Richard Woolnough, Fondsmanager des M&G (Lux) Optimal Income Fund (Foto anbei) bei M&G Investments, zieht eine Bilanz zur aktuellen Rezession in den USA und weltweit und blickt schon mal ins nächste Jahr.
„Die Rezession des Jahres 2020 ist eine direkte Folge der weltweiten staatlichen Maßnahmen mit dem Ziel, die Bevölkerung vor dem Virusausbruch zu schützen. Diese Politik hat das Wachstum der Weltwirtschaft drastisch reduziert, wenn auch auf ganz andere Weise als in früheren Rezessionen.
Die wichtigste Rolle spielte in der aktuellen Rezession der Dienstleistungssektor und nicht die Industrie. Das ist keine Überraschung. Der Konsum von Dienstleistungen erfordert menschliche Interaktion, und gerade die wird derzeit eingeschränkt. Diese „Handelsbarrieren“ für den Dienstleistungssektor als Grund für den Konjunktureinbruch wirken sich auf das BIP sehr deutlich aus. Glücklicherweise haben die Regierungen rund um den Globus hervorragend reagiert. Es fand und findet ein enormer Vermögenstransfer vom öffentlichen zum privaten Sektor statt. Durch diese beiden Faktoren unterscheidet sich die aktuelle Rezession erheblich von früheren Abschwungphasen. Die Rezession in den USA beispielsweise sieht (siehe Grafiken anbei) ungewöhnlich aus.
Es zeigt sich, wie effektiv der öffentliche Sektor die wirtschaftlichen Folgen der Bekämpfung des Virusausbruchs gemildert hat. Auch die US-Notenbank ist im Vergleich zu früheren Rezessionen optimistisch geblieben, wie eine Analyse ihres zweimal pro Quartal erscheinenden Konjunkturberichts zeigt.
Rezession oder Depression?
Der Einbruch des BIP in vielen Teilen der Welt ist dennoch heftig. Mit Blick auf sein Ausmaß sollten wir vielleicht eher von einer Depression als von einer Rezession sprechen. Als Depression gilt nach allgemeinem Verständnis ein Einbruch des BIP um mindestens 10% innerhalb von zwei Jahren. In diesem Jahr ist das BIP auf annualisierter Basis bereits um mehr als 10% gesunken. Befinden wir uns bei langfristiger Betrachtung in einer Depression?
Die Wahrscheinlichkeit einer Depression lässt sich einfach diagnostizieren: Sie hängt davon ab, inwieweit die staatlichen Interventionen im Dienstleistungssektor verringert werden. Wann das geschieht, ergibt sich wahrscheinlich aus der Impfstoffentwicklung und Krankenhausversorgung sowie aus saisonalen Effekten und der Kraft des Virus. Bei den ersten beiden Faktoren werden derzeit Fortschritte erzielt. Wie bei ähnlichen Pandemien in der Vergangenheit liegt die Vermutung nahe, dass das Virus schließlich ein natürliches Ende finden wird, unterstützt durch die Maßnahmen zu seiner Eindämmung und Kontrolle.
Post-Covid wird die Wirtschaft wohl einen Boom erleben, wenn die Einschränkungen aufgehoben werden. Im Gegensatz zu früheren Rezessionen wurde die Finanzlage der Verbraucher insgesamt weniger stark belastet, als man erwarten könnte. Dank staatlicher Einkommensbeihilfen hat sie sich in den USA in einigen Fällen sogar verbessert. Zu Beginn des Jahres 2021 wird der BIP-Einbruch des Vorjahres allmählich kompensiert, und auch die staatlich verordneten Handelsbarrieren werden hoffentlich aufgehoben. Angesichts der enormen Schuldenlast und des geringen Interesses an staatlichen Sparmaßnahmen ist es zudem unwahrscheinlich, dass Regierungen und Zentralbanken die Finanzierungsbedingungen verschärfen oder der Kontrolle von Haushaltsdefiziten und Inflation einen ähnlich hohen Stellenwert beimessen wie in der Vergangenheit. In Verbindung mit einem überraschend robusten privaten Sektor, der sich konsumfreudig zeigt und über hohe Ersparnisse verfügt, dürfte dieses Umfeld kurzfristig zu einem starken Konjunkturaufschwung führen. Eine Depression ist daher unwahrscheinlich.
Eine interessante Frage ist, ob das reale BIP wieder auf das vor der Rezession erreichte Niveau steigen wird. Ich denke, dass dies in den ersten sechs Monaten nach Änderung der staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Virusausbruchs der Fall sein wird. Die überschüssigen Ersparnisse, eine ungehemmte Konsumfreude und das fehlende Interesse an einer raschen Einführung staatlicher Sparmaßnahmen lassen ein hohes Wirtschaftswachstum und Verbraucherausgaben auf Rekordniveau erwarten.
In den letzten Jahren wurde oft der Wunsch geäußert, das ständige Auf und Ab der Wirtschaft endgültig zu beseitigen. Doch diesmal sollten wir hoffen, dass der Zyklus einen raschen Übergang vom Ab- zum Aufschwung erlebt: eine t-förmige Rezession.“
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