Seit 2013 müssen bei Neuverträgen der privaten Krankenversicherung die Tarife für Männer und Frauen einheitlich sein – Männer wechseln seitdem seltener in private Krankenversicherung, Frauen etwas häufiger – Starker Effekt vor allem bei Selbstständigen und geringfügig Beschäftigten

 

Die Einführung von Unisex-Regeln bei der privaten Krankenversicherung ab 2013 hat Wirkung gezeigt: Die Wechselrate von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung unterscheidet sich zwischen Männern und Frauen fast nicht mehr. Dies hat eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) ergeben. Der Europäische Gerichtshof hatte im Jahr 2011 geurteilt, dass die für Frauen höheren Prämien in der PKV unzulässig sind. Um Geschlechtergerechtigkeit herzustellen, müssen die privaten Krankenversicherer seit dem 21. Dezember 2012 bei Neuverträgen einheitliche Tarife anbieten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten Frauen für den gleichen Versicherungsschutz mehr bezahlen müssen, mit der Begründung, dass sie durch häufigere Arztbesuche und die längere Lebenserwartung mehr Gesundheitskosten verursachen würden.

„Dass die Reaktion der Männer deutlicher ausfällt als bei den Frauen, könnte darauf hindeuten, dass mit der Einführung der Unisex-Regelung die Tarife in der privaten Krankenversicherung für Männer meist unattraktiver wurden“ Shan Huang

Anhand von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) haben die DIW-Ökonomin Shan Huang und Martin Salm von der Universität Tilburg in den Niederlanden untersucht, welchen Einfluss die Einführung von Unisex-Tarifen auf die Wechselrate der Versicherten hatte, die bei Männern schon seit Jahren weitaus höher lag als bei Frauen. Deutlich wird demnach, dass sich die Wechselraten von Frauen und Männern seit der Reform angeglichen haben. Vor allem Männer wechselten deutlich seltener in die private Krankenversicherung als zuvor, Frauen wechselten dagegen kaum bis etwas häufiger als noch in den Vorjahren. Dadurch fällt der geschlechtsspezifische Unterschied bei der Wechselrate inzwischen nur noch gering aus.

„Dass die Reaktion der Männer deutlicher ausfällt als bei den Frauen, könnte darauf hindeuten, dass mit der Einführung der Unisex-Regelung die Tarife in der privaten Krankenversicherung für Männer meist unattraktiver wurden“, vermutet Studienautorin Huang.

Unterschiedliche Effekte bei Angestellten und Selbstständigen

Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass sich der Effekt der Unisex-Regelung nach Erwerbstätigengruppen unterscheidet. Für Selbstständige und geringfügig Beschäftigte, für die ein Wechsel in die private Krankenversicherung leichter ist als für Angestellte, glich die Unisex-Regelung die geschlechtsspezifischen Unterschiede nicht nur vollständig aus. Inzwischen wechseln selbstständige oder geringfügig beschäftigte Frauen sogar häufiger als Männer von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung. Der Effekt bei Angestellten war dagegen weitaus schwächer.

„Dieses Ergebnis ist über die Unisex-Regelung hinaus relevant, denn es zeigt, dass regulatorische Eingriffe bei Krankenversicherungen tatsächlich einen messbaren Effekt auf die Zusammensetzung der Versicherten haben, den man sich auch für künftige Änderungsvorhaben zunutze machen kann. Allerdings sollten dann auch die Nebenwirkungen mitbedacht werden“, gibt Studienautorin Huang zu bedenken. „Es besteht die Gefahr, dass dadurch die gesetzliche Krankenversicherung, gerade was das Risikoprofil ihrer Versicherten angeht, geschwächt wird.“

 

Verantwortlich für den Inhalt:

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin), Mohrenstraße 58, 10117 Berlin, Tel: +49-30-897 89-0, www.diw.de