Von Mark Holman, CEO von TwentyFour Asset Management:
In den letzten Tagen hat sich der Kurvenversteilungstrend bei US-Staatsanleihen fortgesetzt. US-Treasuries haben ihre jüngste Handelsspanne durchbrochen und neue Zyklus-Höchstwerte bei Renditen erreicht. Die 2%-Marke bei den 30-jährigen Treasuries bot kurzfristig Unterstützung, aber beim zweiten Versuch durchbrachen die Renditen sie mühelos und schlossen am Dienstagabend bei 2,07%. Die 10-jährigen Treasuries machten bei 1,20% nicht mehr Halt und galoppierten schnell auf 1,30%. Das kurze Ende bleibt gut verankert, da sich die Marktteilnehmer von der jüngsten Forward Guidance der Fed ermutigen lassen, dass es vor dem Jahr 2023 keine Zinserhöhung geben wird. Dieser Schritt wird in mehreren Publikationen viel diskutiert, doch er führt uns nur zu Renditen zurück, wie wir sie im Februar letzten Jahres beobachten konnten.
Gleichzeitig sind auch die US-Inflationserwartungen deutlich gestiegen. Die 5-Jahres-Breakeven-Rate ist von 1,96% zum Jahresende gestern auf 2,40% gestiegen. Dieses neue Niveau ist von größerer Bedeutung, da die Inflationserwartungen seit dem Jahr 2011 nicht mehr so hoch waren und auch in den vergangenen 20 Jahren immer nur kurzfristig über 2,50% lagen.
Unserer Meinung nach kommen beide Entwicklungen nicht überraschend, wobei die Inflationserwartungen eindeutig mehr Gewicht haben. Wir wissen, dass wir vom kommenden Monat an tatsächliche Inflation erleben werden, wenn die Basiseffekte des Index allmählich einsetzen. Doch angesichts von rund neun Millionen verlorenen Arbeitsplätzen in den USA, die noch zu ersetzen sind, messen wir den in den nächsten Monaten veröffentlichten Zahlen wenig Bedeutung bei. Diese Daten ermahnen Anleger jedoch, die etwas längerfristigen Inflationserwartungen zu berücksichtigen. Wir halten es für wahrscheinlich, dass wir eine Art von Inflation erleben könnten, welche die US-Notenbank Fed auf den Plan rufen würde. Ein Szenario, dasbei Anleiheportfolios berücksichtigt werden sollte. Ohne im Einzelnen auf die Gründe einzugehen, sind dabei sechs Fakten zu berücksichtigen:
- Im zweiten Halbjahr diesen Jahres dürfte es zu sehr starkem Konjunkturwachstum kommen.
- Die im Rahmen des Konjunkturpakets in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar bereitgestellten Mittel werden noch in dieser Periode ausgegeben.
- Die extrem lockere Geldpolitik der Fed und die quantitativen Lockerungen gelten weiterhin.
- Banken haben während der Pandemie Kredite vergeben, was am Rekordwachstum der Geldmenge M2 in den letzten 12 Monaten abzulesen ist. Sie werden nicht davor zurückschrecken, ihre Bilanzen unter den günstigen Bedingungen der zweiten Jahreshälfte weiter auszuweiten.
- Die Verbraucher haben gespart und sind nun bereit, ihre Ersparnisse auszugeben (wobei diese aufgeschobene Nachfrage derzeit nur eine Hypothese ist – ihr Beweis steht noch aus).
- Höhere Inflationserwartungen können als selbsterfüllende Prophezeiung wirken.
Wird die Fed das beunruhigen? Beim derzeitigen Stand der Dinge ist das nicht zu erwarten. Denn die Fed dürfte die etwas höheren Inflationserwartungen begrüßen, da sie ihren Zielen entgegenkommen. Angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen wird die Fed vorerst auf eine Revision ihrer Geldpolitik verzichten. Die entscheidende Frage ist, wie schnell wieder Arbeitsplätze geschaffen werden. Veränderungen auf dem US-Arbeitsmarkt folgen dem Zyklus in der Regel mit einer Verzögerung und langsamer als andere Wirtschaftsdaten, wobei wir einräumen müssen, dass das Tempo, mit dem sich einige wirtschaftlichen Variablen in diesem Zyklus entwickelt haben, beispiellos ist.
Was der Fed jedoch Sorgen bereiten könnte, ist das Tempo der Veränderungen an den Zinsmärkten. Der allmähliche Anstieg von Treasury-Renditen ist nicht von Nachteil. Tatsächlich ist es aus Anlegersicht eine gesunde Entwicklung und hilft ihnen dabei, sich zukünftig ausgewogener zu positionieren. Wenn jedoch die Treasury-Renditen noch weiter steigen und diese Entwicklung anhält, dann kann dies zu einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen führen und andere Anlageklassen könnten in den Ausverkauf von Anleihen hineingezogen werden. Für die Fed wäre dies eine unerwünschte Entwicklung.
Die bisherige Entwicklung ist meines Erachtens einigermaßen geordnet abgelaufen. Daran dürfte sich erst einmal auch nichts ändern. Wir haben gerade eine neue Spanne erreicht, doch wenn 10-jährige Treasuries Ende der Woche auf 1,40% und nächste Woche auf 1,50% steigen, dann dürfte sich das auf die Risikoeinschätzung auswirken und die Märkte dürften einige Gewinne mitnehmen.
Vorerst jedoch gilt lediglich, dass bei guten Fundamentaldaten eine neue Spanne erreicht wurde. Die Zinsen steigen und die Kreditrisiko-Spreads verengen sich. Eine solche Entwicklung ist zu diesem Zeitpunkt im Zyklus grundsätzlich zu erwarten – nur nicht so rasant. Für vorsichtige Beobachter (mich eingeschlossen) ist das Tempo der gesamten Entwicklung in diesem Zyklus atemberaubend. Wir vertreten die Auffassung, dass 10-jährige Treasuries Ende des Jahres die 1,50%-Marke erreichen werden – möglicherweise sogar viel früher. Das heißt, dass jetzt nicht der beste Zeitpunkt ist, um gewagte Transaktionen mit Treasuries vorzunehmen.
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