„Wir sind für das Jahr 2023 bullish gestimmt.“ Das sagen Jean-Marie Mercadal, Head of Investment Strategies, und Eric Bertrand, Deputy CEO and CIO, bei OFI Asset Management. Dafür sprechen vier Annahmen:

„1. Sinkende Inflation

Die Inflation wird allmählich zurückgehen. Die Lieferengpässe im Zuge der Corona-Pandemie, werden verschwinden. So sind beispielsweise die Kosten für die Beförderung eines Containers zwischen Shanghai und Los Angeles 2022 um mehr als 80 % gesunken und haben fast wieder das Niveau von 2019 erreicht. Inzwischen pendeln sich die Rohstoffpreise ein, und aufgrund der Basiseffekte werden weitere Anstiege nicht mehr so hoch ausfallen. Ein weiterer Faktor sind die Löhne. Sie tendieren derzeit nach oben, während die Arbeitslosenquoten sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa nach wie vor sehr niedrig sind. Die durch die Straffung der Geld- und Fiskalpolitik verursachte Konjunkturabschwächung dürfte jedoch letztlich auf den Arbeitsmarkt drücken und damit den Lohnanstieg begrenzen.

  1. Keine starke Rezession

Ab Mitte 2023 dürften sich die Märkte auf den für 2024 erwarteten Wirtschaftsaufschwung konzentrieren, da die Rezession 2023 voraussichtlich nur schwach ausgeprägt sein wird. Denn sie geht auf die Straffung der Geldpolitik und die stark angestiegenen Energiepreise zurück, die durch den Krieg in der Ukraine und die Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland durch externe Faktoren plötzlich verursacht wurden. Es wird einige Zeit dauern, bis dieser Energieschock verkraftet ist. Aber es gibt Alternativen, wie zum Beispiel Flüssiggas.

  1. China kommt zurück

Wir glauben, dass sich Chinas Wirtschaft im Jahr 2023 erholen wird – ebenso wie Asien insgesamt. In der Tat gibt es Anzeichen für eine Wiederbelebung der chinesischen Wirtschaft und die Regierung ist von der “Null-Covid-Politik” abgerückt. Sie scheint die Wirtschaft stützen zu wollen, vor allem durch Maßnahmen für den Immobiliensektor, der seit zwei Jahren tief in der Krise steckt.

Geopolitisch betrachtet kann das Jahr 2023 kaum schlimmer werden als 2022. Der Krieg in der Ukraine ist dank der Waffen des Westens, insbesondere der USA, in etwa ausgeglichen, und es ist unwahrscheinlich, dass Russland Atomwaffen einsetzen wird. Selbst China, das sich selbst als Freund Russlands bezeichnet, hat den möglichen Einsatz eines atomaren Schlages als extrem verurteilt. Es ist daher nicht unmöglich, dass es zu Friedensverhandlungen kommen wird.

Ein Nebeneffekt: Die westlichen Sanktionen und die militärische Überlegenheit des Westens dürften auch Chinas Pläne, Taiwan zu besetzen, dämpfen. China wird sich wahrscheinlich darauf konzentrieren, die wirtschaftliche Lage in den Griff zu bekommen, um die Unzufriedenheit in der Bevölkerung einzudämmen, die sich fast landesweit breit zu machen beginnt.

  1. Mehr Chancen bei Aktien als bei Anleihen

Wir gehen davon aus, dass sich die Renditen langlaufender Staatsanleihen etwas über ihrem aktuellen Niveau stabilisieren werden, etwa bei 4,0 %/4,5 % für 10-jährige US-Treasuries und bei 2,0 %/2,5 % für die Bundesanleihe. Wir denken jedoch, dass die Anleihemärkte die geldpolitische Lockerung ab Ende 2023 etwas zu optimistisch einpreisen. Wir sehen dafür keine großen Chancen.

Stattdessen denken wir, dass die Zentralbanken recht lange warten werden, bevor sie ihre Geldpolitik möglicherweise lockern werden. Aktien könnten im Laufe des Jahres 2023 zu einem Höhenflug ansetzen. Die Bewertungen sind im Großen und Ganzen angemessen. Mitte 2023 könnten Anleger beginnen, eine Erholung der Unternehmensgewinne für 2024 einzupreisen.

Im Vergleich der Anlageregionen gesehen bieten chinesische Aktien unserer Meinung nach das meiste Aufwärtspotenzial. Sie sind sowohl absolut als auch relativ betrachtet stark unterbewertet und könnten durch die erwartete wirtschaftliche Erholung in China Auftrieb erhalten.

Die Hauptrisiken:

Das größte Risiko besteht darin, dass die Inflation weiter ansteigt, falls der chinesische Aufschwung die Rohstoffpreise in die Höhe treibt. In diesem Fall würde der Leitzins der Fed nicht mehr bei etwa 4,5 %, sondern bei etwa 6,0 % liegen, was zu einem Anstieg der Anleiherenditen führen würde. Dies würde sich stark auf die Preise von Vermögenswerten, einschließlich Aktien, auswirken.

Das andere Risiko ist eine Rezession, die stärker als ursprünglich erwartet ausfällt. Die Renditen an den Anleihemärkten würden steigen, aber vor allem Aktien würden durch die herabgestuften Gewinnprognosen hart getroffen werden.

Unser Fazit: Wir blicken optimistisch ins neue Jahr. Gleichzeitig sind wir der Ansicht, dass die jüngsten Marktbewegungen ein wenig übertrieben sind und kurzfristig zumindest eine Pause oder sogar eine Konsolidierung erforderlich machen.“

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