Von Mark Holman, Portfoliomanager bei TwentyFour Asset Management:
Die Anhebung der Leitzinsen um 75 Basispunkte im letzten Monat war die höchste Anhebung der US-Notenbank Fed seit der Anleihenkrise im Jahr 1994. Entsprechend heftig sind auch die Marktreaktionen ausgefallen. Die Entwicklung bei den Staatsanleihen seit Jahresbeginn und die damit verbundene Ausweitung der Kreditspreads hat den Anleihen den perfekten Sturm und folglich den schlechtesten Start ins aktuelle Geschäftsjahr seit Beginn der Aufzeichnungen beschert. Angesichts der spürbar anziehenden Inflation und der zunehmenden Rezessionsängste sind die Märkte nach wie vor mit enormer Unsicherheit konfrontiert.
Doch schlussendlich bleibt die Frage, wie weit die Fed die Zinsen noch erhöhen wird, bevor sie eine Pause einlegt, und wie die Renditekurve aussehen könnte, wenn sie es tut. Natürlich ändert sich diese Diskussion fast monatlich, während die Inflation weiter an Fahrt gewinnt und die Zentralbanker versuchen, mit den Ursachen und der Hartnäckigkeit der selbigen fertig zu werden. Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte wird der Markt für Staatsanleihen hoffentlich berechenbarer und stabiler sein, so dass wir es für sinnvoll halten, einige unserer revidierten Prognosen mit Ihnen zu teilen:
Treasuries zur Absicherung im späten Zyklus
Wir haben schon lange darauf hingewiesen, dass höhere Renditen für Anleihenanleger nützlich sind, da sie irgendwann Treasuries als risikofreie Anlage nutzen müssen, um ihre Portfolios zu schützen, wenn die Wirtschaft in den späten Zyklus übergeht. Wir gehen davon aus, dass wir uns bis zum Ende dieses Jahres auf einen späten Zyklus zubewegen werden, der von einem verlangsamtem Wachstum, steigenden Zinsen und schließlich schwächeren Verbraucher- und Unternehmensbilanzen geprägt sein wird. Unserer Meinung nach ist es jetzt an der Zeit, sich abzusichern.
Unsere Analysen deuten darauf hin, dass die Fed auf ihrer nächsten Sitzung im Juli eine weitere Anhebung der Zinsen um 75 Basispunkte durchsetzen wird, wodurch der Leitzins mit 2,50 Prozent weitgehend neutral wird. Im Klartext bedeutet dies, dass alle bisherigen Straffungen sie nur bis zur Neutralität gebracht haben, was unserer Ansicht nach nicht ausreicht. Wie erwarten deshalb, dass noch weitere 100 Basispunkte folgen werden. Wir gehen davon aus, dass dies mit weiteren 50 Basispunkten im September, weiteren 25 Basispunkten im November und schließlich den verbleibenden 25 Basispunkten auf der Dezember-Sitzung geschehen wird. Bei 3,50 Prozent wird die Fed angesichts der sich abschwächenden Konjunktur, des Höchststandes des Beschäftigungswachstums und der sich abschwächenden Inflation eine Pause einlegen. Sie wird hoffentlich ihre Lektion vom Dezember 2018 gelernt haben, als sie eine Anhebung durchsetzte, die die meisten Marktteilnehmer als eine Anhebung zu viel bewerteten.
Künftige Zinssenkungen eingepreist
Angesichts der Zurückhaltung der Fed und einer spätzyklischen Wirtschaft, in der immer mehr Kommentatoren ihre Rezessionsprognosen anheben, halten wir es für wahrscheinlich, dass der zweijährige Teil der Kurve bereits begonnen hat, einige zukünftige Zinssenkungen einzupreisen, und wir sehen, dass dieser Teil der Kurve infolgedessen möglicherweise um 50 Basispunkte gegenüber den Fed Funds invertiert ist. Längerfristige Staatsanleihen dürften sich in diesem Szenario als stabiler erweisen, sodass die 2- bis 10-jährige Kurve flach oder vielleicht sogar leicht invers verlaufen würde, was den Märkten eine weitere Rezessionswarnung geben würde.
Unser Basisszenario für das Jahresende ist daher, dass die Fed Funds bei 3,50 Prozent, die 2-Jahres-Note bei oder um 3,00 Prozent und die 10-Jahres-Note ebenfalls um die 3,00 Prozent-Marke liegen werden. Das bedeutet unserer Meinung nach, dass der Kauf von längerfristigen Staatsanleihen zum Zwecke des Portfolioausgleichs, insbesondere bei Renditen von über 3 Prozent, eine kluge Überlegung wäre und dass die zweite Jahreshälfte den Anleiheinvestoren die dringend benötigte Stabilität bringen dürfte.
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