Aber es gibt noch Unterschiede – beispielsweise bei Anlagesummen, Produktpräferenz, Aktienauswahl und Performance
Am 3. Oktober jährt sich die Deutsche Einheit zum 30. Mal. Trotz einer sukzessiven Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West gibt es auch 30 Jahre nach diesem historischen Ereignis noch Unterschiede und Herausforderungen. Und wie sieht es bei der Geldanlage aus? Dazu hat die Consorsbank Konten und Depots ihrer rund 1,5 Millionen Kunden anonymisiert ausgewertet. Während die Bürgerinnen und Bürger der DDR in der Regel kaum Berührungspunkte mit Börse und Aktien hatten, so hat sich mittlerweile das Anlage- und Tradingverhalten der Ost- und der Westdeutschen weitgehend angeglichen. Dennoch ergibt ein Vergleich zwischen den Einwohnern der neuen Bundesländer (inklusive Berlin) und der alten westdeutschen Länder an manchen Stellen noch Unterschiede.
Überraschend: Auch wenn die Börsenerfahrungen in Ostdeutschland noch nicht so weit zurückreichen wie im Westen, waren die Bürger der neuen Länder zuletzt erfolgreicher bei der Geldanlage. So weisen die Ost-Depots bei der Consorsbank im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. August 2020 eine Performance von durchschnittlich 14,8 Prozent auf, während die Westdeutschen einen Wertzuwachs von 12,1 Prozent verbuchen konnten. Besonders groß ist der Unterschied in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres. Von Januar bis August 2020 erzielten die Ostdeutschen eine Rendite von 2,4 Prozent, während in den Depots der Westdeutschen ein Wertrückgang von 5,3 Prozent zu verzeichnen ist. In den Börsenturbulenzen rund um die Corona-Krise handelten die Bewohner in Sachsen, Thüringen & Co. also anscheinend deutlich besonnener.
Insgesamt verfügen die ostdeutschen Kunden der Consorsbank jedoch über weniger Vermögen. Liegen in West-Depots durchschnittlich Papiere im Wert von rund 48.300 Euro, so beträgt das Volumen der Ost-Depots im Schnitt 35.800 Euro, also rund ein Viertel weniger. Auch bei der durchschnittlichen Höhe der Transaktionen lagen die Westdeutschen im Jahr 2020 mit 5.700 Euro vor den Ostdeutschen mit 5.100 Euro. Das gleiche gilt auch für Sparplanraten – bei ETF-Sparplänen etwa 158 Euro (West) vs. 140 Euro (Ost).
Insgesamt setzen die westdeutschen Kunden noch stärker auf Wertpapiere: Bei der Analyse der Produktnutzungsgruppen zeigt sich, dass unter den Bewohnern der alten Bundesländer für 70 Prozent das Wertpapierdepot das am meisten genutzte Produkt ist, bei den Ostdeutschen sind es nur 63,3 Prozent. Dafür sind die Ost-Anleger bei Giro- und Zinskonten überrepräsentiert. Folglich entfällt auch ein größerer Teil ihres Vermögens auf Cash-Bestände. Sind sie zu 62,3 Prozent in Wertpapiere investiert, so lagern 37,7 Prozent auf Giro-, Verrechnungs- und Tagesgeldkonten. Im Westen beträgt die Aufteilung 67,6 zu 32,4 Prozent. Die Westdeutschen handeln zwar etwas mehr als die Ostdeutschen, aber mit durchschnittlich 25,1 Transaktionen im ersten Halbjahr 2020 gegenüber 24,4 Transaktionen fällt der Unterschied vergleichsweise gering aus.
Und welche Wertpapiere sind bei den Kunden am beliebtesten? Auf dem ersten Platz gibt es keine Unterschiede: Aktien liegen sowohl bei den Ostlern (61,6 Prozent) als auch bei den Westlern (60,3 Prozent) einsam an der Spitze. Auf den folgenden Positionen gibt es jedoch einen Platztausch: Sind im Osten gemanagte Fonds (17,6 Prozent) gefragter als ETFs (15,1%), so ist es im Westen umgekehrt: 17,0 Prozent der Anlagen entfallen dort auf ETFs, nur 16,0 Prozent auf gemanagte Fonds.
Investoren im Westen wie im Osten setzen vor allem auf Dax-Werte. Die am häufigsten in den Depots vertretenen Aktien sind hier wie dort die Deutsche Telekom, Daimler und Allianz. Misst man die Beliebtheit von Aktien am Volumen in Euro, wird das Bild internationaler. Hier tauchen Apple und Amazon auf beiden Seiten Deutschlands unter den Top-3 auf. Doch es gibt auch Differenzen: Während im Westen SAP, BMW und Nestlé deutlich beliebter sind, steht die Aktie der Deutschen Post im Osten höher im Kurs. Es gibt sogar so etwas wie einen „Home Bias“ im Osten, also eine Neigung zu Aktien aus der Heimat. So ist das Papier von Jenoptik in doppelt so vielen Ost-Depots vertreten wie in den westdeutschen Pendants. Dass die Aktie von Gazprom im Depot-Ranking der Ostdeutschen auf Rang 20 zu finden ist, während sie bei den Westdeutschen nicht in den Top 30 auftaucht, hängt vermutlich auch mit der historischen Nähe zu Russland zusammen.
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