Trotz hoher Baufertigstellungen nur marginale Zunahme der europäischen Büro-Leerstandsquote um 10 Basispunkte auf 6,4 Prozent 

 

Die Reaktionen auf die Covid-19-Pandemie durch die nationalen Gesundheitsschutzmaßen bestimmte auch in den letzten drei Monaten 2020 die Wirtschaftsleistung und die Performance der Immobilienmärkte. Angesichts einer beschleunigten zweiten Epidemie-Welle verhängten viele Länder in Europa zwischen Oktober und Dezember weitere Beschränkungen bzw. Lockdowns für ihre Unternehmen und Bürger. In der Folge wurden die Prognosen für das BIP-Wachstum im letzten Quartal revidiert, so dass – nach einer kurzfristigen Erholung im Sommer – eine erneute Rezession (Double-Dip) verzeichnet werden musste. Der Schwung hatte bereits vor der Verschärfung der Beschränkungen nachgelassen, die Unvorhersehbarkeit der Situation und die Planungsunfähigkeit für Haushalte und Unternehmen widerspiegelnd. Die Ausweitung staatlicher Unterstützungsprogramme hat dazu beitragen, die sich aus den verschärften Beschränkungen ergebenden Auswirkungen bzw. den Schaden für die Wirtschaft zu minimieren. Sie vollständig abzuwenden wird nicht möglich sein, Folgeschäden werden zunehmen, zumal mit Beginn des neuen Jahres in vielen Ländern die Beschränkungen weiter verschärft worden sind oder werden. Die Wirtschaft wird unmittelbar noch härter getroffen, die Erholung verzögert, verlängert sich. Die Hoffnung für ein Durchbrechen des Kreislaufs von Lockdown und Wiedereröffnung richtet sich auf die Durchführung von Impfungen in der gesamten Region. Sie nähren die Aussicht auf eine Rückkehr einer zumindest gewissen Normalität.

Büro-Spitzenmieten 2020 mit niedrigstem prozentualem Wachstum seit 2010

Die meisten auf der europäischen JLL-Immobilienuhr genannten 35 Märkte bewegen sich im letzten Quartal des Jahres 2020 im gleichen Quadranten wie drei Monate zuvor: im Verlangsamten Mietpreiswachstum oder am Anfang des Beschleunigten Mietpreisrückgangs.

Der gewichtete europäische Büro-Mietpreisindex von JLL* legte im vierten Quartal 2020 (gegenüber Q 3) um 0,5 Prozent zu. Das Angebot an Flächen bei erstklassigen Objekten in 1A-Lagen blieb in den meisten Städten knapp und war Grundlage für die relativ widerstandsfähige Performance während dieser Pandemie. Mit einem leichten Plus von 1 Prozent bewegte sich der jährliche Mietpreisanstieg 2020 in Europa aber unter dem Fünf- bzw. Zehnjahresschnitt (+3,6 % bzw. +2,6 %). Es ist das niedrigste prozentuale Wachstum seit 2010.

Mietzuwächse wurden gegenüber dem Vorquartal (Q 4/Q 3 2020) in vier der 24 Index-Städte verzeichnet, darunter zwei deutsche Immobilienhochburgen: Hamburg (Q 4/Q 3 2020: +3,3 % auf 372 Euro/m²/Jahr) und Berlin (+2,7 % auf 456 Euro/m²/Jahr). Hamburg kann in der Krise mit einer diversifizierten Wirtschaft punkten. Das ermöglicht der Stadt, ökonomische Einbrüche vergleichsweise gut abzufedern. Zudem gibt es hier eine stark ausgeprägte Digitalwirtschaft, die gerade im Pandemiejahr zu einer Schlüsselbranche geworden ist. Im Jahresvergleich kommt Hamburg mit einem Plus von 6,9 Prozent nicht nur auf den höchsten Mietpreiszuwachs unter den deutschen Big 7, sondern markiert darüber hinaus auch den zweithöchsten Anstieg unter den europäischen Index-Städten. In der deutschen Hauptstadt unterstützt dernach wie vor bestehende Angebotsmangel bei hochwertigen Gebäuden und die vor allem mit Corona verbundene Abnahme der spekulativen Bautätigkeit die Spitzenmieten. Im Jahresvergleich kommt Berlin auf ein Plus von 2,7 Prozent.

Auch Paris (+3,3 % auf 930 Euro/m²/Jahr) und Edinburgh (+1,4 % auf 433 Euro/m²/Jahr) weisen ein Plus zwischen dem vierten und dritten Quartal 2020 auf. Die, wenn auch geringen Zuwächse im Spitzensegment, bestätigen, dass sich selbst in Pandemiezeiten noch nicht alle Märkte in mieterfreundliche Märkte gedreht haben. In der französischen Hauptstadt etwa haben die Nominalmieten sogar das zweite Quartal in Folge auf 930 Euro/m²/Jahr zugelegt. Der Grund ist das Allzeit-Tief bei der Verfügbarkeit von 1A-Flächen.

Sinkende Spitzenmieten mussten im vierten Quartal für fünf Index-Städte notiert werden, der stärkste in Lyon (4,5 % gegenüber Q3 auf 320 Euro/m²/Jahr), gefolgt von London West End (- 2,1 % auf 1.383 Euro/m²/Jahr), Stockholm (- 2,0 % auf 746 Euro/m²/Jahr), Barcelona (- 1,8 % auf 324 Euro/m²/Jahr) und Madrid (- 1,4 % auf 432 Euro/m²/Jahr).

Bemerkenswert ist europaweit aber das Auseinanderlaufen der Spitzenmieten und Mieten in Sekundärlagen. Letztere sind 2020 in fast allen Märkten Europas gefallen.

Insgesamt geht JLL davon aus, dass die europäischen Spitzenmieten 2021 nicht stark korrigiert werden, niedrig einstellige Rückgänge sind in einigen Städten wahrscheinlich – genauso wie ein Anstieg ab 2022.

Incentives nehmen schneller zu

Der Blick auf den Index für die effektive Netto-Spitzenmiete zeigt im Jahresvergleich (Q 4 2020/Q 4 2019) einen Rückgang um – 0,5 Prozent. Damit ist 2020 das erste Jahr seit 2013 mit einem Negativwert. Deutlich wird damit, dass die Incentives wie zum Beispiel mietfreie Zeiten zugenommen haben. Die Rahmenbedingungen im Coronajahr mit den vielfältigen Unsicherheiten und Folgen haben bei einem Drittel aller analysierten europäischen Märkte im Laufe von 2020 im Jahresvergleich zu einer Verringerung der effektiven Netto-Spitzenmiete geführt. Dazu gehören Prag (-12 % im Jahresvergleich), Amsterdam, Madrid, Barcelona und Frankfurt mit jeweils einem Minus von sechs Prozent. Im Durchschnitt stiegen sie 2020 um 150 Basispunkte auf 10 Prozent. 2021 ist mit einem deutlichen Anstieg solcher Mietanreize zu rechnen, da die Vermieter versuchen werden, ihre Mieteinnahmen zu sichern. Dies gilt insbesondere bei Pipeline-Projekten für den Zeitraum 2021 bis 2023.

Schlag ins Kontor durch zwei Lockdowns – Büroflächenumsatz sinkt um 41 Prozent

Der im Sommer verbesserten Stimmung bei Verbrauchern und Wirtschaft wurde Ende des Jahres ein weiterer Schlag versetzt, als eine neue Welle von Covid-19-Infektionen in den meisten Teilen Europas zu erneuten Lockdown-Beschränkungen geführt hat. Die Folge waren ausbleibende Vermietungs-Abschlüsse, die auf 2021 verschoben wurden. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen haben die letzten drei Monate immerhin gehalten, was in der Regel ein viertes Quartal im Laufe eines Jahres ausmacht: das höchste vierteljährliche Umsatzniveau. Gegenüber dem dritten Quartal lag das Volumen um 41 Prozent höher. Allerdings, Fakt ist auch: die vermieteten 2,4 Mio. m² bewegten sich deutlich unter dem Abschlussquartal des Vorjahres (- 35 %) und gehen in die Statistik als schwächstes viertes Quartal seit 2002 ein.

Insgesamt summierte sich das Umsatzvolumen 2020 auf 8,2 Mio. m², entsprechend einem Minus im Jahresvergleich von 41 Prozent, sowohl der Fünf- als auch der Zehnjahresschnitt sind deutlich unterschritten (-37 % bzw. -31 %). Die Nettoabsorption (= Veränderung im belegten Bestand) ist positiv geblieben, fällt aber auf den niedrigsten Stand seit der globalen Finanzkrise.

Nach einem wahrscheinlich schwachen Start in den ersten Monaten werden die Aktivitäten ab Mitte 2021 wieder anziehen – vorausgesetzt die allgemeine Situation entspannt sich durch eine große Anzahl erfolgreicher Impfungen. Ein Plus von 15 bis 20 Prozent gegenüber dem schwachen 2020er Ergebnis könnte im laufenden Jahr unterm Strich erzielt werden.

Eine Pandemie macht nicht vor Grenzen halt: 20 analysierte westeuropäische als auch vier mittel- und osteuropäischen Märkte verzeichneten 2020 gleichermaßen deutlich zweistellige Einbußen (- 41 % bzw. – 39% gegenüber 2019). Mit einem Zuwachs von einem Viertel gegenüber dem Vorjahr war Luxemburg der einzige Markt, der bei den Büroflächen ein Umsatzplus gegenüber 2019 vermelden konnte. Dies war auf eine Handvoll großer einmaliger Transaktionen zurückzuführen.

Auch für die deutschen Büromärkte ist für das Gesamtjahr 2020 eine deutliche Nachfrageschwäche zu konstatieren, wobei das vierte Quartal gegenüber den Monaten Juli bis Ende September noch einmal deutlich zulegte, vor allem in Berlin, Hamburg und Frankfurt. Unterm Strich beläuft sich der Rückgang des Büroflächenumsatzes in den Big 7 2020 auf über 33 Prozent, das Gesamtvolumen schließt mit 2,67 Mio. m². In der aktuellen Rezession überwiegt der Rotstift: Umzugspläne werden zunächst aufgeschoben oder es wird eine Vertragsverlängerung in den bestehenden Flächen angestrebt. In der Konsequenz fehlen vor allem die großflächigen Vermietungen ab 10.000 m².

Weiter von Einbußen betroffen ist London. Neben der Pandemie gab es in Großbritannien aufgrund der mit dem Brexit verbundenen Unsicherheit erheblichen Gegenwind. Zusammen mit dem nochmals rückläufigen Umsatz im vierten Quartal auf 66.000 m² schlugen 2020 insgesamt nur 411.000 m² zu Buche, das niedrigste jemals erzielte Gesamtjahresergebnis. Mit dem Vermeiden eines harten Brexit sind zumindest einige Voraussetzungen für ein steigendes Geschäftsvertrauen in 2021 geschaffen. Auch Paris, flächenmäßig größter Büromarkt, mit einem Umsatz in den letzten drei Monaten, der mit 409.000 m² beinahe so hoch ausfiel wie das addierte Volumen aus dem zweiten und dritten Quartal muss insgesamt Jahreseinbußen von – 45 Prozent verkraften.

Neben den Märkten in den dominierenden Volkwirtschaften Deutschland, UK und Frankreich verzeichneten 2020 acht der 24 europäischen Index-Städte im Jahresvergleich Umsatzrückgänge von mindestens 50 Prozent. Außer London (- 77%) betraf das Utrecht (- 67 %) und Barcelona (-64 %) am stärksten. Dublin, Lyon, Budapest, Den Haag und Stockholm lagen zwischen – 55 und – 50 Prozent.

Büroflächenleerstand in den meisten Märkten leicht gestiegen – Tendenz leicht aufwärts – Fertigstellungen 2021 so hoch wie noch nie?

Die Leerstandsquote für Büroflächen ist in Europa das vierte Quartal in Folge leicht auf 6,4 Prozent angestiegen (+ 10 Basispunkte gegenüber dem Vorquartal). Nur drei der 24 Indexmärkte konnten auf einen Rückgang verweisen: Paris (- 80 Bps auf 5,2 %), Utrecht (- 60 Bps auf 6,4 %) und Frankfurt (-40 Bps auf 6,1 %). In den deutschen Immobilienhochburgen hat die Büro-Leerstandsquote zum Jahresende im Schnitt 3,7 Prozent (2019: 3,0 %) erreicht und bewegt sich damit aber immer noch deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt. Im Gegensatz zum Umsatz zeigen sich die Big 7 in Bezug auf die Leerstandsentwicklung noch uneinheitlich. Während in der Aggregation das Volumen freier Flächen im Jahresvergleich um 23 Prozent angestiegen ist, verzeichnete Stuttgart noch einen weiteren Rückgang und auch in Hamburg blieb der Leerstand stabil. Überdurchschnittlich mit Raten von jeweils über 50 Prozent zog der Leerstand dagegen in Berlin und München an. Man darf aber nicht übersehen, dass die Leerstandsquoten auch hier mit 2,8 und 3,5 Prozent weiterhin sehr niedrig sind. In der Tendenz werden die Leerstände in Deutschland bis Ende 2021 weiter zunehmen auf durchschnittlich 4,5 Prozent. Der Büromarkt ist damit aber weit von einer Angebotsschwemme entfernt.

In 18 der 24 Indexmärkte hat der Leerstand zugelegt, angeführt von Barcelona (+150 Basispunkte auf 6,7 %), Luxemburg (+120 Bps auf 4,1 %), Dublin (+100 Bps auf 10,3 %), London (+ 80 Bps auf 6,6 %). Für 2021 wird eine Zunahme des europäischen Büroflächen-Leerstands um 120 Basispunkte auf rund 7,6 % prognostiziert – der höchste Stand seit 2017. Neben dem hohen Fertigstellungsniveau ist dies auch teilweise auf die Zunahme von aktuell nicht benötigten Flächen zurückzuführen, die Nutzer an Untermieter abgeben, um damit Mieteinnahmen zu generieren. Dies dürfte sich in den Zahlen ab 2021 stärker widerspiegeln.

Die europaweiten Projektentwicklungsaktivitäten erreichten 2020 mit 4,4 Mio. m² das höchste Niveau seit 2014. Dabei entfielen auf die Monate Oktober bis einschließlich Dezember Baufertigstellungen von rund 1,6 Mio. m² und damit das höchste vierteljährliche Volumen seit dem vierten Quartal 2008. London (281.000 m²), Berlin (197.000 m²), Paris (171.000 m²) und Hamburg (122.000 m²) machten den größten Teil solcher neuen Flächen aus. Wenn die Planungen nicht verschoben oder bis auf Weiteres zurückgefahren werden, wird 2021 ein Neubauvolumen von 8,2 Mio. m² Bürofläche in Europa erwartet. Das wäre dann das höchste jemals verzeichnete Volumen.

 

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