EU-Nachhaltigkeitstaxonomie führt zu stärkeren Nachfrage nach Neubauten
Die EU-Nachhaltigkeitstaxonomie, besser bekannt unter dem Kürzel ESG wird am Immobilieninvestmentmarkt zu einer stärkeren Nachfrage nach Neubauten führen. Dies führt zu steigenden Preisen für Neubauimmobilien. Zu diesem Urteil kommt Savills in einem Beitrag seines gerade veröffentlichten Ausblicks auf den deutschen Immobilienmarkt. „Nach aktuellem Wissensstand lassen sich die ökologischen Kriterien der ESG-Regulatorik in Neubauten deutlich einfacher einhalten und vor allem auch belegen. Neben einer oftmals besseren Datenlage trägt hierzu auch der Fokus auf die Betriebsphase beim Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit bei. Da das Angebot an Neubauten nur träge reagieren kann und ohnehin limitiert ist, dürfte der Nachfrageanstieg in höheren Preisen resultieren. Währenddessen dürfte es zu einer Abwertung von Bestandsimmobilien kommen“, fasst Matti Schenk, Associate Research Germany bei Savills die Kernthese des Ausblicks zusammen.
Der von Savills erwartete Neubau-Fokus liefe einer klimaidealen Umsetzung des E im ESG entgegen. Die meisten Forschenden wie auch das Umweltbundesamt und die Deutsche Energie Agentur sind sich einig, dass nur über höhere Sanierungsquoten im Bestand die Klimaziele erreichbar sind. Neben den immer noch massiven Sanierungsbedarfen liegt dies auch an den hohen grauen Emissionen, die beim Neubau anfallen. So ist das Sanieren von Bestandsbauten fast ausnahmslos nachhaltiger als der Abriss und Neubau eines Gebäudes. „Die CO2-Emissionen während der Bauphase bzw. für die Produktion der Baustoffe machen einen erheblichen Anteil an allen Emissionen im Leben einer Immobilie aus“, berichtet Paul Mikolajczyk, Team Leader ESG Services bei Savills in Deutschland. „Trotzdem ist unserer Einschätzung nach nicht absehbar, dass die grauen Emissionen Eingang in die ESG-Kriterien finden. Da Neubauimmobilien während der Betriebsphase in aller Regel besser abschneiden als Bestandsbauten, erfüllen Neubauten die Kriterien zum E in ESG besser und stehen somit auch bei Investierenden im Fokus“, so Mikolajczyk. Während der Bieterwettstreit um die ESG-konformen Neubauten intensiver werden dürfte, werden Value-Add-Investierende Bestandsgebäude zu einem geringeren Preis einkaufen und diese Objekte anschließend auf ein ESG-konformes Niveau revitalisieren können, erwartet Savills.
Nach einer Phase eines sehr starken Neubaufokus und eines Rückzugs aus dem Bestand könnte laut Savills an den Märkten eine Phase der Ausdifferenzierung der Ankaufsprofile ESG-konformer Käufer:innen folgen. „Mit der Zeit werden ESG-konforme Investierende um eine Auseinandersetzung mit dem Bestand kaum herumkommen“, meint Schenk. Ausschlaggebend dafür wird die Angebotsknappheit bei Neubauten und das steigende Preisgefälle zwischen Neubau und Bestand sein. „Die Neubauraten an den deutschen Büromärkten lagen in den letzten zehn Jahren nur bei 1 % pro Jahr und ein deutlicher Anstieg des Neubauvolumens ist angesichts schon heute ausgereizter Kapazitäten in der Bauwirtschaft unwahrscheinlich. Dass sich die Nachfrage am Investmentmarkt mit Neubau bedienen lässt, erscheint daher ausgeschlossen“, so Schenk und fügt hinzu: „Je höher die Preise für Neubauten werden, desto lohnender dürfte zudem der Kauf von Bestandsbauten und deren Sanierung werden. Der Aufbau eines ESG-konformen Portfolios dauert auf diesem Weg zwar länger als über den Erwerb von Neubauten, die Kosten für eine solche Strategie werden aber wahrscheinlich deutlich geringer und die Renditen höher sein“. Langfristig könnten die Immobilieninvestmentmärkte so doch noch in Richtung einer klimaidealen Umsetzung des E im ESG umschwenken und Investierende Kapital in Bestandsaufwertungen umlenken.
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