Immer wieder im Winter steigen die Ölpreise. Die Anbieter machen sich dabei Erkenntnisse der Neuro-Finanz zunutze:
Mit einem guten Argument wird dem Kunden die Illusion vermittelt, die Situation einschätzen zu können. „Das Gegenteil ist der Fall“, sagt Nikolas Kreuz, Geschäftsführer der INVIOS GmbH.
Eigentlich ist die Nachfrage nach Öl pandemiebedingt schwächer. Viele Länder sind im Lockdown, aus dem Verkehrsbereich kommt kaum Nachfrage und auch Fabriken arbeiten oft nur mit halber Kraft. Gleichzeitig schwächt sich der US-Dollar zum Euro ab. Das spricht für niedrigere Ölpreise. Umso mehr der Dollar bei passender Gelegenheit umgekehrt auch gerne als Argument für höhere Preise genommen wird. „Oft hören wir, dass der Ölpreis hierzulande wegen eines steigenden US-Dollars anzieht. Doch alle diese Argumente sind vulgärökonomische Erklärungsversuche“, sagt Kreuz.
Die Ölnachfrage ist nicht vollständig eingebrochen, auf der anderen Seite steuert die Weltkonjunktur aber auf eine Rezession zu. „In diesem Umfeld müssten die Ölpreise als ein Konjunkturbarometer eigentlich deutlich nachgeben“, so Kreuz. Dass das nicht so geschieht, liegt an den beteiligten Marktakteuren. „Derzeit arbeiten die Ölländer wieder etwas wirkungsvoller zusammen, drosseln die Produktion und halten die Preise stabil“, sagt Kreuz. Dazu kommt, dass angesichts der niedrigen Zinsen am Rentenmarkt und bereits sehr hoher Kurse bei Aktien Investoren auch den Ölmarkt als eine Renditequelle begreifen.
Hier trifft dann das konstante Angebot auf eine gesteigerte Nachfrage, die – unabhängig von der Konjunktur – den Preis von ökonomischen Sachzusammenhängen ablöst „Hier werden die Argumente eingesetzt, wie sie gebraucht werden“, sagt Kreuz. Der Wintereinbruch auf der nördlichen Hemisphäre? Sorgt für mehr Bedarf, die Preise steigen. Produktionsausfall beim Fracking wegen des starken Winters in den USA? Die Preise steigen. „Die Argumente sind beliebig austauschbar und deshalb so gut, weil sie für jeden nachvollziehbar sind“, sagt Kreuz. Diese Nachvollziehbarkeit sorgt für ein Sicherheitsgefühl bei den Anlegern – oder auch bei den Tankenden an der Zapfsäule.
„Dabei handelt es sich nur um eine sehr verkürzte Darstellung eines komplexen Sachverhalts“, so Kreuz. „Aber das sorgt dafür, dass eben nicht die OPEC als gieriges Kartell oder die US-Fracking-Firmen als böse Profiteure der kalten Witterung dastehen.“ Es ermöglicht den Marktmachern, die Preise noch so lange da zu halten, wo sie sie brauchen: relativ weit oben. Der Ölpreis wird irgendwann aber wie alles im Leben zu seinem Gleichgewichtspreis zurückkehren und folgt damit dem Mean-Reversions-Effekt. Am Ende wird dann der ein oder andere auf dem falschen Spekulantenfuß erwischt.
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