Konjunktur- und Zinsumfeld für Aktien positiv
- EZB und FED haben den Boden für 2022 bereitet
- Anleihen dies- und jenseits des Atlantiks unattraktiv
- Gold und US-Dollar stehen als mögliche Krisengewinnler bereit
Marktkommentar von Bodo Orlowski, CEFA
In der Woche vor Weihnachten hatten die US-amerikanische Notenbank und die Europäische Zentralbank für die Börsianer dies- und jenseits des Atlantiks bereits ihre Präsente ausgepackt – auch wenn der Inhalt variierte: Amerikas Währungshüter zeigen sich willig, die Zügel anzuziehen; die EZB hingegen meint, dass die hiesige Inflation nur eine vorübergehende Erscheinung sei und behält ihren expansiven Kurs bei. Zudem werden unter Verweis auf das neue symmetrische Inflationsziel zeitweise höhere Inflationsraten toleriert. Damit ist der Rahmen für 2022 gesteckt.
Die Notenbanken setzen den Rahmen
Was heißt das für die wichtigsten Assetklassen? Der Euro sollte bis zu einem Kurswechsel der EZB zumindest gegenüber dem US-Dollar, aber tendenziell auch anderen wichtigen Währungen wie dem Britischen Pfund, dem Schweizer Franken oder dem Japanischen Yen weiter an Boden verlieren. Die exportorientierte Industrie hierzulande wird es freuen, gleichzeitig jedoch die Inflation in der Eurozone unseres Erachtens in Folge sich verteuernder Importe hochhalten. Der US-Dollar sollte 2022 zu den gesuchteren Anlagewährungen gehören – der Gedanke an echte Zinsen am kurzen Ende dürfte, wenn auch nicht für Begeisterungsstürme, so doch zumindest für starkes Wohlwollen gegenüber dem Greenback sorgen.
Steigende Zinsen in Euroland machen hiesige Anleihen unattraktiv
Die Zinskurven in Euroland sollten in der Folge etwas steiler werden, die in den USA sich tendenziell nach oben verschieben. Zwar will die EZB an ihrem – neu sortierten – Ankaufvolumen festhalten. Doch wird der Markt die Inflationserwartungen einzupreisen versuchen. Da die negative Einlagenverzinsung aufrechterhalten werden wird, kann das nur in den mittleren und längeren Laufzeiten passieren. Für Rentenanleger also eine undankbare Situation.
Einfacher scheint es auf der Aktienseite zu werden. Auch wenn wir keine Anstiege im Umfang des zurückliegenden Jahres erwarten: Die nach wie vor im Überfluss vorhandene und zumindest in Euroland weiter steigende Marktliquidität bleibt neben den deutlich negativen Realzinsen ein wichtiges Argument. Zudem sollte die konjunkturelle Entwicklung auf beiden Kontinenten für Rückenwind sorgen.
Konjunktur rechtfertigt zunehmend die Aktienkurse
Wir gehen davon aus, dass wir in Europa wie in Nordamerika 2022 eine Fortsetzung des deutlichen Wirtschaftswachstums sehen. Im privaten Sektor sind die Nachholeffekte aufgrund der anhaltenden Störungen der weltweiten Lieferketten noch immer nicht abgeklungen und werden durch die während der ersten Phase der Pandemie intensivierte Sparquote gestützt. Staatlicherseits werden die in den USA und Europa beabsichtigten Infrastrukturmaßnahmen das Ihre dazu beitragen, die Nachfrage in zahlreichen Branchen hoch zu halten.
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Die Preissteigerungen im Beschaffungsbereich werden Druck auf die Margen der Unternehmen ausüben – nicht alle werden diesen weitergeben können. Auch ist zu erwarten, dass die Inflation höhere Lohnforderungen begründet und es damit zu den von Ökonomen befürchteten Zweitrundeneffekten und einer Verstetigung der Inflation kommen wird. Das wiederum sollte selbst die EZB dazu nötigen, ihre Staatsfinanzierung zurückzufahren, und wäre ein Signal für ein Auslaufen der bisherigen Liquiditätszufuhr.
Risikoherd Geopolitik
Unwägbarkeiten für die Aktien- und Rentenmärkte drohen traditionell von geopolitischer Seite. Bereits 2020 identifizierte das Internationale Institut für Konfliktforschung 40 beschränkte und unbeschränkte kriegerische Konflikte auf nationaler bzw. internationaler Ebene. Am präsentesten sind für uns Europäer sicherlich die Spannungen zwischen Russland und der NATO bzw. der EU um die Ukraine sowie zwischen China und den USA bzw. seinen regionalen Nachbarn. Doch auch in Syrien, im Irak, im Jemen und weiten Teilen Afrikas gibt es – weiterhin – keinen Frieden.
Solange die Energie- und Rohstoffproduzenten bzw. die Handelsrouten der westlichen Welt davon nicht betroffen sind, zeigen sich die Kapitalmärkte unbeeindruckt. Doch wenn es hier zu Beeinträchtigungen durch die bestehenden oder neue, bislang nicht wahrgenommene Konflikte käme, würde das zu mindestens kurzfristigen Reaktionen führen. Militärische Interventionen oder gar weitergehende Eskalationen dürften perspektivisch US-Dollar und Gold als klassische Risikoversicherungen befördern – Aktien aber mit hoher Wahrscheinlichkeit drücken.
Denn die gestiegenen Energiepreise sind für die Industrienationen bereits heute eine Belastung. Ein weiterer Anstieg könnte dabei die konjunkturellen Aussichten dämpfen. Dies käme der EZB womöglich ganz gelegen – denn ein schwächerer konjunktureller Ausblick wäre dann trotz steigender Inflationsraten ein Grund, die Geldpolitik weiterhin so expansiv zu handhaben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
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