Deutschland erweist sich zwar im globalen Vergleich als robust, dennoch belastet die Schwäche anderer Länder eine exportorientierte Wirtschaft wie die deutsche.

 

“Deswegen wird es eine rasche gesamtwirtschaftliche Erholung – wie noch zu Beginn des Sommers von den Kapitalmärkten antizipiert – nicht geben. Das Minus beim Bruttoinlandsprodukt wird 2020 zwar etwas geringer ausfallen als noch im März prognostiziert, dafür dürfte der Erholungspfad länger dauern mit schwächeren Wachstumsaussichten für 2021”, so Sabine Eckhardt, CEO JLL Central Europe. Eckhardt weiter: “Der Kapitaldruck der Investoren bleibt auch in den nächsten Jahren bestehen. Zusammen mit den langfristig niedrigen Zinsen ist das nach wie vor die Treibfeder für Immobilien-Investments. Hinzu kommt, dass zahlreiche institutionelle Investoren ihre jeweiligen Immobilienquoten erhöhen wollen, was zusätzliche Nachfrage generieren sollte.” Für 2020 wird das deutschlandweite Transaktionsvolumen* wohl bei 76,5 Mrd. Euro liegen und damit 17 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Eine Prognose für 2021 abzugeben entspräche reiner Spekulation, frühestens ab dem Frühjahr könnte sich der Prognosehimmel aufklaren.

“Risiken werden aktuell eher gemieden. Der Fokus richtet sich mehr und mehr auf vermeintlich krisenresistente Assets wie Living, Logistik, Core – Offices und Einzelhandelsimmobilien mit Lebensmittelgeschäften. Hinzu kommt ein erhöhtes Interesse an alternativen Nutzungsarten wie Datencenter oder Gesundheitsimmobilien. Diese werden aber Nischen bleiben und sind nicht für alle Investoren eine echte Option”, betont Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.

Scheunemann weiter: “Für Hotel- und Einzelhandelsimmobilien bleibt das Umfeld bis weit ins nächste Jahr hinein herausfordernd. Insbesondere die Reisebeschränkungen und die jüngsten Lockdown-Maßnahmen setzen den Unternehmen dieser Sektoren deutlich zu. Für die betroffenen Immobilien werden Alternativnutzungen gesucht und unterstützen den Trend hin zu hybriden Immobilien, die dem Bedürfnis der Nutzer nach Wohnen, Arbeiten und Leben ‘unter einem Dach’ entsprechen. In den nächsten Jahren dürften zahlreiche gemischt genutzte Immobilien oder Quartiere entstehen, die dann auch das Interesse der Investoren auf sich ziehen.”

Preissteigerungen bei nachgefragten Assetklassen, Abwarten Gebot der Stunde

Für Immobilien der stark nachgefragten Assetklassen gab es trotz der Pandemie weitere Preissteigerungen, insbesondere für Logistikimmobilien. Dahinter stehen mittel- und langfristig stabile Nutzermärkte sowie zusätzlich verstärkend wirkende strukturelle Trends wie Digitalisierung und Wachstum des Online-Handels.

Das Büro wird weiterleben. Ein Mehr an Home Office oder Remote Working geht nicht zwangsläufig mit weniger benötigten Quadratmetern einher. 2021 werden aber die Weichen in vielen Unternehmen gestellt, um hybride Arbeitsmodelle zu implementieren. “Je nach Branche und Unternehmen werden dabei ganz unterschiedliche Resultate herauskommen. Fakt ist aber, dass qualitative Ausstattungs- und Wohlfühlmerkmale eine höhere Bedeutung erlangen werden. Diese Qualitätsoffensive wird dafür sorgen, dass die Preise für Büroimmobilien zumindest stabil bleiben. Für ausgewählte Top-Lagen rechnen wir sogar mit weiter sinkenden Renditen”, prognostiziert Helge Scheunemann.

Scheunemann weiter: “Für 2021 gehen wir davon aus, dass sich alternative Finanzierer stärker in Szene setzen werden. Die Banken müssen eine gesteigerte Risikovorsorge betreiben und entsprechend mehr Kapital hierfür zurückhalten. Das mindert die Möglichkeiten, Investments oder Projektentwicklungen zu finanzieren. In der Folge sinken die Zinseinnahmen. Hinzu kommen mögliche Immobilien-Wertkorrekturen bei bestimmten von der Pandemie und von Mietausfällen besonders betroffenen Branchen und Sektoren.”

Abwarten ist aktuell das Gebot der Stunde auch bei Investoren. Core-Investments laufen nach wie vor gut auch mit weiter steigenden Preisen. Dagegen erweisen sich Vale Add – /Core plus – Produkte als schwierig, da passt oft das pricing zwischen Verkäufer und Käufer nicht oder aber es wird von Seiten der Banken keine Finanzierung bereit gestellt. Banken sind grundsätzlich restriktiver, sie stellen höhere Anforderungen an das Eigenkapital und verlangen entsprechende Vorvermietungsquoten bei Projekten.

Zyklus-Wende in der Bürovermietung

Die Büromärkte haben 2020 einen Zyklus-Wendepunkt erreicht. Dieser drückt sich allerdings bislang überwiegend in einer Nachfrageschwäche aus. Leerstände liegen weiterhin auf niedrigem

Niveau und auch bei den Mieten gibt es bisher keine Anzeichen für einen Rückgang der Nominalmieten. Für das laufende Jahr 2020 rechnet JLL mit einem Mietwachstum im Schnitt über alle Big 7 von nur noch etwas mehr als einem Prozent. Im nächsten Jahr könnte dann mit 2,6 Prozent nominal wieder ein moderat höheres Wachstum eintreten.

Der Rückgang des Büroflächenumsatzes wird sich bis Ende des Jahres voraussichtlich auf deutlich über 30 Prozent belaufen. “In der aktuellen Rezession überwiegt der Rotstift. Umzugspläne werden zunächst aufgeschoben oder es wird eine Vertragsverlängerung in den bestehenden Flächen angestrebt. Aufgrund der zeitverzögerten Ankunft der konjunkturellen Effekte in Verbindung mit der zögerlichen Bereitschaft der Unternehmen, wieder mehr Personal einzustellen, rechnen wir erst ab Mitte 2021 mit einem Anziehen der Vermietungen. Positiv unterstützend sollten dabei die auslaufenden Mietverträge im Volumen von rund 3,2 Mio. m² wirken”, erwartet Helge Scheunemann.

In diesem Jahr haben die Bürofertigstellungen deutlich zugelegt und werden die 1,6 Mio. m²-Marke bis Jahresende überschritten haben. Das ist ein Zuwachs von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für die nächsten zwei Jahre 2021 und 2022 sind in den Big 7 insgesamt 4,25 Mio. m² im Bau oder in der Planung. Projektentwickler haben allerdings bereits auf die Marktlage reagiert bzw. reagieren müssen: zahlreiche Pläne sind zeitlich nach hinten verschoben worden. Sechs Monate zuvor betrug das erwartete Bauvolumen für 2021 und 2022 noch 420.000 m² mehr.

Die Leerstandsquote erreicht zum Jahresende im Schnitt 3,7 Prozent (2019: 3,0 %), bewegt sich damit deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Die Tendenz bis Ende 2021 ist zwar leicht zunehmend (auf dann 4,3 %), aber weit von einer Angebotsschwemme entfernt. Leerstandsquoten im zweistelligen Bereich wie 2010 wird es mittelfristig nicht geben.

“Trotz der deutlichen Vermietungsrückgänge erweisen sich die Spitzenmieten als sehr stabil und robust. In keiner Stadt hat es bislang trotz ansteigender Leerstände Mietrückgänge gegeben. Effektiv, d.h. nach Abzug von gewährten Incentives seitens der Eigentümer, beobachten wir allerdings eine leichte Bewegung nach unten. Viele Vermieter zeigen sich bereit, großzügiger als vor der Pandemie Anreize in Bezug auf mietfreie Zeiten oder Ausbauzuschüsse zu gewähren”, kommentiert Scheunemann.

Gewisse Stabilisierung bei Retail-Immobilien

Der Einzelhandelsvermietungsmarkt hat sich nach einem Einbruch zur Jahresmitte im dritten Quartal wieder etwas stabilisiert. Für das Gesamtjahr wird ein Flächenumsatz von 370.000 bis 380.000 m² erwartet. Dies entspricht einem Minus von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Viele Unternehmen haben damit begonnen, ihre Click & Collect – Angebote zu optimieren, bestehenden Filialnetze genau zu analysieren und sich, wo es sinnvoll ist, auf neue Ladenformate mit optimierten Flächen zu konzentrieren. Auch Drive-In-Varianten werden mittlerweile geprüft, die in Frankreich, Großbritannien und den USA bereits getestet werden.

Die Textilbranche leidet. Die Einschränkungen infolge der Pandemie haben zu einem Überangebot an Textilien in den stationären Geschäften geführt, was die Expansionslust bremst. Hinzu kommen die allgemeine Kaufzurückhaltung der Verbraucher und ausbleibende Shopping-Touristen. Ihren Platz in den Top-Einkaufslagen nehmen verstärkt Supermärkte und Discounter ein, deren Anteil an den Vermietungsumsätzen liegt aktuell bei rund 20 Prozent.

“Auf die Spitzenmieten in den Topstädten wirkt sich die Pandemie 2020 noch nicht aus – sie bleiben auf stabilem Niveau. Wir rechnen für das kommende Jahr allerdings mit Rückgängen in einer Größenordnung von ca. 5 Prozent”, prognostiziert Helge Scheunemann.

Steigender Bedarf im Logistik-Sektor

Auf dem deutschen Markt für Lager- und Logistikflächen wird der Umsatz (Eigennutzer und Vermietungen) im Jahr 2020 voraussichtlich in der Spanne zwischen 6,5 Mio. und 7 Mio. m² liegen. Nach einem zurückhaltenden zweiten Quartal (1,5 Mio. m²) wurde zwischen Juli und September erstmals in einem Drei-Monats-Zeitraum die 2 Mio. m²-Marke überschritten.

“Derzeit ist der Markt in guter Verfassung, zum einen zurückzuführen auf den gestiegenen Bedarf an Logistikflächen im Online-Geschäft und zum anderen ist die Zahl der oft spekulativen Projektentwicklungen größtenteils stabil geblieben”, so Scheunemann.

Scheunemann abschließend: “Die Spitzenmieten für Lagerflächen in der Größenordnung ab 5.000 m² zeigen sich in diesem Jahr in allen Regionen stabil. Leichte Zuwächse 2021 sind wahrscheinlich.”

* Das Transaktionsvolumen umfasst Büro-, Einzelhandels-, Logistik – und Industrieimmobilien, Hotels, Grundstücke, Spezialimmobilien, gemischt genutzte Immobilien sowie die Asset-Klasse Living mit Mehrfamilienhäusern und Wohnportfolios ab 10 Wohneinheiten und 75 Prozent Wohnnutzung, Verkauf von Unternehmensanteilen (ohne Börsengänge), Appartementhäuser, Studentenwohnen, Senioren-/Pflegeimmobilien und Kliniken

 

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