Umsatzstarker Jahresstart bei eingetrübtem Ausblick

 

Der Krieg in der Ukraine, die andauernde COVID-19-Pandemie sowie die eingeleitete Zinswende – die Liste der Belastungsfaktoren für den deutschen Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien ist lang. Im 1. Quartal des laufenden Jahres zeigte er sich davon jedoch scheinbar unbeeindruckt. Das Transaktionsvolumen belief sich auf ca. 19,6 Mrd. Euro, was nahezu eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahresquartal bedeutet. Zudem ist es der zweithöchste jemals registrierte Investmentumsatz in einem 1. Quartal. „Das erneut extrem hohe Transaktionsvolumen am Markt für Gewerbeimmobilien ist Ausdruck des hohen Vertrauens, das der Standort Deutschland bei Investierenden trotz und teils auch wegen der vielen Unwägbarkeiten an den Kapitalmärkten weiterhin genießt. Zugleich täuscht der hohe Umsatz aber ein wenig darüber hinweg, dass die Investierenden spätestens mit Beginn des Konflikts in der Ukraine zurückhaltender geworden sind. Für die meisten wird Deutschland einer der präferierten sicheren Anlagehäfen bleiben, trotzdem hat sich der Ausblick in den letzten Wochen eingetrübt und das könnte in den kommenden Monaten auch die Investitionsaktivität bremsen“, ordnet Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe, das Ergebnis ein.

Rekordhohes Transaktionsvolumen durch Unternehmensbeteiligungen

Das sehr hohe Transaktionsvolumen ist auch ein Resultat mehrerer großer Unternehmensübernahmen bzw. -zusammenschlüsse. Insgesamt gab es vier solcher Transaktionen, wobei die Übernahme eines Großteils der Alstria-Anteile durch Brookfield die mit Abstand größte war. Zusammen addieren sie sich auf ein Volumen von knapp 7 Mrd. Euro bzw. 35 % des gesamten Transaktionsvolumens – beides sind Rekordwerte und der bisherige Höhepunkt einer bereits seit einigen Jahren zu beobachtenden Entwicklung. Seit 2019 wechselten Gewerbeimmobilien im Volumen von fast 20 Mrd. Euro im Rahmen solcher Beteiligungen den wirtschaftlichen Eigentümer.

Ukraine-Krise verstärkt Risikoaversion weiter

Durch den Einstieg Brookfields bei Alstria waren kanadische Investierende mit einem Umsatzanteil von 25 % die bei Weitem größte ausländische Käufernation. Es folgen die USA (11 %) sowie Großbritannien und die Niederlande (je 5 %). Auf einheimische Investierende entfielen 43 %. Investierende aus dem asiatisch-pazifischen Raum spielten mit einem Anteil von weniger als 3 % kaum eine Rolle und Savills rechnet vor dem Hintergrund des Konflikts in der Ukraine damit, dass dies auch im weiteren Jahresverlauf so bleibt. „Wir nehmen wahr, dass manche Übersee-Investierende, vor allem in Asien, zunächst von Investitionen in Europa absehen“, so Lemli. Die Ukraine-Krise erhöht aber auch bei deutschen und europäischen Investierenden die Risikoaversion und wird so nach Einschätzung von Savills den Core-Fokus nochmals verstärken. Das erhöht den Nachfrageüberhang in diesem Segment weiter und dürfte für stabile und möglicherweise sogar noch leicht steigende Preise sorgen. Im 1. Quartal blieben die Spitzenrenditen in fast allen Segmenten unverändert gegenüber dem vorangegangenen Quartal, einzig bei Logistikimmobilien gingen sie um weitere 10 Basispunkte auf 3,0 % zurück.

Zinswende könnte Preise vor allem im Non-Core-Segment dämpfen

Gegen einen weiteren Rückgang der Spitzenrenditen spricht die beginnende Zinswende – und zwar gleich in zweierlei Hinsicht: Erstens schrumpft die Risikoprämie von Immobilien gegenüber Anleihen, zweitens steigen die Finanzierungskosten. Allein seit Jahresbeginn ist die Rendite für 10-jährige Bundesanleihen um 70 Basispunkte gestiegen und das könnte mittelfristig preisdämpfende Effekte an den Immobilienmärkten mit sich bringen. Die steigenden Finanzierungskosten wirken unmittelbarer, betreffen aber aufgrund des hohen Eigenkapitalanteils weniger das Core- als vielmehr das Non-Core-Segment.

Steigendes Angebot absehbar, Entwicklung der Nachfrage unsicher

Außerhalb des Spitzensegments könnten die Anfangsrenditen perspektivisch auch deshalb steigen, weil das Angebot zunimmt. „Viele Eigentümerinnen und Eigentümer stoßen derzeit Verkaufsprozesse für Objekte an, die im Hinblick auf ESG-Kriterien oder andere Aspekte nicht mehr in das eigene Portfolio passen“, berichtet Lemli. Die Entwicklung der Angebotsseite spricht also für weiterhin hohe Transaktionsvolumina. Das gilt laut Savills prinzipiell auch für die Nachfrage, wenngleich eine Prognose hier viel unsicherer ist. „Mal wieder befinden wir uns in einer Situation, die von außergewöhnlich hoher Unsicherheit geprägt ist. Zwar sind die fundamentalen Rahmenbedingungen an den deutschen Gewerbeimmobilienmärkten weiterhin gut, der Ukraine-Konflikt hat aber schon jetzt erhebliche negative Effekte für die deutsche Volkswirtschaft und je länger der Konflikt anhält, desto stärker werden seine Folgen auch an den Vermietungsmärkten spürbar sein. Inwieweit Investierende das dazu veranlasst, ihre Ankaufsentscheidungen zunächst zurückzustellen, werden die kommenden Monate zeigen. Zumindest aber wird sich ihr Fokus nun noch mehr auf jene Objekte verschieben, die trotz aller Unsicherheiten im Umfeld stabile Einkommen versprechen“, so die Einschätzung von Matthias Pink, Head of Research Germany bei Savills.

 

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