70 Prozent der Deutschen vertrauen den Gesetzen und Gerichten – unter den Impfverweigerern ist der Anteil mit 27 bzw. 34 Prozent signifikant geringer.
In der repräsentativen Studie zum deutschen Justizsystem kritisieren die Bürgerinnen und Bürger zu lange Verfahrensdauern und komplizierte Gesetze.
Ab einem Streitwert von knapp 3.700 Euro würden die Befragten vor Gericht ziehen, eine Mehrheit begrüßt zudem die Angebote von LegalTechs.
Wer sich nicht gegen eine Infektion mit dem Corona-Virus impfen lassen möchte, der hat signifikant weniger Vertrauen in die Gesetze und Gerichte in unserem Land. Die Polarisierung der Gesellschaft bei der Impf-Frage zeigt sich somit auch in der Bewertung des deutschen Justizsystems. Das geht aus dem ROLAND Rechtsreport 2022 hervor, den ROLAND Rechtsschutz heute veröffentlicht hat. Bereits im zwölften Jahr in Folge hat das Institut für Demoskopie Allensbach für die repräsentative Studie über 1.000 Bürgerinnen und Bürger zu ihrer Meinung zum deutschen Rechtssystem befragt. „Die Polarisierung der Gesellschaft aufgrund der Impf-Frage kann auch für das Vertrauen in die Justiz erhebliche Konsequenzen mit sich bringen. Wie die Ergebnisse unserer Studie zeigen, ist dies aber nur eine von vielen Herausforderungen, denen sich die Justiz aktuell stellen muss“, erklärt Dr. Ulrich Eberhardt, Vorstand von ROLAND Rechtsschutz.
Das Vertrauen in die Justiz ist vergleichsweise hoch – aber nicht bei Impfverweigerern
70 Prozent der Befragten haben sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Gesetze und in die Gerichte. Auf einen besseren Wert kommen nur kleine und mittlere Unternehmen sowie die Polizei. In der Trendanalyse der vergangenen Jahre zeigt sich, dass das Vertrauen in die Justiz relativ stabil ist. So bewegt sich das Vertrauen in die Gesetze seit drei Jahren um die 70 Prozent. Die Gerichte verzeichnen seit 2019 gar einen Anstieg des Vertrauens um fünf Prozentpunkte. Dagegen zeigt sich, dass unter den Impfverweigerern nur 27 Prozent sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Gesetze und 34 Prozent in die Gerichte haben.
Außerdem hat das Vertrauen in die Bundesregierung und in die Verwaltung im letzten Jahr abgenommen. Beiden gegenüber bringen 44 Prozent sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen entgegen – ein Rückgang im Vergleich zur vorangegangenen Studie um fünf Prozentpunkte (Verwaltung) bzw. 13 Prozentpunkte (Bundesregierung). Noch schlechter sieht es hier bei den Impfverweigerern aus: Elf Prozent der Nicht-Geimpften vertrauen der Regierung, 23 Prozent der Verwaltung.
Kritik an der Überlastung der Gerichte und an zu komplizierten Gesetzen
Auch wenn der Justiz vergleichsweise viel Vertrauen entgegengebracht wird, äußern die Befragten deutliche Kritik am Rechtssystem. 81 Prozent der Befragten kritisieren, dass viele Verfahren zu lange dauern würden – dies stellt den größten Kritikpunkt dar. 75 Prozent sind der Meinung, dass Gerichte heute zu viel Arbeit hätten und überlastet seien. Außerdem kritisieren die Befragten eine mangelnde Gleichbehandlung vor Gericht: 59 Prozent glauben, dass sich mit einem bekannten Anwalt die Aussichten auf ein günstiges Urteil verbessern würden. Und 55 Prozent vertreten schließlich die Ansicht, dass die Gesetze heutzutage zu kompliziert seien.
Streitwert, ab dem die Deutschen vor Gericht ziehen, nimmt zu
Die Einschätzungen der Befragten basieren zum Teil auf persönlichen Erfahrungen mit dem Justizsystem. So geben 24 Prozent an, in den vergangenen zehn Jahren einmal oder mehrmals an einem Gerichtsprozess beteiligt gewesen zu sein – sei es als Beklagter, Kläger oder Zeuge. Überdurchschnittlich hoch ist dieser Anteil bei den 30 bis 59-Jährigen und bei den Personen mit einer Rechtsschutzversicherung. Zudem zeigt die Studie, dass die Deutschen durchschnittlich ab einem Streitwert von knapp 3.700 Euro vor Gericht ziehen würden. Dieser Wert ist im Vergleich zu vergangenen Studien gestiegen.
„ROLAND Rechtsschutz setzt sich seit jeher dafür ein, allen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land gleichermaßen und diskriminierungsfrei einen Zugang zum Rechtssystem zu verschaffen. Dies wird immer bedeutsamer, da die Grenze, ab der die Deutschen einen Rechtsstreit in Betracht ziehen, weiter steigt. Aber auch unterhalb des Werts von knapp 3.700 Euro spielen sich gesellschaftlich bedeutsame Konflikte ab. Hier sehen wir in der Untersuchung ein starkes Signal, sich noch stärker mit dem Anbieten alternativer Konfliktlösungsmechanismen zu beschäftigen“, erklärt ROLAND-Vorstand Dr. Ulrich Eberhardt.
Denn bereits 56 Prozent der Befragten vertreten die Auffassung, dass sich mit einer Mediation oder Schlichtung viele rechtliche Auseinandersetzungen beilegen lassen. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren um sechs Prozentpunkte gestiegen. Schließlich verdeutlicht der ROLAND Rechtsreport, dass die Digitalisierung auch vor dem Justizsystem nicht Halt macht. 46 Prozent der Befragten begrüßen es, dass sich mit den digitalen Angeboten von LegalTechs – zum Beispiel bei Schadenersatzforderungen oder der automatisierten Vertragserstellung – rechtliche Angelegenheiten lösen lassen, wohingegen nur 27 Prozent meinen, dass in Zukunft für solche Aufgaben weiterhin ausschließlich Anwälte zuständig sein sollten.
Der ROLAND Rechtsreport 2022 inklusive der Ergebnisse zum Thema „Fake News, Meinungsfreiheit, Verschwörungstheorien und die Rolle sozialer Medien“ steht hier zum Download zur Verfügung. https://www.roland-rechtsschutz.de/media/roland-rechtsschutz/pdf-rr/042-presse-pressemitteilungen/roland-rechtsreport/roland_rechtsreport_2022.pdf
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