Zuversicht baut auf Impfstoffen auf – Weichenstellungen in der Pandemie bereiten den Boden für Preissteigerungen – Ausgewählte Währungen können profitieren
Marktkommentar von Christian Bender, Portfoliomanager bei der SIGNAL IDUNA Asset Management:
Das neue Jahr bleibt auch nach den ersten beiden Monaten schwer zu greifen. Denn seit einigen Wochen werden diverse Spread-Produkte am Rentenmarkt gehypt. Das ist sicherlich auch durch die fortgesetzten Aufkäufe der Notenbanken bedingt, resultiert aber primär aus einer um sich greifenden Zuversicht – ist es schon Euphorie? –, dass die Impfungen den Weg in die alte Normalität ebnen mögen. Davon erfasst wurden Titel der Automobilindustrie, die in der neuen Wirklichkeit angekommen seien, italienische Staatsanleihen, denen auch ein Regierungswechsel mitsamt einhergehender Verzögerung bei den Infrastrukturinvestitionen nichts anhaben kann, und schließlich die Emerging Markets, denen wieder glänzende Aussichten bescheinigt werden.
Impfstoffe lösen nicht alle Probleme – und vor allem nicht sofort
Wenn diese Zuversicht aber darauf fußt, dass die Impfungen der Schlüssel sind, so gilt es zumindest im Fall der Emerging Markets zu berücksichtigen, dass die Länder dieses Kreises eher am Ende der Impfkette stehen. Denn in dieser Gruppe versammeln sich Nationen, deren Finanzierungskraft bzw. Infrastruktur nicht auf diese Herausforderung vorbereitet ist: Indien, Südafrika, Nigeria, Brasilien, Argentinien – um nur einige zu nennen.
Gleichwohl ist mit Bezug auf Italiens Schuldtitel im Besonderen und Staatsanleihen im Allgemeinen weltweit eine abnehmende Differenzierung zwischen den Anleihen einzelner Staaten zu beobachten. Ablesbar ist das an den zunehmend einheitlicheren und vor allem geringen Risikoaufschlägen – trotz der teilweise sehr unterschiedlich ausgeprägten Haushaltssituationen und konjunkturellen Ausblicke. Man könnte auch sagen, ein Mario Draghi macht noch keinen Sommer.
Schaut man sich einzelne Branchen an, muss man auch hier die Einschätzungen, die sich am Markt breit machen, weiterhin hinterfragen. So wird sich das Tourismus- und Hotelgewerbe vermutlich schleppender als das Impftempo erholen – und gerade grenzüberschreitende Erholungs- und Dienstreisen werden weiterhin schwierig bleiben.
Spätestens in der zweiten Jahreshälfte kommt es zum Realitätscheck für die derzeit verteilten Vorschusslorbeeren. Dann wird erwartet, dass es im Zuge der warmen Jahreszeit in Verbindung mit einer sich intensivierenden Durch-Impfung der Menschheit zu einer konjunkturellen Erholung kommen sollte. Dabei werden für einige Branchen sogar Nachholeffekte prognostiziert, was geeignet wäre, die Preise – weiter – zu treiben.
Inflation ist mehr als ein vorübergehender Basiseffekt
Bereits jetzt ist hier eine aufwärtsgerichtete Bewegung festzustellen: Das ist teilweise sicherlich auf die auslaufenden Steuer-Erleichterungen zurückzuführen. Doch die im Zuge der Pandemie-Bekämpfung durchschnittenen und noch wieder etablierten Lieferketten tragen ebenfalls dazu bei. Das gilt insbesondere auf den Seewegen, die darunter leiden, dass es zwar Container gibt, diese aber an den falschen Orten stehen und darüber hinaus auch noch nicht entladen sind.
Doch selbst wenn hier eine Erleichterung eintreten sollte: Die von Teilen der Politik geforderte Autarkie in gewissen Segmenten, insbesondere Gesundheit und Pharmazie, wird dauerhaft zu einer Preissteigerung beitragen.
Es sieht also so aus, als ob die Infektion durch die Inflation abgelöst würde. Es wird interessant zu beobachten sein, wie der Rentenmarkt und die Notenbanken, die zu dessen wichtigsten Akteuren geworden sind, darauf reagieren. Abseits dessen gilt es, die eigene Vorbereitung nicht zu vernachlässigen.
Wie kann eine geeignete Positionierung aussehen?
Die Duration des eigenen Portfolios in einigen Teilen zu verkürzen, ist ein geeignetes Mittel – zum einen, um aus einer Inflationserwartung resultierende Abwärtsrisiken zu reduzieren, zum anderen, um die sich dabei bietenden Opportunitäten aus einer im Jahresverlauf steiler werdenden Zinskurve leichter wahrnehmen zu können. Insofern dürften auch Liquidität und Bonität im zweiten Halbjahr wieder eine verstärkte Rolle spielen.
In Sachen Fremdwährungen spricht einiges für den US-Dollar, der sich die letzten Wochen in einem vergleichsweise stabilen Band zwischen 1,19 und 1,25 EUR/USD etabliert hat, und zuvorderst natürlich für US-amerikanische Staatsanleihen. Doch auch andere Währungen werden von einer global wiedererstarkenden Konjunktur profitieren, wie die skandinavischen Währungen, zuvorderst die norwegische Krone.
Und so kann es im Ergebnis durchaus gelingen, das eigene Depot für den anstehenden Realitätscheck zu wappnen.
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