumfeld der A-Städte und das tendenziell etwas einfachere Pricing durch eine höhere Transaktionsanzahl sein. Auf einen deutlich überdurchschnittlichen Anteil von knapp 48 % kommt Berlin (Ø 10 Jahre: 21 %). Auch in der Bundeshauptstadt liegt das Investmentvolumen zwar unter dem Durchschnitt der letzten Jahre, zeigt sich mit 546 Mio. EUR jedoch vergleichsweise robust. Davon gingen mehr als die Hälfte auf einen Großteil der Veräußerung der Berliner Wohnungsbestände der S Immo an ein österreichisches Family Office zurück. Erstmalig hat auch Leipzig mit 11 % einen zweistelligen Umsatzanteil (120 Mio. EUR) beigetragen. Dagegen blieben Hamburg (100 Mio. EUR; -76 %), München (56 Mio. EUR; -49 %), Düsseldorf (48 Mio. EUR; -68 %) und Stuttgart (26 Mio. EUR; -26 %) deutlich unterhalb ihrer üblichen Ergebnisse. Frankfurt und Köln konnten keine Transaktionen verzeichnen.
Weiterer Anstieg der Nettospitzenrenditen gegenüber Q4 2022
Neben den Zinsanhebungen durch die Europäische Zentralbank sind auch die Finanzierungskosten weiter gestiegen. Spiegelbildlich legten auch die Netto-Spitzenrenditen für Neubauobjekte zum Jahresanfang nochmals spürbar zu. Der Anstieg gegenüber dem vierten Quartal 2022 bewegte sich im Bereich zwischen 15 und 25 Basispunkten. Nach wie vor ist München der teuerste Standort (3,00 %). Dahinter rangieren bei 3,05 % Berlin, Frankfurt, Hamburg und Stuttgart. Für Düsseldorf und Köln werden aktuell 3,15 % angesetzt.
Perspektiven
“Die ersten drei Monate des Jahres belegen, dass die Preisfindungsphase auf dem Wohn-Investmentmarkt noch nicht sein Ende gefunden hat. Es gibt aktuell wenige Akteure, die sich als Market-Maker aus der Deckung wagen und für neue Preisindikationen sorgen. Das Interesse an Investments in Wohnimmobilien ist nach wie vor ungebrochen groß, jedoch suchen Käufer und Verkäufer mehrheitlich noch nach einem neuen, für alle Parteien tragbaren Preisniveau, um Transaktionen erfolgreich abschließen zu können. Die Europäische Zentralbank hat zuletzt wiederholt zu verstehen gegeben, dass sie ihr Mandat zur Bekämpfung der Inflation weiter ernst nehmen wird. Vor diesem Hintergrund dürfte erst im zweiten Halbjahr, wenn ein deutlicher Rückgang der Inflation, auch bedingt durch Basiseffekte, sichtbar bzw. absehbar sein wird, eine stärkere Visibilität des weiteren Zinspfades von der EZB ausgehen. In diesem Basisszenario ist auch mit einer erkennbaren Verlangsamung der Zinserhöhungen zu rechnen. Dies sollte den Marktakteuren wieder mehr Planungssicherheit geben und die Basis für einen deutlichen Anstieg der Marktdynamik im zweiten Halbjahr bzw. im kommenden Jahr bereiten. Nichtsdestotrotz ist davon auszugehen, dass bei einem Hochfahren der Märkte die Akquisitionen wohl weiterhin zunächst sehr selektiv vorgenommen werden. Großvolumige Transaktionen dürften damit vorerst weiter selten bleiben. Auch aufgrund des tendenziell geringeren Preisniveaus im Vergleich zu den vergangenen Jahren dürfte das Investmentvolumen 2023 unter den Volumina der letzten Jahre zurückbleiben”, fasst Christoph Meszelinsky die weiteren Aussichten zusammen.
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