Sind die chinesischen Kapitalmärkte zu groß, um ignoriert zu werden, oder doch ein zu heißes Eisen, wie viele Anleger fürchten? Drei Strukturelle Trends sind entscheidend
Anlässlich der Eröffnung der 24. Olympischen Winderspiele, die vom 4. bis 20. Februar in der chinesischen Hauptstadt Peking ausgetragen werden, blickt die Welt auf das Reich der Mitte. Das olympische Motto „Dabei sein ist alles!“ lässt sich auch gut auf Investments in China anwenden. „Trotz der erheblichen Risiken und der Volatilität der chinesischen Märkte gehen wir davon aus, dass die Kapitalmärkte Festland-Chinas langfristig einen deutlichen Renditevorteil gegenüber den Industrieländern bieten“, ist Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, überzeugt. Gemeinsam mit zahlreichen weiteren Strategen und Investmentexperten des Hauses hat er die öffentlichen und Sekundärmärkte Chinas einer eingehenden Analyse unterzogen und kommt zu dem Schluss, dass die Diversifizierungsmöglichkeiten die vergleichsweise höhere Volatilität kompensieren können.
Laut Tilmann Galler schreitet die Öffnung der Märkte in Festland-China für ausländische Anleger stetig voran, weshalb sich die Zusammensetzung der Anleger auf diesen Märkten verschiebt. Einerseits werden durch die Reformen der Märkte internationale institutionelle Anleger angezogen. Andererseits beginnt die dynamisch wachsende Mittelschicht Chinas, ihre Ersparnisse neben Bargeld und Immobilien in Investmentfonds und Versicherungen anzulegen. Doch viele internationale Anleger sind nach wie vor in zu geringem Maße in Renminbi-Aktien und -Anleihen investiert.
Langfristig positive Ertragsaussichten nutzen
Der Kapitalmarktstratege weiß: „Die jüngste Volatilität der chinesischen Aktienmärkte mit Verlusten von mehr als 30 Prozent hat Verunsicherung ausgelöst.“ Dennoch sieht er nach wie vor valide strategische Argumente für Investitionen in Chinas. So weisen chinesische A-Aktien und Staatsanleihen mittel- bis langfristig einen erheblichen Renditevorteil gegenüber den Industrieländern auf. „China hat den zweitgrößten Aktien- und Anleihemarkt der Welt – noch spiegelt sich dies aber nicht in den Portfolios der globalen Anleger wider. China ist zu groß, um ignoriert zu werden – aber es wird größtenteils nicht genügend beachtet“, so Tilmann Galler.
Dass Investments in China mit Risiken verbunden sind, verschweigt der Ökonom nicht. „Dazu gehört der Spagat der politischen Entscheidungsträger, die versuchen, Effizienz und Ausgewogenheit zwischen der Wirtschaft, der Liquidität und der Geopolitik wiederherzustellen.“ Darauf seien auch die Kursverluste des letzten Jahres zurückzuführen: Nachdem die chinesische Regierung private Bildungsunternehmen verpflichtet hatte, gemeinnützig zu werden, wurde beispielsweise befürchtet, dass anderen Sektoren ein ähnliches Schicksal droht. „Doch dies ist wenig wahrscheinlich, denn die chinesische Regierung ist sich bewusst, dass sie einen florierenden Privatsektor benötigt, um ihre ambitionierten Wachstumsziele zu erreichen”, betont Galler. Damit einher geht das Thema der Regulierung – insbesondere des Technologiesektors. Auch hier hatte die chinesische Regierung mit schlagzeilenträchtigen Eingriffen im Jahr 2021 für Unruhe unter den Anlegern gesorgt. Doch auch wenn die Regulierung das Tempo des Gewinnwachstums etwas verlangsamen wird, sollten die Gewinne in den kommenden Jahren weiter steigen. Das dritte Sorgenkind in China ist der Immobiliensektor mit der Befürchtung, dass die übermäßige Verschuldung einiger Bauträger einen „Lehman-Brothers-Effekt“ auslösen könnte. „Die finanzielle Stabilität ist nach wie vor ein wichtiges politisches Ziel der chinesischen Regierung und sie wird zu verhindern wissen, dass ein Übergreifen auf andere Bereiche zu einem systemischen Risiko wird”, erläutert der Stratege.
So beziehen sich laut Tilmann Galler all diese Interventionen auf das von der Regierung in Peking verkündete Ziel „Gemeinsamer Wohlstand“. „Das Wachstum in China soll inklusiver und nachhaltiger werden, was langfristig keine negativen Folgen für die Wirtschaft, die Unternehmensgewinne oder den Aktienmarkt haben sollte. Nachdem die Regulierung in einigen Sektoren wie Internet, Bildung oder Immobilien verschärft wird, sollten andere davon profitieren, etwa Biotechnologie, Cybersicherheit, Versicherungen. Insgesamt wird dies für die ganze Region positive Impulse liefern”, führt der Ökonom aus. So ist er überzeugt, dass die Kursrückgänge für langfristige Anleger eine Einstiegschance bieten, denn drei strukturelle Trends sollten die Zukunft der chinesischen Anlagemärkte weiter fördern.
Die Öffnung für ausländische Anleger geht weiter
„Es lassen sich regulatorische Veränderungen, wie etwa die Internationalisierung des Renminbi, beobachten, die eine immer stärkere Partizipation ausländischer Anleger ermöglichen. Wir gehen davon aus, dass der Anteil internationaler Anleger deutlich wächst, auch auf den Sekundärmärkten wie Immobilien, Risikokapital und Private Equity“, erläutert Tilmann Galler.
Der Branchenmix tendiert in Richtung New Economy
Die für Benchmarks genutzten Indizes tendieren – ebenso wie die chinesischen börsennotierten sowie über Private Equity finanzierten Unternehmen insgesamt – zu New-Economy- und Wachstumssektoren. Die Regierung beabsichtigt, das Kapital in diese Sektoren zu lenken, zu denen unter anderem die Bereiche Konsumgüter, Technologie und High-End-Fertigung zählen.
Nachhaltige Anlagen sind auf dem Vormarsch
Nachhaltige Fonds sowie grüne Anleihen und solche, die sozialen Impact haben, verzeichnen rund um den Globus ein starkes Wachstum – dieser Trend macht auch vor China nicht halt. Die Regierung hat sich Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen gesetzt und ist fest entschlossen, die soziale Ungleichheit zu bekämpfen. „Auch wenn der Prozess noch am Anfang steht, nimmt die Zahl der Unternehmen, die ihre ESG-Aktivitäten transparent machen, stark zu – mittlerweile sind es 86 Prozent der Unternehmen im Onshore-Index“, erläutert Vincent Juvyns, ebenso wie Tilmann Galler Kapitalmarktstratege im Market-Insights-Team von J.P. Morgan Asset Management. Neue Vorschriften hinsichtlich der Veröffentlichung von Umweltdaten durch Unternehmen sollen Anlegern helfen zu entscheiden, welche Unternehmen auf die neuen klimapolitischen und anderen Herausforderungen vorbereitet sind.
Vor diesem Hintergrund sind beide Strategen vorsichtig optimistisch und so lautet Tilmann Gallers Fazit: „Die Volatilität der letzten Monate hat die langfristigen Anlagechancen in China, die auf technologischen Innovationen und dem Anstieg des Binnenkonsums basieren, nicht verändert. Der weitere Fortschritt in China wird wahrscheinlich nicht linear verlaufen, und nicht jede Veränderung wird sich unter dem Strich positiv für die Investments auswirken. Der Schlüssel ist die Wahl der richtigen Methode, um in die chinesischen Märkten zu investieren: Wichtig ist ein aktiver Ansatz, der durch lokale Ressourcen die langfristigen Gewinner von den Verlierern sowohl der wirtschaftlichen Entwicklung als auch der politischen Zielsetzung der Regierung unterscheiden kann.“
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