Die EU-Richtlinie 2019/1152 vom 20.6.2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der europäischen Union hat die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zum Ziel und soll gleichzeitig die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes gewährleisten.

 

Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie ist am 28.07.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und trat zum 01.08.2022 in Kraft. Teile des Gesetzes wirken sich auch auf die betriebliche Altersversorgung aus. Michael Hoppstädter, Geschäftsführer des Pensionsspezialisten Longial, erklärt, was für Arbeitgeber nun wichtig wird.

Wichtige Änderungen für die betriebliche Altersversorgung (bAV)

Die EU-Richtlinie 2019/1152 ist am 31.7.2019 in Kraft getreten und ersetzt eine Richtlinie, die bereits seit Oktober 1991 galt. Darin wurde die „Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen“ geregelt. Seit dem 01.08.2022 gilt nun das Gesetz zur Umsetzung der neuen Richtlinie in deutsches Recht. Das Gesetz sieht unter anderem Änderungen des Nachweisgesetzes (NachwG) vor, zum Beispiel in Form erweiterter Pflichten des Arbeitgebers zur Unterrichtung über wesentliche Aspekte des Arbeitsverhältnisses – sowohl bei Abschluss des Arbeitsvertrages als auch nach erfolgten Änderungen. Und zu den wesentlichen Aspekten eines Arbeitsverhältnisses gehört auch die bAV.

Ausweitung der Nachweispflichten:

*       Sagt ein Arbeitgeber eine bAV über einen externen Versorgungsträger zu, muss er nun Name und Anschrift des Versorgungsträgers nennen. Diese Nachweispflicht entfällt nur, wenn der Versorgungsträger selbst zu dieser Information verpflichtet ist, wie das bei Pensionskassen, Pensionsfonds und Lebensversicherungsunternehmen für die Direktversicherung nach den §§ 234k ff. des Versicherungsvertragsgesetzes in Verbindung mit der VAG-Informationspflichtenverordnung der Fall ist. Bei der Direktzusage steht der Versorgungsträger von vornherein fest, da das Unternehmen diese selbst erteilt. Insofern bleibt noch die Unterstützungskasse als Durchführungsweg, bei dem der Arbeitgeber die Nachweispflicht zu beachten hat.

*       Der Arbeitgeber muss detaillierter als bislang über Zusammensetzung, Höhe, Fälligkeit und Art der Auszahlung des Arbeitsentgelts informieren. Dazu zählen auch Entgeltbestandteile, die der Finanzierung einer bAV dienen. „Wenn die bAV in Tarifverträgen, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen geregelt ist, können die erweiterten Informationspflichten nach § 2 Abs. 4 des neuen NachwG allerdings durch einen Hinweis auf diese Regelungen ersetzt werden“, erläutert Michael Hoppstädter. Bei Vereinbarung einer Versorgungsordnung in Form einer Gesamtzusage wird deren bloße Veröffentlichung hingegen womöglich nicht genügen, sondern eine schriftliche Mitteilung an alle Beschäftigten erforderlich sein. Dagegen dürfte bei einer arbeitnehmerfinanzierten Versorgung die Dokumentation im Rahmen der Entgeltumwandlungsvereinbarung ausreichen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 07.07.2022 in einem Brief an die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (aba) klargestellt hat, dass nach deren Auffassung die bAV durch Entgeltumwandlung nicht unter die Bestimmungen des NachwG fällt. Der Arbeitgeber muss nach den Bestimmungen des NachwG über das Arbeitsentgelt informieren, „nicht aber darüber, wofür das Arbeitsentgelt von den Beschäftigten im nächsten Schritt verwendet wird. Das NachwG ist daher nach Auffassung des BMAS auf Betriebsrenten in der speziellen Form der Entgeltumwandlung nicht anwendbar.“ Leider hat die „Klarstellung“ des BMAS aber keinen Einzug mehr in das Gesetz gefunden.

Formerfordernisse – Digitalisierung vs. Papierform

Das bisherige NachwG verlangte die Schriftform gemäß § 126 BGB, so dass eine elektronische Form ausgeschlossen war. Obwohl die EU-Richtlinie 2019/1152 deutlich weniger strenge Formerfordernisse formuliert und so auch die elektronische Information und Übermittlung der wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses möglich ist, hat der deutsche Gesetzgeber die Chance leider nicht genutzt. Der Nachweis wesentlicher Vertragsbedingungen in elektronischer Form bleibt daher in Deutschland weiterhin ausgeschlossen.

Fristen und Bußgelder

Sah das NachwG bislang eine Frist von einem Monat nach Beginn beziehungsweise nach Änderung des Arbeitsverhältnisses vor, in der der Arbeitgeber seiner Informationspflicht nachkommen muss, müssen alle Beschäftigten künftig vom ersten Tag an – in Ausnahmefällen spätestens nach sieben Kalendertagen – über die wesentlichen Inhalte ihres Arbeitsvertrages informiert werden. Das betrifft auch den Aspekt Arbeitsentgelt und damit die bAV, denn Zusagen auf eine bAV sind Bestandteil des Arbeitsentgeltes. Das heißt, ändert sich etwas an den wesentlichen Vertragsbedingungen in der betrieblichen Altersversorgung, muss der Arbeitgeber dies allen Arbeitnehmern spätestens am Tag, an dem die Änderung wirksam wird, schriftlich mitteilen. Ein Verstoß gegen das NachwG wurde bislang in der Regel nicht mit einem Bußgeld belegt. Das zum 01.08.2022 in Kraft getretene NachwG sieht in diesem Zusammenhang bei nicht rechtzeitiger zur Verfügungstellung der entsprechenden Informationen ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro vor – für jeden Fall, im Zweifel also für jeden nicht fristgerecht informierten Arbeitnehmer. Hoppstädter ergänzt: „Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am 1.8.2022 bereits bestand, können ab diesem Zeitpunkt vom Arbeitgeber verlangen, dass die neuen Angaben nachgeliefert werden. Die Frist dazu beträgt hierfür je nach Information sieben Tage bis spätestens einen Monat nach Zugang der Anfrage des Beschäftigten.“

Frühzeitige Planung erspart spätere Schwierigkeiten

„Mit Inkrafttreten des NachwG sind die Informationspflichten für Arbeitgeber auch im Rahmen der bAV umfassender und erfordern gegebenenfalls eine Anpassung der internen Betriebsabläufe. Damit können zukünftige Beweisschwierigkeiten, Bußgelder bei Verstoß und drohende Rechtsstreitigkeiten von vornherein vermieden werden“, empfiehlt Hoppstädter. Arbeitgeber, die ihre Beschäftigten bisher schon umgehend schriftlich zu bestehenden betrieblichen Versorgungswerken z. B. durch eine Versorgungsordnung informiert haben, dürften allerdings kaum etwas an ihren Abläufen ändern müssen. In vielen Fällen sollte es ausreichend sein, wenn die jeweilige Versorgungsordnung in schriftlicher Form den versorgungsberechtigten Personen fristgerecht zur Verfügung gestellt wurde bzw. gestellt wird, um den Arbeitgeberpflichten zu den Änderungen des NachwG nachzukommen. „Trotz der Klarstellung des BMAS raten wir aber auch bei der Entgeltumwandlung dazu, die Vorgaben und Fristen des NachwG einzuhalten, denn ein Schreiben des BMAS hat ja leider keine Gesetzeskraft“, so Hoppstädter.

 

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