Was wird 2021 für angehende Immobilienbesitzer wichtig? Mit welchen Bauzinsen und Immobilienpreisen müssen sie rechnen, wie erschwinglich werden die eigenen vier Wände im nächsten Jahr?
Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender von Dr. Klein, gibt einen Ausblick auf die Entwicklungen rund um Finanzierung und Erwerb und bewertet, wie staatliche Regelungen helfen – oder helfen könnten.
Entgegen aller Erwartungen sind die Zinsen für Baufinanzierung dieses Jahr noch weiter gesunken, zum Teil auf Rekordtiefs von unter 0,4 Prozent für 10-jährige Zinsbindungen. Wie geht es weiter? Michael Neumann, Vorstandvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG, geht auch in 2021 von einem sehr niedrigen Zinsniveau aus: „Baufinanzierungen bleiben günstig“, so seine Einschätzung. Für diese Annahme spricht vor allem, dass die EZB den Markt weiterhin mit Geld fluten und damit die Anleihekurse oben halten wird. Möglich sind Michael Neumann zufolge leichte Anstiege bei längeren Zinsbindungen: „Wenn sich die Wirtschaft nächstes Jahr gut erholt und eine steigende Inflation erwartet wird, könnte der zurzeit sehr geringe Unterschied zwischen langen und kurzen Laufzeiten wieder größer werden. In Summe werden wir aber weiterhin niedrige Zinsen sehen.“
Minuszinsen bei Baufinanzierungen in 2021?
Bereits seit einiger Zeit wird spekuliert, ob Banken Baufinanzierungen bald mit einem Negativzins anbieten. Sinkende Zinsen befeuern diese Debatte. Einzelne Programme der staatlichen KfW haben über Tilgungszuschüsse bereits seit Jahren einen negativen Effektivzins. Und die KfW möchte Banken negative Einstände anbieten – verbunden mit einer Erwartungshaltung, perspektivisch negative Sollzinsen an die Endkunden weiterzugeben. Aber: Kreditinstitute scheuen sich. Laut Michael Neumann liegt das an technischen Herausforderungen: „So klein das Minuszeichen ist, so groß ist der Aufwand, die IT-Systeme entsprechend umzuprogrammieren. Banken müssten Geld in die Umstellung investieren. Zudem ist nicht abzusehen, für welchen Zeitraum das überhaupt nötig sein könnte.“ Er zweifelt auch an der Notwendigkeit: „Solange der Markt nicht dramatisch fällt, spielt es aus meiner Sicht keine Rolle, ob der Zins -0,1 oder +0,1 Prozent beträgt. Das Minuszeichen sollte für niemanden ausschlaggebend sein, eine Baufinanzierung abzuschließen und der Zins ist derzeit nicht der hindernde Faktor bei einer Baufinanzierung.“
Immobilienpreise: sinken oder steigen sie?
Selbst Corona hat keinen merklich dämpfenden Einfluss auf die Preisentwicklung, Wohneigentum bleibt sehr stark nachgefragt. „Vor allem in Ballungsgebieten und wirtschaftlich grundsätzlich prosperierenden Regionen müssen Käufer und Bauherren auch in 2021 damit rechnen, dass Immobilien teurer werden“, prognostiziert Michael Neumann. Das gilt auch in der Breite – ihm zufolge stabilisieren sich die Preise oder wachsen, wo sie vor sechs bis acht Jahren noch gefallen sind. Die durch die Pandemie veränderten Arbeits- und Lebensbedingungen werden sich laut Michael Neumann nachhaltig auf den Immobilienmarkt auswirken: „Schon jetzt sehen wir, dass in den großen Ballungszentren die extrem starken Preissteigerungen tendenziell leicht nachlassen, während die Immobilienpreise in den Randlagen und so genannten B-Städten stärker anziehen. Wer auch nach Corona die Möglichkeit hat, vermehrt im Homeoffice zu arbeiten, wird weitere Wege zur Arbeitsstätte in Kauf nehmen – und kann sich aufgrund geringerer Immobilienpreise im Umland eine größere Immobilie leisten oder ein Haus mit Grundstück.“
Kann man sich 2021 noch eine Immobilie leisten?
In den letzten Jahren haben sich die Immobilienpreise sehr dynamisch entwickelt. Fast überall ist Wohneigentum teurer geworden – in vielen Regionen sogar sehr viel teurer. Gleichzeitig ist der Bauzins immer weiter gefallen. Die sinkende Zinslast hat die steigenden Preise zum Teil aufgefangen oder zumindest abgefedert. Zumindest letzteres wird im kommenden Jahr so nicht weitergehen: „Auf lange Sicht stagnieren die Zinsen, ich sehe kein Potenzial für Rückgänge, wie wir sie in der Vergangenheit hatten“, so Michael Neumann. Seine Schlussfolgerung: „Weil die Preise tendenziell auch über das nächste Jahr hinaus steigen, verschlechtert sich der Erschwinglichkeitsindex in den kommenden Jahren zuungunsten potenzieller Käufer.“ Dennoch befürchte er keinen Einbruch des Marktes: Zum einen sei in der Bevölkerung viel Vermögen vorhanden und viele Menschen profitierten von Erbschaften oder Schenkungen beziehungsweise zinslosen Krediten von Verwandten. Zum anderen gebe es heute sehr viel mehr Möglichkeiten, den gesamten Kaufpreis zu finanzieren, als noch vor ein paar Jahren: „In vielen Konstellationen brauchen zukünftige Eigentümer Eigenkapital lediglich für die Erwerbsnebenkosten – den Rest können sie finanzieren. Und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern, weil die Banken hierzulande bereits jetzt gründlich prüfen, konservativ kalkulieren und solide Finanzierungen anbieten.“
Wie gut helfen gesetzliche Regelungen?
Über neue Gesetze und Regelungen versucht der Staat, Menschen den Weg in die eigenen vier Wände zu ebnen – zum Beispiel durch die geteilte Maklercourtage und die Ausweitung der Wohnungsbauprämie. Maßnahmen, die Michael Neumann für halbherzig hält: „Wollte die Bundesregierung wirklich helfen und Altersarmut durch Immobilienbesitz bekämpfen, könnte sie Vieles tun. Und zwar direkt – ohne in die Preispolitik einer Branche wie die der Makler einzugreifen.“ In Summe könne die gesplittete Maklerprovision zwar zu Entlastungen für Käufer führen, dies sei aber nur ein kleiner Hebel. Auch das Baukindergeld bewertet Michael Neumann als ein Strohfeuer ohne nachhaltigen Effekt, und mit der Wohnungsbauprämie Geld für später zu sparen, sei nicht in jedem Fall die beste Anlageform. „Der größte Hebel ist und bleibt die Grunderwerbsteuer. Hier muss man ansetzen, wenn der Erwerb von Wohneigentum erschwinglich sein soll“, fordert Neumann. „Eine Gegenfinanzierung der jährlich über 15 Milliarden Euro Grunderwerbsteuereinnahmen der Länder durch den Bund wäre machbar. Das würde die Käufer immens entlasten und auch den Markt beleben – denn dann wären wie in vielen Nachbarländern häufige Immobilienwechsel nicht mehr mit dem Verlust hoher Summen für die Nebenkosten verbunden.“
Eigene Immobilie – 2021 oder nie?
Immobilien werden immer teurer und die Zinsen stagnieren – sollte man in 2021 also die Ärmel hochkrempeln und den Immobilienkauf forcieren? Jein: Es kommt stark auf die persönliche Situation an. Zumal noch nicht klar ist, wie schnell sich die Wirtschaft von der Corona-Krise erholt. „Ich rate davon ab, auf Gedeih und Verderb eine Immobilie zu kaufen. Es ist wichtig, die passende Immobilie zu finden und das Vorhaben gut überlegt anzugehen“, sagt Michael Neumann. Ist aber die richtige Immobilie gefunden und stimmen die Rahmenbedingungen – weder Arbeitslosigkeit noch Kurzarbeit stehen vor der Tür und die Einkommenssituation ist stabil –, spreche vieles dafür, sich 2021 den Wunsch der eigenen vier Wände zu erfüllen.
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