Wir beginnen das Jahr 2021 mit der Hoffnung, dass die COVID-19-Impfstoffe einen Weg aus der Misere bieten werden, für die die Pandemie in Bezug auf die menschliche Gesundheit und die Volkswirtschaften, in denen wir agieren, gesorgt hat.

 

Wie aber schon im Dezember 2020 völlig klar war, hält der Weg zu einer Erholung wohl zahlreiche Hindernisse bereit. Im Dezember 2020 begann sich eine mutierte Form des Virus in großen Teilen Großbritanniens auszubreiten, was erneut Social-Distancing-Maßnahmen und eine Störung der Geschäftstätigkeit zur Folge hatte. Zur Eindämmung dieser mutierten Form des Virus, dem Wissenschaftler eine höhere Übertragungsrate zuschreiben, schließen viele Länder ihre Grenzen zu Großbritannien. Dass das Virus mutiert sollte keine Überraschung sein, denn das liegt in der Natur von Viren. Wenn es durch die Mutation negative Eigenschaften annimmt – in diesem Fall eine höhere Übertragungsrate –, entsteht uns dadurch aber ein Problem. Es ist unwahrscheinlich, dass Großbritannien das einzige Land ist mit einer negativ mutierten Form des Virus. Deshalb beginnen wir das Jahr 2021 mit einer hohen Unsicherheit im Hinblick darauf, wie viele weitere Hindernisse sich uns auf dem Weg stellen werden. Wie bereits 2020 ist es wahrscheinlich, dass Gold als wichtige Absicherung gegen diese Unsicherheiten dienen wird.

Gleichzeitig durchleben wir aber bereits seit mehr als einem Dreivierteljahr den Schock einer globalen Pandemie und Institutionen haben Versuche unternommen, die wirtschaftlichen Folgen der Situation abzumildern. Es ist zur umfangreichsten finanz- und geldpolitischen Reaktion auf eine Wirtschaftskrise aller Zeiten gekommen. Beispielsweise wurde in den USA gerade (28. Dezember 2020) ein COVID-Konjunkturprogramm in Höhe von 900 Mrd. USD verabschiedet, das Teil eines Gesetzesentwurfs von 2,3 Billionen USD ist, mit dem sich die US-Regierung bis September 2021 finanzieren wird. Doch der amtierende Präsident fordert höhere Geldleistungen an Haushalte, wodurch sich die Staatsverschuldung womöglich noch erhöhen könnte. Diese kühnen geld- und finanzpolitischen Entscheidungen sind zwar notwendig, aber wahrscheinlich auch äußerst verzerrend. In den kommenden Jahren besteht ein erhöhtes Potenzial auf eine höhere Inflation. Ebenso ist wahrscheinlich, dass die Last einer steigenden Staatsverschuldung denjenigen schaden wird, die sie zu begleichen haben. Diese Last fällt häufig den jüngeren, weniger vermögenden Bevölkerungsgruppen zu. Dies wird sich voraussichtlich als Belastung für den Generationenvertrag erweisen, was wiederum die Frage aufwirft, ob 2021 ein weiteres Jahr für soziale Unruhen werden könnte. Als Absicherung gegen geopolitische Risiken könnte Gold wieder einmal zu einem wertvollen Vermögenswert werden.

Mithilfe unseres Modellrahmens, der in unserem Blogartikel „Gold: So bewerten wir Edelmetalle“ erläutert wird, arbeiten wir einige Szenarien für die Goldpreise bis ins vierte Quartal 2021 aus.

In der Abbildung stellen wir drei unterschiedliche Prognosen dar:

  • Konsens – basierend auf den Konsensprognosen für den gesamten makroökonomischen Dateninput und der Annahme, dass sich die Anlegerstimmung im Hinblick auf Gold auf dem heutigen Niveau hält.
  • Andauernde wirtschaftliche Unsicherheit – weitere geldpolitische Interventionen, möglicherweise durch die Steuerung der Zinsstrukturkurve – schränken die Renditen von US-Staatsanleihen ein und der US-Dollar verliert weiter an Wert, während sich die Anlegerstimmung gegenüber Gold verbessert.
  • Härterer Kurs der Fed – die US-Notenbank (Fed) verfolgt trotz der Anpassung ihres Inflationsziels einen härteren Kurs und die Renditen von US-Staatsanleihen gehen deutlich nach oben, der US-Dollar legt wieder auf den Stand vom Juni 2020 zu und die Inflation bleibt deutlich unterhalb ihres Zielwerts. Da die Angst um eine Abwertung des US-Dollars nachlässt, sinkt die Positionierung in Gold-Futures.

KONSENS

Der Konsens hat sich an die neue Inflationszielregelung der US-Notenbank angepasst, bei der sich die Zentralbank auf die durchschnittliche Inflation konzentriert und die Inflation deshalb über 2 % steigen lässt, um dadurch Zeiträume auszugleichen, in denen sie darunter lag.

Dem Konsens nach bleiben die Zinsen für mehr als ein Jahr stabil. In der Tat zeigen die „Dot-Plots“ der US-Notenbank, dass die Leitzinsen bis 2023 stabil bleiben werden.

Der Konsens erwartet einen Anstieg der Inflation auf deutlich über 2 %, Mitte des Jahres 2021 soll sie 2,6 % erreichen. Dies spiegelt teilweise die steigenden Energiekosten wider, die Anfang 2020 stark rückläufig waren. Doch den Erwartungen zufolge soll auch die Kerninflation (PCE) im zweiten Quartal 2021 von derzeit 1,4 % auf 2,0 % steigen, was auf einen breiter angelegten Anstieg der Preise schließen lässt.

Der Markt erwartet, dass sich die Renditen von US-Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit über den Prognosehorizont hinweg von dem im August 2020 erreichten Tief von 0,50 % mehr als verdoppeln. Dies spiegelt sich teilweise in der steigenden Verschuldung der US-Regierung wider. Die Ausgaben für das COVID-19-Konjunkturprogramm könnten über das vor Kurzem genehmigte Paket von 900 Mrd. USD hinaus steigen, wenn die Trump-Regierung die Republikaner von der Genehmigung von Trumps Vorschlags überzeugen kann, ehe er das Weiße Haus verlässt (was unwahrscheinlich ist, die Chancen stehen aber nicht gleich null). Der Konsens scheint hierbei keinerlei Steuerung der Zinsstrukturkurve einzupreisen. Die Rendite von inflationsgeschützten US-Staatsanleihen (TIPS) ist weiterhin negativ und mit -1,03 % sehr niedrig. Die steigenden Differenziale zwischen realen und nominalen Renditen von US-Staatsanleihen lassen auf höhere Inflationserwartungen schließen.

Obwohl der Konsens in einem Markt stagnierender Leitzinsen steigende Renditen von US-Staatsanleihen erwartet, erwartet er auch eine fortgesetzte Abwertung des US-Dollars. Die Abweichung zwischen dem US-Dollar und US-Staatsanleihen stimmt mit der Sorge um eine steigende Verschuldung überein.

Im Konsensfall belassen wir die Positionierung in Gold-Futures in etwa auf dem Niveau von heute (250.000 Netto-Long-Kontrakte), wir preisen in diesem Szenario also keinen weiteren Optimismus für das Metall ein. Anfang 2020 erreichte die Positionierung bei knapp 400.000 Netto-Long-Kontrakten einen Höhepunkt.

In diesem Szenario könnte Gold auf 2130 USD/oz steigen. Es würde damit den im August 2020 erreichten Stand von 2075 USD/oz übersteigen und einen neuen Rekord brechen.

Anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit

Der Konsens scheint eine geradlinige Erholung mit sehr wenigen Hindernissen einzupreisen. In Großbritannien kommt es derzeit allerdings zu einer bedeutenden Schwierigkeit, die auch auf dem Rest von Europa lastet, da aufgrund der Ausbreitung einer infektiöseren Mutation des Virus strengere Social-Distancing-Maßnahmen und Lockdowns in unterschiedlichen Formen eingeführt wurden. Die meisten Konsensumfragen wurden vor Einführung dieser Maßnahmen durchgeführt. 2021 werden viele Menschen gegen COVID-19 geimpft werden, doch die operative Herausforderung, die gesamte Bevölkerung zu impfen, ist nicht zu unterschätzen. Angesichts dessen bezweifeln wir, dass die Zentralbanken in naher Zukunft einen Weg in Richtung einer Erhöhung der Zinsen oder der allgemeinen Geldpolitik bekannt geben werden. Der Widerstand gegen eine Erhöhung im Jahr 2013 ist im Gedächtnis der US-Notenbank noch zu frisch, weshalb sie es ablehnen wird, verfrüht eine Erhöhung anzudeuten. Eine Möglichkeit, die sich der Fed bietet, ist die Steuerung der Zinsstrukturkurve. Dadurch werden die Renditen von US-Staatsanleihen aller Wahrscheinlichkeit nach limitiert (relativ zu den Konsenserwartungen).

Die Inflation könnte bei rund 2,8 % einen Höhepunkt erreichen, da die Maßnahmen der Fed eine steigende wirtschaftliche Nachfrage erzeugen, während das Angebot aufgrund von COVID-bezogenen Problemen in der Lieferkette eingeschränkt bleibt. Außerdem könnte die freizügigere Geldpolitik den US-Dollar stärker schwächen als im Konsensfall.

Da die Zentralbank weiter mit neuen geldpolitischen Instrumenten experimentiert und der US-Dollar an Wert verliert, wendet sich die Stimmung der Investoren zugunsten eines Kursanstiegs bei Gold und die Positionierung in Gold-Futures steigt auf 350.000 Netto-Long-Kontrakte. Je weiter die Realzinsen ins Negative sinken, desto stärker steigt die Attraktivität von Gold.

In diesem Szenario könnte Gold auf 2340 USD/oz steigen und damit gegenüber den Kursen vom Dezember 2020 einen Gewinn von fast 24 % verzeichnen.

Härterer Kurs der Fed

In diesem Szenario spielen wir des Teufels Advokaten: Was, wenn sich die wirtschaftlichen Bedingungen verbessern und die Fed die Inflation unter 2 % halten möchte, um die langfristigen Erwartungen zu stabilisieren? Da die Fed ihre Inflationsregelung 2020 geändert hat, handelt es sich bei diesem Szenario um das unwahrscheinlichste, es lohnt sich aber, seine Auswirkungen genauer zu untersuchen.

Zunächst hält sich die Inflation über den Prognosehorizont hinweg unter 2 %. Steigende Zinsen könnten dazu führen, dass die Renditen für US-Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit auf 1,8 % steigen (d. h., mehr als dreimal höher als im August 2020).

Außerdem könnte es zu einer Aufwertung des US-Dollars kommen, wenn die Fed bei der Erhöhung der Zinsen aggressiver vorgeht als andere Zentralbanken. Die Sorgen um eine Abwertung des US-Dollar ebben ab.

Angenommen, es kommt zu einer echten Erholung der wirtschaftlichen Bedingungen, die nicht inflationär sind, und der Markt ist nicht der Ansicht, dass die US-Notenbank einen politischen Fehler begeht, könnte die Positionierung in Gold-Futures sinken und sich ihrem historischen Durchschnitt von 100.000 Netto-Long-Kontrakten nähern.

In diesem Szenario könnte Gold auf 1595 USD/oz fallen und sich damit auf Stände zurückziehen, die zuletzt im April 2020 erreicht wurden.

Fazit

Im Allgemeinen sind wir der Ansicht, dass die wirtschaftliche Unsicherheit im Laufe dieser ungewöhnlichen Pandemiekrise, die noch nicht in vollem Umfang beseitigt wurde, anhalten wird. Obwohl das Konsensszenario einen Weg vorzeichnet, auf dem Gold verlorenen Boden gutmachen kann, könnte Gold unseres Erachtens im Szenario der wirtschaftlichen Unsicherheit deutlich stärker ansteigen. Wir können ein Szenario nicht ausschließen, in dem sich die Wirtschaft deutlich erholt. Wir sind jedoch skeptisch, dass die Fed einen sehr harten Kurs verfolgen wird und halten das Szenario eines härteren Kurses der Fed deshalb für recht unwahrscheinlich.

 

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