Warum Investoren ihre Erwartungen in einem alternden Bullenmarkt zurückschrauben sollten
Der Bullenmarkt bei USAktien, der in der Folge der globalen Finanzkrise begonnen hat, hat die Erwartungen vieler Investoren übertroffen. „Wir sind der Meinung, dass das Fundament für Aktien positiv bleibt und den wachsenden Gewinnen weiteren Auftrieb geben sollte“, sagt Ann Holcomb, Portfoliomanagerin, US Structured Research Equity, bei T. Rowe Price. „Wegen der höheren Wahrscheinlichkeit moderaterer Erträge inmitten einer eventuell stärkeren Volatilität sollten Investoren ihre Erwartungen aber zurückschrauben.“
Holcomb verweist auf die jüngste Untersuchung der Universität Michigan, die ergeben hat, dass Anleger bei Aktienkursen mit neuen Allzeithochs rechnen. Das würde wenig Spielraum für Abweichungen lassen, glaubt die Expertin. Sehr wohl bestünden Gründe für Optimismus. „In Anbetracht eines sich verbessernden weltweiten Wachstums bleibt der allgemeine wirtschaftliche Hintergrund konstruktiv“, so Holcomb. „Zwar hat sich das Wirtschaftswachstum der USA abgeschwächt, doch eine moderate Expansion könnte den Zyklus weiter ausdehnen“. Auch die Bilanzaufstellungen von Konsumenten und Unternehmen sowie der Wohnungsmarkt würden generell gesund aussehen. Einstweilen würde außerdem die Inflation niedrig bleiben und sich die Unternehmensinvestitionen verbessern.
Gewinnmargen nahe den Höchstständen
„2017 haben sich die Unternehmensgewinne erholt. Die Analystenprognosen stimmen darin überein, dass diese auch in den kommenden Jahren in vielen Marktsegmenten weiter zulegen dürften. Vor allem Unternehmen aus den Bereichen Technologie und Gesundheitswesen dürften profitieren“, sagt Holcomb. „Weil die Ertragsschätzungen aber bereits erhöht sind, wird es schwierig sein, für positive Überraschungen zu sorgen“. Auch das Risiko verfehlter Gewinnziele habe zugenommen.
Holcomb glaubt, dass die Erträge durch sinkende Gewinnmargen unter Druck geraten könnten, weil die Zinsen stiegen und sich das Lohnwachstum beschleunige, wenn sich der Arbeitsmarkt weiter straffe. Das rigorose Einsparen von Unternehmenskosten in den vergangenen Jahren dürfte wenig zusätzlichen Spielraum lassen, um die Margen beizubehalten, wenn sich der Preiswettbewerb und/oder der Lohndruck verstärken sollten. „Ein Anhalten der momentanen DollarStärke könnte die Profite für internationale Konzerne mit Sitz in den USA untergraben“, ist Holcomb überzeugt. „Das könnte für einen Rückgang des Werts ihrer im Ausland erwirtschafteten Gewinne sorgen.“
Die Gewinnmargen befänden sich bereits in der Nähe ihrer Höchststände, weil die Margenausweitung in diesem Zyklus bislang einen höheren Teil des Ertrags ausgemacht hätte als das Umsatzwachstum. Demzufolge brauche es steigende Erlöse, um Margenrückgänge auszugleichen, das Ertragswachstum zu treiben und Bewertungsmultiples zu bekräftigen. Viele Investoren seien der Auffassung, dass bedeutende Senkungen der Unternehmenssteuer die Ergebnisse nach Steuern ankurbeln können. Diese Wahrnehmung teilt die Portfoliomanagerin: „Niedrigere Unternehmenssteuersätze können besonders Kleinunternehmen helfen. Denn diese haben oftmals höhere Zinssätze und sind eher binnenwirtschaftlich orientiert als größere Unternehmen oder andere Unternehmen, die den Großteil ihrer Erträge im US amerikanischen Markt erwirtschaften.“
Unternehmen mit höheren Investitionen
Auch wenn die Federal Reserve (Fed) die Kurzfristzinsen 2018 vermutlich weiter anheben werde, ist laut Holcomb damit zu rechnen, dass die Zinsstraffung derart graduell erfolgen würde, dass sie keine große Bedrohung für den Aktienmarkt darstellt, solange das wirtschaftliche Wachstum moderat bleibt. „Historisch betrachtet fielen steigende Zinsen immer dann mit steigenden Aktien zusammen, wenn die Zinsrate der zehnjährigen USStaatsanleihen unter 5 Prozent geblieben ist“, sagt die Expertin. „Dass steigende Zinsen eine sich verbessernde Konjunktur signalisieren, sollte sich unterstützend auf Bewertungen und Gewinne auswirken.“ Wenn die Fed aber über das Ziel hinausschieße oder ihre Absichten nicht mehr klar kommuniziere, könnte die Volatilität nach oben schießen.
Geringere Steuern könnten für kleinere Unternehmen hilfreich sein, wohingegen höhere Steuersätze ein Hindernis bedeuten könnten, weil kleinere Unternehmen in diesem Zyklus im Allgemeinen mehr Fremdkapital aufgenommen haben, so Holcomb. Auch wenn der Verschuldungsgrad von Unternehmen auf breiter Basis gestiegen sei, machten die Bilanzen jedoch einen gesunden Eindruck und befänden sich im Durchschnitt auf gleicher Ebene mit den Cash Beständen. „Das könnte Unternehmen in die Lage versetzen, mehr zu investieren, Fusionen und Übernahmen zu finanzieren und mehr Kapital an Aktionäre zurückzuzahlen“, erklärt die Portfoliomanagerin.
Chancen wahrnehmen
„Im Vergleich zu ihren langfristigen historischen Durchschnitten sind viele Sektoren hoch bewertet, insbesondere Finanztitel, Basiskonsumgüter und Versorger“, sagt Holcomb. Informationstechnologie und Gesundheitswesen hingegen hätten den breiten Markt in den ersten zehn Monaten 2017 übertroffen und ihre relativen Bewertungen seien unterhalb der historischen Durchschnitte geblieben. Beide Sektoren verfügten über starke Fundamentaldaten. Zu beobachten sei ferner ein konstruktiveres Umfeld für SmallCapAktien gegenüber LargeCapAktien und Wachstumssektoren gegenüber eher zyklischen Sektoren.
Holcombs Fokus liegt aktuell auf Branchen, die einen signifikanten Wandel durchmachten. In dieser Hinsicht dürften laut der Expertin vor allem Technologie, Finanz und BiotechUnternehmen profitieren. Darüber hinaus seien Unternehmen interessant, die unter ihrem intrinsischen Wert gehandelt würden.
Realistische Erwartungen im möglicherweise exzessiven Optimismus
Zu den möglichen Risiken für 2018 zählt Holcomb die zum Teil hohen Aktienbewertungen, einen stärkeren Anstieg der Zinsen als erwartet, geopolitische Schocks, einen Rückgang der Gewinnmargen begleitet von einem verhaltenen Umsatzwachstum, und die potenzielle Unfähigkeit Washingtons, eine wachstumsorientierte Politik zu beschließen. Weitere Risiken umfassten eine protektionistische Handelspolitik und anhaltende Unsicherheit über das Gesundheitswesen. Andererseits schienen die Bedingungen, die typischerweise Bärenmärkte begünstigen – wie eine drohende Rezession, sinkendes Verbrauchervertrauen und stark gestiegene Fremdkapitalkosten – nicht unmittelbar bevorzustehen. Dennoch sollten Investoren angesichts des hohen Levels an Unsicherheit und potenziell größerer Volatilität inmitten eines möglicherweise exzessiven Optimismus, realistischere Erwartungen haben.
„Alles in allem ist unser Ausblick für dieses Jahr optimistisch, sowohl für Large als auch für SmallCapAktien“, sagt Holcomb. „Angesichts höherer Bewertungen und der Höchststände bei Gewinnmargen empfehlen wir aber einen vorsichtigen Ansatz. Wenn sich einige Risiken am Horizont verstärken, könnte der bestehende Bullenmarkt Probleme haben, sein Momentum aufrechtzuerhalten. Doch Bullenmärkte enden nicht aufgrund ihres Alters. Und wenn sich Wirtschafts und Ertragswachstum 2018 fortsetzen, wären weitere Kursgewinne nicht überraschend.“ Investoren sollten eine langfristige Perspektive einnehmen und sich auf Unternehmen mit langfristig sicheren Erträgen, Wachstum des frei verfügbaren Cashflows und angemessene Bewertungen konzentrieren. Ein Fokus auf Qualität und Diversifizierung könne helfen, das Risiko zu steuern. Zwar sei es wichtig, sich auf Unternehmen zu fokussieren, die von möglichen politischen Veränderungen profitieren, doch solche Unternehmen müssten auch anderweitig erfolgreich sein können.
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