Bundesjustizminister Marco Buschmann hat in der Ministerpräsidentenkonferenz am vergangenen Donnerstag einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden eine Absage erteilt. 

In einem Gespräch mit dem Handelsblatt verwies er auf die aktuellen hohen finanziellen Belastungen der deutschen Haushalte. Obgleich er dabei erkennen ließ, dass das auch die Linie der Regierungskoalition sei, gab es Widerspruch von den Koalitionspartnern und den – in dieser Frage bislang selbst untätig gebliebenen – Bundesländern.

Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) kritisiert diese Entwicklung. „Steuerzahlende und Versicherte haben null Verständnis für dieses Rumeiern. Es geht nicht an, dass man auf die wiederkehrenden Naturkatastrophen immer nur hastig mit milliardenschweren Nothilfepaketen reagiert, statt sich um eine tragfähige Risikovorsorge zu kümmern. Und es ist nicht nachhaltig, wenn man Staatsmittel für den Wiederaufbau der betroffenen Gebiete einsetzen muss und sie nicht für die dringend gebotene bauliche Gefahrenprävention verwenden kann“, meint Vereinsvorstand Stephen Rehmke.

Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal hatte die seit über zwanzig Jahren währende Diskussion um die Einführung einer Versicherungspflicht zumindest verbal wieder an Fahrt gewonnen. Bundesweit verfügen nur knapp die Hälfte aller Wohngebäude über eine zusätzliche private Versicherung gegen Naturgefahren. Im Katastrophenfall stehen viele Hauseigentümer*innen ohne ausreichenden Versicherungsschutz da und müssen auf Unterstützung durch die öffentlichen Haushalte hoffen. Auch nach Starkwetterereignissen gehen beim BdV regelmäßig Anfragen von ratlosen Bürger*innen ein.

Nachdem auch die Bundesländer für eine Pflichtversicherung lange Jahre wenig Handlungsbedarf und eher rechtliche Hürden gesehen hatten, forderten sie jetzt eine bundesweit verpflichtende Lösung. Der dem heutigen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zugeordnete Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV) sprach sich im Februar 2022 nach einer umfangreichen interdisziplinären Studie in einem Policy Paper für eine Versicherungspflicht aus. Eine zum wiederholten Mal von der Justizministerkonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe stellte dann im Juni 2022 fest, dass ihr keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen. Die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) bat die Bundesregierung, „die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden anhand eines konkreten Regelungsvorschlags zu prüfen“ und darüber im Dezember zu berichten.

Statt eines Vorschlags kam zur allgemeinen Verwunderung von dort eine Absage. Justizminister Buschmann stellt sich mit seiner Ablehnung auf die Seite der Versicherer. Deren einflussreicher Lobbyverband GDV will auf mehr Informationen setzen, um eine höhere Versicherungsdichte zu erreichen und fordert von der Regierungsseite zunächst einmal bessere Präventionsmaßnahmen, um die Aufwendungen für Schäden gering zu halten. Mit dieser Aufklärungsstrategie erhöhte sich die Versicherungsquote in den letzten zwanzig Jahren – mit den großen Hochwasserkatastrophen in den Sommern 2002, 2013 und 2021 – von etwa 20 auf nunmehr knapp 50 Prozent.

„Die Klimafolgenanpassung ist ein verfassungsrechtliches Gebot. Der Klimawandel lässt keine weitere Gummistiefelpolitik zu und gibt uns keine Zeit für Lippenbekenntnisse und das Verschieben von Verantwortung. Wir brauchen schleunigst ein effektives und enges gesellschaftliches Zusammenwirken und das erreichen wir nur über eine flächendeckend verpflichtende Lösung“, sagt Rehmke.

Wenn das Bundesjustizministerium sich dieser Anforderung nicht stellen will, kann auch das Umwelt- und Verbraucherschutzministerium übernehmen. Gleichzeitig können die verärgerten Bundesländer der expliziten Aufforderung des Justizministers folgen und selbst das Heft in die Hand nehmen.

Das hat der BdV bereits sehr früh mit seinem Vorschlag einer Poollösung berücksichtigt. In einem kollektiven Pflichtsystem stellen Bundesländer zusammen mit der Versicherungswirtschaft einen Versicherungspool bereit, der durch einen Zuschlag auf die Grundsteuer finanziert wird. Die Gebäudeeigentümer*innen zahlen also eine höhere Grundsteuer und erhalten dafür einen Basisschutz. Diejenigen, die eine private Versicherung für Elementarschäden nachweisen können, werden von dieser Steuer befreit. „Wir halten das für eine nachhaltige und tragfähige Lösung und freuen uns, wenn sie Eingang in die Diskussion findet“, so Rehmke.

Wie eine Elementarschadenversicherung für alle nachhaltig ausgestaltet werden kann, und welche Lösungen es jenseits der Gummistiefel-Politik gibt, diskutiert der BdV am 11. und 12. Mai mit Expert*innen auf seiner Wissenschaftstagung in Hamburg.

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