Marktkommentar von David Norris, Head of US Credit, TwentyFour Asset Management
Die steiler werdende Kurve bei den US-Staatsanleihen war bisher zweifellos die Geschichte des Jahres 2021 für Anleiheanleger, von denen viele die negativen Auswirkungen des breiten Anleihenausverkauf zu spüren bekommen werden.
Nachdem die Renditen der 10-jährigen US-Staatsanleihen zum zweiten Mal in diesem Jahr über 1,6 % gestiegen sind, wird im Vorfeld der Fed-Sitzung am 16. und 17. März viel darüber gesprochen, dass sie 2021 die 2 %-Marke erreichen werden und warum und wie die Fed auf die sich abzeichnende schnelle Erholung der US-Wirtschaft reagieren muss. Allerdings kommt nichts von diesem Gerede von der Fed selber.
Unserer Ansicht nach ist die Fed derzeit gut positioniert und hat ihren Plan effektiv und konsequent kommuniziert. Ihr Mandat sind Vollbeschäftigung und eine nachhaltige Inflation von 2 % mit einer Toleranzschwelle oberhalb dieses Ziels. Wir sehen in diesem Stadium keinen Handlungsbedarf.
Angesichts der Geschwindigkeit der jüngsten Entwicklungen ist es jedoch leicht nachvollziehbar, dass einige Marktteilnehmer nervös werden. Die Verabschiedung eines 1,9 Billionen Dollar schweren Konjunkturpakets, die rasche Einführung von Impfstoffen und einige starke Konjunkturdaten haben die Erwartungen für das US-Wachstum weiter in die Höhe getrieben, was dazu geführt hat, dass die längerfristigen Renditen der US-Staatsanleihen viele gute Nachrichten in einem sehr kurzen Zeitrahmen eingepreist haben. Angesichts der starken Fundamentaldaten sind wir zwar nicht überrascht, dass die Renditen der US-Staatsanleihen auf diesen Niveaus liegen, aber wir sind überrascht über die Geschwindigkeit, mit der sie dorthin gelangt sind.
Diese Geschwindigkeit ist bei der Fed nicht unbemerkt geblieben. Ihre Vertreter haben ihre Besorgnis über die ungeordnete Anpassung der Renditen der US-Staatsanleihen und ihre Abneigung gegen eine damit verbundene Verschärfung der finanziellen Bedingungen zum Ausdruck gebracht. Wir würden auf jeden Fall erwarten, dass die Fed handelt, sollte sie Anzeichen für eine wesentliche Verschärfung sehen.
Eine weitere offensichtliche Diskrepanz zwischen dem Markt und der Fed besteht bei den Arbeitsplätzen. Der jüngste Bericht über die Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft zeigte zwar eine Verbesserung, aber der Teufel steckt im Detail. Die überwiegende Mehrheit der neu geschaffenen Arbeitsplätze entfiel auf den Freizeit- und Gastgewerbesektor, der natürlich zu den ersten Geschäftssegmenten gehören wird, die von einer Verbesserung der Wirtschaft und der Öffnung weiterer US-Staaten profitieren werden. Es sollte auch beachtet werden, dass es sich hierbei in der Regel um niedrig bezahlte Arbeitsplätze handelt, was die vielbeachteten Zahlen zum durchschnittlichen Stundenverdienst (AHE) eher gesenkt hat. Powells Hauptaugenmerk lag bisher auf der Wiederherstellung der Millionen von Arbeitsplätzen, die seit Beginn der Pandemie vernichtet wurden, und die Fed hat noch einen langen Weg vor sich, bevor sie so etwas wie Vollbeschäftigung erreicht.
Ein Bereich, in dem der Markt den Äußerungen der Fed weit voraus zu sein scheint, ist die Inflation, da die Inflationserwartungen in den USA in den letzten Wochen wieder gestiegen sind. Das Konjunkturpaket der Biden-Administration in Höhe von 1,9 Billionen Dollar war ein Schlüsselfaktor für diese Entwicklung, und es bleibt abzuwarten, wie viel davon in die Wirtschaft zurückfließen wird. Für den Moment erwarten wir nicht, dass das Konjunkturprogramm die Meinung der Fed drastisch ändern wird, denn die Fed geht davon aus, dass die jüngsten Inflationsindikatoren vorübergehend sind.
Die große Unbekannte ist hier die Einführung der Impfstoffe und wie schnell sich dies in eine wirtschaftliche Erholung und Wachstum umsetzen wird. Sollten die Inflations- und Beschäftigungsziele der Fed früher als erwartet erreicht werden, wird sich die Fed angesichts ihres ergebnisorientierten Ansatzes der Forward Guidance sicherlich zeitnah mit diesen Bedenken befassen müssen. Letztendlich sind wir nach wie vor der Meinung, dass die USA die wirtschaftliche Erholung vor Europa und Großbritannien anführen werden, was bedeuten sollte, dass wir eine steilere Kurve für US-Staatsanleihen sehen als für britische und europäische Staatsanleihen. Wir denken, dass die Fed den Kurs beibehalten wird, bis sie einen großen Durchbruch auf dem Arbeitsmarkt sieht.
Angesichts des Tempos dieses neuen Konjunkturzyklus und der Geschwindigkeit des ungeordneten Anstiegs der Treasury-Renditen kann man leicht den Eindruck gewinnen, dass entweder die Märkte der Fed zuvorkommen oder die Fed zu langsam ist, um zu handeln, sollte Handlungsbedarf bestehen. Wir werden dies genau beobachten, aber im Moment denken wir, dass Ersteres der Fall ist.
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